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Die Notwendigkeit der Beschuldigung

Und nun würde jemand, der vielleicht lieber gemocht hätte, ich hätte dies alles nicht gesagt (nachdem er wahrscheinlich über Belgien und so weiter den letzten Monat schrecklichen Unsinn geredet hat), gewiß gerne fragen: »Wozu all dieser Anwurf? Was geschehen ist, ist geschehen. Ist es nicht jetzt die Pflicht jedes Engländers angesichts der gemeinsamen Gefahr, alle Differenzen zu vergessen« etc. etc. Auf all solche Bitten um Schutz vor diesem schrecklichen Ding, der Wahrheit, muß ich antworten, daß Geschichte hauptsächlich aus Anschuldigung besteht, und daß ich Geschichte schreibe, denn eine genaue Kenntnis dessen, was geschah, ist nicht nur unentbehrlich, damit wir uns vor Europa einigermaßen richtig benehmen, wenn der unvermeidliche Tag der Abrechnung kommt, sondern auch von praktischer Wichtigkeit für das überaus schwierige, dringende und unmittelbare Geschäft, das wir vor uns haben: den Aufruf an die Nation um Rekruten und gewaltige Summen Geldes. Es handelt sich darum, ob dieser Aufruf offen an unsere Freiheitsliebe gerichtet werden soll und an unsere Tradition als Wächter über die Freiheit der Welt (nicht minder edel und erhebend, weil schwer zu vereinbaren mit den diplomatischen Vorgängen) oder aber schlecht begründet auf einen veralteten Vertrag und scheinheiliges Getue über die teuflische persönliche Veranlagung des Kaisers und die verletzte Rechtlichkeit eines friedliebenden Englands und all das übrige Geschwätz, mit dem man John Bull in den letzten Monaten krank gemacht hat. Im ersten Moment, als wir uns alle sehr energisch die Hände schüttelten und einander aufforderten, den Mut nicht zu verlieren, war alles entschuldbar. Selbst die Kriegsberichte des Mr. Garvin, die als Nachrichten eines Gentleman zwischen dem Gewühl von lächerlichem Unsinn und einer ziemlich gemeinen Punch-Illustration, Berlins Not verspottend, sich abhoben (Punch hatte seinen Nichtinterventionsmantel sehr bald gewendet), mußten manchmal lauten: »Wir wissen absolut gar nichts von dem, was an der Front geschieht, außer daß der Heroismus britischer Truppen die Zeitalter bis ins letzte Gedenken erfüllen wird« oder dergleichen. Doch nun ist es Zeit, uns zusammenzuraffen. Unsere Muskeln zu prüfen. Den Wert unserer Kraft und unseres Mutes wahr zu machen. Und ohne Scheu die Wahrheit zu sagen, als Männer von Mut und Charakter und nicht sie zu verdrehen, wie die amtlichen Verteidiger eines Komplotts des Auswärtigen Amtes.


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