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2.

Eine Woche war Jens außer Hauses gewesen; als er nun seine Kammer betrat, war seine Freude groß. Er betrachtete die Kommode, die ihm Kal gezimmert hatte. Unter dem Spiegel stand eine Kerze, er zündete sie an und blickte sich um. In der Ecke stand ein Schuhbock, über den ein Paar langer Stiefel gezogen war. Aus der Zeit seiner Seefahrt schleppte er einen Seesack mit sich herum. Dort lag er, das Segeltuch war braun, in einer Wachstasche lag die Hängematte, daneben Nähzeug und Zwirn; sein Steuermannsanzug lag gerollt auf der Kommode, einige Bücher und Schreibzeug. An der Wand hingen zwei Flinten, die Munition dazu hatte er verschlossen. Er betrachtete seine Habe und überschlug alles in seinem Kopf, was er besaß. Ohne Hast schloß er die Kommode auf. Da lagen einige Raritäten, die er gesammelt hatte, beileibe keine Kostbarkeiten; zwei Kieselsteine aus seiner Jugend befanden sich darunter. In einem Wollschal lag das Bild seiner Mutter und ihre letzten Briefe aus Friesland. Über zehn Jahre trug er sie mit sich. In einer Kassette lag eine Sammlung asiatischer Halbedelsteine zwischen getrockneten Rosen aus Java. Er lächelte darüber, doch würde er kein Blatt davon preisgeben. Der Seesack lag dunkel in der Ecke. Auch ihn faßte er an. Er zog an den Schnüren, die Schnur riß. Die Schnur ist mürbe, sagte er sich, ich werde beizeiten dafür sorgen, daß neue Schnüre in meinen Seesack gezogen werden. Ich will es Knight sagen oder Kal, daß sie mir neue Schnüre aus Cachel mitbringen. Er überzeugte sich, daß das Leinen des Seesacks noch gut war. Sieh, dachte er, ein Seesack verdirbt nicht so schnell wie seine Schnüre. Er zog seine Stiefel aus, aber er war erfüllt von dem Gedanken, daß er neue Schnüre in den Sack einziehen müsse. Sollte es etwa bedeuten, daß seine Zeit auf der Farm um ist? Wegen ein paar fauler Schnüre! Daran nur zu denken, jetzt die Farm zu verlassen. Vor der Ernte und noch ehe der neue Stall stand! Aber daß es ihm durch den Kopf ging, gab ihm zu denken.

Er legte seine Pfeife und den Tabaksbeutel auf die Kommode, dazu die Uhr. Darauf warf er sich über das Bett und dachte nur noch an die Prärie und an den Wald.

Es klopfte an seine Türe, es war Kal, der den Kopf hereinsteckte.

Tritt ein, Kal! Ich danke dir auch, daß du meine Stiefel immer auf den Bock ziehst.

Kal schielte nach den Stiefeln und sagte: Die Stiefel stehen immer auf dem Bock, dafür sollst du mir nicht danken, ich tue es wie im Schlafe.

Nun, du sagtest, daß dir das Holz gefällt? Ich habe lange suchen müssen, die Maße sind alle richtig berechnet.

Kal erwiderte ihm, daß das Holz gut sei und gesund.

Ach, aber es läßt mich gleichgültig, ob ich gutes oder schlechtes Holz gebracht habe, sagte ihm Jens verdrießlich.

Dir gefällt Tucys Empfang nicht?

Pah, Tucy! – Wenn du nach Cachel kommst, denke daran, daß du Schnüre für meinen Seesack kaufst, die Schnüre sind verfault!

Kal verging das Lachen, er stotterte: Willst du uns verlassen?

Nein, sagte Jens grimmig, Tucy steht in meiner Schuld, ich verlasse die Farm nicht.

In deiner Schuld? fragte Kal neugierig.

Jens biß sich auf die Lippen und schwieg. Nach einer Weile sagte er: Ich will hierbleiben und Tucys Farm ausbauen. Ich will mir auch ein Haus auf der Farm bauen.

Gut, sagte der schlaue Kal, setze aber dein Haus weit fort von Tucys Farm. Baue dich in der Prärie an.

Nun ja, in der Prärie, murmelte Jens. Dort ist es schöner. Ich will es mir überlegen … Warum aber in der Prärie, Kal?

Kal zuckte vielsagend mit der Schulter.

Sieh, Kal, sagte Jens ruhig, ich bin Tucys Freund, was auch am Tage vorfallen mag, wir kennen uns seit Jahren. Ich bin gekommen, als mich Tucy rief … ich bin nicht als Bettler gekommen. An jeder Stelle der Farm kann ich sagen, auf diesem Fleck will ich bauen.

Kal sagte nachdrücklich: Baue dich weit fort von Tucys Haus! Und Jens fragte gespannt: Wer hat dir das eingeblasen? Tucy selber, oder seine Frau?

Niemand, sagte Kal, niemand hat es mir eingeblasen.

Nun, was gibt es dann? fragte Jens heiser.

Kal blinzelte und sagte ihm: Tucy haßt dich …

Er haßt mich?

Gestern früh saß Tucy auf der Bank vor dem Hause. Als ich an ihm vorüberging, befahl er mir, der Bank die Beine zu kürzen.

Du tatest es nicht? fragte Jens.

Nein, ich habe es nicht getan, weil du die Bank für deine Beine aufgestellt hast.

Aber Tucy ist der Herr, erwiderte Jens, du hättest der Bank die Beine kürzen müssen. Er hat ein Recht auf die Bank und weil seine Beine kurz sind, soll er eine niedrige Bank haben. Du hast falsch gehandelt, Kal. Morgen noch werde ich der Bank die Beine stutzen. Nun geh, Kal, gute Nacht!

Ha! sagte Kal, das kannst du tun, wenn damit der Streit aus der Welt wäre. Ich hörte aber, wie Tucy mit seiner Frau sprach. Er will dich los sein. Er sprach von Geld, daß er dir zu zahlen hat. Wenn du nur wieder aus dem Hause wärst.

Kal!

Schrei nicht, flüsterte Kal, er will seine Ochsen und Rinder verkaufen, um dich auszuzahlen. Er will Getreide verkaufen, die ganze Ernte, damit er dich los wird.

Du hast gelauscht? fragte Jens bleichen Gesichts.

Ich habe nicht gelauscht, erwiderte Kal, ich hörte es, als ich unter den Fohlen im Stall stand.

Er hat es in der Wut gesagt, murmelte Jens, vielleicht war er wütend, weil wir einen Tag länger ausblieben! –

Es geschah einen Tag, nachdem du abfuhrst.

Wie? fragte Jens zitternd, nur einen Tag später!

Kal stierte ihn an, er sagte: Ich habe gelogen, es geschah eine Stunde, nachdem ihr fort wart.

Narr, der ich bin! stöhnte Jens, ich gab ihm fünftausend Dollar, wie hat er mich angefleht, zu ihm zu kommen. Als ich kam, haben sie geweint, Fanny stand wie eine Braut vor mir, sie küßte mir die Backen …

Fanny widersprach ihm, flüsterte Kal.

So, so! Sie widersprach ihm?

Der Wahrheit die Ehre, sagte Kal, sie widersprach ihm kräftig. Sie sagte, daß alles Vieh und die Ernte nicht das Geld zusammenkehren.

Ja, ja, es reicht nicht, sagte Jens schmerzlich. Darum muß ich bleiben. Ich werde mein Haus nach St. Martin setzen, in die Nähe von Allisters Karpfenteich.

Warum an Allisters Teich?

Weil mich Allister an dieser Stelle ausgelacht hat.

Kal erwiderte: Am Teich riecht es nach verfaultem Fleisch …

Dann kann nichts daraus werden, sagte Jens bekümmert, oder ich müßte ihm die Karpfen umbringen … Geh, Kal, in der Frühe beginnt die Ernte!

Kal drückte sich zur Tür hin, hier aber blieb er stehen und sagte: Ich komme in dieser Nacht nicht zum Wecken. Ich darf euch nicht zur Ernte rufen, Tucy hat es mir verboten. Er will erst in zwei Tagen die Gerste anmähen.

Will er, daß das Korn ausfällt!

Er will nicht das tun, was du befiehlst!

Ich habe aber nichts befohlen …

Doch! Du sagtest am Tisch, daß morgen die Ernte beginnt.

Eine dunkle Wut sprang in Jens hoch. Die Gerste ist reif! sagte er laut. In der Frühe weckst du das Haus. Du rufst zur Ernte, hörst du!

Willst du es nicht Tucy selber sagen.

Nein! schrie Jens.

Kal seufzte: Er wirft mich hinaus, wenn ich zur Ernte rufe, ich habe kein Recht, den Tag der Ernte zu bestimmen.

Nun hatte Kal ihn plötzlich vor die große Frage gestellt, wer auf der Farm der Herr ist und Jens glaubte sich im Recht, als er sagte: Geh, Kal, die Gerste gehört mir so gut wie Tucy.

Kal wußte nun, daß es zwei Herren auf der Farm gab. Er sagte gedrückt: Ich will zur Ernte rufen, das weitere macht untereinander aus, gute Nacht!

An der Tür rief ihn Jens zurück. Na, sagte er leichthin, du hast mir tief in den Kopf geschaut, Kal, laß es niemanden wissen, daß ich Tucy fünftausend Dollar gab. Ich habe es keiner Seele sagen wollen.

Kal schwor es ihm zu und verließ die Kammer.

Jens legte sich nieder, von nun an wollte er alles vergessen und zwang sich, an nichts zu denken. Wie ein Stoß aber durchfuhr ihn der Gedanke, daß ihn Tucy hatte schwören lassen, kein Wort über das Geld zu sprechen. Wie klug war Tucy, er hatte alles vorausgesehen. Der schlaue Kerl! Daran hat er mich aufgehängt, er verschreit mich als Knecht auf der Farm und ist eifersüchtig auf Fanny, kaum daß ich es wage, sie anzusehen.

Er versuchte die Gedanken in den Wind zu schlagen und zu schlafen. Jetzt aber war es Djib, welcher an der Türe schnüffelte und ihn störte. Eine Zeit hoffte er, daß sich der Hund trollen würde, dann aber hörte er, wie sich Djib krachend gegen seine Tür warf. Er schrie aus vollem Halse: Fort, Djib, geh! Der Hund leckte an der Türe und Jens lauschte der Hundeschnauze, die an der Türe entlangfuhr. Es war das erstemal, daß sich Djib vor seine Türe legte. Er sann darüber nach, was das zu bedeuten hat. Hat ihn Tucy vor meine Türe gelegt? Vielleicht ist es ein Zufall und Djib leckt gar nicht die Türe, er versucht nur seine Augen zu lecken … oder war es möglich, daß sich Djib in der Türe geirrt hat! – Nein. Dann wäre ihm auch der Geruch geschwunden. Hoho! ein Hund, welcher die Witterung verliert, ist des Todes. Das wäre ein schmerzlicher Schlag für Tucy, alle Dressur und Mühe, die er auf das blinde Tier verwandt hatte, wären vergebens … Ja, es scheint aber so, ich will Djib vor Tucys Türe legen.

Er erhob sich und öffnete die Türe. Der Hund lag auf der Schwelle. Geh, Djib! – Djib sprang auf und knurrte. Er hatte stumpfe Zähne, er war neun Jahre alt.

Geh, Djib … flüsterte Jens.

Der Hund wich nicht von der Stelle; Jens lächelte und fuhr ihm mit der Hand über das schöne Fell, aber Djib knurrte. Danach stieß ihn Jens mit dem Fuß von der Schwelle. Djib sprang zurück, setzte sich dann aber mit dem Rücken gegen den Türpfosten. He, Djib, murmelte Jens und packte ihn ins Genick und drückte des Tieres schweren Kopf zu Boden. Er hatte sich aber in der Kraft des Hundes getäuscht, unwiderstehlich hob Djib seinen Kopf. Jens stemmte sich dagegen, er sah den Augenblick kommen, in dem sich Djib gegen ihn werfen würde. Der heisere Atem des Hundes fauchte durch den Flur. Noch einmal faßte Jens zu und schleuderte Djib in den Gang hinein, trat zurück und schloß schnell die Türe.

Er hatte ein lautes Bellen erwartet, doch hörte er nichts als ein böses Fauchen. Keinen Laut gab der Hund von sich, er schnüffelte wieder an der Tür und riß mit seinen Klauen durch das Holz, darauf legte er sich wieder auf die Schwelle.

Jens lachte vor sich hin, er murmelte: Tucy, Tucy. Es war ihm plötzlich eingefallen, daß Tucy sein Gespräch mit Kal belauscht haben mußte. Darauf hatte er seinen Hund vor die Türe gelegt. Glaubt Tucy denn, daß ich mich vor Djib fürchte?

Lange, nachdem er lag, horchte er noch auf die Geräusche, er schlief nicht, Djib störte ihn … Zwei Stunden, die er noch zur Ruhe hatte! Er begann zu überlegen, daß auf dem Gerstenschlag eine Furt mit der Sense zu mähen ist, um den Maschinen beim Wenden Zeit zu ersparen. Nimm genügend Maschinenöl mit aufs Feld, sagte er sich. Louison muß uns das Essen herausbringen, um Mittag müssen die Pferde gewechselt werden … Er schrieb sich alles in den Kopf, was in zwei Stunden zu befehlen war. – Was aber wird Tucy tun? – und er dachte daran, wie sie einst zusammen auf einem Schiff fuhren und in Montreal ans Land gingen, um die Stadt nach Mädchen zu durchsuchen. Aber sie fanden in drei Tagen kein Mädchen nach ihrem Geschmack und ihr Schiff war ausgefahren. Da Montreal schön war, vertaten sie ihre Zeit. Eine schöne See hatte die Stadt vor der Türe, an jedem Tag kamen neue Schiffe, immer wieder kamen Seeleute an Land, die Stadt zu durchsuchen. Sucht, sucht in Montreal! sagten sie ihnen. Wir haben alles durchsucht, es ist nichts nach unserem Geschmack darunter. Sie zogen durchs Land und fischten eine Zeit auf dem tückischen Huron-See den Lachs …

Djib knurrte vor der Türe.

Jens blickte auf seine Uhr. In einer Stunde wird Kal durch das Haus gehen und zur Ernte rufen.

Tucy wird seinen Ohren nicht trauen, er wird auf den Flur gerannt kommen. Das ist Jens, muß er sich sagen, mein Freund Jens, dem ich das viele Geld schulde …

Mit diesem Gedanken wäre er eingeschlafen, aber der alte Knight ging gröhlend über den Hof, er hatte Fannys Beleidigung nicht vergessen. Er stellte sich vors Haus und schrie, daß es noch nicht aller Tage Abend sei, die Sahne werde er auf die Felder gießen, Fanny sei fett genug. Kal wies ihn zurecht, Kal, der vor Aufregung nicht schlafen konnte, er ging mit der Uhr in der Hand durchs Haus. Um drei Uhr war seine große Stunde, aus der Diele heraus wollte er zur Ernte rufen. Nun kam der trunkene Knight und nahm ihm einen Teil seiner Arbeit vorweg.

Jens grübelte wieder auf seinem Lager. Was geschah vor Jahren in Montreal, als er sich von Tucy trennte? Tucy blieb an Land und er ging wieder zur See. Es sind sieben Jahre her, sann Jens, in sieben Jahren hat sich Tucy verändert. Sein Gesicht ist blau und dick geworden. Wenn er spricht, quakt er wie ein Frosch, die Eifersucht bläht ihn auf. Die Frau, die Frau … In Montreal hatte Tucy solange gesucht, bis er das Mädchen hatte. Fanny brachte ihm wohl viel Geld mit; als sie heirateten, mußte Tucy noch hübsch schlank gewesen sein. Jetzt ist er faul geworden und hat einen blinden Hund um sich. Armes Mädchen aus Montreal … Ob Fanny ahnt, daß ein blinder Hund keine Rüde mehr jagt. Haha!

Hatte Kal gerufen? Er horchte, es schallte vom Milchhaus herüber, der alte Knight warf die Milchkannen durcheinander.

Schlafen! Jetzt dachte er an Louison, die am Abend so still war. Wenn Kal ruft, wird sie sich im Bett strecken, so früh ist sie nicht wach zu kriegen. Aber nach dem zweiten und dritten Ruf ist sie erwacht, sie wird gähnen und ihre Lippen feuchten, und Fanny wird im Halbschlaf denken, daß nun doch ein Hund durchs Haus jagt …

Endlich schlief er, die Ruhe war über ihn gekommen, die Hände lagen unter seinem Kopf und in den kurzen Minuten, die er schlief, stand Tucy vor der Tür und streichelte Djib das Fell. Der Hund folgte ihm durch den dunklen Flur, eine Weile blieb Tucy vor Louisons Kammer stehen und horchte. Er seufzte und ging mit dem Hund durchs Hinterhaus ins Freie. –

Jens hörte einen gleichförmigen Laut durch seinen Schlaf, er glaubte nicht darauf hinhören zu müssen. Der Laut dröhnte in seinen Ohren, noch immer untersagte er sich, darauf zu hören, denn er stand an Allisters Karpfenteich und stahl einen fetten Karpfen und der Lärm in seinen Ohren war Allisters Geschrei, das aus den Weiden kam. Jens aber sah nicht auf, er wollte den fetten Karpfen aus dem Netz holen. Der Karpfen sprang ihm aber immer wieder aus den Händen; da ließ er das Netz fallen und entfernte sich schnell von Allisters Teich. In einer Entfernung sah er Cornelia, sie ging über das Feld. Er schritt ihr langsam nach und bewunderte sie. In einem Abstand gingen sie aneinander vorbei. Und er sagte sich, kann ich ihre Gedanken lesen, dann will ich es jetzt tun. Er stand und blickte ihr mit gerunzelter Stirn und großer Anstrengung nach. Doch konnte er keinen ihrer Gedanken lesen. Sie trug eine knallrote Bluse … hinter den Weiden schrie Allister laut nach ihm.

Jens erwachte – es war Kals Stimme, er hörte noch seinen letzten Ruf: Steht auf, steht auf! Er erhob sich, sein erster Gedanke galt Djib. Er riß die Türe auf, der Hund lag nicht mehr auf der Schwelle. Er blickte den Flur hinab, hinter den Türen regte es sich, aber er sah Tucy nicht. Nur Kal stand mit der Laterne weit hinten.

Etwas später trat er angekleidet auf den Flur und ging mit hallenden Schritten über den Estrich, vorbei an Tucys Tür. In Louisons Kammer brannte Licht. Kal stand in der Diele, im Kamin brannte ein rauchendes Feuer, eben ging die Sonne hoch und vor den Fenstern zog der Nebel. In Kals Hand zitterte die Laterne, er sagte leise: Die Jungens treiben schon die Pferde ein. – Er bückte sich und warf einen Scheit in das Feuer. Es ist kein Weib aufgestanden, murrte er, wir müssen uns den Kaffee selber kochen. Das wird ein Tag werden, Jens! –

Von der Wand leuchtete das blanke Zinngeschirr und über das weiße Holz des Tisches zuckten die Lichter aus dem Kamin.

Kal blickte sich erschrocken um, als Jens ein Fenster aufriß. Die Vögel sangen, Jens legte sich weit hinaus, sein Blick suchte im dichten Laub der Akazie, in dem ein Vogel laut pfiff. Und daß ein Vogel pfiff und ein anderer vom Dachrand antwortete, machte ihn glücklich.

Es wurde heller, der dämmrige Morgen lag über dem langgestreckten Hof, vor dem Landstreicherhaus standen Männer und Frauen an den Pumpen und wuschen sich den Rausch aus den Augen.

Da kam Louison mit einem Lächeln in die Diele, sie trug ein Licht in der Hand, an der Seite stand ihre Bluse auf. Jens' Blick irrte daran vorüber. Das schöne Haar, dachte er, eines Reverends Kind, so sanft und schön, ihre Arme sind rosig … Nun wird auch sie meine Feindin sein. Er lächelte sie von der Seite an.

Sie sagte: Nun habt ihr doch zur Ernte gerufen und ich wußte nichts davon. Kal kocht den Kaffee, gib den Kessel her, Kal!

Ihre Worte nahmen Jens den Zweifel. Sie wußte nicht, wer zur Ernte hatte rufen lassen. Sie wußte nichts. Und es ging ihm durch den Kopf, daß er sich in Louison eine Freundin schaffen müsse.

Kal! sagte er rauh, geh zu den Maschinen und sieh nach, ob alle Deichseln fest sind, geh, so geh doch!

Kal blickte ihn erstaunt an, aber Jens stand steif und wartete, bis Kal die Diele verlassen hatte. Nun schnell, dachte er, ehe Fanny kommt, ehe die Jungens kommen …

Du bist so grob, lächelte sie und goß ihm nichtsahnend den Kaffee ein. Er aber sagte mit heiserer Stimme: Gib mir deine Hand, Louison … Steh still, deine Bluse ist ja offen …

Ihr Gesicht übergoß sich rot, sie blickte scheu auf ihre Seite.

Dorthin siehst du also? sie nestelte an ihrer Bluse. – Ja, log er, darum schickte ich Kal fort. Wie schön ist dein Haar! Er legte ihr den Arm um die Schulter. Komm, flüsterte er, ich muß dich noch willkommen heißen … Er sah ihr tief in die Augen. Was will ich von ihr? Sie ist noch zu jung. – Und doch fand er es für gut, so zu tun, als sei Louison mehr als ein Mädchen von achtzehn Lenzen. Louison, murmelte er, wie schön du bist, wie schön du bist … und du bist nicht mehr so jung. Ach, nun geh mir aus den Augen.

Sie zitterte in seinem Arm. Sprich weiter! sagten ihre Augen, die ihn so heiß anblickten, sprich weiter, ich vergesse nichts von dem, was du mir sagst …

Gedämpft fuhr er fort zu sprechen: Ich habe in der Prärie an dich gedacht. Hopp, machte mein Pferd, jedesmal, wenn ich an dich dachte, in der Nacht, im Mond, sprang mein Pferd.

Sie schwieg und atmete rasch.

Mein Gott, sagte er erschöpft von der Lüge, nun geh, du bist nicht meine Freundin. Du hörst es dir an, was ich dir sage, du schweigst.

Sie wurde rot und weiß im Gesicht. Ihre Gestalt legte sich gegen ihn. Was soll ich dir sagen? fragte sie. Er trat zurück und sah sie an, ihr Mund zuckte und ihre Augen blickten ihn groß und ernsthaft an. Genug davon, sagte er sich und schaute an ihr vorbei. Er hörte auf den Lärm vom Hofe, aber ihre Augen brannten ihn an, und als er sie wieder anblickte, wurde ihr Gesicht ganz dunkel. Plötzlich bellte Djib auf dem Flur, die Tür sprang auf, aber es war nicht Tucy, Fanny stand mit rotem Gesicht in der Tür.

Guten Morgen! rief sie laut. Und ohne auf eine Erwiderung zu warten, sagte sie barsch: Mach den Leuten das Frühstück, Louison. Mach nur schnell, es ist Ernte. Ich vergaß es dir zu sagen, Tucy hat sich entschlossen, die Gerste zu hauen.

Aber Louison hörte gar nicht hin, sie blickte Jens weiter an. Und während er zu Fannys Worten nickte, fühlte er Louisons Blick und dachte, sie schaut mit lieben Augen auf mich, ja, es ist Louison, die mich so heiß ansieht, meine liebe Freundin. Ich habe nichts zu fürchten von ihr, und wenn ich jetzt will, blickt Fanny mit demselben Blick auf mich. Das ist meine Kunst. Die Weiber sind so, haha! – Und er fragte heiter: Wo steckt denn Tucy? Die Ernte ist doch Tucys Sache, warum soll ich denn alles tun! Ich muß mit Tucy sprechen. Er soll hierher kommen, hierher in die Diele!

Jens! sagte Fanny kleinlaut und blickte ihn fragend an.

Wie sie guckt, dachte er, wie eine weiße Häsin mit roten Augen; und es juckte ihn, jetzt den Herrn zu spielen. Er dachte an die lange Nacht, die er verbracht hatte und an Djib. Ha, dieses Gesindel! Sein heißes Hirn machte einen Sprung, ich will Fanny weich sehen, sie soll mich so anblicken wie Louison. Und er sagte höhnisch: Tucy soll kommen, er soll arbeiten, dem Namen nach ist er ja der Herr hier. Dem Namen nach!

Als er so gedehnt und höhnisch sprach, drehte sich Louison erschrocken um und verließ die Diele. Er tat so, als bemerkte er das nicht, ihm zitterte aber der Boden unter den Füßen, und doch legte er in seine Augen einen weichen Schimmer und blickte Fanny lange an. Ja, ja, sagte er, Fanny …?

Nun war ihm alles leid, was er gesagt und getan hatte. Er fühlte sich plötzlich hilflos, er blickte um sich und um seine Schwäche zu verdecken, zuckte er höhnisch mit den Mundwinkeln. Dabei stieg ihm die Schamröte in die Wangen. Was war aus ihm in einer einzigen Nacht geworden?

Fanny sah aber nicht den Umschwung seiner Gefühle, sie sagte: Es ist nur gut, was du tust, Jens. Nimm die Farm in die Hand. Es geht ja nicht so weiter mit ihm. Es ist sicher nur gut, was du vorhast.

Jens starrte sie an, seine Hände wurden kalt vor Schreck. Hörte er recht, diese Worte redete Tucys Frau? Er sagte aber hochtrabend: Wir wollen sehen, Fanny, wir wollen sehen, was zu tun ist. Im gleichen Atemzug schämte er sich, daß er Fanny nicht zurechtwies.

 

Eine Stunde später ritt er zu Feld. Noch lag der Nebel über der Erde ausgebreitet. Die Jungens knallten mit den Peitschen, die Wagen mit den Arbeitern brausten an ihm vorbei. Die galoppierenden Pferde warfen mit ihren Hufen die feuchte Erde hoch. Nebel schäumte über das Gras, ein Schleier zog über die Erde, der Tag hob an, der erste Erntetag.

Die Mähmaschinen rasselten hell durch den Morgen. Die blanken Metallfinger an den Maschinen waren im Nebel nicht zu sehen, doch wußten die Jungens darum, daß sie an der Erde entlangfuhren durch lauter Nebel. Es war ein Geräusch in der Luft, als dengelten tausend Sensenmänner ihre Eisenblätter.

Kal tauchte aus dem Nebel auf, er stand an der Spitze des Gerstenschlages und hielt die Sense bereit, er schrie den Arbeitern zu, sich um den Schlag zu verteilen. Zwei zu zwei, die Weiber allein! rief er.

Das Gras ist den Kerls noch zu naß, lachten die Weiber.

Jens nahm aus Kals Hand die Sense entgegen, prüfte das Eisen und fuhr mit der Sense durch die Luft. Die großen Maschinen kamen gefahren, einen Augenblick arbeiteten die Messer, es pfiff in der Luft, als käme eine Schar wilder Gänse daher.

Still! rief Kal. Heuer tut ein Steuermann den ersten Schnitt. Hau an, Jens! Nimm den ersten Schwart kurz, damit wir Glück haben mit der Ernte!

Alle blickten scharf nach dem ersten Schnitt in diesem Jahre, die Arbeiter standen am Rand des Schlages, die Weiber kicherten leise. Keiner dachte an Tucy, den Herrn der Farm. Selbst Jens nicht, er hatte alles vergessen. Er legte die Sense aus und fuhr mit dem Blatt im kurzen Bogen an der Erde entlang. Er verrichtete die Arbeit, die nach dem Gesetz der Farm Tucy allein zustand. MacAllister ließ sich niemals diese Arbeit aus der Hand nehmen.

Kal rief: Genug, Jens! Die Maschinen warten. Als Jens aufblickte, sah er einen flammend roten Himmel und plötzlich sprachen alle Arbeiter durcheinander, Kal pfiff und zog mit den Leuten über die Länge des Schlages.

Jens führte die erste Maschine ins Feld, er bestieg das Sattelpferd, die Pferde zogen an, und die Messer senkten sich ins Getreide. Der Schlag lag im wogenden Nebel, er war von großer Tiefe und maß wohl einen Quadratkilometer, das macht viertausend Meter bis zur Antriebstelle. Die Pferde gerieten bald in Schweiß, die ersten Weiber tauchten auf, sie hatten ihre Röcke hochgebunden und ihre Köpfe mit breiten Strohhüten geschützt. Jens reckte sich im Sattel, er schaute zurück, die Maschinen folgten in weitem Abstand. Tucy war nicht zu sehen.

Entfernt hörte er Allisters große Maschinen singen. Und wenn ihn nicht alles täuscht, wird Allister um Mittag am Schlag auftauchen, Arm in Arm mit seiner Tochter Cornelia. Er wird eine Ähre vom Felde stehlen, sie in seiner Hand zerreiben und die Körner mit nach Hause nehmen, um sie auf eine Feinwaage zu legen und zu sehen, welches Getreide mehr Gewicht hat. Seines oder Tucys. Dann wird er wieder lügen, daß Tucy taube Ähren erntet … Die Farmerei ist ein schmieriges Geschäft, voller Eitelkeit und Mißgunst. Als sei Gott auf Seiten Allisters, weil er seine Tochter wie weiland Fräulein Bethand über die Felder schickt.

Es gab keinen Schatten mehr an der Erde, sie ritten auf staubigen Pferden weit um die ganze Länge des Schlages, Das Getreide wogte wie ein Meer gegen die Maschinen. Den Fahrern lag die Zunge trocken im Munde, das Sonnenlicht fauchte dicht über der Erde und blendete die brennenden Augen. Sie nahmen Schwämme aus kleinen Büchsen und tupften ihre Augen ab.

Gegen elf Uhr erblickte Jens einen Menschen, der wie ein dunkler Punkt am Getreide stand. Sie bewegten sich langsam aufeinander zu. Es war Tucy und sein Hund. Aber Tucy verschwand plötzlich im Getreide, später tauchte er am anderen Ende des Schlages auf. Jetzt sah ihn Jens deutlicher und trieb seine Pferde an, um Tucy am Ende des Schlages zu erreichen. Tucy wollte ihm aber nicht begegnen, er strolchte mit Djib zur Prärie hinaus. Und Jens sah aus der Ferne, daß die Schnauze des blinden Hundes nicht von Tucys Waden wich. Aber war Tucy seinem Hunde dankbar für diese Treue? Djib erhielt oft einen Tritt von ihm, so oft, daß sich ein Mensch vor dem Hunde schämen mußte. Und doch schlich Djib ihm nach, und ginge Tucy bis ans graue Ende der Welt, Djib würde ihm folgen. Vielleicht sind es die Tritte seines Herrn, die ihn so treu sein lassen.

 

Um Mittag fuhr Jens als erster der Antriebsstelle entgegen. Ein Mädchen stand mit einem Karren am Schlag, sie hatte ein Zelt aufgestellt, ein offenes Viereck, nach Weiberart krumm und schief. Aber es war Schatten vorhanden. Zum Schluß war er sicher, daß es Louison war, die dort stand und mit dem Karren das Essen brachte. Sie trug einen breiten Strohhut, ihr rotes Kleid stand leuchtend vor dem Eselskarren.

Guten Tag! rief er ihr zu. Sie hob schweigend vier Körbe und eine Kanne Wasser aus dem Karren, während er die Maschine ausschwenkte und den Gäulen die durchschwitzten Sielen vom Rücken nahm.

Frische Pferde her! lachte er. Wo bleibt Kal mit den Pferden? – Er goß Wasser in die Hände und wusch sich das staubige Gesicht. Und ohne sie anzusehen nahm er einen Korb und warf sich in den Schatten des Zeltes. Aber er aß nicht, blickte nicht in den Korb, er war müde und schloß die Augen. Nach einer Weile hörte er einen leichten Schrei, er blinzelte und sah, wie Louison mit nackten Füßen durch das heiße Gras ging.

Was ist dir? rief er.

Ich trat auf einen Stein, antwortete sie und stand zitternd auf dem Fleck. Er sprang auf, nahm sie an der Hand und blickte ins Gras. Es lag aber kein Stein an der Erde. Er zog sie in den Schatten und hielt an ihrer Seite Mahlzeit. Danach stand sie auf und holte aus dem Wagen eine Flasche Wein. Ich vergaß den Wein, sagte sie, es ist süßer Wein.

Dank, murmelte er und entkorkte die Flasche. Er hatte dabei seine Gedanken. Nimm, sagte er, trinke einen Schluck, du bist so still.

Die Hitze, flüsterte sie und trank und danach horchte sie, das Schwirren der Maschinen zitterte durch die Luft. Jens stellte die Flasche zur Seite, er wollte sie mit den Jungens teilen. Aber Louison griff mutwillig nach der Flasche und trank einen weiteren Schluck, ihre Augen schimmerten, als sie ihm den Wein reichte. Um ihrer Augen willen nahm er die Flasche und trank. Es geschah kein Unheil; seine Blicke schweiften über ihre nackten Beine, er horchte auf das Singen der Maschinen, und als er das Ohr auf die harte Erde legte, glaubte er die dumpfen Tritte der Pferde zu hören.

Hörst du, Louison! Die Maschinen sind noch weit …

Sie lächelte ihn an und schloß die Augen. Er nahm sie in den Arm und küßte sie. Der Wein hatte sie heiß gemacht, aber das machte nun nichts, sie lag ganz still.

Einen Büchsenschuß weiter stand Tucy mit Djib und sah die liegenden Menschen, nur einen Büchsenschuß weit, aber es war ihm noch zu weit, und er schlich näher an den Karren heran.

Mit einem Schlage wurde Jens unruhig, er blickte sich um und sah durch die Räder des Karrens Djib stehen. Er war gewarnt.

Tucy, flüsterte er vor sich hin.

Sie zitterte und zog ihre nackten Beine unter den Rock. Jens sah es; es erfüllte ihn mit Freude, daß sie ihre Beine vor Tucy versteckte. Er richtete sich auf und murmelte: Eine gute Begegnung, nun kommt er zu mir, weil er seinen guten Menschen wiedergefunden hat.

Es nahm sich auch alles so aus, Tucy kam schnell gegangen, er kam, wie um Jens die Hand zu reichen. Er schwang freudig den Stock in der Hand und Jens grüßte ihn von weitem, er tat so, als wolle er sich vor Tucy erheben. Aber dabei blieb es, doch tat er so, um Tucy im Geiste entgegenzukommen. Eines hatte er damit erreicht, er saß als Schutz vor Louison.

Eine gute Gerste, sagte Tucy schwitzend. Das Korn hat auch Gewicht, wie? Dabei sah er Louison an, etwas böse. Und Jens dachte bei sich, nun gib Tucy ein gutes Wort, dann wird alles gut sein. So sagte er mit froher Stimme: Allister hat kein besseres Getreide, du hast gut eingesät, Tucy, auf die Einsaat kommt es an.

Hm! machte Tucy. Der Schweiß tropfte von seiner Stirn, Djib blickte hinter Tucys Beinen hervor. Einen Augenblick lag Jens eine Frage auf den Lippen, er wollte wissen, ob Tucy in der Nacht den Hund vor seine Kammer gelegt hatte. Er unterdrückte aber die Frage. Louison erhob sich in seinem Rücken, und wie unter einem Zwang sprang auch Jens auf. Tucy trat schnell einen Schritt zurück, als habe er etwas zu befürchten. Er hielt den Stock wie einen Degen vor sich und sagte: Fahre nach Hause, Louison, du verbrennst dir die Haut in der Hitze … Wer hat dir den Wein dort gegeben?

Es ist Wein für mich und die Männer, erwiderte Jens schnell.

Wein? fragte Tucy gedehnt und zog eine Grimasse.

Ja, rief Jens und winkte Louison zu, sich in den Wagen zu setzen. Schon stieg die Wut in ihm auf, denn Tucy zwang ihn, in einem Satz dreimal zu lügen. Und als Louison davonfuhr, bückte er sich nach der Flasche und reichte sie Tucy. Nimm deinen Wein! – Tucy lachte falsch: Ich soll mir meinen eigenen Wein schmecken lassen? Er ist ja nicht mir zugedacht!

Tucy! sagte Jens dumpf und trat ihm näher. Ich stehe hier, weil du mich vor einem Jahr gerufen hast. Denke daran. Jetzt gönnst du mir nicht mehr den Wein, des Nachts legst du Djib vor meine Tür, damit ich nicht schlafen kann …

Tucy hob abwehrend seine Hände. Das ist nicht wahr, Jens. Ich kam an deiner Tür vorbei und hörte Kal mit dir flüstern. Da blieb Djib vor deiner Tür liegen.

Nein! Du hast mir den Hund vor die Tür gelegt. Djib gehorcht nur dir.

Tut er das? fragte Tucy lächelnd und klopfte Djib den Nacken. Ja, er horcht nur auf mein Wort … Mit diesen Worten wollte er Jens sagen, daß er den Hund doch dahin befohlen hatte. Aber Jens fand es nicht der Mühe wert, weiter darüber zu reden.

Oh, flüsterte Tucy, ich möchte nicht von mir erzählen lassen, daß ich dumm bin. Nur darum habe ich den Hund vor deine Tür gelegt.

Dann hast du gehört, was ich mit Kal gesprochen habe!

Er stierte Jens an. Pah! Gib mir deine Hand, Jens. Es war ein Scherz, daß ich dir Djib vor die Tür legte. Ich will, daß er dir auch gehorcht. Er sollte an deiner Tür schnuppern, damit er dich riecht.

Er streckte seinen kurzen Arm aus und forderte Jens Hand. Jens kämpfte mit sich, da umarmte ihn Tucy und rief ihn zärtlich beim Namen. Das klang Jens wunderlich, fast wurden seine Augen feucht. Wie närrisch der dicke Tucy sein konnte. Er zupfte Jens an den Ohren und hatte wahrhaftige Tränen in den Augen. Er lief unter das Zelt, bückte sich wie eine Kugel nach der Weinflasche. Prosit, Jens! und trank, darauf gab er Jens die Flasche. Widerwillig mußte er trinken. Jetzt war die Flasche leer und Jens warf sie ins Gras; er sagte: Nun trage es Fanny nicht nach, daß sie mir die Flasche schickte.

Tucy riß den Mund auf, er sagte etwas mit zusammengebissenen Zähnen, was Jens nicht mehr hörte. Die Maschinen kamen angefahren. Eine Staubwolke lief ihnen voraus, die Köpfe der Pferde schwankten und waren grau-weiß vom Staub. Sven knallte mit der Peitsche, doch war er nicht zu sehen. Jens lief den Maschinen entgegen. Jetzt galt es, die Pferde auszuspannen, die Maschinen zu ölen und die Messer zu wechseln.

Hohü! riefen die Männer in ihren Sätteln und der Staub stand eine Zeit in der Luft, die Vorderpferde warfen sich auf die Erde und wälzten sich in ihrem Schweiß. Keiner der Männer sah sich nach Tucy um, der bei den Vorderpferden stand. Sie nahmen den Pferden die Geschirre ab und warfen sie in den Staub. Tucy sprang zurück, er wollte es verbieten, die Geschirre zu werfen; doch wagte er es nicht, weil den Männern der Schweiß vor den Augen stand. Der Teufel aber wollte aus ihm heraus, so sagte er zitternd: Habt ihr Durst, Jungs! Jens hat euch eine Flasche Wein ausgetrunken … Er hat sie heimlich mit Louison getrunken!

Jens hörte es und schwieg. Er blickte blöde vor sich hin. Welche Wonne es ihm sein sollte, jetzt Tucy niederzuschlagen! Welche Wonne! –

Kal kam mit frischen Pferden geritten, er hatte die Pferde lose gekoppelt, sie kamen wie eine donnernde Herde angerast. Tucy lief ängstlich in die Gerste hinein, Djib bellte und stellte sich in seiner ganzen Größe auf die Hinterfüße.

Die Jungens fluchten mit den Pferden herum, die sich dumm anstellten und sich in den Strängen verwickelten. Dann schickte Jens die Männer unter das Zelt, während er mit Kal die Maschinen in Ordnung brachte. Es galt schnell voranzukommen, die frischen Pferde zitterten in der Hitze und die Fliegen klebten an ihren schweißigen Flanken.

Aufgesessen! Kal zog die Peitsche durch die Luft, Jens ging in den Sattel, die Maschine lief an. Bis zum Abend! rief er Kal zu. Die Männer winkten und warfen sich aufs Ohr … Ha, die Sonne! Die Gerste war fast weiß, so gedörrt war das Stroh, die Hitze vernichtete alles Grün. Tucy hatte sich davongemacht; er muß in einem Loch liegen, dachte Jens, denn Tucy war auch aus dem Sattel nicht zu sehen.


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