Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Was die Arbeiterpartei der Armee schuldet

Hier ist es, wo die Arbeiterpartei eingreifen sollte. Ihre Aufgabe wäre es, den militaristischen Soldaten abzuschaffen, der nur ein merkwürdiges Überbleibsel ist von des Königs Fußmann (dieser selbst ein noch merkwürdigeres Überbleibsel von des mittelalterlichen Barons Mietlakai), und ihn zu ersetzen durch einen geübten Kämpfer mit vollen bürgerlichen Rechten, der nach dem Tarif der Trade Union den Lohn erhält, wie er einem geübten Arbeiter in einem gefährlichen Gewerbe zukommt. Die Partei sollte mit den Gewerkschaften zusammen arbeiten, um diesen moralischen Mindestlohn für den Bürgersoldaten festzustellen und ihm die Sicherheit zu bieten, daß die Löhnung weiter geht, bis er nach Kriegsende zu normalen Bedingungen bürgerliche Beschäftigung findet. Es muß verunmöglicht werden, daß ein ungeheuerlich reicher Pear (seine Reichtümer, die automatischen Folgen von Güterwirtschaft ohne irgendwelche Verdienstlichkeit), das amtliche wöchentliche Betreffnis für Kinder von britischen Soldaten in den Schützengräben verkündet. Dieser Satz beträgt 18 Penny, weniger als ein Drittel der normalen Zuteilung an ein außereheliches Kind unter dem Vormundschaftsgesetz, und die Arbeiterpartei muß dem vorbeugen, daß die deutsche Kugel wie jetzt die doppelte Wirkung erzielt, indem sie in Frankreich einen Engländer tötet und gleichzeitig die Unterstützung seiner Witwe auf sieben Schilling und sixpence die Woche herabsetzt. Bevor das geschehen ist, fordern wir das Schicksal geradezu heraus, uns zu vernichten.

Ich wollte, es wäre nicht unbedingt notwendig, hinzuzufügen, daß das Gewerkschaftssystem in der Armee eingeführt werden muß, so daß beglaubigte Sekretäre im Feld als zuständige Vermittler zwischen der Mannschaft und dem politischen Vertreter ihrer Klasse im Kriegsamt tätig sind (ich werde diese Vertretung als Neuerung sofort in Vorschlag bringen). Es wird das bei unseren Obersten Anstoß erregen. Aber ich kenne keine Gruppe Männer, für die ein wiederholter und heftiger Anstoß notwendiger und wahrscheinlich heilsamer wäre, als die Regimentsstäbe der britischen Armee. Ein recht vergnüglicher Puff, der sie noch erwartet, ist die Entdeckung, daß ein Offizier und Gentleman, dessen einziges berufliches Interesse die Ehre und Wohlfahrt seines Landes sind und der an die mystische Gleichheit von Pflicht in Leben und Tod für alle glaubt, mit einem Gewerkschaftssekretär viel besser auskommen wird, als ein kaufmännischer Arbeitnehmer, dessen Ziel lediglich privater Nutzen ist und der jeden Penny, den man den Löhnen seiner Angestellten hinzufügt, als einen Pfennig ansieht, den man seinem eigenen Einkommen entzieht. Wie immer, ob die Obersten es nun mögen oder nicht – das heißt, ob sie sich daran gewöhnen oder nicht – kommen muß es, und die Neuerung vor dem Vorteil der Junker zu schützen, ist eine weitere Pflicht der Arbeiterpartei. Die Partei als lediglich politische Körperschaft muß verlangen, daß dem Vaterlandsverteidiger seine vollen bürgerlichen Rechte ungeschmälert erhalten bleiben, daß der unnötige, bösartige, ehrlose und tyrannische Sklavenkodex, genannt Militärgesetz (er führte in seiner grausamsten Gipfelung nur zu Wellingtons Klage, »es sei unmöglich, in der britischen Armee für einen Befehl Gehorsam zu finden«), weggefegt werde zum Plunderhaufen geborstenen Aberglaubens. Und wenn Engländer ihrem Land im Felde nicht mit gleicher Freiheit dienen können, wie in den zahlreichen bürgerlichen Betrieben, in denen Nachlässigkeit und Unlenkbarkeit ebenso gefährlich sind wie im Kriege, werden ihre Führer und ihre Abgeordneten ihnen empfehlen, überhaupt nicht zu dienen. In Kriegszeit mögen diese Dinge nicht viel ausmachen. Disziplin geht entweder zum Teufel oder hält sich unter dem Druck der feindlichen Kanonen. Und schreiende Feldwebel und unverschämte Offiziere haben anderes zu tun, als Männer, die sie nicht mögen, dadurch aufzureizen, als sie zu schlagen und sie dann ohne Gerichtsverhandlung für zwei Jahre zur Zwangsarbeit zu schicken. Im Krieg stehen solche Offiziere zwischen zwei Feuern. Aber Soldaten sind nicht immer, nicht einmal oft im Kriege. Und die Schande, teuer erkauften Rechten und Freiheiten zu entsagen, bleibt ein Fleck im Krieg wie im Frieden. Nun ist es Zeit, diesen Fleck loszuwerden. Wenn irgendein Offizier Männer nicht ebenso zu befehligen versteht, wie Bürgerliche und Polizeiinspektoren es tun, hat dieser Offizier seinen Beruf verfehlt und würde besser tun, nach Hause zu gehen.


 << zurück weiter >>