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Capri

Am Abend kamen die Winde frischer,
Wir fuhren das holde Capri vorbei.
Die Barcarole sang ein Fischer
Und hing sein tropfend Ruder bei.

Zwei Vorgebirge, die Bucht umragend,
Erhoben, von Kaktus und Wein umlaubt,
Der Vorzeit Mauerkronen tragend,
Ihr sonnverbranntes Felsenhaupt.

Dort drüben die Villa des Römertyrannen,
Ein wüster, zertrümmerter Steinkoloß,
Und hier fast wie aus deutschen Tannen
Ein hohenstaufisch Felsenschloß.

Der Schiffer wußt' uns viel zu erzählen
Vom finstern Cäsar Tiberius,
Wie er dort oben in prunkenden Sälen
Gehaust voll Angst und Überdruß;

Und wie er um die hohlen Schläfe
Beim Blitzgezuck am Meeresstrand,
Befürchtend, daß der Gott ihn träfe,
Den Lorbeer schlang mit feiger Hand.

Und weißt du, fragt' ich, nichts zu sagen
Von jenen andern Trümmern dort?
Lebt auch von ihres Herrschers Tagen
Noch ein Gedächtnis der Menschen fort?

Der Schiffer fuhr sich über die Stirne
Und sprach: Das ist ein vergessener Traum.
In meinem alten Matrosengehirne
Vergehn die Märchen wie Meeresschaum.

Er sprach's, und eine Mandoline
Erklang vom Strand – es mahnte mich,
Als käm' aus jener Burgruine
Ein klagend Echo: Friederich.

Und nicht mehr in den öden Gängen
Den finstern Römer sah ich drohn;
Ich sah bei Fest und Minnesängen
Constanza's blondgelockten Sohn.

Ich sah an des Altanes Borden
Ihn sinnend stehn, aufs Schwert gelehnt,
Im Geist bekümmert um den Norden,
Das Herz dem Süden zugesehnt.

Und als schon Nacht den Strand umwebte,
Der Mond im dunkeln Meer erblich,
In meiner Seele Tiefen bebte
Noch lang das Echo: Friederich.


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