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Ein offener Brief an Finanzminister Dr. Reinholdt

Hochzuverehrender Herr Minister a. D.

Ich erinnere mich noch ganz genau, was Sie einst über meine Dichtungen und – wie ich sie vortrage – geschrieben haben im Leipziger Tageblatt. Darauf mich beziehend, bitte ich Sie um sehr baldige Audienz, Herr Minister. So begann mein Schreiben im vorigen Jahr, ich glaube, es war auch im April, die Sonne schien nicht, aber ich schien – auf der richtigen Spur zu sein. Daß Sie gerade, Herr Minister, Finanzminister geworden sind, kommt mir gelegen. Kolossal mir entgegenkommend vom Staat! Sie trugen, wie in Leipzig, noch dieselbe Uhrkette um den Hals geschlungen und haben sich den lieben klugen Gesichtsausdruck wie dazumal bewahrt, Herr Minister. Ich betrachtete Sie von meinem zu Ihrem Ledersessel, ohne daß es Ihnen auffiel. Wir sprachen wie alte Bekannte; dichtende Menschen haben sich immer einmal im Mond oben getroffen. Sie ahnten, daß ich wegen meiner bunten, aber ganz zerfallenen Stadt Theben gekommen bin, eine eventuelle Anleihe zu riskieren. Sie zwinkerten nämlich so nett mit Ihren Augen und ich ritt im Gedanken, die Siegesfahnen in der Hand, auf meinem alten Kamel: Amm, in meinen ramponierten Palast zurück. Sie versprachen mir, Herr Minister, zu tun, was zu tun möglich ist. Ich habe 15 Bücher gedichtet und ein Manuskript und drei broschierte Werke (noch nicht aufgeschrieben) verstauben in meinem Kopf. Das ist doch schade? »Entsetzlich schade!« betonten Sie, Herr Minister Reinholdt. Wenn ich nicht irre, weinten wir sogar beide darüber. Dann begannen Sie mich zu fragen: Ob ich nicht vom vielen »Aufräumen« sehr angegriffen sei? Meine, die Ihnen vorgestern gesandte Broschüre: »Ich räume auf« gegen meine Verleger hielten Sie zwischen Ihren Händen, hoben sie empor und betrachteten mich, den Dudelsackpfeifer, auf dem Einband. Die Broschüre, Herr Minister, ist die Ursache an Thebens Zerfall. Ich habe mich nämlich jahrelang nur der mir heiligen Mission gewidmet, und immer wieder für die Verbreitung meiner Anklage, die die Klagen aller Dichter, verstorbenen und lebenden, enthält, gewidmet in Freudigkeit. Betrachten Sie mich nur, wie unmodern ich gekleidet und zerrissen bin und ! ! meinen Schrank müßten Sie erst sehen, alles kreuz und quer übereinander, wie ich es schnell hineinwerfe. Will ich aber eine der Broschüren fortschicken, schleudert sie mit sich aus den Fächern: Taschentücher, Strümpfe, Bänder, meine thebetanische Spielkrone, meine entzückenden Nippes, den kleinen Vogelbauer, mein Gießkännchen, meine Schlange im Ei, Jupiter Däublers: Râh; zuguterletzt mein Punktroller. Ich kann Gift darauf nehmen, einer meiner Samtstiefel fliegt mir jedesmal beim Öffnen meines Schrankes an den Kopf. Man gründete Vereine! Der Schriftstellerverband ward neu tapeziert, Küche ausgestattet, Badezimmer manikürt. Ein Linksanwalt hat sich, »ich räume auf«, im Zentrum etabliert, für Dichter, die, mit meiner gläubigen Schrift, gerüstet zu ihm steigen hoch im Lift!! Alles hinter meinem Rücken! Zu guter Letzt die deutsche Dichterlaubenkolonie – auf ihrem Beete wächst mein rotes Räumauf-Träumauf im Blumentopf als ihre einzige Poesie.

»Willkommen, Buddenbroks and son!
Herr Fulda hielt den Damentoast als Gentleman,
Ricarda? War da!
Sie lächelte verlegen –
Es kam ein Boy, die Jamben alle fortzufegen!
Susannâh, Vizepostata,
Der Saulus Werfel Rabunâ
›Ihne mei Herz‹ ... alles in bar.«
Hauptmann ersetzt Benzmann,
Holz ward Scholz.
Und es betont Gott Leonhard:
»Der Mensch ist gut im Backenbart.«

Mit der Bitte, endlich die thebetanische Frage zu erledigen, zeichne ich unter Trommel- und Schellengeläute

Ihr gehorsamster Prinz von Theben,
Jussuf


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