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Die Frau in U. S. A.

Das Leben dieser Welt – sieht es so aus, als wäre es weniger erotisch wie im alten Rom?

Viele amerikanische Frauen sind heute der Meinung, alles verleugnen zu dürfen, was sie an die Vergangenheit bindet. Sie träumen von einer endgültigen Befreiung vom Mann, die nichts weiter ist als ein Irrtum, bestenfalls eine Modesache und Zeitungsangelegenheit. Denn während die Frauen sich auf der einen Seite eine gewisse Bewegungsfreiheit erringen, sind sie auf der anderen Seite in die Sklaverei des Erwerbs, d. h. des Erwerben müssens geraten. Manche Frauen in Europa meinen, sich zügellos »ausleben« zu dürfen, um sich als Herrinnen zu fühlen ohne zu begreifen, daß sie in Wahrheit doch nur den Launen der Männer dienen, die fast allein aus der geschlechtlichen Freizügigkeit des Weibes Vorteil ziehen. Und wo, wie in Amerika, der Feminismus des Mannes wirklich der Frau eine soziale Überlegenheit eingeräumt hat, auch da erlebt die Frau nicht viel Freude an dieser Verkehrtheit der Dinge.

Gewiß: sie hat materielle Vorteile davon. Das Erpresserwesen blüht. Aber ist das die Sehnsucht der Frau? Auf solchen Umwegen zu Geld zu gelangen! Es gibt solche Hyänen. Doch die Mehrheit der Frauen sieht sicher nicht den Inhalt ihres Lebens darin, Männer zu Heiratsversprechen zu bewegen, um sie dann mit Hilfe gefälliger Richter zu rupfen, wie das in U. S. A. an der Tagesordnung ist. Ferri-Pisani zeichnet in ihrem Buch: »Liebe in Amerika« eine solche Verhandlung. Um den ganzen Unsinn und die Sinnlosigkeit solcher »Liebe« zu verstehen, um zu begreifen, warum so viele Amerikanerinnen Vamps sind, nicht aber Frauen, unfroh der eigenen Freiheit, muß man eine solche Verhandlung verfolgen:

»Bitte, die Herren Geschworenen.«

Die zehn Geschworenen kommen herein und setzen sich. (Man achte auf die Teilnahme der Geschworenen bei Zivilprozessen!)

Der Rechtsanwalt einer Klägerin erhebt sich.

Er beginnt mit den Worten: »Euer Ehren haben über eine Angelegenheit zu richten, die eine Nichterfüllung des Eheversprechens behandelt. Voriges Jahr wurde der zweite Herr Geschworene verurteilt, seiner geschiedenen Frau eine ziemlich hohe Jahresrente zu zahlen. Es ist möglich, daß er durch dieses Erlebnis ein Weiberfeind geworden ist und meiner Klientin gegenüber voreingenommen sein könnte. Ich ersuche darum um einen Ersatzmann.«

Die Verhandlung beginnt, nachdem der Richter sich einverstanden erklärt hat.

Die Klägerin ist eine fünfundzwanzigjährige Choristin, außerordentlich elegant. Seit ungefähr drei Monaten kennt sie den Angeklagten. Sie hatten zusammen die Kabaretts des Broadway besucht und Ausflüge mit dem Auto gemacht.

Der Angeklagte ist eine einflußreiche Persönlichkeit der Geschäftswelt. Fünfzig Jahre alt, hat er gar nichts von einem Verführer an sich. Aber er hat in seiner Verliebtheit Karten an die junge Dame geschrieben, in denen er sie mit »My sweetheart« (mein Liebchen) und mit »My honey« (mein Herzchen) ansprach.

Diese Beweismittel zeigt das Chorgirl gleichzeitig mit einem herrlichen, in Platin gefaßten Diamanten.

»Meine Herren Geschworenen! Es hat sich um Ehe gehandelt! Ich schwöre es! Hier ist mein Verlobungsring!«

50 000 Dollar Schadenersatz verlangt die kleine Choristin von dem reichen Mann.

Und was ist das Ganze? Ein abscheulicher, kindischer Erpressungsversuch. Man muß sich wundern, daß ein Richter, zehn Geschworene und zwei Anwälte ihre Zeit mit einer Angelegenheit verlieren, von der sie im Voraus wissen, daß sie verloren sein muß. In Europa ja, aber in Amerika! Die Jury berät genau zehn Minuten – der Angeklagte wird zu 10 000 Dollar verurteilt.

Die Zuhörerin, entsetzt über solche Urteile, sagt zu dem Richter:

»Ich habe den Eindruck einer Erpressung.«

»Ich auch,« erwidert der Richter. Aber – aber. – Solche »salomonischen« Urteile, ein Standpunkt, wie der, den der amerikanische Richter vertritt, sind in Deutschland unmöglich. Bis jetzt unmöglich, und man darf hoffen, auch in Zukunft. Den Frauen selbst ist mit diesem Feminismus des Mannes der schlechteste Dienst erwiesen. Hören wir die Amerikanerin Laura Vitray über die New Yorker »Nachtklub-Königin« Texas Guinan:

Sie saß in ihrem Klubsessel zurückgelehnt, während die Hauskapelle einen Jazz schmetterte ...

Ihr Vertreter in Presseangelegenheiten, ein im Ruhestand lebender Professor der Philosophie, ersuchte mich, die Schuhe auszuziehen, und zog mir galant ein paar Pantoffel über. Zweiundzwanzig Kristall-Lampen, vierzehn Armleuchter und zweiundvierzig funkelnde Handspiegel in weiß-goldener Umrandung blenden den Besucher. Diese Spiegel tragen keine Inschrift, sind jedoch – das ist allgemein in New York bekannt – ein Geschenk Al Capones. Ein indischer Maharadscha spendete einige prächtige Miniaturelefanten aus Ebenholz. Der Maharadscha wollte sich für die Abende und Nächte im Nachtklub auf jeden Fall erkenntlich zeigen ...

siehe Bildunterschrift

Rassenirrung vor dem Kriege
Karikatur aus dem Jahre 1910
(»Freie Flagge«, herausgegeben von Robert Heymann)

Man sinkt auf purpurrote Ruhekissen, ein Mädchen reicht ein funkelndes Glas aus kostbarem Kristall mit einer köstlichen Flüssigkeit. Mit Staunen sieht man, daß die Zimmerdecken mit einem silbrig schimmernden Seidentuch überzogen sind.

Die Serviertabletten sind aus Ebenholz mit goldenen Arabesken verziert, die Stühle sind aus geschnitztem Walnußholz, das Büfett funkelt im Schein zahlreicher Silbergeschirre. Ein Luxus wie im alten Rom. Das ist das Heim von »Texas Guinan«, die zur Königin aller amerikanischen Nachtklubs erhoben wurde, anstatt Mamie Duffy zu bleiben, ein kleines Mädchen, das in einem Kloster erzogen wurde, den Schleier nahm, das Leben einer Heiligen führte und eines Tages – man weiß nicht wodurch, eine innere Wandlung erlebte, um sich schließlich als Luxusfrau zu etablieren.

Diese amerikanischen Frauen, die durch ihre geschlossenen Verbände eine unheimliche Macht ausüben (man sagt nicht zu viel, wenn man sie eine Pest der Heuchelei und Selbstüberhebung nennt), nähern sich immer mehr dem Typus eines seelischen Zwitters. Ihre Geschlechtsarmut ist ein Übergangsstadium zwischen ursprünglicher Weiblichkeit und einem mechanisierten Massenprodukt von Weibchen, Zivilisationsweibchen, kleinen Vampyren, die ihre masochistische Veranlagung umgewertet haben in ein süßlich-kitschiges Moralprogramm, das sie in Amerika wohl streng einhalten. Dabei dreht sich all ihr Sinnen und Trachten um den Mann. Nur um den Mann. Er wird von diesen modernen Dianen gejagt wie ein edles Wild – nein, nicht einmal wie ein edles Wild. Man macht Treibjagd auf ihn. Und ist das Mädchen verheiratet, dann tobt sich der unterdrückte masochistische Zug im Wohltätigkeitsfimmel und Klubwirtschaft aus – weil der amerikanische Mann nicht mehr resolut genug ist, diesem Unfug ein Ende zu machen. Man höre, was so ein Mann für Sorgen hat!

Das war doch ein ziemlicher Chok (!) für mich, schreibt einer im »Success Magazin«, als meine Frau mir eines Abends erklärte, ich sei der unhöflichste Mann, den sie kennen gelernt habe. Bei meinen Geschäftsfreunden stehe ich im Ruf altmodischer Ritterlichkeit. Die Ungerechtigkeit meiner Frau kränkte mich tief, bis sie mir auseinandersetzte, daß ich meine Höflichkeit nur Fremden gegenüber anwende, jedoch nicht im eigenen Heim. In der Tat. In einer jener plötzlichen Erleuchtungen, die uns manchmal überkommen, wurde mir bewußt, warum unser Leben, das mit solchen hochgeschwellten Erwartungen begann und allen Hindernissen getrotzt hat, zu zerschlagen drohte.

Es ist ein langer Abstieg von jenen Höhen bis hinunter zu der Stelle, wo fast jedes Wort Streit nach sich zieht. Die Unritterlichkeit ist heimtückisch. Anfangs sind die Verfehlungen trivial, bedeutungslos. Aber wenn man sie, sagen wir, mit sieben täglich multipliziert, so entstehen 2555 Gelegenheiten, im Jahr, bei denen man sich gegenseitig verletzt (!)

siehe Bildunterschrift

Aus einem Salon für »individuelle Körperpflege«: Reitschuhe mit Sporen und Reitsattel
A. J. Z.

So zum Beispiel bin ich ein eingefleischter Leser. Wenn jemand zu mir spricht, wenn ich in ein Buch vertieft bin, pflege ich obenhin zu antworten, ohne richtig zuzuhören. Meine Frau machte mir eines Abends Vorwürfe, weil ich auf ihre Bemerkungen in nicht zufriedenstellender Form (!) antwortete. Ich warf ein, es sei unhöflich, mich beim Lesen zu stören. Aber ich übersah, daß es noch mehr unhöflich von mir war, mich Abends so in meine Bücher zu vertiefen, daß keine Unterhaltung aufkommen konnte. (Daß der Mann tagsüber gearbeitet hat und irgend wann und irgendwo auch seine Zeitung lesen muß, ist der Einfall eines Mannes von vorgestern. D. Verf.) Eine andere Unart, die stete Ärgernisse hervorrief, war die, den anderen beim Sprechen zu unterbrechen. Zuerst baten wir uns um Entschuldigung, wenn wir uns unterbrachen, später unterließen wir dies. Wir pflegten sogar zu gleicher Zeit zu sprechen und uns gegenseitig dadurch zu reizen.

siehe Bildunterschrift

Frauen sind, wie die »A. J. Z.« berichtet, weit mehr als angenommen wird, Gäste in den Salons für »Massage«

Eines Abends stellte ich beim Hören eines Radioprogramms, das mich langweilte, auf eine andere Welle um. »Du hättest mich wenigstens fragen können, ob mir das Programm auch gefällt, bevor du es wechselst,« sagte meine Frau. Daran hatte ich tatsächlich nicht gedacht. Es würde mir nicht im Traum eingefallen sein, das Radio-Programm bei einem Fremden oder einem Freunde ohne Entschuldigung oder ohne Bitte um Erlaubnis zu wechseln. Aber bei meiner Frau wandte ich nicht einmal die einfachste Form der Höflichkeit an. Ich wollte aber durchaus nicht grob sein.

Eine Trennung schien unvermeidlich. Aber eines Abends »fanden wir uns« und sprachen uns aus. Wir nahmen uns vor, uns gegenseitig so zu behandeln, als ob wir Fremde wären (!) und uns einander dieselbe Höflichkeit wie einem Fremden zu erweisen. Natürlich erschien uns das zuerst närrisch, aber jetzt, wenn wir daran zurückdenken, erscheint es uns nicht so lächerlich. Man hat keine Vorstellung, wie grob man war. So hatte ich es aufgegeben, meiner Frau, wenn sie sich setzte, den Stuhl unterzuschieben, aufzustehen, wenn sie ins Zimmer trat (!) und hundert ähnliche, notwendigste Dinge in der Welt.

Wir wollen keineswegs über die selbstverständliche Forderung der Frau spotten, daß der Mann auch in der Ehe Höflichkeit und Achtung zeigt. Aber diese Sucht, ihn zu zwingen, seine Pfeife nur in der Diele oder gar außer Haus zu rauchen, ihm alles vorzuschreiben und ihn in jeder Lage zum Gentleman zu erziehen, diese Eigenschaften erinnern an die deutsche Frau, die jede Woche »Generalreinigung« zu Hause vornimmt – und solche Frauen sind Sadistinnen aus Not, weil ihre masochistische Veranlagung von dem Manne vollkommen übersehen und geflissentlich abgeleugnet wird.

siehe Bildunterschrift

Moralpredigt
»Le Rire« F. Frontxxx

Etwas anders liegen die Dinge in Frankreich, trotzdem der französische Richter die Courtoisie besitzt, bei Frauen alles zu verstehen und viel zu verzeihen. Es ist im Lande der Seine und der Loire alles beim alten geblieben.

Zum Beweise führe ich eine kleine Begebenheit an, die sich im Jahre 1931 in Paris zugetragen hat. Es handelte sich gleich um eine Serie von Ehebruchsprozessen, die aber zwischen ein und demselben Ehepaar geführt wurden.

Herr P. betrog seine Frau jahrelang nach allen Regeln der Kunst. Endlich siedelte er sogar zu seiner Maitresse über und ließ seine Frau im Stich.

Die verlassene Frau stellte Strafantrag wegen Verlassens des ehelichen Hauses.

Das Gericht aber wies die Klage ab mit der Begründung, daß der Sitz des ehelichen Hauses dort zu erblicken sei, wo der Ehegatte wohne.

Also stellte die betrogene Gattin Strafantrag wegen Unterhalts einer Konkubine im ehelichen Hause. Das Gericht wies die Klage zum zweitenmal ab, denn ihr Gegenstand sei zivilrechtlicher Natur und könne zu einem Straf-Prozeß nur dann Anlaß geben, wenn die Klägerin sich als Nebenklägerin etabliere. Dazu aber brauchte Frau P. nach dem französischen Gesetz die Erlaubnis ihres Gatten, die ihr natürlich verweigert wurde.

So blieb Frau P. nichts anderes übrig, als die Scheidungsklage einzureichen. Als sie nun wieder mit ihrem Strafantrag wegen Unterhalts einer Konkubine im ehelichen Hause vor Gericht erschien, wurde ihr mitgeteilt, daß nach der Scheidung das eheliche Haus überhaupt nicht existiere, und daß also auch kein Delikt darin zu erblicken sei, wenn ihr ungetreuer Gatte eine Konkubine unterhalte.

In Rußland sind die Frauenrechte natürlich sehr erweitert worden – aber es sind fast ausschließlich politische Rechte, und nur der Staat ist es, der an diesen Rechten ein Interesse hat und Vorteil daraus zieht. Die Erlaubnis der Ehescheidung und Eheschließung hat die Lage der russischen Frau, soweit in Rußland überhaupt das Familienleben noch eine Rolle spielt, nicht verbessert!

Und in Deutschland?


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