Balduin Möllhausen
Wanderungen durch die Prairien und Wüsten des westlichen Nordamerika
Balduin Möllhausen

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XXXIX.

Bericht des Kriegsministers der Vereinigten Staaten, Mr. Jefferson Davis über die von der Expedition durchforschte Route. – Schluß des Werkes.

Ich befand mich schon wieder einige Zeit in Europa, als mir Lieutenant Whipple, der unterdessen zum Capitain ernannt worden war, unter anderen Brochüren auch eine Abhandlung des Kriegsministers der Vereinigten Staaten, des Herrn Jefferson Davis zuschickte, in welcher derselbe dem Congreß einen kurzgefaßten Bericht der verschiedenen Eisenbahnrichtungen nach der Südsee vorgelegt hatte. Ich lasse hier die Uebersetzung dessen folgen, was über die von unserer Expedition erforschte Route gesagt ist:

Route nahe dem 35º nördlicher Breite. Die Hauptlinien, welche die Richtung dieser Route bestimmten, deren Erforschung von Lieutenant A. W. Whipple, vom Corps der topographischen Ingenieure, geleitet wurde, sind die westlichen und östlichen Verlängerungen der sich einander nähernden Zuflüsse des Mississippi, des Rio Grande und des großen Colorado des Westens. Es scheint als wenn dort auf mehr Regen als in den Regionen nördlich und südlich von dieser Richtung und in Folge dessen auch auf einen größeren Vorrath von Brenn- und Bauholz gerechnet werden könne.

Die Straße, die bei Fort Smith am Arkansas River, ungefähr 270 Meilen von Memphis am Mississippi beginnt, kann bis zu den Antelope Hills, eine Strecke von 400 Meilen, entweder den Thälern des Arkansas und des Canadian folgen, oder vielleicht auch einer kürzeren Linie, aber über ungünstigeren Boden südlich vom Canadian. Diese letztere Route hat indessen wieder zwei besondere Zweige, entweder dem Thale des Washita oder der Wasserscheide zwischen diesem Fluß und dem Canadian folgend. Von den Antelope Hills führt die Straße bis zur Mündung des Tucumcari Creek im Thale des Canadian, an dessen rechtem Ufer entlang, eine Strecke von ungefähr 250 Meilen; dann im Thale des Tucumcari Creek oder des Pajarito Creek aufwärts nach der Wasserscheide zwischen dem Canadian und dem Pecos, bis zu einer Höhe von 5543 Fuß, und alsdann hinab in das Thal des letzteren. Die Straße folgt darauf diesem Thale, bis sie durch Benutzung eines Zuflusses das hohe Tafelland oder Becken östlich der Rocky Mountains erreicht, welches sich 7000 Fuß über dem Meeresspiegel erhebt. Sie führt dann durch das hohe Salinas-Bassin, welches 30 Meilen breit, und dessen niedrigste Erhebung 6471 Fuß über dem Meeresspiegel ist, und erreicht die Wasserscheide in den Felsengebirgen in einer Höhe von 7000 Fuß. Von diesem Punkte zieht sie sich durch den San Pedro-Paß hinunter nach Albuquerque oder Isleta am Rio Grande, oder auch durch das Thal des Galisteo River nördlich vom Sandia-Gebirge nach derselben Stelle. Einer dritten Route ist Erwähnung gethan, welche im Thale des Pecos hinauf, von dort an einen Zufluß des Galisteo und dann ebenfalls an den Rio Grande führt, Isleta am Rio Grande ist 854 Meilen von Fort Smith entfernt und erhebt sich 4945 Fuß über die Meeresfläche. Die Straße, über die Höhe führend, welche den Rio Grande vom Puerco trennt, folgt alsdann dem Thale eines Nebenflusses des letzteren, nämlich des San José, bis zu einer seiner Quellen in einem Paß in der Sierra Madre, genannt Camino del Obispo, Auf dem Gipfel (Höhe 8250 Fuß) ist ein Tunnel von ¾ Meilen Länge in einer Erhebung von nicht weniger als 8000 Fuß nöthig, von wo alsdann das Niedersteigen an den Zuñi River in der Nähe von Pueblo de Zuñi bewerkstelligt wird. Die Straße führt weiter über hügeligen Boden bei der Navahoe-Quelle an den Puerco des Westens. Eine andere Route über die Sierra Madre, ungefähr 20 Meilen weiter nördlich wurde von Mr. Campbell untersucht, und anscheinend bei Weitem geeigneter gefunden. Das Profil derselben ist indessen nicht durch zuverlässige Instrumente bestimmt worden; die Erhebung des höchsten Punktes über dem Meeresspiegel beträgt 7750 Fuß. Der Puerco des Westens entspringt in diesem Paß, und die Route folgt dem Thale dieses Flüßchens (sich mit der anderen Linie bei dem Navahoe Spring vereinigend) bis zu seiner Mündung in den Colorado Chiquito, und führt alsdann durch das Thal des letzteren an den Fuß der südöstlichen Abhänge des San Francisco-Gebirges bis zu einer Höhe von 4775 Fuß hinauf; Entfernung von Fort Smith 1182 und vom Uebergangspunkte am Rio Grande 328 Meilen. Von hier nun führt die Route hinauf nach der Wasserscheide zwischen den Wassern des Gila im Süden und denen des Colorado des Westens im Norden, und auf derselben ungefähr 200 Meilen weiter zum Azteken-Paß, dessen Höhe 6281 Fuß und Entfernung vom Fort Smith 1350 Meilen beträgt. Der höchste Punkt auf diesem fortlaufenden Rücken, Leroux's Spring, am Fuße der San Francisco-Berge, hat 7472 Fuß, Das Hinuntergehen vom Azteken-Paß an den Rio Colorado des Westens wird bewerkstelligt durch Beschreibung eines Bogens gegen Norden, an den Nebenflüssen des Colorado entlang, von welchen der bedeutendste und letzte Bill William's Fork ist, dessen Mündung in den Colorado 1522 Meilen von Fort Smith und in der Höhe von 208 Fuß über dem Meeresspiegel liegt. Die Straße führt alsdann 34 Meilen aufwärts am Colorado hinauf und verläßt denselben bei den Needles, um einem Thale zu folgen, welches irrthümlicher Weise für den Mohave River gehalten wird. Es wies sich aber als das zu jener Zeit trockene Bett eines Flusses aus, dessen Quellen sich an dem hohen Rücken befinden, welcher wahrscheinlich das große Bassin von den Wassern des Colorado scheidet. Nachdem die Höhe (5262 Fuß über der Meeresfläche) erreicht ist, geht es mit einer durchschnittlichen Senkung von 100 Fuß auf die Meile auf einer Strecke von 41 Meilen (die schroffste Senkung auf der ganzen Route) hinab an den Soda Lake, der in gewissen Jahreszeiten das Wasser des Mohave River aufnimmt und 1117 Fuß hoch liegt. Das Hinaufgehen von dem Soda-See zu dem Gipfel des Cajon-Passes in der Sierra Nevada (4198 Fuß) geschieht, indem die Richtung des Mohave-Thales verfolgt wird. Der Gipfel dieses Passes ist 1798 Meilen von Fort Smith und 242 vom Uebergangspunkte des Colorado entfernt. Hier nun wird ein Tunnel von 2 ½ bis 3 4/10 Meilen Länge durch weißen Conglomerat-Sandstein erfordert. Gegen Westen führt die Straße abwärts mit einer Senkung von 100 Fuß auf die Meile, welches die durchschnittliche Senkung einer Strecke von 22 Meilen bis in's Thal von Los Angeles ist, wenn nämlich der zerrissene Charakter der Berge bei einer genaueren Untersuchung die Verminderung der Senkung gestattet, welche zwischen 90 und 171 Fuß auf die Meile schwankt. Von dort zum Hafen von San Pedro ist das Terrain durchaus günstig.

Die Haupteigenschaften dieser Route in Vergleich mit anderen sind, daß dieselbe durch mehr kulturfähige Ländereien führt; daß bis zum Colorado ein größerer Wasservorrath dieselbe begünstigt, und sich häufiger ausgedehnte Waldungen zwischen dem Rio Grande und dem Colorado befinden. Diese beiden letzten Eigenschaften überwiegen eine vierte ungünstige, nämlich die große Anzahl der Steigungen und Senkungen. Nahe dem Meridian des 90. Grades ist der Uebergang von fruchtbarem Boden zu solchem, der der Kultur unfähig ist, vollständig, ausgenommen die Thäler der Flüsse, welche mehr oder weniger fruchtbar sind. Einige Theile des oberen Thales des Canadian und des Pecos, der Thäler des Rio Grande, des Zuñi, des Colorado Chiquito, des San Francisco, des Colorado des Westens und ihrer Zuflüsse haben einen fruchtbaren Boden, der aber im Allgemeinen künstlicher Bewässerung bedarf, um tragfähig zu bleiben. Der Theil der südwestlichen Spitze des großen Bassins, über welchen diese Route führt und über welchen sich die Forschungen des Lieutenant Williamson ebenfalls erstreckten, ist sehr fruchtbar, und das Wüstenähnliche rührt dort nur von dem Mangel an Regen her. Gewöhnlich haben unkultivirbare Ebenen Ueberfluß an nahrhaftem Grase, obgleich auch umfangreiche Strecken vorhanden sind, wo wenig oder gar keins gefunden wird. Es kann angenommen werden, daß die Route mit guten Bausteinen hinlänglich versehen ist, seit es bekannt geworden, daß Sandstein, der sich zum Brückenbau eignet, in der gewöhnlich weichen Trias-Formation vorhanden ist, welche sich vom Delaware-Berge am Canadian bis zu den Felsengebirgen über eine Entfernung von 600 Meilen erstreckt. Waldungen, welche Holz zu Schwellen und Brettern zum Gebrauch für Eisenbahnen liefern, befinden sich fortwährend auf der Route östlich vom 97. Grade der Länge: in oder nahe dem Thale des Pecos; in den Rocky Mountains und der Sierra Madre; in den Mogoyon-Gebirgen (südlich von der Straße), in welchen der Colorado Chiquito und einige seiner Zuflüsse entspringen; an den Abhängen der San Francisco-Berge, von dort aus auf einer Strecke von mehr als 120 Meilen, und in der Sierra Nevada. Die Entfernungen, welche diese Punkte trennen, betragen 540, 100 und 150 Meilen. Von der Sierra Madre zu den San Francisco-Bergen sind 250 Meilen; von hier aus auf der Strecke von 120 Meilen kann der Holzvorrath als ununterbrochen bezeichnet werden; von dort bis zur Sierra Nevada sind wieder 420 Meilen. Wenn der Bau der Eisenbahn von beiden Enden begonnen wird, so beträgt die größte Entfernung, über welche Schwellen, Bretter etc. auf derselben geschafft werden müssen, 400 und 500 Meilen. In dieser Hinsicht ist daher die Route im Vergleich mit anderen begünstigt zu nennen. Dieselben Localitäten liefern ebenfalls Brennmaterial, wozu noch kommt, daß die Kohlenlager des Delaware-Berges den östlichen Theil der Route, wo Holz nur spärlich benutzt werden kann, mit Brennmaterial versehen. Es heißt, daß an verschiedenen Stellen in den Rocky Mountains, östlich und westlich vom Rio Grande nahe dieser Route, sich Kohlenlager befinden, doch fehlen genauere verbürgte Nachrichten darüber, ob dieselben in genügender Stärke vorhanden sind, um mit Erfolg bearbeitet werden zu können.

Die Bahn auf der Strecke von 450 Meilen östlich der Sierra Nevada muß von den Häfen der Südsee aus mit Brennmaterial versehen werden. Auf Strecken dieser, so wie aus allen anderen Routen ist gar kein Brennmaterial, selbst nicht genug für die Arbeiten vorhanden. Die größte Entfernung, auf welcher dieser gänzliche Mangel an Holz herrscht, ist zwischen dem Colorado und dem Mohave River, eine Strecke von 115 Meilen. Die genaue Entfernung, auf welcher in gewissen Jahreszeiten kein Wasser gefunden wird, ist nicht bestimmt. Zwischen dem 100. Längengrade und der Südsee sind ganz wasserlose Strecken, wo aber ohne Zweifel, nach der geologischen Beschaffenheit zu schließen, hinlänglicher Vorrath durch gewöhnliche Brunnen, artesische Bohrungen oder Reservoirs erhalten werden kann. Die größeren Vorräthe an Holz und Wasser westlich vom Rio Grande weiden vertheuert durch die hohe Lage und die Unebenheit des Bodens. Im Galisteo-Paß in den Rocky Mountains und den Pässen in der Sierra Madre, welche eher weite Oeffnungen und Thäler als Gebirgspässe genannt werden können, ist vom Schnee kein Hinderniß zu fürchten, selbst wenn derselbe in bis jetzt dort noch unerhörten Massen fallen sollte; auf dem übrigen Theile der Route droht von dieser Seite gar keine Gefahr. Die Summe der Steigungen von San Pedro bis Fort Smith beträgt 24,641 Fuß, die der Senkungen 21,171 Fuß.

Die allgemeine Bildung des Landes zeigt mehrfach Linien, die bei näherer Untersuchung die Anlage einer Straße durch Verminderung der Steigungen und Senkungen bedeutend erleichtern und Verkürzung der Distancen ermöglichen; die Gesellschaft war indessen nicht im Stande, dieselben zu durchforschen. Die steilsten Grade, welche wahrscheinlich auf der Straße von Fort Smith nach San Pedro nicht vermieden werden können, kommen denen auf der Baltimore und Ohio-Eisenbahn nicht gleich. Die Beschreibung der topographischen Beschaffenheit der Route ist nicht hinlänglich genau, um uns in den Stand zu setzen, ein klares Bild über die Schwierigkeiten des Landes, welche zu überwinden sind, so wie über die wahrscheinlichen Kosten der Anlegung einer Eisenbahnstraße zu erhalten. Lieutenant Whipple vergleicht die verschiedenen Theile der Route mit Eisenbahnen, die schon fertig sind, mit welchen sie ähnliche Beschaffenheit und ähnliche Schwierigkeiten haben. 480 Meilen sind mit der Hudson River-Eisenbahn verglichen worden, 151 mit der Worcester und Albany-Eisenbahn (Western Railroad) und 374 mit der Baltimore und Ohio-Bahn, wonach also 1005 Meilen als den theuersten in den Vereinigten Staaten gebauten Eisenbahnen ähnlich bezeichnet worden sind. Der Eindruck aber, welchen die Beschreibung der Route hervorruft, veranlaßt zu der Ansicht, daß das Terrain günstiger ist, als die Vergleichung des Lieutenant Whipple vermuthen läßt. Nimmt man nun auch an, daß die Vergleiche correct sind, so ergiebt diese Schätzung für die Route von Fort Smith nach San Pedro die Summe 169,210,265 Dollar. Diese Berechnung ist, wie oben bemerkt, zu hoch angeschlagen, doch sind die näheren Umstände, wodurch eine Verminderung eintreten kann, dem Departement noch nicht mitgetheilt worden.

Sollte es wünschenswerth erscheinen, San Francisco durch die Tulares- und San Joaquin-Thäler zu erreichen, so müßte die Straße den Mohave River 30 Meilen vor dem Cajon-Paß verlassen (Entfernung von Fort Smith 1768 Meilen, Höhe ungefähr 2555 Fuß), sich über die südwestliche Spitze des großen Bassins nach dem Tah-ee-chay-pah-Paß ziehen, und dessen Mündung in der Höhe von 3300 Fuß und in der Entfernung von 80 Meilen erreichen. Von diesem Punkte aus fällt die Route mit der des 32. Grades nördlicher Breite zusammen. Die Summe der Steigungen von San Francisco bis nach Fort Smith auf der Route durch den Tah-ee-chay-pah-Paß beträgt 25,570, die der Senkungen 25,100 Fuß.

Die Untersuchung dieser Route durch Lieutenant Whipple und seine Berichte über dieselbe verdienen die größte Anerkennung, sowohl wegen der Vollständigkeit der Arbeit in allen ihren einzelnen Theilen, als auch durch die vollkommenen und genauen Beobachtungen, welche er zur Bestimmung der Längen und Breiten anstellte, und durch die weite Ausdehnung wissenschaftlicher Forschungen in allen Nebenzweigen, welche in Beziehung mit der Aufgabe standen, zu deren Lösung seine Expedition bestimmt war.

Jefferson Davis, Kriegssecretair der Vereinigten Staaten.

Dies ist der fragmentarische Bericht, in welchem in gedrängter Kürze eine Uebersicht der in diesem Werke beschriebenen Expedition geboten ist, und die hier als die beste Erläuterung zu der beiliegenden Karte dient.

Einige Jahre sind schon verflossen, seit ich von dieser Expedition in meine Heimath zurückgekehrt bin; doch vermag ich derselben nicht zu gedenken, ohne mich lebhaft und dankbar meines verehrten Freundes, des Capitains Whipple, zu erinnern, unter dessen Commando ich eine so interessante Reise zurücklegte, auf welcher ich so viel sah und lernte. Wie Capitain Whipple seine Aufgabe löste, sagen am besten die anerkennenden Worte des Herrn Jefferson Davis; ich enthalte mich daher eines weiteren Urtheils und füge nur hinzu, daß ich gern und mit Enthusiasmus von dieser Expedition spreche. Für die liebenswürdige Freundlichkeit aber, mit welcher Capitain Whipple mir während unseres langen Zusammenseins stets begegnete, für die rücksichtsvolle Behandlung, die mir von ihm als meinem Commandeur zu Theil wurde und für die aufrichtige Freundschaft, welche er, wie deutlich aus seinen zahlreichen Briefen an mich hervorgeht, mir noch immer bewahrt, sage ich ihm hier meinen innigsten, herzlichsten Dank, und ich hege noch immer die Hoffnung, auf einer ähnlichen Expedition wieder mit meinem braven Commandeur zusammenzutreffen. Ob ich jemals wieder dem Einen oder dem Anderen meiner alten Gefährten begegnen werde, ist sehr ungewiß, denn unser fröhliches Corps ist nach allen Himmelsgegenden zerstreut: Doctor Bigelow, mein verehrter lieber Freund, lebt glücklich im Kreise seiner Familie in Ohio und benutzt seine müssigen Stunden, um botanisirend das Land zu durchstreifen; die Offiziere von der Armee befinden sich zur Zeit wohl auf irgend einem Fort im fernen Westen oder in Florida, so wie die Civilbeamten der Expedition ihrer verschiedenartigen Laufbahn in Minesota, Californien, Oregon, Virginien, vielleicht auch wieder in Washington oder gar in Europa, folgen. Doch wo sie auch immer sein mögen, ich bewahre ihnen stets ein warmes Andenken und die aufrichtige Freundschaft, welche in guten und schlechten Zeiten auf der Reise vom Atlantischen Ocean nach den Küsten der Südsee geschlossen wurde.

Und nun, am Schlusse meines Reisewerkes, vermag ich mich eines wehmüthigen Gefühles kaum zu erwehren; ich spänne gerne den Faden meiner Erzählungen und Berichte noch weit, weit hinaus, verweilte so gern noch länger bei der Beschreibung der blumenreichen Grasebenen und dicht verschlungenen Urwälder, wie ich sie jetzt in Gedanken deutlich vor mir sehe; ich möchte mit den Farben der Wirklichkeit die erhabenen Bilder einer friedlich lächelnden Natur und die Scenen aus dem Kampfe wild aufgeregter Elemente schmücken; – doch meine Kräfte reichen nicht aus und nur mit Zagen sende ich ein Werk in die Welt hinaus, dessen Ausführung so weit hinter meinen Wünschen zurückgeblieben ist und welches in jeder Beziehung so sehr der Nachsicht bedarf.


Ich war mit der Durchsicht der letzten Seiten meines Manuscriptes beschäftigt, als mir ein Brief des in diesem Werke mehrmals genannten Lieutenant Ives zuging, der mit folgenden Worten beginnt. Herr Möllhausen! Ich bin durch den Kriegsminister aufgefordert, Ihnen mitzutheilen, daß Sie zum Assistenten einer Expedition ernannt worden sind, welche unter meinem Commando zur Vermessung und Erforschung des Colorado-Flusses geführt werden soll. Sie werden daher in dem Dampfboote, welches ungefähr am 20. September 1857 von New-York nach San Francisco abgeht, sich einschiffen und, sollten Sie dort keine besonderen Instructionen vorfinden, mit dem nächsten Dampfboote nach San Diego, gehen und sich bei mir melden. Erlauben Sie mir, Ihnen das Vergnügen auszudrücken, welches ich über die Erneuerung unseres Verkehres empfinde ec.« Daß ich das Anerbieten annahm, bedarf wohl keiner Bekräftigung; es bleibt mir also nur noch übrig hinzuzufügen, daß ich diese meine dritte Reise in dem Zeitraum von dreizehn Monaten zurücklegte, und wenn auch in beständigem Kampfe mit Widerwärtigkeiten ernsterer Art, reichen Ersatz fand in den Genüssen, welche die Natur in ihren verschiedenen Formen liebreich dem forschenden Reisenden gewährt.

Wie wir aber ein eisernes Flußdampfboot stückweise von Philadelphia bis an die Mündung des »Colorado des Westens« schafften, wie wir mittelst dieses Fahrzeugs den unbekannten Strom bis an's Ende seiner Schiffbarkeit mühsam erforschten und demnächst auf Maulthieren in die geheimnißvollen Schluchten vordrangen, welche spaltenähnlich das Hochland am obern Colorado durchfurchen und charakterisiren, und wie wir uns nach gänzlicher Erschöpfung unserer Mittel nach Albuquerque am Rio Grande retteten und von dort aus mit neuen Kräften, wie im Fluge die endlosen Grasfluren Missouri's durcheilten, das habe ich zum Gegenstand einer umfangreichen Arbeit gemacht, und wird dieselbe unter dem Namen »Colorado-Expedition« der Oeffentlichkeit übergeben werden.

Anmerkungen: Die Anmerkungen am Ende des Buches wurden an den verweisenden Textstellen am Ende des jeweiligen Satzes eingefügt. Die großformatige Karte kann in der Online-Version nicht sinnvoll abgebildetet werden. Re.


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