Joseph Richter
Bildergalerie katholischer Misbräuche
Joseph Richter

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Eilftes Kapitel.

Ueber Missionen, und Missionsprediger.

Eine Bildergalerie katholischer Misbräuche würde sehr unvollständig seyn, wenn das Gemälde von Missionen und den sogenannten Missionarien darinn mangelte.

Zwar, wenn wir auf ihren Ursprung zurückgehen, so finden wir auch hier reines Wasser, das vielleicht nur deswegen so trüb und schlammicht geworden, weil es durch Klosterkanäle gelaufen ist.

Christus, der selbst von seinem himmlischen Vater gesandt wurde, sagte zu den Aposteln: Gehet hin in alle Welt, und verkündiget das Evangelium, und so waren die Aposteln Missionarien, und so war es nach ihnen jeder Priester, der das Evangelium predigte.

Wenn vom Aufgang bis Niedergang unzähliche Völker dem Götzendienst entsagten, und das Licht des Glaubens annahmen, so haben wir es dem heiligen Eifer dieser Männer zu verdanken, so wie wir es eben diesem Eifer werden zu verdanken haben, wenn einst China und noch viele andere unermeßliche heidnische Länder, in denen schon seit Jahrhunderten unsre Missionarien, und besonders die Mönche des verloschenen Jesuiterordens, das Evangelium (freylich nicht mit dem glücklichsten Erfolg) predigen, die christliche Religion annehmen.

Es sey also fern von uns, die Missionen nach jenen im Aberglauben und Irrthum begrabenen Gegenden zu verdammen, besonders, wenn die dahin geschickten Missionarien 54 mit dem Geist der Aposteln versehen, das Werk der Bekehrung, nach dem Beyspiel unsers Erlösers, mit Liebe und Sanftmuth beginnen, und ihr Nez nach Menschenseelen, nicht aber zum Perlenfang auswerfen.

Aber auffallend ist es, Missionarien in ein Land zu schicken, das seit mehr als tausend Jahren bekehrt ist, das seinen Bischof und seine Seelsorger hat – wenigstens eben so lächerlich, als wenn ein Fürst mit seinen Truppen ein Land erobern wollte, das ohnehin sein ist!

Man wird vielleicht einwerfen, daß diese Missionarien nicht der Bekehrung wegen im Lande herumreisen, sondern die Bekehrten im Glauben zu stärken und zu erhalten; allein wenn dieß ihre Absicht ist, so ist sie ein sträflicher Eingrif in die Rechte der Oberhirten; denn dieser ihr Thun ist es, in ihrem Kirchengebiete umher zu reisen, und nachzusehen, ob die Gläubigen gehörig unterrichtet werden.

Die medizinische Fakultät würde es gewiß nicht gleichgiltig ansehen, wenn irgend ein Quacksalber in unsern Zeiten es wagen wollte, in Städten oder Dörfern (vorausgesetzt, daß diese mit geschickten Aerzten versehen sind) seine Marktschreyerhütte aufzuschlagen, oder sich wohl gar unterfieng, die Heilmethode der aufgestellten Aerzte zu untersuchen, und zu tadeln.

Müssen wir also nicht die Langmuth unsrer Bischöfe bewundern (vielleicht uns auch dabey ein wenig ärgern), daß sie durch so viele Jahre diesen ihrem Ansehen nachtheiligen, und der Religion schädlichen Missionen so gelassen zusehen konnten?

Daß die Religion darunter litt, sollte wohl keines Beweises bedürfen.

Die Pfarrer und Seelenhirten sind zum Besten der christlichen Gemeinde aufgestellt. Ihnen ist das Wohl ihrer Seelen anvertraut. Sie müssen Sorge tragen, daß keine Irrlehren, keine abergläubischen Meynungen, keine falsche 55 Andacht sich in ihre Heerde einschleichen; aber sie werden gewiß vergebens arbeiten, wenn sie das Zutrauen der Gemeinde nicht unumschränkt besitzen, so wie der geschickteste Arzt seinen Endzweck verfehlen muß, so lang das Vertrauen des Pazienten zwischen ihm und alten Quaksalberinnen getheilt ist. Und doch war dieß der Fall bey den Missionen.

Mußte es nicht die würdigen Pfarrer und Seelsorger bis in das Innerste ihrer Seele kränken, wenn mitten im besten Unterricht, und bey schon glücklich eingeleiteter Seelenkur, so ein unbescheidener Mönch öfters sogar mit landesherrlichen und bischöflichen Privilegien versehen, in seiner Pfarre eintraf, durch seine Höllen- und Verdammungspredigten das Gehirn der armen Zuhörer verrückte, ihre bereits zum reinern Gottesdienst gestimmte Herzen auf abergläubische Andächteley lenkte, durch die Larve von Heiligkeit das Zutrauen dieser Betrogenen an sich zog, und das durch den Pfarrer des Orts so mühsam aufgeführte Gebäude des wahren Unterrichtes mit einem Mal einriß?

Diese bedaurenswürdige Seelsorger mußten noch eine andere Kränkung ausstehen. Sie waren gezwungen, den Verführern ihrer Gemeinde freundlich zu begegnen, sie herrlich zu bewirthen, und wohl öfters sogar Vorschriften von ihnen anzunehmen. Daher wurden aber auch viele aus ihnen kleinmüthig gemacht – sie hörten auf (denn Niemand bemühet sich gerne vergebens) im Weingarten des Herrn mit dem vorigen Eifer zu arbeiten, und ließen geduldig den Saamen des Unkrauts, den diese Missionarien unter ihre Gemeinde ausstreuten, aufsprossen, und um sich greifen.

Wir sagten in diesem Kapitel, daß die meisten dieser Missionarien viele Aehnlichkeit mit den Marktschreyern hatten. Wer immer so einer Mission auf dem Lande oder auch in Städten beygewohnet hat, wird diese Behauptung richtig finden. 56

Sie schlugen ihre Bühnen auf, schrien, und machten mitunter auch Spasse, wie die Marktschreyer.

Die Bauern lieffen viele Meilen weit, um so eine Missionspredigt zu hören, und Weiber und Kinder freuten sich wegen der Spasse recht närrisch darauf.

Wären diese sogenannte Missionarien Männer von aufgeklärten Kopf und frommen Herzen gewesen; hätten sie gleich den Aposteln das Evangelium mit Lieb und Sanftmuth geprediget, und wie diese dem Aberglauben und der falschen Andacht mit heiligem Eifer entgegen gearbeitet, so wäre doch wenigstens kein so grosser Nachtheil für die Gemeinde daraus entstanden. So aber waren sie gerade die Gegenfüßler der Aposteln. Denn wenn aus diesen der Geist Gottes redete, so sprach aus jenen Afteraposteln der Klostergeist – und öfters noch ein böserer Geist – –

Es sind nur wenige Jahre, daß noch so ein Spaßvogel von Missionarius zum Aergerniß aller ächten Katholiken nicht bloß auf dem Land, sondern sogar in Hauptstädten sich produzirte.

Nun aber ist so etwas nicht mehr zu befürchten.

Die Bischöffe halten nun wieder auf ihre Rechte, und unterstützen die Pfarrer und Seelsorger in den ihrigen – und wir dürfen es mit Gewisheit sagen, daß unsere Nachkömmlinge das Geschöpf eines Landmissionarius nicht anders als aus der Beschreibung und aus Kupferstichen kennen werden. 57

 


 


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