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31.

»Inspektor Crawford ist bereits hier und wartet im Empfangszimmer auf Sie«, sagte Miller, als er Evelyn Rolands und Jim Carley die Haustür öffnete.

Sie traten ein und wurden vom Inspektor und Belling begrüßt, der besonders seinem Freund Carley herzlich die Hand schüttelte.

»Ich freue mich, daß sich alles zum Besten aufgeklärt hat.«

»Haben Sie den Täter gefunden?« fragte Evelyn schnell.

»Ja«, erwiderte Crawford. »Gestern abend ist er verhaftet worden, dann gab es noch sehr viel zu tun, sonst hätte ich gleich bei Ihnen angerufen. Aber es war lange nach Mitternacht, als ich die erste freie Minute hatte.«

»Wer ist es?«

»Stetson!«

Jim und Evelyn sahen den Inspektor betroffen an.

»Es wird zu lang, wenn ich Ihnen die einzelnen Protokolle vorlese. Ich will deshalb versuchen, Ihnen möglichst kurz das Wesentliche zu erzählen.

Stetson, der hier in London einen sehr soliden Eindruck machte und überall nur als Vertrauensperson galt, auch bei den Behörden und der Polizei, führte ein Doppelleben.

Obwohl er in London als bekannter, erfolgreicher Anwalt uneingeschränkte Achtung genoß, war er eigentlich ein Lebemann und reiste oft nach Paris, Brüssel und in belgische Luxusbäder, wo er viel Geld beim Spiel oder in Gesellschaft eleganter Frauen ausgab. Zwar hatte er ein glänzendes Einkommen durch seinen Beruf und war auch von Hause aus vermögend, aber für ein solches Leben reichten seine Mittel auf Dauer nicht aus.

Einer seiner besten Bekannten – man kann wohl sagen Freunde – war Ihr Onkel, Sir Richmond«, wandte er sich an Carley. »Dieser schenkte ihm so großes Vertrauen, daß er nahezu die Hälfte seines Vermögens durch ihn verwalten ließ. Dabei handelte es sich hauptsächlich um An- und Verkauf von Industriepapieren und Aktien.

Sie telegraphierten im Juni, daß sofort eine größere Summe als Kaution für die Konzession gestellt werden mußte, Steson war aber gerade in finanziellen Schwierigkeiten und konnte im Augenblick die Summe nicht überweisen. Als er einige Tage zögerte und Sir Richard diese zufällig erfuhr, wurde ihr Onkel mißtrauisch, und plötzlich kam ihm der Verdacht. Er ließ Stetson am Abend des siebzehnten Juni zu sich kommen, nachdem seine Sekretärin gegangen war, und sagte ihm ins Gesicht, daß er die ihm anvertrauten Werte veruntreut hätte. Die Unterredung fand in der Bibliothek stattt, und die Auseinandersetzung wurde heftig.

Stetson war auf diese Entwiklung nicht vorbereitet, er sah plötzlich den Zusammenbruch seiner Existenz, und in seiner mßlosen Erregung packte er, ohne zu wissen, was er tat, eine kleine Bronzefigur, die auf dem Schreibtisch stand, und schlug damit Sir Richard nieder. Der Getroffene stürzte mit zertrümmerter Schädeldecke zu Boden und war sofort tot. Entsetzt über die Tat starrte Stetson auf ihn nieder.

In dem Augenblick trat lautlos der Butler Albert Tembroke herein, der an der Tür gelauscht hatte.«

Nun erklärte er, daß der Tote, den man für Sir Richard gehalten hatte, Alec Maxwell war, ein früherer Schauspieler und Verbrecher, der unter dem Namen Albert Tembroke der Butler Sir Richards gewesen war.

»In höchstem Schrecken warf sich Stetson auch auf ihn und führte mit der Bronze, die er noch in der Hand hatte, einen Schlag gegen ihn, den Maxwell aber mit dem Arm abfing, so daß er nur eine tiefe Wunde in der Stirn davontrug. Maxwell war stärker als Stetson, und es gelang ihm, den Rechtsanwalt zu überwältigen. Nachdem er ihn gefesselt hatte, schloß er ihn in die Bibliothek ein.

Maxwell schwieg über seine Entdeckung, ging zunächst in sein Zimmer im Dachgeschoß und kam nach etwa einer Dreiviertelstunde zurück. Er glaubte, daß Stetson sich nun beruhigt hatte und wieder klar denken konnte, und schlug ihm vor, daß sie gemeinsame Sache machen und das Vermögen von Sir Richard teilen sollten.

Stetson blieb im Augenblick nichts anderes übrig, als darauf einzugehen. Mit großer Eile gingen die beiden an die Arbeit. Maxwell besorgte Spitzhacke und Schaufel, und sie vergruben den Toten unter dem Fußboden des Laboratoriums.

Aber nun zeigte sich eine Schwierigkeit. Das Loch im Zementfußboden mußte ausgebessert werden, und dazu war fremde Hilfe nötig. Maxwell ging noch am selben Abend in die Nachbarschaft und verhandelte mit dem Maurerpolier Selby, der dann auch in kurzer Zeit die Reparatur ausführte. Damit die Stelle nicht auffallen sollte, verputzte Selby den ganzen Fußboden mit einer mehrere Zentimeter hohen Zementschicht.

Nun berieten Maxwell und Stetson bis spät in die Nacht, wie sie am zweckmäßigsten ihren Plan ausführen und jeden Verdacht vermeiden könnten. Maxwell kam dann auf den genialen Gedanken, als Sir Richard Richmond aufzutreten. Unerwartet gab er Stetson eine Probe seiner Gewandtheit als Schauspieler, machte oberflächlich Maske und trat ihm in den Kleidern von Sir Richard gegenüber. Er sah diesem verblüffend ähnlich und wirkte so überzeugend, daß Stetson zuerst zu Tode erschrak und einen Schock bekam, dann aber bereitwillig auf die Idee einging.

Damit der Personenwechsel möglichst unauffällig für die Öffentlichkeit blieb, wollte er auf eine lange Reise gehen. Sie beschlossen, allmählich die Wohnung und den Haushalt Sir Richards in London aufzulösen. Tembroke wollte sich dann mit seinem Anteil in Südamerika niederlassen, wo er sich vor jeder Strafverfolgung sicher wähnte, während Stetson es vorzog, in London zu bleiben.

Stetson schlug dann vor, die Stirnwunde etwas gefährlicher aussehend zu machen und einen Spezialisten zuzuziehen. Maxwell litt niemals an geistigen Störungen, er täuschte sie nur vor. Professor Haviland schöpfte keinen Verdacht, er kannte ja auch Sir Richard nicht persönlich; wohl aber hatte er von dem bekannten Anwalt Stetson gehört. So benützten die beiden Haviland als Werkzeug, um ihren Betrug nach außen hin glaubhaft zu machen. Dies war ein sehr geschickter Schachzug, und wir haben uns zu Anfang auch dadurch täuschen lassen.

Aber Stetson war ein intriganter Charakter und plante von vornherein, Maxwell auszuschalten. Es war abgemacht, daß dieser seine Rolle auch Stetson gegenüber als Sir Richard durchführen sollte, selbst seine Briefe sollten in diesem Sinn geschrieben sein, so daß der Briefwechsel, wenn er in falsche Hände fiel, keinen Verdacht erregte.

Stetson schickte Maxwell aber nicht soviel Geld auf die Reise, wie er zuerst in seiner Zwangslage versprochen hatte, daher drängte dieser dauernd auf Zahlung. In Stetsons Augen war er ja niemand anders als der Verbrecher Alec Maxwell, der mehrmals mit der Polizei in Konflikt geraten war und bereits drei Gefängnis- und Zuchthausstrafen, die letzte von fünf Jahren, abgesessen hatte.

Um zunächst einmal vor polizeilichen Nachforschungen sicher zu sein und in Ruhe neue Pläne vorbereiten zu können, hatte sich Maxwell mit gefälschten Zeugnissen eine Stellung als Butler bei Sir Richard verschafft. Er verstand es bald, sich durch seine Geschicklichkeit und Umsicht dessen volles Vertrauen zu erringen. Um seine Stellung noch mehr zu befestigen, heiratete er eine hübsche Frau aus einfachen Kreisen, der er geistig weit überlegen war, und die zu ihm aufschaute. Sicher sind ihm zwischendurch auch einige Betrügereien gelungen, von denen die Polizei keine Kenntnis erhielt. Jedenfalls hatte er kleinere Schecks auf den Namen Sir Richards gefälscht. Das alles machte er so geschickt, daß er niemals in Verdacht kam. Uns ist auch seine Korrespondenz mit Stetson von der Reise aus in die Hand gefallen. Er war so gewandt, daß er sie in der Handschrift des Ermordeten führte. Zwei Jahre lang hatte er Gelegenheit, Sir Richard zu beobachten, und so konnte er ihn auch genau kopieren.

Stetson suchte Professor Haviland gleich nach Maxwells Abreise häufiger auf und klagte darüber, daß die Störungen bei Sir Richard sich immer mehr steigerten. Als Beweis brachte er die Briefe bei, und die Tatsachen kamen ihm auch zu Hilfe, denn Maxwell, der zu Anfang kühl, klar und nüchtern dachte, hatte in Paris zufällig die blendend schöne Ria Bonati getroffen und reiste mit ihr nach den Vereinigten Staaten. Er blieb aber nicht lange, sondern flog nach Hawai, und von dort nahm er über Japan den üblichen Weg in einem Dampfer der P. und O.-Gesellschaft. In Colombo erreichten ihn Telegramme und Briefe Stetsons, der ihn nach London zurückrief.

Auch Maxwell wollte ihn sprechen und zur Einhaltung des Vertrages zwingen. Er unterbrach seine Reise nur noch einmal kurz in Ägypten, dann kehrte er nach London zurück.

Stetson hatte inzwischen Professor Haviland weiterbearbeitet und mit ihm abgemacht, den vermeintlichen Sir Richard in eine Irrenanstalt zu überführen, um ihn zunächst unschädlich zu machen. Der Arzt war ja fest davon überzeugt, daß die Geldforderungen an Stetson ein Beweist für ständig steigende Verschwendungssucht wären. Maxwell hätte in der Anstalt behaupten können, was er wollte – kein Mensch hätte ihm geglaubt. Stetson hatte die Absicht, Maxwell später bei einer günstigen Gelegenheit verschwinden zu lassen.

Aber er hatte sich zuviel zugemutet und nicht mit den Schwierigkeiten gerechnet, die die weitschauenden Plane Sir Richards in Birma machen würden. Unerwartet kamen Sie, Mr. Carley, zurück, und nun mußte er nach zwei Seiten kämpfen. Ursprünglich hatte er nichts dagegen einzuwenden gehabt, daß Maxwell in Gesellschaft von Ria Bonati reiste, ja, er hatte sogar geglaubt, daß er bei seiner Rückkehr durch sie Einfluß auf ihn ausüben könnte. Deshalb war es ganz gegen sein Programm, daß sie nun eigene Pläne verfolgte. Sie hatte Sir Richard Richmond auch nicht gekannt und war daher von der Echtheit der Persönlichkeit ihres Reisebegleiters felsenfest überzeugt. Sie selbst geriet mit Stetson aneinander, da er der Ausführung ihrer Absichten im Weg stand.

Stetson war durch all diese Schwierigkeiten in eine verzweifelte Lage geraten, und als Sie ihn aufsuchten, griff er wie ein Ertrinkender nach einem Strohhalm, um durch die Erlangung der Erzkonzession große Mittel flüssig zu machen. Erst jetzt kümmerte er sich ernstlich um die Angelegenheit und las die Akten und den Briefwechsel genau durch.

Da aber Maxwell den Haushalt von Sir Richard weiterführte, erhielt er von der Post die beglaubigte Abschrift der Konzessionsanträge, die Sie kurz vor Ihrer Abreise aus Birma abgeschickt hatten. Zuerst war ihm die Sache unangenehm, aber dann sah. auch er plötzlich eine Gelegenheit, ein großes Vermögen zu erwerben. Durch Sie, Miß Rolands, erfuhr Stetson davon, daß die beglaubigten Abschriften in Maxwells Hände gefallen waren. Zu gleicher Zeit mußte er neue Geldforderungen des früheren Butlers befriedigen.

Nicht Maxwell ging Stetson aus dem Weg – es war umgekehrt.

Im letzten Monat drohte Maxwell, der unter allen Umständen Geld haben wollte, dem Anwalt, und schließlich bequemte sich dieser zu einer vorläufigen Aussprache, die am Nachmittag um vier Uhr in seinem Büro stattfand. Stetson hatte noch kein Geld, versprach aber bis zum Abend fünftausend Pfund zu schaffen. Er wollte sie gegen halb neun Maxwell in die Bruton Street bringen, aber er traf erst zehn Minuten vor neun ein.

Mit einem eigenen Schlüssel ging er durch die Nebentür ins seitliche Treppenhaus und von dort ins Arbeitszimmer. Eigentlich sollte die große Aussprache stattfinden, auf die Maxwell schon längst gedrängt hatte, aber gleich zu Anfang kam es zu schweren Meinungsverschiedenheiten, weil Stetson weniger Geld gebracht hatte. Außerdem gerieten sie wegen der Erzkonzession ernstlich aneinander.

Stetson saß in einem Stuhl neben dem Schreibtisch. Als er in der Erregung den schweren Bronzeaschbecher umklammerte, fühlte sich Maxwell bedroht, zog die linke Schreibtischschublade auf und faßte nach der Pistole, die er Ria Bonati abgenommen hatte.

Der Anwalt erkannte die Absicht des anderen sofort und wollte sich auf ihn stürzen. Maxwell sprang auf. Dabei fiel der Stuhl um, auf dem er gesessen hatte. Durch einen geschickten Griff packte Stetson Maxwells Rechte, entriß ihm mit einer kurzen Drehung die Waffe und feuerte aus unmittelbarer Nähe in dessen Gesicht. Der Schuß ging direkt durch den Mund.

Zuerst stand Stetson fassungslos, denn das hatte er nicht gewollt. Irgend etwas mußte er aber unternehmen. Er überlegte, konnte aber keinen klaren Gedanken fassen. Plötzlich klingelte es, und in diesem Augenblick höchster Gefahr faßte er einen kühnen Plan. Schnell wischte er die Waffe ab, packte sie mit dem Taschentuch und drückte sie dem Toten in die Hand, dann legte er sie neben dessen rechtem Arm nieder.

Als er sich umsah, bemerkte er die Brieftasche, in die Maxwell eben die viertausend Pfund gelegt hatte Ohne klar zu überlegen was er tat, riß er sie an sich und steckte sie hastig in die seitliche Rocktasche.

Zu seinem Schrecken merkte er plötzlich, daß jemand die hintere Treppe heraufkam. Es blieb ihm kein anderer Ausweg, als zunächst ins Ankleidezimmer zu verschwinden. Von dort aus schlich er sich ins Schlafzimmer. Er hörte, daß Sie die Tür zum Arbeitszimmer öffneten. Noch war er unschlüssig, was er tun sollte. Dann kam Miller die Dienertreppe herunter, traf Sie, Mr. Carley, und rief: ›Sie haben ihn ermordet!‹

Miller stürzte die Treppe hinunter, und Sie telephonierten an Scotland Yard. Währenddessen nahm Stetson die günstige Gelegenheit wahr, schlich sich ins Badezimmer, öffnete geräuschlos die Tür, die von dort aus zum Flur führte, und eilte die hintere Treppe hinunter. Mantel und Hut hatte er vorher an den Garderobenständer gehängt, der sich am unteren Treppenabsatz befand. Während er eilig den Mantel anzog, suchte er nach dem Schlüssel, und dabei fiel Maxwells Brieftasche zu Boden.

In diesem Augenblick wurde die Haustür aufgerissen, und der Butler kam mit Granter in die Halle. Stetson dachte nur noch daran, sich in Sicherheit zu bringen, öffnete die Seitentür und entkam, ohne daß ihn jemand sah. Die Tür schloß er dann von außen wieder zu, um wenigstens einen kurzen Vorsprung zu haben. Er bildete sich natürlich ein, daß man ihn verfolgen würde. Am Berkeley Square rief er eine leere Taxe an und fuhr in sein Büro. Dort schrieb er in aller Eile den bekannten Brief, um den vorgetäuschten Selbstmord glaubhafter zu machen. Da er übernervös war, fiel die Fälschung sehr plump und oberflächlich aus. Er adressierte das Schreiben an sein Büro und fuhr dann noch einmal in die Stadt zurück, wo er es in einen Kasten des Postamtes W1 warf. In seiner Aufregung hatte er übersehen, daß um neun Uhr fünfzehn die Kästen in dem Bezirk geleert werden und schon dadurch die Fälschung erkannt werden konnte.

Stetson spielte ein gewagtes Spiel, aber er wurde durch die Umstände dazu getrieben. Nach außen hin verstand er es, ausgezeichnet zu blenden, und noch bei der Totenschau fiel kein Verdacht auf ihn. Ja, er verschaffte sich indirekt sogar noch ein Alibi durch seine Zeugenaussage, indem er sagte, daß er Sir Richard fünf Minuten nach neun angerufen hätte.

Zu dieser Zeit hat er wahrscheinlich Maxwell erschossen.

Zunächst hoffte Stetson, daß die Geschworenen Selbstmord annehmen würden, und auch ich war eigentlich froh, als mir Stetson am Montagvormittag den Selbstmordbrief vorlas. Ich setzte mich sofort mit den Behörden in Verbindung, so daß die Totenschau schon auf den Nachmittag um vier Uhr angesetzt werden konnte. Der Vorsitzende und die anderen Beamten waren auch der Meinung, daß die Verhandlung nicht lange dauern würde. Aber zwischen Mittag und dem Beginn der Totenschau erhielt ich entscheidende Meldungen und führte die Versuche in der Waffenprüfstelle in Scotland Yard durch, so daß es mir nachher gelang, den vorgetäuschten Selbstmord sofort zu widerlegen.

Stetson, der ja selbst ein bekannter Verteidiger in Straffällen ist, änderte nun sofort seine Taktik und versuchte, durch seine Aussagen, Sie, Mr. Carley, so schwer zu belasten, daß die Geschworenen Sie als Täter bezeichnen mußten, und das wäre ihm beinahe auch geglückt. Aber obwohl ich sah, daß Ihre Lage verzweifelt war, hatte ich doch immer die Überzeugung, daß Sie nicht der Täter sein konnten.«

»Aber wie haben Sie denn Stetson zu dem Geständnis gezwungen?«

»Es ist merkwürdig, daß plötzlich alle Nachrichten und Entdeckungen sich überstürzten. Bei der Durchsuchung von Maxwells Zimmern im Savoy-Hotel fanden wir ein Scheckbuch der Westminster-Bank in London. Sergeant Pemberton rief in meinem Auftrag dort an, weil wir vermuteten, daß Sir Richard irgendwo einen Safe bei einer Bank haben würde, wo er seine wichtigen Papiere aufhob. Pemberton ging dann gestern nachmittag mit einem amtlichen Befehl zur Öffnung des Safes hin, und nun machten wir einen glücklichen Fund. Es war nicht der Safe von Sir Richard, sondern von Maxwell. Dort fanden wir alle seine Papiere, seinen alten Paß als Butler Tembroke, und als wichtigstes Dokument eine genaue Niederschrift über die Ermordung von Sir Richard durch Stetson. Vorsichtshalber hatte er alles niedergeschrieben, damit er im Fall der Not darauf zurückgreifen konnte.«

»Aber genügte denn diese Niederschrift, um Stetson zu überführen?« fragte Carley.

»Ich hatte noch eine Reihe anderer Beweise. Zunächst haben wir durch Miß Ferguson Maxwells Frau gefunden, die er unter dem Namen Tembroke heiratete. Sie wohnt in einem Häuschen in Broxbourne, ist ein einfacher Charakter und hatte keine Zeitung gelesen. Da sie mit niemand verkehrt, hatte sie auch sonst nichts von dem Mord und der Totenschau erfahren. Aber von ihr hörte ich, daß Stetson durch die Westminster-Bank jeden Monat zehn Pfund an sie auszahlen ließ. Dadurch war er schon schwer belastet. Ferner fanden wir, als bei der Exhumierung der Sand durchsiebt wurde, einen Manschettenknopf, der nachweislich ihm gehörte, und den er beim Vergraben der Leiche verloren hatte.

Ferner habe ich, als der Verdacht auf Stetson fiel, den angeblichen Selbstmörderbrief mit Handschriftproben Stetsons vergleichen lassen, und zwei Sachverständige im Amt haben übereinstimmend erklärt, daß Stetson den Brief geschrieben hat. Es war ja von vornherein klar, daß der Schreiber des Briefes niemand anders sein konnte als der Mörder des vermeintlichen Sir Richard.«

»Wann haben Sie denn zuerst Verdacht auf Stetson gehabt?« fragte Carley, erstaunt über die Fülle von Aufschlüssen.

»Als unser Erkennungsdienst feststellte, daß der vermeintliche Sir Richard niemand anders war als der Butler Tembroke und Verbrecher Maxwell, sagte ich mir, daß Stetson, der Sir Richard so lange kannte, sich unmöglich hätte täuschen lassen. Als ich diesen Gedankengang weiterverfolgte, ergaben sich bald weitere Anhaltspunkte.«


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