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Abschied.

Bei der Flucht aus Schlesien.

So lebe wohl mit allen Spöttern,
du eh'mals wertes Vaterland,
du trotzest bei so manchen Wettern,
ich wünsche dir nur auch Bestand.
Was hat dir wohl mein Geist zu danken?
Verfolgung, Schande, Neid und Zanken,
und Freunde, die kein Fleh'n gewinnt!
Ja, mußt' ich heute bei den Drachen
gefährliche Gesellschaft machen,
sie wären gütiger gesinnt.

Wohlan! so neige selbst die Waffen,
die Wahrheit und Verdruß regiert!
Wer sind die meisten deiner Laffen,
von welchen all mein Unglück rührt?
Wer sind sie? Lästerer, faule Bäuche,
Tartuffen, Zänker, böse Schläuche
und Schwätzer, so die Wahrheit flieh'n,
Beruf und Gott im Beutel tragen,
sich täglich um die Kappe schlagen,
und Weib und Pöbel an sich zieh'n!

Du hegst Betrug und Aberglauben,
den aller Weisen Freiheit haßt!
Der Rabe jauchzt, man würgt die Tauben,
der Reiche höhnt der Armen Last.
Was thun die unbeschnitt'nen Juden?
Sie brüsten sich in teuren Buden
und schielen höhnisch in die Quer,
als wenn, Gott geb', ein Bursch' ihr Diener,
der Mauerpfeffer aber grüner
als unser Musen Lorbeer wär'.

Die Klügsten sitzen an dem Zolle,
verehren Leben und Vernunft:
Was kost' das Heu? Was gilt die Wolle?
So spricht man in Zusammenkunft.
Was sag' ich von den Frauenzimmern?
Ihr Schönsein ist nur Farbenschimmer,
sie heißen keusch, sie sind nur dumm,
und die noch etwas Grütze führen,
die kehren stets vor fremden Thüren
und nehmen alles blind herum.

Dies seh' ich vor gewisse Zeichen
von Greuel und Verwüstung an.
Wo Kunst und Weisheit einmal weichen,
da ist's um aller Heil gethan.
Ja, stecken nur nicht hin und wieder
noch wenig treu und kluge Brüder,
So spräch': Land, Du bist nicht wert,
daß so ein Kerl dein Glück erhebet,
der dich durch unsre Kunst verklärt!

Ich fürcht', ich fürcht', es blitzt von Westen,
und Norden droht schon über dich,
du pflügst vielleicht nur fremden Gästen,
ich wünsch' es nicht. Gedenk' an mich.
Du magst mich jagen und verdammen,
ich steh', wie Bias, bei den Flammen,
und geh', wohin die Schickung ruft!
Hier fliegt dein Staub von meinen Füßen,
ich mag von dir nichts mehr genießen,
sogar nicht diesen Mund voll Luft.

Joh. Christian Günther.


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