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Von Sven kam ein Brief aus Sault St. Marie. Die Seen seien trächtig, die Forelle zöge in Schwärmen, der Lachsfang sei karg in diesem Jahr. Aber weiter ostwärts, an der Marquette-Bay sei der Lachs gemeldet. Er verlasse jetzt Saul St. Marie, zur Bay ginge es. Es werde viel Geld verdient, im Winter wolle er zum Aalfang bleiben. Wörtlich hieß es: Ich denke mit Grauen an Tucy und schäme mich bei Tag und Nacht, daß ich für ihn gearbeitet habe … Der Brief kam auch in Tucys Hände. Er sagte, daß er nichts einzuwenden habe, sie könnten alle ziehen, der Weizen sei eingebracht und mit der Einsaat würde er fertig.

Wir bleiben, sagte Jens, wir wollen ein Haus in der Prärie bauen. Die Saat bringen wir dir noch in die Erde, darnach kannst du dreschen. Ich fälle Bauholz in den Bergen, das du mit deinen Pferden auf die Baustelle fährst …

Du verfügst über meine Pferde! höhnte Tucy.

Ich kaufte die Pferde, erwiderte er.

Du erhältst dein Geld zurück, sagte Tucy, warte, wenn ich erst dresche …

Das klang sehr böse aus, und Fanny stand auf Tucys Seite. Es wurde kein Wort mehr im guten gewechselt. Und eines Tages kam der Reverend aus Cachel und holte Louison ins Elternhaus zurück. Der Reverend streifte Jens mit verächtlichen Blicken.

Das hatte ihm Tucy angetan. Er ließ Louison aus dem Hause schaffen und sah schmählich lachend zu, wie Jens sich grämte. Louison geht! nun ist Tucys Haus nicht mehr zu ertragen. Er ging zum Reverend und bat ihn, daß er Louison im Hause lasse.

Sie kehrt zurück, wenn Sie das Haus verlassen, sagte der Vater streng.

Ich! Was habe ich dazu getan!

Sie stellen ihr nach! fauchte der Reverend, sehen Sie nur, wie sie aussieht. Das ist nicht mehr mein Kind!

Nein, erwiderte Jens, das ist nicht mehr Ihr Kind. Hören Sie, ich tat ihr nicht wehe. Nur Gutes, tausendmal Gutes taten wir einander zuliebe.

Frechling! zischte der Reverend und wachte darüber, daß Jens sie nicht allein traf, wie sehr auch ihre Augen darum baten. Sie sah wunderbar aus, ihr Haar schimmerte, ihre Augen waren groß und glänzend, am Tage ihres Abschiedes hatte sie ein schwarzes Band um den Hals geschlungen. Sie achtete ihres eigenen Vaters mit keinem Blick. Einmal sagte sie in seiner Gegenwart zu Jens: Ich muß zur unrechten Zeit fort. Nun bist du Cornelia Allister ausgeliefert … Du bist ganz allein.

Nein! sagte er mit einer dunklen Angst im Herzen.

Sie lächelte ihn schwermütig an. Er wurde ganz verstört durch dieses Lächeln, verließ das Haus und streifte durch die Felder. Am Abend war Louison fort. Daniel fuhr den Reverend und seine Tochter nach Cachel.

 

Der letzte Rest der Arbeiter hatte die Farm verlassen, Pferde und Wagen waren unterwegs nach Sault St. Marie. Kal fuhr die Leute, in sechs Tagen wurde er zurückerwartet. Jens hatte sich ihm angeschlossen, eine Tagereise weit wollte er mitreiten. Das geschah aber nur zum Schein, nach einer Stunde drehte er dem Wagen den Rücken, am Abend klopfte er bei Allister an. Das Haus war verschlossen; er pfiff und rief. Die Nonne Maria öffnete ihm die schwere Türe, sie war nun Hausmädchen bei den Allisters.

Guten Abend, Maria, sagte er und fuhr ihr mit der Hand über das Haar. Du bist nicht mehr so bleich. Siehst gut aus. Du erfährst jetzt viel Freude, wie!

Sie wurde rot bis in die Stirn und verschloß mit einer hastigen Gebärde die Bluse am Halse. Sie führte ihn zu den Allisters.

Vancour war zur Abreise bereit. Seit drei Tagen verkündete er seine Abreise. Doch fand er immer wieder eine Ausrede, einen Tag noch zu bleiben.

Als Jens eintrat, sagte Allister unbeirrt durch Jens' Gegenwart zu Herrn Vancour … Wie es Cornelia wünscht, Herr Vancour. Ich kann ihr nicht befehlen, mit Ihnen nach Buffalo zu reisen!

Ach, sagte Vancour und zeigte Jens eine übelwollende Miene, ich dachte, es sei eine abgemachte Sache. Ich habe einen Boten nach Buffalo vorausgeschickt, meine Tante richtet die Zimmer her …

Pah! rief Allister, Ihre Tante kann die Zimmer auch im Frühjahr richten …

Cornelia erhob sich und hieß Jens still willkommen, Allister machte eine lärmende Begrüßung. Nur Vancour blickte Jens weiterhin unfreundlich an, eine Ader schwoll auf seiner Stirn, doch sagte er nichts, auch, als Jens ihn fragte, wann er zu reisen gedenke. Es sei an der Zeit, eines Tages könnten die Seen zufrieren …

Es klopfte an der Tür, Maria erschien; sie trug eine weiße Schürze und setzte sich bescheiden in eine Ecke. Sie las in einem kleinen Buch mit Goldschnitt; wenn sie eine Seite blätterte, knisterte das gute Papier. Allister marschierte durch das Zimmer, hin und her, er getraute sich nicht recht, Maria anzublicken; als er es einmal tat, hörte Maria auf zu lesen und blickte Allister an, der schweratmend und wie verzückt dastand.

Übrigens solltest du nach Buffalo fahren, Cornelia! sagte Allister plötzlich. Du solltest ruhig ein wenig Anstand lernen, wie man sitzt, spricht oder liest. Sieh dir Maria an, dieser Anstand … wie sie liest in diesem guten Buch mit Goldschnitt.

Cornelia wechselte die Farbe, sie blickte ihren Vater groß an.

Herr Allister! sagte Vancour, mit Verlaub, wie können Sie Vergleiche ziehen zwischen einem Hausmädchen und ihrer Tochter.

Hausmädchen? murmelte Allister. – Maria erhob sich still und verließ die Gesellschaft. Cornelia ging ihr schnell und gesenkten Blickes nach. An der Tür sagte sie: Wenn Maria mit mir nach Buffalo fährt, will ich mich Herrn Vancour anschließen … obgleich … hier blickte sie Jens an. Mit einem ganz weißen Gesicht verließ sie das Zimmer.


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