Sophie von La Roche
Rosalie und Cleberg auf dem Lande / 1
Sophie von La Roche

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Ein und zwanzigster Brief.

Rosalie an Mariane.

Heute, meine theure Mariane! hören Sie von einem neuen Lebensplan Ihrer Freunde Cleberg.

Frau Grafe bekommt unser schönes Haus in der Stadt, und wir bleiben für immer in Seedorf. Die Ottens, Latten, Grafe selbst, Linke und Bogens, nebst Andern, bedauern es sehr, besonders wegen der Fremden, für welche unser Haus eine sichere, und ich darf sagen, angenehme Zuflucht war. Der höfliche und heitere Ton meines Mannes und meines Oheims, mein gutmüthiges Wesen, mein Klavier, und die liebenswerthe Weiber und Mädchen, welche von Zeit zu Zeit meine Winterstube zierten, alles dies wird als Verlust der Freude von den besten rechtschaffensten Freunden bedauert. Madame Grafe will unsere Rolle in diesem Fach übernehmen, und wir werden alle Woche einmal in die Stadt kommen. »Wer uns liebt, (sagt Cleberg) besucht uns in Seedorf, und die wir lieben, besuchen wir in der Stadt.« – Es freute ihn, daß ich sogleich innig zufrieden war, in den Armen der Natur zu bleiben. Er dankte mir für meine frohe Einwilligung, und sagte. »Nun hoffe ich hier meinen Plan ganz durchzusetzen, weil der erste Theil so gut gelang. Du weist, Liebe! daß ich eine Predigt von den Pflichten der Beamten veranstaltete, und unter andern auch sagen lassen mußte, daß der Beamte, wenn er getreu handeln wolle, bei der Wahl der Schultheißen auch immer den rechtschaffensten Mann nehmen müsse; daß diese, der Pfarrherr, die Schulmeister und Wundärzte unter seiner Aufsicht stünden, und er immer wegen ihrer Fehler angeklagt werden könne. Ich ließ den Unterthanen nichts von ihren Pflichten sagen, weil ich berechnete, daß ihnen der Gedanke kommen müßte: Hat unser Oberamtmann so viel für uns und den Herrn zu thun, so wird er auch fordern, daß wir als Unterthanen unsere Pflichten erfüllen. – Sie haben es gethan, weil ich redlich die meinige erfüllte – und deswegen bleibe ich hier, um das Gute, das ich angefangen, zu vollenden, und meine Amtsunterthanen zu den besten und glücklichsten Landleuten zu machen.«

Ich hörte dieses so gerne, er war von einem so heiligen Eifer beseelt, daß er mir doppelt lieb und verehrungswürdig war; ich küßte seine Hände, und segnete seinen Plan, indem ich ihn bat, mir zu sagen, ob ich meiner Seits etwas beitragen könnte, wodurch die Ausführung erleichtert würde. Er umarmte mich, und sagte: »Du hast mir durch vergnügte Einwilligung in mein Hierbleiben alles erleichtert. Dein Leben, und deine Art zu handeln, ist die Krone meines Glücks.«

So ein Mann! Mariane! ist er nicht auch das Glück, das größte Glück seiner Frau und Kinder? Verehren Sie nicht mit mir den Zug von Menschenkenntnis und Schonung, welche er in den Entwurf dieser Predigt legte? – Der Zufall hat aber auch das Seine gethan, und wenigstens den Entschluß des Hierbleibens schneller zur Reife gebracht; denn Cleberg fand jüngst von ungefähr im Durchblättern neuer Bücher den Gedanken:

»Große Männer in Wissenschaften und Künsten gehören nicht dieser Ration, oder diesem Jahrhundert, welche wir dem Guten und Schönen besonders günstig achten, sondern sie entstehen unter dem Fürsten, der sie liebt und schätzt.«

Sogleich sagte mein Mann: »Mein Fürst liebt und schätzt gute Untertanen; da will ich versuchen, ob nicht dieses Mittel uns vorzüglich gute Landleute schaft.« Nun sind seit diesem Zufall etwa sechs Tage verflossen, und ich glaube ganz richtig zu urtheilen, wenn ich sage, dieser Zufall beschleunigte die Ausführung des schon lange gefaßten Plans. Ich habe mir nun auch neu vorgenommen, alles, was die ländliche Wirthschaft angeht, mir eigen zu machen, und ich möchte es wohl zu der rühmlichen Vollkommenheit bringen, wie Frau N. bei Eisenach, welche das herrlichste Gemüs und Obst der ganzen Gegend zieht, und es dabei auch am besten zu kochen und aufzubewahren versteht. Ich bilde mir ein, auch schon mehrere Schritte auf diesem schönen Wege gemacht zu haben, da ich Herrn Bryants Werk, über die zur Nahrung dienenden Pflanzen, so fleißig studierte, auch den Anbau des Flachses und des Hanfes dazusetzte, weil ich gerne auf weissem Tischzeug esse, und in weissem Leinen schlafe. Mein blühender Flachs machte mir daher eben so viel Freude, als der Blumenteppich meinem Oncle. Sie kennen von diesem nur den Entwurf, den Abhang des Gartens vor dem Saal, gegen die Landstraße hin, in zerstreute mit schönem Gras eingefaßte Blumenstücke anzulegen. Die Ausführung ist so gut gerathen, daß wir keinen bessern Namen finden konnten, als des Oncles Blumenteppich. Cleberg aber hat, nach dem Ausspruch von Frau Grafe, eine andre Grille ausgeheckt, indem er alle Gemüsbeete mit Blumenbüschen zieren ließ, als ob sie hier und da von ungefähr aufgewachsen wären. Sie wissen, wie viel dieses alles im Ganzen für mich ist, und daß ich bei aller Verschiedenheit, welche Geschlecht und Erziehung dem Weibe geben, doch meistens mit meinem Oncle und Cleberg einstimmig denke, und es war wirklich überraschende Freude für mich, als mein Mann sagte: »Wir wollen die glückliche Eroberung der Familie von Sand zu mehr als gesellschaftlichem Vergnügen benutzen, denn ich werde Gelegenheit suchen, mit den Schülern des ältern Bruders die ganze Naturlehre zu hören.« – Diese Idee ist vortreflich; denn die Sands haben eine Sammlung physikalischer Instrumente mitgebracht, welche der ältere Bruder nach Clebergs Zeugnis, wie ein Professor, zu gebrauchen weis. Ganz sicher werden wir bei diesen schätzbaren Menschen eine der schönsten und angenehmsten Früchte der Wissenschaften genießen. – Sie können nicht glauben, wie sehr mich diese Aussicht freut, welche uns gestern ganz freimüthig gegeben wurde, als wir bei Sands einen Besuch machten. Der ältere führte uns sogleich in das oberste Zimmer des Thurms, wo er alle physikalische Instrumente in der größten Ordnung aufgestellt hat, und sie uns zeigte. Er mag nach seiner Wissenschaft vorhergesehen haben, daß der Sonnenuntergang sehr schön seyn würde, und er also, dem Grundsatz des Montagne zufolge, seinen Kindern eine obwohl zufällige doch nützliche und eindringende Lehre geben könne. Denn nachdem wir die Einrichtung des Zimmers gelobt hatten, zeigte er, daß unser Beifall ihn freue, setzte aber sogleich hinzu: »Dieses Zimmer ist mir auch wegen seiner ringsumher freien Lage doppelt angenehm, weil man hier viel lebhafter, als in einer Stube in der Stadt, von den Wundern und Schönheiten der Natur reden kann. Zum Beweis: Sehen Sie nur gegen Kahnberg hin die von der niedergehenden Sonne so herrlich gefärbten Abendwolken in der Luft, und ihren Wiederschein in dem kleinen See.« Natürlich traten wir alle an die Fenster, und er bat um Erlaubnis, seinen jungen Leuten bei diesem Anlaß etwas über Wolken, Licht, Farben und Strahlenbrechung zu erzählen, indem der Himmel wirklich von seltener Schönheit sey, und er vermuthe, daß sie gerne etwas von den Ursachen dieses Schauspiels wissen möchten. Wir dankten ihm für den Vorschlag, und erstaunten über die Deutlichkeit und Anmuth seiner Erklärungen, welches aber nicht allein aus der Quelle seiner Kenntnisse, sondern auch seiner edeln Gefühle floß, und seiner Rede jene sanfte Wärme gab, die immer auch nach dem Herzen der Zuhörer dringt, den Lebensgeistern eine schnellere Bewegung giebt, Aug und Ohr aufmerksamer hält, und die Lehren des nützlichen Wissens mit Vergnügen auffassen macht. Mein Oncle lebte ganz auf, und horchte wie ein lehrbegieriger Schüler. Sand dankte uns am Ende für die Gefälligkeit, welche wir hatten, seinen Kindern eine Lehrstunde zu verschönern. Mein Oncle war der erste und schnellste zur Antwort, und sagte: »Es ist lange, theurer Herr Rath! daß ich physikalische Vorlesungen hörte, aber ich versichere Sie, wenn Sie mir erlaubten, mich unter Ihre Schüler zu gesellen, so würde ich, so wahr ich lebe, gewiß keine Lehrstunde versäumen, und wirklich denken, daß sich an solchen Abenden, wie heute, ein Bild der Morgenröthe meiner Jugend erneure.«

Keines von uns, am wenigsten aber der gute Rath von Sand, hatte diese Erklärung vermuthet; wir sahen alle meinen Oncle mit einer Art von Staunen an, und Sand antwortete ganz bewegt: »Mein würdiger Herr Geheimerrath! Sie können mir glauben, wenn ich sage, daß mir nie etwas schmeichelhafteres vorkam, und daß ich mich unendlich glücklich achte, Ihren Beifall erworben zu haben. Das Zuhören steht Ihnen frei, so oft Sie wollen, denn ich werde oft mit meinen guten Schülern reden, weil es mein Vorhaben ist, daß ich hier meine Kinder mit Gottes Welt und seiner Güte bekannt machen will, indem es nicht möglich ist, daß sie je einen bessern Zeitpunkt dazu finden können.« – –

Als er aufhörte zu reden, sagte mein Oncle: »Nun, Herr Rath, schreiben Sie mich unter Ihre Schüler« – Cleberg stand auf, winkte mir, faßte Herrn von Sand freundschaftlich bei der Hand, und sagte: »Herr Rath, Sie müssen auch mir und meiner Rosalie einen Platz bei Ihren Vorlesungen geben; ich versichere, daß wir sehr dankbare Lehrlinge seyn werden.«

Auf diese Art wurde halb scherzend die Sache angefangen, und dann ernsthaft verabredet, daß der Rath von Sand uns allen einen vollständigen Unterricht in der Naturlehre geben wolle. Nun umarmte ich die Mädchen, als meine Mitschülerinnen, und die Buben mußten meinem Oncle und Cleberg die Hände zu guter Schulkameradschaft geben. Wir sprachen dann von Wetteifer und Freude über das Glück gründlicher Kenntnisse alles Guten und Schönen; die jungen Leute wurden trauter mit uns, und wir jünger mit ihnen. Als wir nach Haus giengen, begleiteten uns die Brüder Sand, und segneten uns für das Beispiel der Lehrbegierde, welches wir ihren Kindern gegeben, und für die freundliche Anerkennung der Schulgesellen. Sie glauben, daß wir dadurch ihren Kindern mehr Wißbegierde und mehr Hochachtung für ihre Lehrer einflößten. Mein Carl wurde zu den geometrischen Lehrstunden eingeladen, weil Sand die Ueberzeugung hat, daß diese Wissenschaft nicht zu früh erlernt werden könne. Wir wollen es versuchen, besonders da die Probe dieses Grundsatzes mit den Sandischen Buben so vortreflich gelang – warum sollten Clebergs seine dabei zurückbleiben? Ich wünschte, Sie könnten sehen, was für ein neuer Schwung in uns alle kam, seitdem wir wissen, daß wir beständig hier bleiben; der Eifer hat sogar meine Dienstboten ergriffen. Seedorf ist doch keine Linie breit weiter von der Stadt gerückt, als die zwei kleine Stunden Entfernung, welche es immer hatte, und wir sagten unsern Leuten nur: Wer von ihnen die Stadt vorziehe, müsse es bald sagen. Nun wollte Keines unsern Dienst verlassen, alle waren zufrieden bei uns zu bleiben; aber seit dieser Anzeige haben alle ihre Kleidungsstücke durchsucht, und sprechen sich viel von dem, was sie noch aus der Stadt brauchen. Alle gehen geschwinder, eilen sich mit ihrer Arbeit, und haben ein seltsames Treiben in sich.

Cleberg baut auf beiden Seiten des Hauses an die alten Remisen neue, weil er aus der Hälfte der ersten, deren Mauern nun schon trocken sind, auf jeder Seite drei Zimmer macht, und zugleich einen meiner alten ländlichen Wünsche erfüllt, daß der ganze zweite Stock auch einen gegen den Hof zu offenen Gang erhält, von welchem eine Treppe sogleich in den Garten, die andre an das Thor gegen das Dorf führt; dieser Bau, welcher bei meiner zunehmenden Familie nöthig ist, wurde noch gestern Abend bei dem Nachtessen beschlossen.

Heute bei dem Frühstück belustigte mich der Eifer, mit welchem mein Mann und mein Oncle von ihren neuen Studierstunden sprachen, und auch schon eine andre Eintheilung ihrer bisherigen Arbeiten machten. Bei Ankunft der Posttasche wurde unter den Artikeln der gelehrten Leitungen sogleich die von der Physik aufgesucht, und die mathematischen Abhandlungen erhielten auch eine mehr als gewöhnliche Aufmerksamkeit. – Mein Oncle sagte: »Daß die Grundlinien, welche von dieser Wissenschaft in seiner Seele geblieben, ihm nun bei dem neuen Lauf physikalischer Uebungen große Erleichterung geben würden.«

Cleberg, der noch viel näher bei der Zeit dieser Studien ist, genoß eine wirklich edle Selbstzufriedenheit bei dem Zeugnis der Wiedererinnerung, daß er immer die Mathematik liebte, und ihren vielfach nützlichen Einfluß in allen Geschäften des Lebens täglich erfahren habe, indem es gewiß sey, daß die Mathematik den Blick sicher und die Urtheile richtig leite. – –

Ich freute mich ungemein über den lebhaften und vergnügten Ton, in welchem Beide über diesen Gegenstand sprachen, und immer ihre neuen Lehrstunden dazwischen nannten, weil es gewiß einen großen Einfluß auf meine obgleich noch sehr junge Söhne haben kann; denn ich glaube, daß Kinder, weil die Freude dieses Alters immer lärmend ist, auch bei dem erhöhten muntern Ton der Erwachsenen den Gesprächen desto aufmerksamer zuhören, um die Ursache des Vergnügens zu entdecken, wovon sie den Ausdruck in den Mienen und der Stimme bemerken. Da kann ja bei diesem Frühstück die Idee: Das Studium der Mathematik giebt Vergnügen – in die Seele eines meiner Knaben gekommen seyn, wurzelt in dieser Gestalt in seinem Gedächtnis, und erleichtert ihm einst die Schritte auf dieser Laufbahn; denn da allein die Hofnung des Genusses eines ungewöhnlichen Vergnügens selbst edle Jünglinge auf den Weg des Verderbens führt, so ist es ja eine höchst glückliche Stunde, in welcher die Aussicht zu Freuden an der Seite des Wissens und der Verdienste erscheint. Das ist Zufall – aber, o meine Mariane! wie viel müssen wir immer dem Zufall übergeben, ihm überlassen, selbst von unsern bestüberdachten Entwürfen! Wissen Sie noch, was wir uns alles sagten, als Sie bei uns wohnten, und weit entfernt waren, je wieder in Ihre Familie zurückzukehren? – Aber Ihre Schwägerinn stirbt; dieser Tod erweckt materielle moralische Gefühle (wenn ich so sagen kann) in Ihrer Tante und Ihrem Bruder; sie fürchteten das eigene Sterben und Gottes Richterstuhl – erinnerten sich des Unrechts gegen Mariane, und wünschten Aussöhnung. Sie, mit einem Herzen voll wahrer edler Tugend, vergaben alles und versöhnten sich: – Und so beraubte mich der zufällige Tod einer fremden Frau des größten Glücks seines Lebens – denn ich verlor Sie. – Ach zanken Sie mich nicht! Ich habe lange Zeit geschwiegen – aber die Veränderung, welche nun in meiner Familie vorgeht, und hundert neue Entwürfe entstehen macht, ruft auch die vergangene Zeit zurück. Kann ich Mariane vergessen? Kann ich den natürlichen Gang des Vergleichens von dem, was war, was jetzo da ist, und nach unsern Wünschen seyn sollte, hindern? Lassen Sie mich immer das Vergangene zurückrufen; ich denke dabei dankbar an das genossene Gute, und gewiß ich sage mir auch: »Was hast du für Recht, für Verdienste, daß dein Wohl, deine Freude nicht unterbrochen, und deine Geduld nicht zur Uebung berufen werde?« – Ich bekenne Ihnen hier, daß ich etwas lebhaft von der Trauer meines Herzens sprach, als gestern Abend, da von neuer Einrichtung des Hauses die Rede war, man auch Ihre zwei Zimmer nannte. – Mein Oncle hörte mir zu, und sagte am Ende: »Rosalie! sage mir doch einmal, woher es kommt, daß du niemals weder über den großen noch kleinen Regen, noch über Sturm oder Hitze klagst, auch wohl ein bischen stolz darauf bist, gar nicht wetterlaunigt zu seyn, wie man zu sagen pflegt – es ist dies auch wirklich eine schöne Eigenschaft an dir: – aber sage, warum willst du dem Schicksal nicht eben so viel zu gut halten, als der Witterung? Warum wird bei großen oder kleinen Gelegenheiten der heitre Ton deiner Seele gehemmt? Sage dir, Liebe! doch einmal recht ernsthaft, daß es mit Glück und Freude wie mit dem Aether und der Sonne geht. Die Luft bringt Wolken und Gewitter, der Zufall große und kleine Beschwerden des Lebens herbei, welche den Glanz des Tages und den Schimmer der Zufriedenheit trüben. – Sie werden aber alle durch gleichmütige Ruhe erträglich, wie die Regen- und Wintertage es dir immer waren.«

Ich sah betreten aus; Cleberg wollte mir etwas helfen, aber nur etwas – denn er faßte den Gedanken meines Oncles auf, und sagte: »Diese widersprechende Anlage in unserer Rosalie dünkt mich eine Vorbedeutung von ihrem Schicksal zu seyn, welches wohl sah, daß sie auf das Land versetzt würde, wo man dem Wind und Regen näher ist als in der Stadt, so wie man hingegen in dem Cirkel der Städtebewohner einer Menge Vorfälle ausgesetzt ist, die unsere feine Gefühle verletzen. – Die Natur machte sich also Rosalien zu ihrer Freundinn, und lenkte ihre Ungeduld gegen die Fehler und Unvollkommenheiten, welche unter den Menschen vorkommen, damit sie desto ehender an die ländliche Einsamkeit gewöhnt werde.«

Sagen Sie! war ich da entschuldigt oder angeklagt? Ich mußte lächele und dankte für den freundlichen Ton der zwei Strafreden über meine wiederholte Trauer wegen Ihrer Abwesenheit, und über das nach meines Clebergs Meinung zu feine Gefühl: – Ach! wenn es mich ungerecht machte – wenn es mich hinderte, das Gute zuerst zu betrachten und zu suchen – da wäre es wohl sehr strafbar. – Sie selbst, ich weis es, würden mir nicht vergeben. – Da aber das Vergleichen des Guten mit dem Bessern kein Fehler ist, so bitte ich Sie, mir bald, bald einige Zeilen über diesen Brief zu schreiben.


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