Sophie von La Roche
Rosalie und Cleberg auf dem Lande / 1
Sophie von La Roche

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Siebenter Brief.

Van Guden an Rosalia.

Ich habe, meine liebe Rosalie! die Urtheile und die Ideen Ihres Clebergs alle vorausgesehen und bemerkt; bin aber auch meistens mit ihm einverstanden, besonders da er sagt: Daß kein Mann lebt, welcher den Grad von Liebe und Verehrung verdiene, den ich so lange Jahre für Pinndorf nährte. Liebe Freundinn! er hat recht, Ihr Cleberg, nicht nur in Ansehung meiner und Pinndorfs, sondern eines jeden Menschen, welcher aus übertriebener Leidenschaft seine Ruhe, die Herrschaft seines Verstandes, und die Freude seines Lebens, an die Gesinnungen eines andern Menschen bindet, und diesem freiwillig die Gewalt läßt, ihn elend zu machen. Spat, sehr spat sah ich diese Wahrheit ganz, und ich mußte warlich auf eine gewisse Höhe gebracht werden, um die lange Strecke der Zeit, und die wunderbare Wendungen zu übersehen, welche durch meine übertriebene und daher tadelhafte Leidenschaft erfüllt wurden! – Glauben Sie mir, Liebe! es schauert mir jetzo selbst vor alle dem – geradaus sey es gesagt – wahren Unsinn, welcher aus dieser Quelle über meine Tage floß. Hätte nicht der selige Hang zur Wohlthätigkeit dieser unglücklichen Schwärmerei eine Ableitung gegeben, hätte die Grosmuth meines edeln Freundes van Guden mich nicht eine bessere Art von Glück kennen gelehret, was würde aus mir geworden seyn, da jetzo noch die Gährung der Liebe und des Unmuths so heftig in mir stürmte, daß ich fliehen mußte, und mich vor meinen Freunden scheute? – Ach Rosalie! wir wollen unsere anvertrauten Mädchen sorgsam vor diesem Abweg ihrer Bestimmung bewahren; wir wollen ihnen deutlich und tief die Pflicht eingraben: Eher alles zu tragen, als gegen die Vernunft zu handeln! –

Haß und Liebe gehen immer, sobald sie einen gewissen Grad von Stärke haben, gegen die Vernunft! Wir wollen unsere Kinder verwahren, meine Liebe! und sie üben, immer unserm Rath zu folgen, bis ihre eigene Seele Stärke und Kenntnis genug hat, unsere Stelle zu vertreten, und sie auf den Weg der Klugheit zu leiten. Ich werde auch vor dieser Zeit weder Henriette noch Gustaven mehr nach Wollinghof führen, bis sie eine Festigkeit des Charakters haben, welche den Eindrücken des Romantischen widerstehen kann. Ja ich werde bälder nach Seedorf zurückkommen, als Sie vermuten, weil ich mich jetzo beinahe selbst von den Eindrücken des Großen und Schönen der Natur fürchte, und das religiöse Entzücken gefährlich finde. Ich machte deswegen kleine Reisen, um Gustaven die verschiedene Art des Anbaues der Erde in Thälern und auf Bergen recht anschaulich zu machen. Henriette lernt zugleich mit ihm die Botanik, das heist: sie lernen alle Kräuter selbst kennen, pflücken und trocknen, wie die herrliche Sammlung der Schweizerkräuter von dem Herrn Thomas justicier à Fênalet sur Bex, au Valais en Suisse sie zeigt. – Die Kenntnis der Gebirge und Erdarten tritt natürlich mit ein, und macht einen lieben sehr nützlichen Theil meiner Schweizerreise. Indessen glauben Sie mir, Ihre Kinder sind glücklicher als die meinigen: denn sie sehen immer das thätige Leben vor sich, welches einst auch sie auffordern wird, ihre Talente auf eine ruhmvolle und nützliche Art zu zeigen. Auch um dieser Betrachtung willen werden Sie mich bald wiedersehen; denn da Gustav einmal die väterlichen Güter antreten soll, so ist ja daran gelegen, daß er den vaterländischen Boden und seine Bewohner kennen lerne. Das Modell eines Raths und Beamten trift er in Seedorf. Edeln gesellschaftlichen Ton, Arbeiten und Belustigungen des wahren Geistes und der wahren Tugend haben wir auch da; und die Pflegemutter van Guden hat alles, was die Gesundheit der Seele unterbricht, so nahe kennen gelernt, daß sie ihre geliebten Zöglinge wohl zu rechter Zeit vor Schaden warnen kann. – – –

Sagen Sie! bemerkten Sie nicht etwas Ungewöhnlich Eifriges gegen das Romantische in dieser ersten Hälfte meines Briefs? Ich denke ja! und ich will es Ihnen in der sonderbarsten Geschichte erklären, in welche ich am Ende mit verflochten wurde; welches gewiß nicht geschehen wäre, wenn sich nicht etwas Romantisches in mir fände, das noch sichtbar genug ist, um dergleichen Menschen an mich zu heften!

Ich traf letzthin bei dem Mittagessen eines Banquiers eine sehr schöne und noch sehr junge englische Wittwe, die mit ihrem Bruder reist, der ein geistvoller lebhafter Mann zu seyn scheint. Sie kennen meine Vorliebe für Land und Leute dieser Nation; Sie glauben also auch, daß es mich unendlich freute, in dieser Gesellschaft zu seyn, und wieder einmal viel und gut Englisch zu sprechen. Natürlich kamen auch die Fragen: Wohin reisen Sie? Wann? Wie lange bleiben Sie? Wir gehen auch dahin, können uns wieder treffen, u. s. w. Ich war es sehr zufrieden, und willigte nach dem Essen, als der Bruder und die Schwester sich einige Zeit unterredet hatten, sehr gerne in ihren Vorschlag, meine Relaispferde auf das Jagdhaus des Fürsten von B** zu bestellen, und dort mit ihnen zu frühstücken. Ich hatte mit meiner Reise nichts zu eilen, und ich wußte durch den Ruf, daß die Gegend bei diesem Jagdhause sehr schön sey. Meine Engländerinn war es auch, und daher desto einnehmender für mich. Der Banquier kannte sie schon lange, und lobte mir sie und ihren Bruder, während sie sich allein sprachen. Nun kam ich, meinem Vertrage gemäß, gegen eilf Uhr des andere Tages bei dem Jagdhaus an, wo mich schon ein Bedienter der artigem Engländerinn erwartete, und mir einen Brief übergab, in welchem sie mich auf das inständigste bat: bei ihrer Ankunft die Rolle ihrer Tante zu spielen; indem sie mit einer ziemlich großem Gesellschaft anlange, und das Glück einer schätzbaren Familie von dieser Gefälligkeit abhänge; sie fügte hinzu, daß ich wohl wüßte, daß sie und ihr Bruder keine Avanturiers wären; daß sie aber auf dem Jagdhause, vor ohngefähr zwölf bis vierzehn Zeugen, die letzte Scene eines ungewöhnlichen Heldenstücks spielen würde, welches ohne meine Herablassung zur Rolle ihrer Tante nicht gut ausgeführt werden könnte; sie wäre sicher, ich würde mit ihr und ihrem Bruder zufrieden seyn, und gewiß meine Gefälligkeit für sie nie bereuen: indem ich dadurch einen großen Antheil an einer der schönsten Handlungen der Gerechtigkeit haben würde, welches sie mir, da sie mit einer Parthie der Gesellschaft vorausreise, bei ihrer Ankunft erklären würde, mich aber doch inständig bitte, sogleich in einem etwas ernsten Tone mit ihr zu sprechen, und eine Unterredung zu verlangen! – Artig setzte sie hinzu: Das günstige Vorurteil, welches sie für ihre Nation in mir gefunden, und die Güte, welche ich ihr bewiesen, ließen sie hoffen, ich würde diesen Gesinnungen gerne den Ton der Verwandtschaft geben, in welchem das Recht, ihr zu befehlen, und ihre Pflicht, mir mit Ehrerbietung zu gehorchen, in dem vollkommensten Licht erscheinen würde. – Sie wollte nur ein Wort durch den Courier; ich gab es. Aber dieser Brief erfüllte mich mit sonderbaren Erwartungen über die Gesellschaft, und die Ursache der Rolle, die ich dabei spielen sollte! Doch, selbst meiner jugendlichen Einbildungskraft würde es unmöglich gewesen seyn, mir die Scene vorzustellen, die der brittische freimütige und unternehmende Geist uns allen bereitete.

Meine liebenswürdige Engländerin kam mit einem vierspännigen Wagen in Gesellschaft zweier Frauenzimmer und eines Mannes; flog, als ich der Stiege etwas langsam und ernst zugieng, mit dem Eifer der Zärtlichkeit gegen mich; nannte mich den Andern als ihre gütige Tante, welche aus Gefälligkeit ihr den rendesvous erlaubte, u. s. w. Bald nachher äusserte ich die Begierde, sie allein zu sprechen, entschuldigte mich bei den Fremden, und führte sie in ein Nebenzimmer. Hier dankte sie mir mit einnehmendem Betragen für die Güte, mit welcher ich ihre Bitte bewilligte, und erneute das Ansuchen: den Charakter der Tante noch ein paar Stunden zu behalten! – Dann fieng sie ihre Geschichte an:

»Ich reise, seit dem zweiten Tag meiner wiedererhaltenen Freiheit, mit dem besten Bruder, der je lebte. Wir sind reich und gut – hatten hinlänglich Zeit, und volle Freiheit, uns aufzuhalten, wo wir wollten, und Gutes zu thun, wo unser Herz dafür sprach, oder der Zustand der Unglücklichen es forderte. Wir wußten aber wohl, daß es Kummer giebt, welchen das Gold nicht lindern und nicht heilem kann: wo aber Freunde mit edler Gesinnung auftreten müssen, der Bosheit Einhalt zu thun, sie zu entlarven, und dem unschuldig Gekränkten eine tröstende Hand zu reichen. Und das habe ich gethan, als ich in C** ein edles liebes Mädchen von angesehenem Stande durch einen ränkevollen eiteln Menschen, mit aller Kunst, welche seine Weltkenntnis ihm gab, angezogen und mit den Versicherungen seiner ewigen Liebe geblendet sah. Die Familie, welche auf diese Verbindung zählte, verschafte ihm eine der schönsten Ehrenstellen des Vaterlandes, und der Elende opferte das vortrefliche Mädchen und ihre reine zärtliche Liebe einer der größten Koquetten, welche schon lange einen Haß auf Emilie L** geworfen hatte, und ihn dadurch befriedigte, daß sie überall mit ihrem Liebhaber und seiner Leidenschaft für sie im Triumph erschien. Ich hörte die Geschichte von einer Freundinn der holden Emilie, welche über die Treulosigkeit ihres Geliebten, besonders auch, da sein Herz in die Hände ihrer größten Feindinn kam, tödtlich krank wurde. Das Mädchen hatte mir in einer Gesellschaft sehr gefallen; nun wünschte ich, ihren gewesenen Liebhaber zu kennen, weil ich den Plan machte, ihn der Koquette zu entreissen, seine Leidenschaft für mich auf das höchste zu treiben, und ihn dann auch öffentlich zu verlassen, wie er seine erste Geliebte verlassen, und sie tausend nachtheiligen Vermuthungen preisgegeben hatte. Es kostete mich wenig Mühe, den Menschen an mich zu ziehen, da er der Familie der Koquette in ein Baad nachgefolgt war, wohin ich auch mit meinem Bruder reiste, um uns einige Tage daselbst aufzuhalten. Er suchte uns, weil er England kannte, auf, pralte mit seiner Kenntnis unserer Sprache, und zeigte mir bald eine Leidenschaft, die nur mit seinem Leben enden sollte. Er folgte uns in die Stadt, wo er mein Schatten wurde. Ich äusserte Zweifel in seine Liebe, sprach ihm von seinen vorhergehenden Verbindungen, und erhielt sogleich die völlige Aufopferung der Koquette! – Nachher begehrte ich, als einen der ganzen Stadt vorzulegenden Beweis, er liebe eine Engländerin, daß er Emiliens Bruder die Anwartschaft auf die Stelle abtrete, welche er von ihrer Familie erhalten hatte – indem ich zeigen wollte, daß wir unsern Liebhabern edle Gesinnungen einflössen. Er mußte mich überall begleiten, und am Ende erlaubte ich ihm zu sagen: daß er mit mir reise. Nachdem habe ich alle unsere Bekannte aus der Stadt hieher gebeten, wo ich eine Zusammenkunft mit meiner Tante hofte. – Nun kommt er mit meinem Bruder – Alles ist bestellt, ihm nach dem Essen seinen Abschied zu geben. Dies wird in französischer Sprache geschehen, wobei ich mich an Sie wenden werde, um Ihnen die Vermuthung zu nehmen, als hätte ich den Gedanken gehabt, diesem Manne meine Hand zu geben.« – – Ich war überrascht – die ganze Scene, so wie der Charakter, waren mir neu; ich hatte mich aber damit verwickelt, und wollte nun sehen, wie es sich endigen würde. Die übrigen Gäste kamen, wir vereinigten uns mit ihnen, und waren schon lange zu Tische, ehe die zwei Männer anlangten. – Die Gesellschaft war artig, meine Nichte sehr liebenswürdig, und mein Neffe aufgeräumt. Nur ein Herr, und seine, wie er, etwas bejahrte Frau, schienen wenig Antheil an der Freude zu nehmen, die uns einige Zeit beherrschte. Der Liebhaber meiner Nichte glühte vor Stolz und Begierde, mit ihr zu sprechen, redete aber viel mit seinen Nachbarn von der Reise mit Mylady, und gab noch spottweise Aufträge an seine alte Freundinn in C**. Er wußte aber eben so wenig, als ich, daß eine kürzlich von B** angelangte Tante und Oheim von Emilie L** mit zu Tische waren, welche ihre geliebte Nichte auf einige Zeit zu sich nehmen wollten; denn meine Engländerinn führte sie mit auf das Jagdhaus, damit sie ihrer Emilie von der Strafe des elenden Menschen erzählen könnten. Als man meldete, die Kutschen seyen bereit, trat meine Nichte vor, und redete mich an.

»Meine liebe Tante! ich danke Ihnen, daß Sie sich hier antreffen ließen; und danke meinen Bekannten von C**, daß sie mich hieher begleiteten. Es ist alles zu Ihrer Rückreise besorgt. Aber weder Sie, meine Tante! noch meine Damen und Herren sollen glauben, daß es mir je Ernst war, mit dem Herrn von F. Freundschaft oder Gesellschaft zu machen! Nein! – ich habe aus edeln Beweggründen für Emilie v. L. gehandelt. Ich wollte ihr beweisen: Daß der Mensch, welcher sie verlassen konnte, ein Mann von schlechten Grundsätzen und Charakter sey; daß er nur sich liebt, und aus Eitelkeit sich einbildet, jedes Frauenzimmer müsse ihn lieben. Die arme Koquette von R. genoß die niedrige Freude: einer edeln Seele Verdruß zu machen! Ich habe mir das Vergnügen gegeben, sie wieder zu kränken – und die Gewalt meiner schönen Augen angewendet, den leichtsinnigen Mann zu vermögen, eine gerechte Handlung zu thun, indem er die Anwartschaft auf eine unverdiente Ehrenstelle dem Herrn v. L. zurückgab. Ich habe ihn nie allein gesprochen – das weis er und mein Bruder – ich spreche ihn heute vor Zeugen zum letztenmal, und wünsche, daß er sich der Engländerinn zu seiner Besserung erinnern möge!«

Sie können nicht glauben, Rosalie! was dieser Auftritt für Staunen bei den Zuhörern, und Wuth des unvorgesehenen Schmerzens bei Herrn v. F. hervorbrachte! Er wollte einigemal gegen meine Nichte und zur Thüre hinaus rennen, wurde aber von ihrem Bruder und den in die Nähe gestellten Kammerdiener und Bedienten daran gehindert. Sie war bei der durch die Scene und den Eifer des Redens erhöhten Gesichtsfarbe noch schön – wie ein erzürnter Engel immer noch schön bleibt! Adel und Hoheit der Seele waren mit Grazie in ihr vereint. Sie umarmte mich, küßte meine Hände, und sagte:

»Ich bin, hoffe ich, bei meiner theuren Tante gerechtfertigt?«

Ich umarmte Sie schweigend – und sie gieng gegen den Oncle und Tante von Emilie v. L., übergab der Letztern Armbänder mit ihrem Bildnis, mit der Bitte: sie Emilien, zum Andenken ihrer Freundschaft und ihrer Hochachtung, zu übergeben. – Dem Oncle gab sie ein Paquet mit den Briefen des Herrn v. F. an sie, und den Kopieen ihrer Antworten.

Hier rief v. F. aus: »O Mylady! wie grausam behandeln Sie mich!«

Mit Würde und erhöhter Stimme sagte sie: »Ich glaube, daß es Sie schmerzt, auf diese Art entdeckt zu seyn; aber denken Sie einen Augenblick an den Kummer von Emilie v. L., an den von ihrer würdigen Familie, bei Ihrem unedeln Betragen – und dem Verlassen Ihrer Braut! Wollte der Himmel! (setzte sie hinzu) ich könnte einen Orden stiften, in welchem schöne Weiber sich verbänden, meineidige Männer zu bestrafen – ich würde gerne mein ganzes Vermögen dazu verwenden.«

Nach diesem gab sie mir die Hand, und sagte: Ich muß Sie zu ihrem Wagen begleiten. Mein Bruder wird dem artigen Herrn hier Gesellschaft leisten, bis wir alle abgereist sind. Nun verbeugte sie sich gegen ihre noch immer staunende Zuhörer, und gieng mit mir aus dem Saal. Die Andere folgten. Wir stiegen in unsre Kutschen, und sie versprach mir, mich noch vor ihrer Abreise nach England zu besuchen. Alles eilte davon, und für Herrn v. F. war weder Kutsche noch Pferde da. Sein Koffer und Gepäcke wurden in das Jagdhaus gestellt. Mein gefundener Neffe setzte sich, nachdem er ihn eingeschlossen, mit seinen Leuten zu Pferde, und jagte davon. Der arme Büssende mußte bis den andern Tag warten – und soll nach Frankreich gereist seyn. Er konnte unmöglich nach Hause, wo seine Schwestern und ihre Männer sich seines Unfalls freuen, da er immer Liebling der Eltern, und verzärtelt war. Er hat Vermögen; sonst würde ihm meine Nichte Geld zu seiner Reise gegeben haben.

Können Sie wohl, Rosalia! über die Engländerinn böse seyn? – Ich kann es nicht! – Aber dieser Auftritt hat mir einen neuen Widerwillen an dem Romantischen gegeben, ohngeachtet es mir in der ersten Betäubung, auch durch die Schönheit der Heldinn, eine edle Handlung zu seyn schien, die völlig nach den Gesetzen der alten Cour d'amour oder der Gerichtshöfe der Liebe eingerichtet und ausgeführt war.

Rosalie! wir wollen unsere Töchter nach der guten und wahren Welt bilden. Ich komme bald, bald wieder zu Ihnen; dann wollen wir an diesem Plan arbeiten, sonst werde ich bange für meine Kinder, und beinahe auch für die Ihrigen!

Wahrheit, Rosalie! Wahrheit, Fleiß und Ordnung und nützliche Kenntnisse müssen die Grundlage zu unserm Plan seyn. – Alles Uebrige sey nur weise sparsame Zierde, die dem Fleiß keine Zeit wegnimmt, und die Seele in keine besondre Bewegung setzt. –

Denken Sie auch auf Ihrer Seite darüber nach; denn zwei gute Hälften machen ein schönes Ganzes! –

 

N. S.   Sagen Sie mir doch etwas von Madame Grafe, und ihren Pflegkindern. Ich bin äusserst begierig darauf. – Adieu.


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