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Die hysterische Frau

Haben wir uns bisher mit der Schändung des Weibes und der mißbrauchten Frau beschäftigt, so mag die Hysterikerin, die in teils bewußter, gewollter, teils in krankhaft triebhafter Hörigkeit zum Manne steht, die zweite Stelle einnehmen.

Der Typ der Hysterikerin findet sich sowohl unter den sogenannten »Herrinnen« wie unter den »Sklavinnen«. Der Einfluß, den gerade die hysterische Frau auf die Männer ausübt, ist unbeschreiblich. Im Altertum kannte man die Hysterikerin kaum. Frauen, die einen unbegreiflichen Reiz auf Männer ausübten – wie Kleopatra, Messalina –, waren nicht hysterisch. Trotzdem wußte man damals schon um die Hysterie.

siehe Bildunterschrift

Der Treue-Gürtel
Französ. Kupferstich, 18. Jahrh.

Wo sie sich einstellte, da verlegte man die Ursache sehr klug, wenn auch medizinisch unrichtig, in die Gebärmutter. So schreibt Plato etwas drastisch:

»Das Tier im Weibe will Kinder erzeugen, und – wenn lange über seine Zeit hinaus unfruchtbar geblieben – wird es ärgerlich und unzufrieden und durchwandert den Körper nach allen Richtungen ...«

Ähnlich drücken sich Hippokrates und andere aus. Die moderne Wissenschaft hat erkannt, daß Hysterie die häufige Folge sexueller Unbefriedigung sei, und an Hand dieser Erkenntnis lernen wir auch die Hörigkeitsexzesse des Mittelalters erst richtig verstehen.

Schon 1816 behauptete Luyer Villermay, die häufigste Ursache von Hysterie sei Entbehrung in den Freuden der Liebe, und Foville schloß sich 1833, Hegar 1885 dieser Ansicht an. Ein Gelehrter wie Brignet lehnt diese Erkenntnis deshalb ab, weil – sie entehrend für die Frauen sei –.

An Generationen aber wird sich die Schuld der Geschlechter rächen, die die Gleichheit der Frau, diese Mißgeburt aus Irrwahn und Hörigkeit, erfunden haben! Ein trauriger Nachwuchs wird die Apotheose dieses Verbrechens sein. Was sind diese Frauenrechtlerinnen? Ein drittes Geschlecht, losgelöst aus dem Rahmen der Naturbedingungen, selbstschöpferisch gegen die Gesetze der Ästhetik.

»Man trifft nicht selten«, schrieb vor 30 Jahren schon Kurella, »bei den Verfechterinnen der heutigen Frauenbewegung die Überzeugung, daß das Weib des Mannes nicht bedarf und alle Kulturaufgaben auch ohne seine Hilfe lösen kann. Damit verbindet sich oft genug eine Abneigung gegen das ganze männliche Geschlecht, die sich manchmal ganz konsequent steigert bis zu dem bewußten Streben, erotische Anregung und Befriedigung beim Weibe, nicht beim Manne zu suchen. Es ist das eine sehr gefährliche Seite dieser Bewegung.«

Elisabeth Dauthenday, eine nicht mehr unbekannte Romanschriftstellerin, hat unter der Devise: »Der Mann ist etwas, was überwunden werden muß,« die Geschichte einer Frauenrechtlerin geschrieben, die zuletzt als Tribade endet.

siehe Bildunterschrift

In Hypnose
Photo: Yva

Nun, diese Autoren ahnten nur voraus, aber die Gegenwart hat ihnen – leider! – in vielem Recht gegeben. Es bleibt in Ewigkeit bei dem, was Michelet gesagt hat:

»Die Bestimmung der Frau auf Erden, ihr augenscheinlicher Beruf ist die Liebe. Nur eine traurige Natur, ein blinder, verschrobener Geist kann gegen Gottes offenbaren Willen behaupten: Dieser herrliche Organismus, diese Zärtlichkeit des Herzens seien nur für die Einsamkeit ...

Nun, ich sage, daß die Liebe ihr niemals fehlen wird. Ich behaupte, daß sie als Frau nicht selig werden kann, außer wenn sie den Mann glücklich macht. Sie muß lieben – – das ist ihre heilige Pflicht.«

*

Eine absolut gesunde Frau ist heute in Großstädten fast eine Ausnahme. Die hysterische Frau ist auch auf dem Lande, dank gewisser Erkenntnisse und des Fortschreitens der »Aufklärung«, keine seltene Erscheinung mehr. Diese Hysterie, in hundert Variationen, unter ungezählten Begriffen und Wortformen versteckt, beherrscht unsere Zeit. Trotz Sport und Körperkultur. Vielleicht darf man sagen: gerade wegen dieses hysterisch betriebenen Sportsystems, das in der blinden Anbetung eines bestimmten Körperumfanges gipfelt und das Geschmacksgefühl der Frauen wie der Männer kommunisiert hat. Die Kultur des Körpers ist ein Schlagwort geworden.

Es ist lächerlich, nein, es ist traurig, was die Gedankenlosigkeit aus der Frau gemacht hat. Die Frau beim Sport im Wettbewerb mit dem Manne!

Welch ein Unding!

Wir wollen nicht bis zur Überflüssigkeit erörterte Gründe, warum die Frau nur in mäßigsten Grenzen Sport treiben darf, wiederholen. Wir wollen nur an die großen Tage in Wimbledon erinnern, im Juni 1927, wo eine Schar wildgewordener Amazonen den Zirkus zum Tollhaus machte – unter dem wüsten Beifallsklatschen von Völkern, die die primitivsten Erkenntnisse verleugneten –, einer Sensation willen, der bei allem Geschrei von Sport und Ertüchtigung der sexuelle Untergedanke nicht fehlte. In Wimbledon wurden die Altengland-Tennismeisterschaften ausgespielt. Da rasten, keuchten, flogen, blekten, hüpften Amazonen um die Bälle, und Tausende, viele Tausende, zwanzigtausend, dreißigtausend Menschen tobten mit, rasten, ereiferten sich, wetteten, benahmen sich nicht minder verrückt wie die Frauen im Innern dieser in wilde Flammenbrunst getauchte Arena.

Warum?

Ist das wirklich das Ziel der Frau? Erneuerung der römischen Gladiatorenkämpfe mit Frauen. Tobsüchtige, bis zum letzten Atemzug sich auspumpende Amazonen, die mit jedem Jahr mehr an Weiblichkeit hingeben, um in den Augen einer gedankenlosen Masse an Ruhm zu gewinnen?

Sah man einen Zweikampf zwischen zwei weiblichen Matadoren auf dem liniierten Rasen? Sah man, wie sie sich bekämpften bis zum letzten Hauch? Sah man, wie die Unterliegende, beinahe hinsinkend vor Atemlosigkeit und Erschöpfung, sich immer von neuem aufraffte unter dem Beifallsgeschrei einer lustgierigen Menge? Sah man, wie diese die Kräfte verlierende Partnerin den letzten Atemzug herausholte, um schließlich in Ehren zu unterliegen?

Das ist die Schule der Hysterie!

Möchte man es glauben: da gab es eine »erst« siebenjährige Dorothy Wihr aus Chikago, und sie war (Hut ab) bereits Inhaberin zahlreicher Medaillen! In zehn Jahren wollte sie Weltmeisterin im Schwimmen sein. Seht da, der Ärmelkanal, welch Getümmel! Frauen, ehrbare Mütter und Mädchen, kämpfen um die Ehre, den Kanal zu überschwimmen! Welche Rekorde!

Vollkommen gesunde Völker werden auf die Dauer nicht dulden können, daß die Frauen sich mehr und mehr auf Kosten ihrer Bestimmung und ihrer Gesundheit dem männlichen Typ nähern. Das Unnatürliche kann nicht Bestimmung werden, mögen sich auch einige feminine Fanatiker noch so sehr bemühen, einen solchen Lehrsatz zu schaffen. Seit die Frauenbewegung besteht, sind die Frauen in Wahrheit keinen Schritt weiter gekommen. Aber die Sexualität hat durch sie ungeheuer gelitten, die Kriminalität der Frauen wächst erschreckend, und immer größer wird das Heer dieser armen, blassen, entarteten Geschöpfe, die ziel- und nutzlos im Leben umherpilgern und das Gift ihrer in Hysterie entladenen Zwecklosigkeit in literarischen Pillen ihren unwissenden Schwestern verabfolgen.

Die »Gleichberechtigung« ist da, und sie hat zur schlimmsten sexuellen Hörigkeit des Mannes geführt, die man sich noch vor dreißig Jahren nicht träumen ließ! Die Frau hat in Amerika die Herrschaft an sich gerissen, ist ein egoistisches und verheucheltes Wesen geworden. Sie hat dem Mann die Fron eines ungeheuerlichen Wirtschaftskampfes aufgezwungen, um – als Ersatz für Liebespflichten – dem Luxus als Despoten huldigen zu können. Hörige von Hörigen!

Die hysterische Frau ist auch ein Geschöpf dieser angeblichen »Befreiung der Frau«.

Welch ein Irrtum, welch ein Hohn, dieses Schlagwort von der »Befreiung der Frau«.

Nie kann die Frau sich aus dem gesunden Hörigkeitsverhältnis zum Manne lösen. Sie kann es nur auf Kosten ihrer selbst, ihres Geschlechts, ihrer Lebensbedingungen.

Hippokrates, der große Mediziner des Altertums, sagt, das Leben der Frau sei eine ununterbrochene, niemals endende Krankheit. Wir dürfen hinzufügen: es ist auch ein großes, niemals endendes Leid. In der Tat muß kaum eine Kreatur mehr Leid erdulden als das Weib. Das Tier, so weit es leidet, leidet nicht mit dem Intellekt. Die Frau aber kennt ihre Vorherbestimmung. Sie hat darüber hinaus die klare Erkenntnis von dem großen Drama, dem sie dient. Und dies ist die große Tragödie des Weibes:

Es dient, rein biologisch, ausschließlich der Fortpflanzung. Es ist beinahe willenloses Werkzeug der Natur. Diesen Zustand kann die Frau wissentlich nur dann ertragen, wenn sie sich einem höheren Zwecke dienstbar weiß, wenn sie imstande ist, den Akt der Geschlechtsvereinigung zu heiligen durch das Bewußtsein einer ethischen Liebe.

Wenn sie die Zeit der Schwangerschaft und die Schrecken der Geburt über das Animalische hinausheben kann zur Weihe der gewollten Mutterschaft.

Wo liegt, in einem einzigen Falle nur, die Gleichheit der Frau mit dem Manne physisch oder psychisch begründet? Schon die erste Umarmung – und jede folgende – ruft bei der Frau eine ganz andere Wirkung hervor als beim Manne. In der Tat: welche Pflichten gegenüber der Natur hat der Mann? Schon im Geschlechtsakt kommt der ungeheure Unterschied zum Ausdruck. Die passiv veranlagte Frau hat nicht immer, ja, sogar selten den Genuß einer Vereinigung. A. Forel hat in seinem Werk »Die sexuelle Frage« mit Recht besonders darauf hingewiesen, daß bei vielen Frauen der Geschlechtstrieb überhaupt fehle oder stark vermindert sei. Ja, manche Frauen empfinden den Geschlechtsakt geradezu als widerwärtig. Es ist klar, daß sich bei diesen Frauen Anomalien herausbilden müssen. Die aber, die ohne Befriedigung bleiben, befinden sich bei der Unwissenheit der meisten Männer sehr oft in einem Dauerzustand der Erregung, der schließlich zu krankhaften Äußerungen führen muß. Der Mann aber hat auf alle Fälle die Auslösung. Die Frau, schon in diesem Falle rein passiv, erleidend, hat nun weiterhin nicht den geringsten Einfluß auf die Entstehung des Kindes. Das Sperma des Vaters, einmal in die Gebärmutter eingedrungen, ist der Träger der neuen Art, die sich ohne Einfluß und Zutun der Frau in ihr entwickelt.

Ein trauriger Mißwuchs der nächsten Jahrgänge wird die Folge dieser Verirrungen sein.

Es ist klar, daß sich aus dem Mißverhältnis zwischen den Erwartungen des Weibes (die noch über das Natürliche hinaus durch unsere Zeit gesteigert sind) und der »Zahlungsfähigkeit« des Mannes ein Zustand der Enttäuschung herausbildet, wie er schlimmer nicht gedacht werden kann.

Und da Bühne, Zeitungen und Literatur wetteifern, jede hysterische Anmaßung und Ausschreitung als subjektive Persönlichkeitsgeste zu bestaunen, so ist die Folge, daß ganz normale, gesunde und anständige Männer in ein Hörigkeitsverhältnis zu (oft gerade gemeingefährlichen) Hysterikerinnen geraten.


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