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Pompeji

Auferstandne Stadt der Heiden,
Sei gegrüßt, Ersehnte du!
Heut noch heiter wie beim Scheiden
Lachst du deiner Sonne zu.

Überall aus dunkler Lava
Drängen Blumen sich ans Licht,
Die Reseda, die Agava,
Auch die Myrte fehlet nicht.

Rosen blühn im Schlafgemache;
Lippen, die schon längst verdorrt,
Sprachen in der schönsten Sprache
Hier dereinst der Liebe Wort.

Um die Säulen rankt sich wilder
Efeu, und wie früher schau'n
Die erstandnen Marmorbilder
Auf zum alten Ätherblau'n.

Nur des Meeres wechselvolle
Woge, die sonst hier gekreis't,
Wich von ihrer Uferscholle,
Und wie sie der Menschengeist.

Eine andre Menschheit baute
Dieser Tempel heitern Raum,
Und nur fremd sieht die ergraute
Ihrer Jugend fernen Traum.

Nur wie halbverstandne Dichtung
Mahnt auch mich, was hier noch glänzt;
Ach, ich fühl's, wie gut Vernichtung
Und Vollendung sich begrenzt.

Freudig kam ich, Stadt der Alten,
Und mit Wehmut scheid' ich nun.
Würdest unter deiner kalten
Lava du nicht besser ruhn?

Auf die Worte der Beschwörung
Stiegst du zögernd aus der Gruft;
Jetzt erst faßt dich die Zerstörung –
Schatten taugt nicht Himmelsluft.


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