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1
Nicht nur der Nebel ist's, der heute
So düster an den Bergen hängt,
Der Herbst ist's, der mich einst erfreute
Und jetzt mit Schwermut mich bedrängt.
Denn höher in die Berge, weiter
Mit unsern Tagen zieht er hin,
Mit diesem Himmel, der so heiter
Auf unsre Sommermorgen schien.
Zuweilen knallt vom Weingelände
Ein Schuß ins Tal, ins stille Land;
Am Weiher mähen Schnitterhände
Das hohe Schilf im Ufersand.
Zuweilen unterbricht das Schweigen
Ein roter Apfel, der im Traum
Herunterkugelt aus den Zweigen,
Und nach folgt welkes Laub vom Baum.
Ach, all das mahnt so sterbensmüde!
Mir ist, als ob man eine Welt
Von Freuden auf die Wagen lüde,
Die heimzu wenden aus dem Feld.
Getrost! Bald füllen sich die Kelter,
Die Traube gärt, man preßt den Wein,
Und dich und Manchen, der noch älter,
Lädt man zu vollen Bechern ein.
2
Blumensamen, Zwiebel, Knollen
Schmücken meinen Gartentisch,
Überragt von traubenvollen
Rebgezweigen duftig frisch.
Hie und da ein Blatt vom Hage
Jagt der Herbstwind rasch vorbei,
Angedenken schöner Tage,
Traum und Bild vom holden Mai.
Alles wieder ihr zu legen
Nächstes Frühjahr in den Schoß,
Lös' ich ihres Jahres Segen
Von der alten Erde los.
Und so schein' ich selbst als alter
Demiurgos hier zu stehn,
Ein Bewahrer und Erhalter
Zwischen Welken und Vergehn.
3
Still harren, ihres Schmucks entkleidet,
Die Buchenhöh'n der Abendruh',
Die Wiese liegt schon abgeweidet,
Den Weiher deckt der Nebel zu.
Vor Jahren unter diesen Bäumen
Mit meinem Freunde saß ich froh.
Wir bauten uns in Jugendträumen
Der Zukunft schönes Irgendwo.
Mich zieht zurück ein stilles Sehnen;
Ich möcht' so sorglos wohl noch heut
An jenen Baum mich wieder lehnen,
Nur liegt zu vieles Laub verstreut.
Du treuer Wald, bei dir blieb alles
Noch wie es war, und stiller auch
Verweht im Wehn des Blätterfalles
Der eignen Wehmut leiser Hauch.
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