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28

Du stehst in einem Haus, draußen geht ein kalter Wind, die Eisnächte sind ganz nahe, du klopfst an eine Tür, es wird dir aufgetan und du siehst ein bekanntes Gesicht. Es ist nicht das, wonach du dich sehnst. Gott behüte, es ist aber eine Stimme, welche fragt und erschrocken schweigt. Du antwortest: Ich komme von weit her, ich bin so zufrieden, ich summe vor Glück, weil du hier stehst, ein mir bekanntes Gesicht. Ich gebe dir fünf Dollar dafür. Und dank auch meinem Glück, daß alles noch am richtigen Fleck steht, das Haus, die Tür und du da; ich war so zufrieden, als ich dich sah, denn du bist ihre Dienerin, die Maria aus Sault St. Marie. Guten Abend!

Sie antwortete ihm nicht, sie wurde rot und sagte: Es ist spät, Fräulein Allister ist nicht in der Wohnung.

Er stellte schnell einen Fuß zwischen die Tür und trat ein. Sein Gesicht wurde böse, der Atem kam pfeifend über seine Lippen, er griff nach ihrem Arm. Alsogleich zitterte sie, er bemerkte es und ließ sie los. Er besann sich, sein ganzes Auftreten war unbeherrscht und sinnlos. Er sagte: Vergiß es, Maria, ich faßte deinen Arm an, aber überlege dir, daß ich im Guten kam, du wolltest die Tür vor mir verschließen … Na, sieh mich an, gesund und wohl auf? Ich hoffe, du sprichst jetzt zu mir. Wo steckt Cornelia?

Sie sah ihn an mit ihren ängstlichen Augen und erwiderte: Es kann spät werden.

Sie ist ausgegangen? Und wer ist es, zu dem sie ging! Rede gefälligst … Er blickte zur Seite, es hing etwas an der Wand, das ihn irritierte. Es hing ein Stock an der Wand, darüber ein Hut. Ein Stock und ein Hut! Er stöhnte und lehnte an der Wand, sein Gesicht verzerrte sich zu einem Grinsen, er sagte mit heiserer Stimme: Geh, hänge Stock und Hut fort!

Ihr Gesicht wurde wie Asche, sie blieb auf der Stelle stehen.

Ruf Cornelia!

Sie antwortete ihm nicht, ihr Kopf sank auf die Brust, sie weinte.

Warum weinst du?

Ich weine nicht, flüsterte sie und blickte auf ihre Hände, welche sich falteten.

Um des Himmels willen, sage mir, warum faltest du denn deine Hände!

Es geschah wegen nichts, sagte sie und blickte ihn zitternd an … Doch, es geschah wegen etwas.

Er schloß die Augen, ein halbes Weinen ging über sein Gesicht. In Gottes Namen, sagte er, wegen was geschah es?

Wegen eines Toten!

Er starrte unverwandt auf ihre Hände, die gefaltet blieben. Sie schluchzte leise.

Mit einer raschen Bewegung ging er und nahm Stock und Hut von der Wand, eine Ahnung kam ihm, er flüsterte: Es ist Vancours Hut und Stock. Hast du darum geweint und die Hände gefaltet … Was ist das aber, wie kommen seine Sachen in die Wohnung? Wenn du mir das sagen willst? Er hat sie vergessen, willst du sagen, er hat sie vergessen … es ist ein Sommerhut und ein Sommerstock, möchtest du mir erklären. Das war also im Sommer, als er kam und ging, wie es ihm gefiel. Du öffnetest ihm die Tür, dazu warst du ja angestellt. Wieviel Geldstücke gab er dir, wenn er kam … und nachdem, wenn er ging? Rede!

Ich nahm nichts!

Wie oft kam er?

Wir ließen ihn nicht ein.

Du lügst, wie kommen Stock und Hut in die Wohnung?

Er schickte Stock und Hut, als er tot war!

He! Als er tot war! … Hastig hängte er Stock und Hut an die Wand, wankte und sah Marie an. Und weshalb ist sie jetzt fort?

Sie weinte leise vor sich hin.

Ist es ein Mann?

Sie geht mit einem Leutnant …

Mit einem Leutnant? Ja, mein Gott, hat sie Vancour denn so schnell vergessen? Wie kann sie mit einem Leutnant gehen, Maria? Es ist ja bei Gott nicht möglich, wo hier Stock und Hut … wer war es denn vor dem Leutnant?

Ein Bootsmann!

Ein Matrose willst du sagen!

Ein Bootsmann aus Sault St. Marie!

Aus Sault St. Marie? Ein Matrose und ein Leutnant, das dürfte falsch sein. Du irrst dich in den Graden, Maria. Nach einem Matrosen ein Leutnant. Ich kann dir nicht glauben, dann wäre ja etwas über sie gekommen … Aber weshalb frage ich, du heulst, es steckt noch etwas anderes dahinter. Ist es Mac Allister?

Sie geriet ganz außer sich und starrte ihn an …

Ein Schritt kam von draußen zur Tür her, der Schlüssel ging ins Schloß, er blickte auf, das Herz wurde ihm schwer. Es trat jemand ein, eine dunkle Erscheinung, die Schultern hochgezogen, eine Tasche unter dem Arm, das Haar dunkel, ihr Gesicht blaß und ihre Augen lagen tief in den Höhlen. Es war Cornelia. Um ihre Lippen zuckte es, aus ihren Augen brach ein Licht. Jens warf die Hände gegen seine Stirn, es dröhnte in seinem Schädel und plötzlich sah er sie von neuem an, ihre Augen waren entzündet, in ihre Wangen waren feine Risse gegraben. Ihre Lippen waren blutrot, die Haut unter dem Kinn schimmerte bläulich, aber das Licht aus ihren Augen betäubte ihn.

Jens! Sie ließ den Kopf sinken, ihre Tasche rutschte zu Boden. Er fühlte erregt, wie sie litt; es bereitete ihm Pein, sie weiterhin anzusehen. Die Risse in ihrem Gesicht schrien ihn an, ihre roten Lippen und ihre Augen rissen durch sein Herz. Ja, nun komme ich! sang es in ihm. Nun komme ich doch noch! In seinem Herzen aber ächzte es: ein Matrose und ein Leutnant …

Es zog ihn hin zu ihr, ihre Arme fielen kraftlos zur Seite, vor ihm sank sie nieder. Er warf sich hin. Als er ihr Kleid berührte, standen seine Sinne in Flammen. Falsch! zuckte es durch sein Hirn, ehrlos, jammerte sein Herz, aber seine Seele jubelte, sie allein sah alles in einem klaren Lichte, er weinte vor Freude und hob sie auf. Doch zitterte er vor der nächsten Stunde.

Die Stunde ging hin, die Liebe währte an. Sie sprach mit ihm. Hei, nun sind es vier Männer, die mit ihm zu Tisch sitzen, sie alle haben sie geherzt und geküßt, davon ihre roten Lippen. Vier Männer, ein Stock und ein Hut, sie haben sich die Füße gewischt an ihrem Herzen; und sollten sie wiederkommen, so will sie keinen erkennen. Er weiß nicht, was er sagen soll, das Ganze ist eine seltsame Geschichte. Aber er zählt sie nicht, ob vier oder zehn. Er lag an ihrem Gesicht, es waren unendliche feine Risse in ihrer Haut, ihre Augen waren ein wildes Meer.

Still, Cornelia, sage mir nur, wo sich Vancour erschoß. Geschah es vor deiner Tür, Herzliebste?

Das Lächeln blieb auf ihrem Gesicht, sie flüsterte: In seiner Wohnung, als ich davon hörte, habe ich nach dir geweint.

Nach mir, du Unbändige! Und als man dir Stock und Hut brachte, was geschah da?

Ich konnte nicht um ihn weinen, weil ich zu sehr nach dir weinte.

Was tatest du dann?

Ich traf den Matrosen aus Sault St. Marie. Er erzählte mir von Stamer und dem ›König von Portugal‹. Wir haben uns geküßt.

Und du glaubtest ihm?

Ich glaubte ihm kein Wort, aber er erzählte von dir, darum ließ ich mich küssen …

Und die anderen, der Leutnant?

Ich starb vor Sehnsucht, ich wollte auf einem Stein im Hafen sterben, er hob mich auf …

Und Jens grämte sich sehr, daß sie sterben wollte. Voller Dank küßte er sie. Viel Lüge, zischelte ihm eine Stimme zu. Erschöpft schlief er eine Weile ein. Draußen ging Maria, ihr Schritt weckte ihn.

Du schliefst, sagte sie wie entzückt.

Nein, ich dachte an deinen Vater.

Ihre Augen trübten sich. Er hat mich verstoßen, kam es traurig von ihren Lippen. Als ich klein war, erschoß er mir drei Lämmer, es war mein schlimmster Schmerz. Nun schämt er sich so sehr, daß er mich verstößt.

Still! lallte er vor Müdigkeit, ich habe viele Weihnachtsbäume auf der ›Levante‹ … Er schlief fast eine Stunde lang …

Etwas weckte ihn auf, er blickte nach der Uhr. Cornelia lächelte ihm zu. Es ist gegen ein Uhr, sagte er sich, etwas weckte mich. Bald darauf sagte er vor sich hin: Nein, ich halte es nicht mehr aus! Unmittelbar darnach packte ihn eine sinnlose Angst, er erhob sich und taumelte wie berauscht. Er blickte durchs Fenster, sah nichts, es war stockfinster. Aber weshalb nahm er denn seine Mütze und seine Felljacke? Er kniete vor ihr, sein Herz klopfte so hart, er preßte ihre Hände und sie rief ihn mit einem süßen, einfältigen Laut. – Er stand wie auf dem Sprung und flüsterte: Etwas rief mich, Gott gebe, daß ich mich irre! –

 

Es zog kalt durch die Straßen, der Wind kam aus Nord, er fegte wie Staub über die Erde, der Schnee trieb Wolken an den Häusern lang. Trunkene taumelten lärmend über die Straße. Jens jagte die Allee hinab. Vor ihm lag der Buffalo-Platz, die Säule der Staaten ragte in den Himmel. In den grauen Bäumen pfiff der Wind. Aus Häusern und Kellern drang Lärm und Licht. Aber es ging ein Wind, der einem die Mütze vom Kopfe weht. Seht, welch ein Wind, sogar die Scheiben klirren in seinem Rhythmus. Vom Hafen weht Sirenengeheul herüber und der Widerschein der Hafenlichter färbt die Luft rot und violett. Stetig blies der Wind feinen Schnee vor sich her. Durch die Hafengassen klang ein Geräusch von Stein und Eisen, des Hafens ewiges Geräusch.

Er schlug mit der Faust gegen das Hafentor. ›Levante!‹ rief er.

Der Wächter rief zurück: Ein Tor weiter. Er lief weiter, er kam ans nächste Tor, es war offen, der Wächter hielt die Laterne hoch und sah ihm nach. Dort lag der Kai, das Eis warf sich gegen die Mauern, von den Schiffen leuchteten kleine Lichter. Er lief über Schienen und kleine Halden an den Kränen vorüber, kam zu den Speichern und sah durch den Schneewirbel den dunklen Leib der ›Levante‹. Kein Licht brannte, das Fallreep war hochgefiert, er sprang die Reling an, rutschte ab. Eis überzog die Decksplanken. Er sprang höher, faßte die Stange und zog sich hinauf. Über Deck ging eine kalte Zugluft, aus der Hafenmitte heulte eine Sirene, ein starkes Licht schimmerte über dem aufgewühlten Wasser, ein Eisbrecher war am Werk.

Wache! rief Jens und stolperte über Tauwerk zum Kajütgang. Es meldete sich keine Stimme. Wache! rief er zum Achterdeck, die Tür zum Mannschaftslogis stand auf, die Wache lag in einen Pelz gehüllt auf der Treppe und richtete sich mühsam auf. Der Mann war betrunken.

Scould! rief Jens und ging in die eiserne Kajüte. Scoulds Matte war leer. Er ging zur Wache zurück, stieß ihn an und murmelte: Geh in dein Bett, Kamerad, du erfrierst im Wind.

Und als er gegen den Wind zurückging, schoß ein Gedanke durch seinen Kopf, ein Gedanke, den er nicht fassen konnte. Er blieb stehen, der Gedanke suchte ihn, aber er verlor den Faden. Mechanisch tastete er sich voran, die Kombüsentür stand auf, ein Kohlenfeuer glühte im Herd. Er ging in seine Kajüte und nahm entschlossen die Laterne vom Spind, zündete sie an und trat auf den dunklen Gang. In diesem Augenblick hörte er einen dumpfen Fall, als stürze jemand. Die Wache, sagte er sich, die Wache fiel ins Logis. Er sah aber ein Windlicht über Bord fliegen, hinten am Heck, es tanzte und verlöschte.

Scould! rief er und lauschte. Er sah das Licht nicht mehr und ging zum Ladeluk. Und jetzt suchte ihn wieder dieser Gedanke; eine tiefe Unruhe beschlich ihn, er hielt die Laterne hoch und leuchtete um sich. Jemand dort! rief er. Plötzlich sah er die ›Persenning‹ über dem Ladeluk. Wie? die ›Persenning‹ liegt über dem Luk? Er riß sie zur Seite, das Luk war geschlossen. Der Gedanke! Er bebte am ganzen Leibe, der Gedanke hatte ihn gefunden. Ein feiner Brandgeruch hing in der Luft. Er warf sich über das Luk und roch, roch … Er mußte sich getäuscht haben, es konnte das Feuer aus der Kombüse sein. Nein! Er warf den Eisenriegel am Lukenrand herum und hob den schweren Deckel hoch. Es roch stärker nach Brand. Zitternd nahm er die Laterne, sprang auf die Leiter und rutschte hinab. Donnernd schlug er auf die Bretter des oberen Laderaumes. Ha! Brand im unteren Bunker. Er schrie, Brand! Rauchschwaden kamen. Wie besessen stürzte er sich auf die Leiter, schwang das Licht und stieg weiter hinab. Die Luft wurde plötzlich warm, der Rauch kam dichter, unten war die Luft dünn. Er sprang auf den Boden, lief, stieß an etwas und plötzlich glaubte er ein Gesicht an der Erde zu sehen. Er leuchtete und sah in Scoulds armes Gesicht.

Scould war tot, sein Hinterhaupt war zerschmettert. Die Sekunden gingen, eine helle Lohe schlug plötzlich aus dem hinteren Gang hervor, der Rauch wurde beißend, das Licht in der Laterne verdunkelte sich und flackerte. Weinend warf er sich auf den Boden und kroch den Gang hinab. Da sah er die Glut durch die Reihen schimmern, das dunkelglühende Feuer. Er fühlte die Hitze an seinen Händen, es schluchzte in seiner Kehle. Stamer, Stamer! weinte er und lief, Scoulds Leiche zu retten.

Bei der ersten hastigen Bewegung verlöschte das Licht. Er warf die Laterne fort, die Luft wurde ganz stickig. Plötzlich krachte es in seinem Rücken, die Luft bebte, ein grellroter Schein flackerte durch den Bunker, einen Augenblick waren die Tannen beleuchtet, und flackerten grün in der brandigen Luft.

Sein Fuß stieß an Scoulds Beine, er wälzte den schweren Leichnam und hob ihn auf seine Schultern. Die eisernen Sprossen bogen sich unter seinem Tritt, er kletterte mit starren Knien, der Rauch würgte seinen Hals und während er kletterte, sagte er sich, ich will das Schiff retten, das Schott ist auf, es ist ein verfluchter Zug in der Luft. Stamer hat das Schott aufgezogen, in einigen Minuten steht das Schiff in Flammen. Er taumelte unter der Last, die Luft wurde ihm knapp. Sowie er den oberen Laderaum erreichte, tastete sich seine Hand vorwärts, er machte eine Viertelschwenkung nach links, dort mußte sich die Leiter befinden. Aber er tastete daneben, er fand die Leiter nicht.

Der Kopf wurde ihm schwer, er rang nach Luft. Scould rutschte von seiner Schulter. Darauf warf er sich zu Boden und überlegte, daß er im Rauchkanal lag und kroch mit der letzten Kraft zur Seite. Ein Hustenkrampf schüttelte ihn. Seine Sinne waren schon betäubt, weder schmeckte er den Brand, noch sah er das Luk und keine Ahnung sagte ihm, in welcher Richtung die Leiter stand. Und doch dünkte es ihn, als höre er eine bekannte Stimme, eine schreiende und quäkende Stimme, die er oft gehaßt hatte. Es war Tucys Stimme, sie kam aus der Tiefe. Die Gedanken taumelten durch seinen Kopf, er preßte seinen Mund an die Planken und dachte, daß er um ein gutes Stück höher liegt denn Tucy. Es ist wie im Leben, nun auch im Tode. Und wenn ich auch rufen wollte, ich könnte es nicht mehr. Tucy aber kann noch schreien, weil er Scould nicht trug, mein Herz stößt so gewaltig.

Und wie schwach auch die Stimme gegen sein Ohr klang, er vernahm sie und dachte plötzlich an Stone, welcher ihn einst erweckt hatte. Eine unerträgliche Hitze umschwirrte ihn, plötzlich ward Licht, zwischen Rauch und Feuer sah er die Leiter, nur einen Schritt zur Seite. Er warf sich herum, erreichte die Leiter mit den Händen und kroch näher. Der Rauch erstickte ihn, er erfaßte es sofort, daß der Augenblick des offenen Brandes gekommen war, er stemmte sich in die Sprossen; zehn Meter stieg er, er kam ans Luk und warf die Arme über den Rand, die eisige Luft nahm ihm den Atem. Er warf sich über den Lukenrand und rollte über Deck. – –

Hast du gehört! eine Sirene schlug an, sieben Sirenen brüllten und das Feuer warf seinen Schein gegen die Speicher. Durch Schnee und Wind heulten die Sirenen, es war hell wie am Tag, die Quadern der Kaimauern tropften von der eisigen Nässe, der Schnee schmolz in der Hitze und das Eiswasser war ein funkelnder Spiegel mit einem brandigen Fleck in der Mitte, das war die ›Levante‹. Funkenstöße flogen auf, gleich einem Trompetenschwall dröhnte es in der Luft. Glühende Tannen flogen dahin, Millionen roter Fäden durchschwirrten die Luft, die Baumseelen von fünfzigtausend Tannen und Allerseelen Nadeln heulten und fauchten. Der eisige Sturm warf die Flammen über den Kai gegen die Speicher. Und es war warm wie in einem Vulkan. Die Sirenen heulten zu spät, die Flammen schlugen sich in das trockene Holz der Speicher, an den Dächern brannte es zuerst los, die Flamme kletterte und zog hoch hinauf, jetzt mußte ganz Buffalo das Feuer sehen.

Am Kai lag Jens, neben ihm die trunkene Wache, sie starrten in die Flammen, das Feuer warf sich über die Brücke, es ging auf und nieder, hüllte den Schornstein der ›Levante‹ ein, die Aufbauten brannten. Nur am Heck war es noch dunkel, der Wind trieb die Flammen ab. Durch den Hafen kam ein Löschzug, als er kam, standen zwei Speicher in Flammen, der Himmel war blutrot. Der Löschzug hielt, eine Reihe Männer tanzte am Kai umher, sie warfen Schläuche ins Wasser, die große Schwenkpumpe flog vom Wagen. Da erhob sich Jens und wankte zur ›Levante‹ hin. Einige Männer vom Löschzug sprangen in seinen Weg und rissen ihn zurück.

Nein! schrie er, seht doch, seht selbst, ein Mensch steht auf der Roof! Als sie es sahen, fanden sie es erst lustig. Ein Mensch stand auf der Roof, er schwang etwas in der Hand, keiner sah, was es war, ein Stück Holz. Er stand am Besanmast, als wolle er ihn entern. Die Flamme züngelte am Mast hoch, aus der Hinterpiek brach Rauch durch die Planken.

Guter Gott, holt den Mann nieder! schrie der Feuerwehroffizier. Werft eine Leiter an!

Es ist Stamer, schrie Jens, Stamer!

Die Leiter lag an, drei Mann enterten auf, da fiel ein Schuß, ein zweiter und dritter. Der vorderste Mann brach zusammen und hing über der Leiter.

Die Schüsse hallten schwach durch das Feuermeer.

Nun wurde es ein brausender Tanz, das Vorderschiff öffnete sich mit Donnern, ein Glutregen überschüttete den Kai. Noch einmal sah man den Mann am Besanmast, wie eine Salzsäule ragte er im Vulkan, ein Windstoß verschlang ihn. – –

Gegen drei Uhr stand das Feuer bleich und zornig über dem ganzen Westpoint des Hafens, zwei Meilen in der Länge brannten Schiffe und Speicher, Tausende von Männern standen in einer Kette, reichten sich Wasser und schaufelten aus Schnee einen Damm zwischen dem Westpoint und der Hafenschleuse. Der Damm fing viel Glutasche auf, die der Wind über den Hafen wehte. Trotzdem sprang das Feuer durch die Hafengassen. Und der Wind gab dem Feuer das rechte Öl ab, es stampfte weiter, mitten durch Menschenstuben hindurch, die Luft war wie Glas, so herzlos und kalt, und trug das Feuer mit sich, flog über den Buffalo-Creek und fraß sich in alte Bäume hinein, es brannte Löcher in die Erde.

Um fünf Uhr staute sich das Feuer und ruhte aus in weißer Glut, der Wind fiel ab. Keine Menschenhand bezwang das Feuer, der Wind stand still. Gott erbarme sich der Toten und Obdachlosen! Es war eine kalte und heiße Nacht, Schnee fiel sieben Fuß tief, am Morgen weinte Buffalo.


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