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General von Bernhardi

Wie viele Militärschriftsteller ist auch dieser leicht zu lesen, und er behält von der Bismarck-Tradition das Gute und Gewaltige bei. Das heißt: er flunkert nicht. Er sieht Tatsachen ins Gesicht, er betrügt weder sich, noch seine Leser. Und würde er lügen – er würde es zweifellos so getrost tun, wie irgendein englischer, französischer oder russischer Offizier, wenn die Sicherheit seines Landes auf dem Spiele steht – so wäre er sich seiner Lüge bewußt. Und dies finden wir recht geschmacklos von ihm, wenn nicht geradezu bösartig. Es ist wahr, daß er Friedrich den Großen als Meister des Krieges und der Weltpolitik zum Muster nimmt. Aber sein größtes Lob auf diesem Gebiet ist England vorbehalten. Von unserer auswärtigen Politik, sagt er, habe er gelernt, was unsere Journalisten verkünden als: »Die Lehre des Eisenfressers, des Materialisten, des Mannes von groben Idealen, eine Doktrin von teuflischer Schlechtigkeit«. Er nimmt diese Doktrin freimütig von uns an (als ob unsere armen ehrlichen Tröpfe jemals etwas so Intellektuelles wie eine Doktrin formuliert haben würden), und er tadelt uns einzig deshalb, weil wir es zulassen, daß die Vereinigten Staaten ihren Zusammenschluß festigen und uns gefährlich werden, da wir sie doch hätten entzweien können, wenn wir während des Bürgerkrieges dem Süden beigestanden wären. Er zeigt auf klare Weise, daß, wenn nicht Deutschland England vernichtet, England Deutschland vernichten wird, indem es darüberherfällt, sobald das mit Vorteil geschehen kann. Mit einem Wort, er prophezeit, daß wir, seine großen Meister in Realpolitik, genau das tun werden, was unsere Junker uns jetzt zu tun zwingen. Wir sind es, die das Bernhardi-Programm verwirklicht haben. Deutschland hat es versäumt. Er warnt Deutschland vor einem Bündnis mit Italien, mit Österreich, der Türkei und Amerika, bevor es zunächst Frankreich, dann England unterworfen hat. Doch ein Prophet bleibt nicht unbeachtet, es sei denn im eigenen Land. Und Deutschland ließ sich fangen mit Österreich als einzigem Verbündeten und gab so den englischen Junkern ihre Gelegenheit. Diese ergriffen sie mit einer Pünktlichkeit, die Bernhardi schmeicheln muß, wenn das Kompliment auch auf Kosten seines Landes geschieht. Der Kaiser hielt unsere Junker nicht für schneidiger als seine eigenen. Es war eine unangenehme, wahrhaft in Wut bringende Überraschung. Und der Kaiser tat alles, was er ohne unerträgliche Erniedrigung tun konnte, um sie zu veranlassen, ihre Meute zurückzuhalten und ihm gegen seine beiden furchtbaren Gegner ehrlich Spiel zu bieten. Doch sie lachten das Lachen Friedrichs des Großen und warfen alle unsere Truppen gegen ihn, wie er nach Bernhardis Grundsatz gegen uns hätte tun mögen, hätte er uns im gleichen Nachteil ertappt. Offiziell ist der Krieg Junker gegen Junker, Militarist gegen Militarist, und wir müssen ihn auskämpfen, nicht »Heuchler gegen Hyprokrit«, sondern mit Hammer und Zange.


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