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Sie gingen, Gottes Reich zu erben,
      
 Die zarten Herzen riß der Wahn 
      
 In Elend hin und in Verderben,
      
 Die Wallfahrt ging mit Kreuz und Fahn'.
      
 Sie hofften, wie der Ernte Halmen
      
 Der Heiden Köpfe abzumähn,
      
 Und glaubten schon mit Siegespalmen
      
 Den Himmel aufgetan zu sehn.
      
 Wer aber bald im Sturm und Regen,
      
 Wer mochte der Erkrankten pflegen?
Ach, statt des Himmels Armen streckte
      
 Die Heide sich, die Öde aus,
      
 Der Hunger kam, und Gram bedeckte
      
 Den Blick, voll Sehnsuchtweh nach Haus.
      
 Nicht der, den einst Tobias grüßte,
      
 Nahm ihrer letzten Stunde wahr;
      
 Der Engel Hagar's in der Wüste
      
 Erschien vor der bedrängten Schar.
      
 Er sah sie 's Kreuz gen Himmel halten,
      
 Und ihre schwachen Stimmlein schallten.
»Die Drossel singt am frühen Morgen,
      
 Die Nachtigall in später Nacht,
      
 An unserm leeren Bett voll Sorgen
      
 Die Mutter unter Tränen wacht;
      
 O daß sie Gott verwandeln wollte
      
 Die Tränen all' in einen Tau,
      
 Der unsre Lippen netzen sollte,
      
 Von Durst und Glut verdorrt und rauh!
      
 O quöll' uns euer Gruß und Segen
      
 Vom Himmel als ein milder Regen!
Die Erde brennt, wohin wir schauen,
      
 Die Sonne glüht im Untergehn.
      
 Ihr Eltern, bald in Edens Auen
      
 Sollt ihr uns alle wiedersehn! 
      
 Lebt wohl, ihr Eltern, wir verschmachten,
      
 Doch wird befrei'n des Retters Schwert
      
 Das heil'ge Grab in Blitz und Schlachten,
      
 O Hoffnung, noch im Sterben wert!
      
 Schon sind wir reisemüden Sterne
      
 Von unsrer Heimat nicht mehr ferne.«