Adolph Freiherr Knigge
Der Traum des Herrn Brick
Adolph Freiherr Knigge

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Benjamin Noldmanns Geschichte der Aufklärung in Abyssinien oder Nachricht von seinem und seines Herrn Vetters Aufenthalte an dem Hofe des großen Negus oder Priesters Johannes

Vorbericht

Ich überreiche hier dem hochgeneigten Leser – doch sage ich das nicht etwa, um mich zu rühmen – ein äußerst interessantes Werk. Ohne die Wahrheit und Bescheidenheit zu verleugnen, von welchen die ältern und neuern Reisebeschreiber und alle statistischen und politischen Schriftsteller sich so ungern zu entfernen pflegen, kann ich mit Recht behaupten, es werde Ihnen ein solches Buch noch gar nicht vorgekommen sein. Sie finden darin nicht etwa Beschreibungen von längst und oft beschriebnen Städten und Gegenden; nicht etwa unter wegens in Wirtshäusern und andern unbedeutenden Gesellschaften aufgesammelte Anekdoten; nicht etwa ärgerliche Nachrichten und falsche Schilderungen von der sittlichen und politischen Verfassung gewisser Städte und Länder, in dem Umgange mit unzufriednen, unruhigen Köpfen aufgeschnappt und ohne weitre Untersuchung nacherzählt; nicht etwa einseitige Urteile über Menschen und Weltbegebenheiten, nach gewissen Lieblingsideen und herrschenden Vorurteilen gemodelt oder mit den freien Mahlzeiten in Verhältnis gesetzt, die dem Reisebeschreiber in besagten Städten sind gereicht worden; noch verliebte Abenteuer, kleine bunte Bilderchen von empfindsamen Szenen, und was dergleichen Materialien mehr sind, woraus unsre lieben Landsleute und Nachbarn ihre Reisebeschreibungen zusammensetzen: – nein! ich liefre Ihnen die Beschreibung eines großen, wichtigen, bis jetzt fast gänzlich unbekannt gewesenen Reichs in Afrika, von welchem diejenigen, die bis auf den heutigen Tag darüber geschrieben (wie Sie aus meiner so glaubwürdigen Erzählung sehen werden), ganz falsche Nachrichten gegeben haben; zugleich aber auch enthält mein Buch die Erzählung einer höchst merkwürdigen Revolution, welche in diesem Reiche, durch mich und meinen Herrn Vetter, den jetzigen Herrn Notarius Wurmbrand in Bopfingen, ist bewirkt worden.

Es wird manchen Leser befremden, daß von allen diesen Dingen sowie von dem großen Zuge, den wir, mein Herr Vetter und ich, mit dem ältern Prinzen des großen Negus, an den deutschen Höfen umher, unternommen haben und von welchem ich in diesem Werke gleichfalls Nachricht gebe, noch gar nichts in Zeitungen und Journalen ist bekanntgemacht worden; allein diese Verwundrung wird aufhören, wenn man erstlich bedenkt, daß wir die Reise im strengsten Inkognito vorgenommen, und dann am Ende des zweiten Teils die Beschreibung des traurigen Unfalls lieset, durch welchen alle mit uns in Abyssinien gewesenen Europäer ihren Tod in den Wellen gefunden haben.

Ich zweifle nicht, daß mein Buch reißend abgehen wird und daß die Herren Nachdrucker sich die Mühe nicht werden verdrießen lassen, den Debit desselben zu befördern. Es war anfangs meine Absicht, es diesen redlichen Männern zu widmen; denn da ich in demselben zugleich eine kurze Erzählung von meinem Aufenthalte in Fes und Marokko liefre, so dachte ich, es würde ihnen nicht uninteressant sein, die Nachrichten, welche ich von ihren dortigen Mitbrüdern gebe, sich von mir zueignen zu lassen. Allein mein Herr Vetter redete mir die Dedikationsgedanken aus. Er berichtete mir, man sei jetzt im Begriff, der edeln Nachdrucker-Zunft im Heiligen Römischen Reiche das Handwerk zu legen, und da meinte er, es könne meinem Rufe schaden, wenn ich mich öffentlich als ein Anhänger derselben zeigte. Da es nun einmal Sitte in der Welt ist, seine Freunde, wenn sie im Gedränge sind, aus Politik zu verlassen, so gab ich denn auch den Vorstellungen des Herrn Wurmbrand nach. Um jedoch in der Stille etwas zum Besten der gelehrten Korsaren zu tun, bat ich meinen Herrn Verleger, sich mit keinem andern Privilegio versehen zu lassen als mit einem abyssinischen. Sollte also der gegen den Nachdruck auszuwirkende Reichsschluß so bald noch nicht zustande kommen, so behalten meine verehrten Freunde in Karlsruhe, Reutlingen, Wien, Frankenthal etc. noch immer freie Hände, dies Werk, insofern sie glauben, daß dabei etwas zu gewinnen sein möchte, auf ihre Weise umgearbeitet, das heißt mit den gewöhnlichen Kastrationen, auf weichem Löschpapiere, erscheinen zu lassen. Mein Honorarium habe ich richtig erhalten, und mein Herr Verleger mag sehen, wie er zurechtkommt!


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