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Grausamkeit und Sexualtrieb im Leben der Frau

Im Jahre 1931 spielte ein Prozeß in Rastenburg: Ein Kaufmann hatte im Verein mit mehreren Angestellten Menschenjagden veranstaltet. Er suchte eine – noch lebende – Leiche, die er, angetan mit seinen Kleidern, verbrennen wollte, um seinen Selbstmord vorzutäuschen. Seine hübsche Sekretärin hatte bei allen diesen Mordversuchen, die mit vollendetem Mord ihren Abschluß fanden, Beihilfe geleistet.

»Warum haben Sie das getan?« fragte sie der Vorsitzende.

»Weil ich ihn (den Angeklagten) liebte.«

»Aber aus Liebe muß man doch nicht zur Verbrecherin werden!«

»Doch! Ich hätte alles getan, was er von mir verlangte. Ich liebte ihn.«

Ein Gegenstück zu diesem restlosen Hörigkeitsverhältnis des Weibes, deren Geheimnistiefe im Sexualleben wurzelt, ist das Verhalten der Gattin des Kaufmanns Tetzner, der wegen desselben Verbrechens, das wir eben erwähnten, zum Tode verurteilt wurde. Diese robuste, primitive Frau stand dem Verbrechen völlig ablehnend gegenüber. Sie ist keine Verbrecherin gewesen, durchaus nicht, sie wäre in einer normalen Ehe eine gute, brave Durchschnittsfrau geworden – und hier plötzlich sah sie sich, im grellen Licht des Gerichtssaales, mitschuldig an einem der scheußlichsten Verbrechen, »einzigartig in der Kriminalgeschichte«, wie der Staatsanwalt sagte.

»Ich habe geschwiegen, weil ich mich hypnotisiert fühlte,« sagte die Frau.

»Von Hypnose kann keine Rede sein,« erklärte der medizinische Sachverständige. (Es ist erstaunlich, wie scharf unsere Wissenschaftler die Grenzgebiete der Seele abzustecken verstehen! Sie sind als Vermesser geradezu ideal!) – Man kann zu dem Hörigkeitsverhältnis dieser Frau, das weder Gericht noch Psychiater völlig verstanden oder begriffen haben, nichts Besseres sagen als A. H. Zeiz im Berliner Tageblatt unter:

»Empfindsamkeit mit einem kaltherzigen Mörder:

Als der Ankläger auf die furchtbare Schuld zu sprechen kam, die Karl Tetzner auf sich geladen hatte, fing seine Frau an zu weinen, und als er die Todesstrafe gegen den Mann beantragte, schluchzte sie erbärmlich. So saß sie dann auch, nachdem die Sitzung geschlossen war, fassungslos auf ihrem Stuhl, bis sie endlich hinausgeführt wurde. Der seelische Konflikt, in dem diese dumme blonde Frau seit dem Jahre 1928 dahinlebte, wiegt beinahe schwerer als die furchtbare Tat ihres Mannes. Als 23jährige heiratete sie im Jahre 1927. Ihr Mann spielte den Kavalier, sie mußte arbeiten für ihn, für ihre kranke Mutter. Sie schickte sich darein mit der hündischen Ergebenheit, die man manchmal bei Frauen findet, wenn sie wirklich lieben. Es gab für sie kein Wenn und Aber. Sie opferte sich, erniedrigte sich sogar so weit, daß sie in dem kleinen Animier-Café, das ihr Mann in Oschatz kaufte, als Animierdame mit den Gästen Sekt trank und sich allerhand schlechte Scherze gefallen ließ. ›Es ist keine Kleinigkeit, bis 3 Uhr morgens mit den Gästen zu trinken, halb betrunken ins Bett zu fallen, dann um 7 Uhr früh wieder auf den Beinen zu sein und zu arbeiten‹ schrieb sie an eine Freundin.

siehe Bildunterschrift

Unterwerfung
Starfilm

In dem Prozeß ist lang und breit darüber diskutiert worden, ob diese Frau vielleicht in einem Zustand der Hypnose die grauenhafte Tat ihres Mannes unterstützt habe. Ist es notwendig, bei dem Ausschluß der freien Willensbestimmung bei einer Frau die Grenze zu ziehen? Ist bei einem Menschen, bei einer Frau, die wirklich liebt, die freie Willensbestimmung nicht stets bis zu einem gewissen Grade ausgeschlossen? Man könnte in diesem Falle einen in der Parallele allerdings etwas banalen Vergleich wagen: Hat Gretchen nicht auch ihrer Mutter einen zu starken Schlaftrunk überreicht, um ihren Geliebten, Dr. Faust, umarmen zu können? Die Schuld der Frau Tetzner wird dadurch kaum gemildert, aber sie wird menschlich verständlich, auch in dieser Zeit, in der von der Frau einerseits Selbständigkeit und die gleiche Charakterstärke wie vom Manne verlangt, andererseits aber das Schwinden großer und echter Gefühle bedauert wird. Frau Tetzner ist kein schlechter Mensch, aber auch kein starker Mensch. Die Wurzel ihres Verbrechens liegt darin, daß sie ihren Mann wirklich liebte, mehr liebte als Mutter und Bruder, mehr auch endlich als sich selbst. Sie hat unsägliche Seelenqualen erduldet, während er mit seinem Opelwagen auf die Mordtour ging. Aber sie wagte es nicht, sich Dritten anzuvertrauen, weil sie fürchtete, ihm zu schaden ...«

Das Weib lebt im allgemeinen zwei Extremen: der Ichsucht (wir werden in einem späteren Bande von dem Narzißtyp sprechen) – oder der schrankenlosen Hingabe. Daß Zwischentypen häufiger auftreten als die reinen gegensätzlichen Weibtypen (Lulu – Gretchen) beweist nichts gegen diese Tatsache. Denn soziale Umgebung, Erziehung und Kompromisse mit Unabänderlichem spielen für die Zwischentypen eine große Rolle.

siehe Bildunterschrift

Eine treue Ehegattin Rechts reitet der Mann fort, während der Liebhaber schon wartet. Links läßt die Gattin den Buhlen ins Haus .
Alter Nürnberger Holzschnitt

Die restlose Hingabe ist begründet in Natur und Leben des Weibes. Unterwerfung ist Lust, Geknechtet-werden ist Wunsch, Züchtigung und Grausamkeit sind schließlich nur mehr Attribute dieses sexuellen Wunschlebens. Und so erleben wir die sexuelle Perversität des liebenden Weibes, den Masochismus der Frau in Reinkultur.

Es ist eine Streitfrage (um so interessanter, weil sie nur individuell, niemals aber objektiv gelöst werden kann), ob der Masochismus des Weibes, also die Herausforderung eines männlichen Sadismus aus dem natürlichen Triebleben des Weibes zu erklären ist oder bereits als Entartung angesprochen werden muß. Wir wollen das Rätsel nicht lösen. Aber wir dürfen erfahrungsgemäß behaupten, daß alle Versuche jener Frauen, die dem Masochismus abhold, jeder Unterwerfung und Hingabe feindlich gesinnt sind, also die Problematikerinnen der Liebe, mit gelehrten Streitschriften das natürliche Hörigkeitsverhältnis des Weibes abzuleugnen, die Tatsache nicht aus der Welt schaffen werden, daß die »Empfängnis« des Weibes, daß Gebärwille und Mutterschaft schon ein solches Maß von Aufgeben der eigenen Persönlichkeit voraussetzen, daß hier von einem ganz natürlichen und darum eben masochistischen Zuge gesprochen werden darf. Da sich alle Begleiterscheinungen und Voraussetzungen zur Erfüllung dieses masochistischen Wunschlebens an den Mann knüpfen, so ist der Weg zum sexuellen Masochismus der Frau nicht weit. Es läßt sich freilich jede These und vollends jede wissenschaftliche wissenschaftlich beweisen. Was wäre überhaupt nicht auf dem Papier beweisbar? Aber die natürliche Erfahrung ist höher zu werten als die Beweisführung auf dem Papier, und der gesunde Menschenverstand kann wohl abgesetzt, aber nicht überwunden werden.

Es ist interessant, wie Frau Dr. med. M. von Kremnitz den weiblichen Masochismus zu erklären versucht.

siehe Bildunterschrift

Soldaten und Dirnen
Jan Lys

»Gewöhnlich hat man die ganz falsche Vorstellung, als ob die perverse Erkrankung des Sadismus und Masochismus eigentlich nur eine maximale Steigerung der gesunden Sexualwünsche seien. Man wähnt, die männliche Sexualität wünsche die Herrschaft über das Weib, die weibliche aber erstrebe die Unterwerfung an, so daß also gewisse Steigerungen der Herrschsucht bei der Hauptgruppe der Sadisten, eine gesteigerte Männlichkeit, der Masochismus gesteigerte Weiblichkeit der Sexualität wäre. Wäre diese Auffassung richtig, so müßte logischerweise das Vorkommen der Erkrankung auf beide Geschlechter dementsprechend verteilt sein. (?) Dies ist aber nun ganz und gar nicht der Fall. Wir finden diese Perversität fast ausschließlich beim männlichen Geschlecht und zwar in beiden Äußerungsformen, als Sadismus und als Masochismus –«

Dies ist eine besonders kühne Behauptung. Wir finden den Masochismus beim männlichen Geschlecht als krankhafte libido fraglos sehr oft – aber beim weiblichen Geschlecht finden wir den sexuellen Masochismus, also die Übersteigerung des natürlichen Geschlechtslebens, auf Schritt und Tritt. Warum verschließen gerade Frauen vor diesen Tatsachen so oft gewaltsam die Augen? Ja, ich behaupte, der ins Gegenteil umgeschlagene Masochismus (Gegenteil der krankhaft gesteigerten Hingabe an einen Mann) – ist nichts anderes als die maßlose unechte Selbstliebe der Frau, wie wir ihr heute so oft begegnen, Selbstliebe und fanatische Hingabe an Ideen wie die von der sogenannten Befreiung des Weibes. Ich sage »unechte« Selbstliebe im Gegensatz zum Narzißtyp, der, wie oben erwähnt, reinster Gegensatztyp zum masochistischen Weibe ist. Dieser »unechte« Narzißtyp mit seinen erotischen Komplexen, diese moderne Knabenfrau ist eine kranke Blüte vom Baume des Masochismus.

Darum sind alle Lebensäußerungen dieser unechten Narzißtypen so unwahr, darum ist ihr Leben so unbeglückt, und darum ist ihr Intellekt so arm. Sie sind infantil, und ihre Ziele sind umgedrehte Ziele rein masochistischer Tendenz.

Man beobachte diese neue Frauenkultur im Film. Man beobachte, welche Rolle gerade bei diesen scheinbaren jeder masochistischen Einstellung abholden Frauen die Erotik, nein, die Hingabe spielt, die dadurch doch wirklich nicht weibentrückter wird, weil sie, dem Zuge der Zeit folgend, sich in vielen Kreisen »am laufenden Band« vollzieht! Man lese, wie die geistige Welt dieser Lichtgöttinnen aussieht!

Nach dieser kurzen Abschweifung möchte ich in dem Zitat aus dem Buche der Frau Dr. M. von Kremnitz fortfahren:

»Die letztere (masochistische) Form wird in manchen Fällen beim weiblichen Geschlecht vorgetäuscht und irrtümlich festgestellt, während hier in Wirklichkeit die gesteigerte Verknüpfung mit einer ganz anderen, dem weiblichen Geschlecht erblichen Charaktereigenschaft vorliegt ...

Die Irrlehre von dem natürlichen männlichen Sadismus und dem weiblichen Masochismus erklärt sich einzig und allein aus der Machtverteilung der Geschlechter. Wir kennen die Bedeutung der Sexualgewohnheiten, besonders der sexuellen Erlebnisse für die sexuellen Wünsche und werden uns nicht wundern, daß bis zum gewissen Grade die Sexualität des Mannes gewöhnt ist an das Herrschen, die Sexualität der Frau gewöhnt ist an das Unterwerfen. Aber wäre diese Verknüpfung eine ursprüngliche, von der Sexualität selbst erstrebte, so müßte sie vereint mit dem Einfluß der tatsächlichen Gewohnheit eine ganz andere Ausprägung unter den Geschlechtern besitzen. Sie wird im Gegenteil immer wieder verhindert und gehemmt durch die ganz entgegengesetzten Wünsche der Sexualität. Als das männliche Geschlecht das weibliche unterjochte, in jener Zeit, in der die neueinsetzende, dauernde Anregbarkeit der Sexualität des Mannes durch das Weib eine allzu große dauernde Abhängigkeit des männlichen Geschlechts vom weiblichen bewirkte, folgte es nicht seinen sexuellen, sondern seinen Charakterwünschen. Der Herrscherwille, eine ausgeprägte Eigenschaft des Mannes (die z. B. letzten Endes die Schuld der kriegerischen Auseinandersetzungen der Völker ist), verlangte die Unterjochung des weiblichen Geschlechts wegen der größeren sexuellen Abhängigkeit des Mannes. Aber trotz des Einflusses der Gewohnheit auf die Sexualität hat diese sich selbst in ihren Wünschen ganz und gar nicht geändert. Sie zeigt bei beiden Geschlechtern noch die in den stammesgeschichtlich ältesten Zeiten deutlich erkennbaren Wünsche. Des Mannes sexuelle Beglückung wird gesteigert, wenn er mit Schwierigkeit sich den Besitz des Weibes erkämpfen muß, wenn er um die sexuelle Gemeinschaft werben muß. Das weibliche Geschlecht empfindet, ganz wie in alten Vorzeiten, eine erhöhte Beglückung, wenn es die sexuelle Gemeinschaft erst nach langer Werbung gewährt. Die Unterjochung des weiblichen Geschlechts, wie sie besonders in der gesetzlichen Form der Ehe festgelegt ist, beglückt die Sexualität der Geschlechter keineswegs, und dies ist ein wichtiger Grund, weshalb auch eine starke erotische Begeisterung in der Ehe so oft rasch abklingt. Der Mann kehrt oft zur polygamen Lebensweise zurück, um sich die Erkämpfung seines Liebesglückes wieder möglich zu machen. Recht interessant in diesem Zusammenhang sind die gesellschaftlichen Sitten vieler zivilisierter Völker. Sie verleihen ganz im Gegensatz zu der tatsächlichen Machtverteilung der Geschlechter der Frau eine äußerlich bevorzugte, königliche Stellung, dem Manne – ganz im Gegensatz zu seinem tatsächlichen Vorrechte – eine dienende Stellung. Solche Einrichtungen, die sich bei den Völkern ganz allmählich herausgebildet haben, sind niemals zufällig, sondern sie haben ihre guten Gründe. Wenn manche Frauenrechtlerinnen, durch die herrschenden Zustände verbittert und in der Erkenntnis behindert, meinen, daß die Sitten ein ganz raffinierter Akt der Schlauheit des Mannes seien, so irren sie vollständig. Man hat nicht aus wohlberechneter Heuchelei, nicht um die ›Käfigstäbe zu vergolden‹ und das Weib in der Knechtschaft willig zu erhalten, dem weiblichen Geschlechte äußerlich durch die Vorschriften der Sitte die herrschende Stellung erteilt. Diese Einrichtungen sind eine Äußerung der Wünsche der Sexualität beider Geschlechter, die aus den ältesten Tierzeiten stammen. Sie werden deshalb auch von Menschen, die die große Lebenskunst besitzen, die Dauerhaftigkeit ihrer Gefühle in der Ehe zu unterstützen, mit ganz besonderer Sorgfalt beihalten. Ähnlich erklärt sich als Gegenreaktion der Sexualwünsche manche andere kulturelle Erscheinung, die uns sonst in ihrem zeitlichen Vorkommen etwas unerklärlich dünken möchte. Es ist kein Zufall, daß in den Zeiten stärkster Unterjochung des weiblichen Geschlechtes der Minnekultus auftrat, der wohl die vollkommenste poetische Einkleidung der sogenannten Sexualwünsche ist, die je in der Kulturgeschichte verwirklicht wurde. Der gesunden Sexualität entspricht also die Herrschaft des Mannes und die Unterjochung des Weibes gar nicht, sondern derartige Sexualwünsche erweisen sich bei näherer Betrachtung als eine Perversität, und zwar als eine Verknüpfung des Sexualtriebes mit Charaktereigenschaften, die das Weib nur in seltenen Ausnahmefällen besitzt, die aber dem männlichen Geschlecht erblich sind. Kein Wunder also, daß diese Erkrankung dem Manne fast ausschließlich zukommt.

siehe Bildunterschrift

Die Grausamkeit gehört zu der Gruppe von Charaktereigenschaften des Mannes, die wir unter dem Sammelnamen der kriegerischen Eigenschaften zusammenfassen, und zwar ist sie im Gegensatz zu vielen kriegerischen Tugenden eine Begleiterscheinung, die wir als Untugend bezeichnen. Die zwangsmäßigen, stark ausgeprägten Formen dieser Erkrankung, die also zur sexuellen Beglückung einer Bereitung oder eines Erleidens von Schmerzen bedarf, geraten am häufigsten mit dem Gesetze in Konflikt, und deshalb imponieren sie als die häufigere Abart, obwohl sie tatsächlich die seltenere sind. Auch bei diesen Krankheitsformen erkennen wir die schon oft genannte bestimmende Gewalt des Jugenderlebnisses. Auch bei ihnen finden wir früh- und späterworbene Formen neben den unheilbaren und unter ihnen eine besonders große Zahl der chronisch Überreizten. Sie sind die eigentlichen Algolaguen.

Viel interessanter für uns sind die Krankheitsformen, die nicht glücklich mit den oben genannten Namen bezeichnet sind, und die eine abnorme Verknüpfung des Sexualtriebes mit dem Herrscherwillen bedeuten. (Um nicht zu Mißverständnissen Anlaß zu geben und die Behauptung überzeugend zu gestalten, daß der Herrscherwille eine typisch männliche Eigenschaft ist, muß erwähnt werden, daß eine sehr ähnliche, aber doch in ihren Wirkungen ganz andere Eigenschaft für das weibliche Geschlecht charakteristisch ist: Der Wille zur Beeinflussung anderer.) An die Stelle der normalen Gegensätzlichkeit der Wünsche des Herrscherwillens und denen der Sexualität tritt bei den Kranken eine Verknüpfung des Sexualtriebes mit dieser Eigenschaft, und zwar in zweierlei Sinn. Der Patient sucht entweder in der Ausübung der Herrschaft oder in der Erleidung die sexuelle Beglückung. Nur diese Gegensätzlichkeit macht diese Patienten der oben genannten Gruppe, den eigentlichen Algolagnen, ähnlich. In Wirklichkeit kommt es hier wahrlich nicht darauf an, dem zur sexuellen Gemeinschaft erwählten Menschen Grausamkeiten, Schmerzen fühlen zu lassen. Nur insofern zufällig die Schmerzbereitung (die Züchtigung) ein Symbol der Macht und der Herrschaft ist, kann sie unter anderem gewünscht werden. (?) Viel häufiger wird sich mit harmloser Symbolik der Herrschaft resp. der Unterjochung begnügt. Wie wenig es sich bei diesen Perversionen um eine Steigerung der natürlichen Sexualwünsche handelt, geht daraus hervor, daß die Gruppe derer, die die Unterjochung erleiden muß, um die sexuelle Beglückung zu erleben, männliche Kranke sind, die im übrigen sozialen Leben einen stark ausgeprägten Herrscherwillen bekunden und durchaus nicht duldsame, nachgiebige, zur Unterjochung willfährige Menschen sind.

Den Eindruck des Masochismus kann endlich eine gewisse Gruppe von Frauen machen, bei denen eine gar nicht etwa normale, sondern abnorme Verknüpfung einer anderen Charaktereigenschaft mit den Sexualtrieb eingetreten ist. Die für das weibliche Geschlecht charakteristische, altruistische Willensrichtung – (also doch! Der Verf.) – hat, wie wir sahen, eine besondere innige Verknüpfung mit der Mutterschaft, aber eine ganz geringe mit der Erotik. Wir erkannten ja, daß sie im allgemeinen bei beiden Geschlechtern den Wünschen der Erotik eher zuwiderläuft. ›Die altruistische Gattenliebe der Frau‹ lernten wir als Charakteristikum unerotischer Sympathieregungen von der egoistisch gefärbten Erotik trennen. In abnormen Fällen kann nun diese altruistische Willensrichtung, der Wunsch, sich für andere zu opfern und zwar in extremer Form, mit der Erotik verknüpft werden. Es entsteht dann eine Opfersucht, die sich bis zu einem Selbstvernichtungswillen steigern kann, und die überall da, wo der Gatte gesundes Sexualempfinden zeigt, wahrlich nicht beglückend, sondern eher qualvoll für ihn wird. Es ist leicht zu begreifen, daß diese Art perverser Sexualverknüpfung für den oberflächlichen Beobachter eine große Ähnlichkeit mit den Masochisten zeigen kann. Eine nähere Nachforschung wird aber immer charakteristische Unterschiede aufweisen. Nicht auf die Unterjochung, sondern auf das Opfer des eigenen Ichs kommt es diesen Patienten an. Dank der heutigen Machtverteilung der Geschlechter haben die wenig ausgeprägten Fälle reichlich Gelegenheit, bei einer bestimmten Gruppe brutaler Männer im Rahmen der normalen Ehegemeinschaft ihr Glück zu finden.«

Man kann diese wissenschaftliche Erklärung der geschätzten Autorin nicht lesen, ohne sofort die vielen Widersprüche zu entdecken, die durch die Absicht (der Frau im Autor), den weiblichen Masochismus nach Möglichkeit abzustreiten, hervorgerufen werden.

Aber dieser Masochismus ist da, und wo die Grenzen zwischen natürlicher Weibbestimmung und unnatürlicher, also perverser Hingabe, Sexualübersteigerung, liegen, wird nie ein Wissenschaftler restlos entscheiden können.

Die Vorliebe des weiblichen Geschlechts für die Uniform, für das bunte Tuch an sich, ist schon ein masochistischer Zug (den die eben zitierte Autorin übrigens anerkennt). Es ist die Hinneigung zum kriegerischen, also grausamen Mann. Diese Liebe, dieser reine Masochismus wird nie in der Frau aussterben. Mit Recht fragt Hugo Schulz in einem Artikel »Die erotische Uniform« (Tagebuch):

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Die Filmschauspielerin Edwina Booth wurde von Mrs. Suzette Renaldo auf Zahlung von 50 000 Dollar Schadenersatz verklagt, weil sie ihr die Zuneigung ihres Gatten während einer Filmaufnahme in Afrika »gestohlen« hat.

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Mrs. Suzette Renaldo

»Warum ist es zu einer unwiderstehlichen, alle Siegfriede auf die Knie zwingenden Massenerhebung des Weiblichen wider den Krieg noch nicht gekommen? Das hat Gründe, die im geheimnisvollen Reiche des Erotischen liegen. Die Frauen wären die sieghafte Armee des Pazifismus, wenn sie sich eines abgewöhnen könnten: ihre Vorliebe für den schwertklirrenden Mannestyp, um den sich auch äußerlich sichtbar eine Gloriole von Kraft, Schneidigkeit und forschem Draufgängertum spinnt. Diese Vorliebe, die ja nicht allen Frauen nachgesagt werden kann, und schon gar nicht den geistig hochstehenden (?) – ist sicherlich im Rückgang begriffen, seitdem der sportliche Mannestypus den militärischen auf dessen ureigenen Gebieten übertrumpft und mindestens ebenso schöne Pfauenräder zu schlagen vermag. Sie ist aber noch immer da und in der Frauenwelt weit verbreitet. Sie ist rein erotisch-ästhetisch und hat zu den Zwecken des Militärischen oder gar etwa zu militärischem Heldentum nicht die geringste Beziehung. Im Gegenteil! Der Krieg wird von den Frauen, die, wie man früher sagte, in »zweierlei Tuch« und Sporengeklirr vernarrt sind, noch mehr verabscheut als von anderen, weil er ihnen ihre Mannesidole zertrümmert. Sie wünschen, daß nie wieder Krieg sein soll, daß aber die feschen Husarenleutnants erhalten bleiben. Nicht einmal echt müssen sie sein, denn noch lieber ist ihnen der flotte Bonvivant, der sie auf dem Theater mit besonderer Charme und Grazie mimt. Auf dem Theater oder besonders im Film, wo man es am besten beobachten kann, wie tief noch immer die Freude am militärischen Klimbim den Weibchen aller Nationen im Gemüt sitzt.

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Evelyne Nesbit, eines der schönsten Tanzgirls New Yorks, befand sich in einem Hörigkeitsverhältnis zu dem Bankier Stanford White, als sie den Millionär Thaw heiratete. Der erschoß kurzerhand seinen Rivalen und wanderte jahrelang von Irrenhaus zu Irrenhaus. Evelyne selbst endete schließlich durch Selbstmord.

Wenn man überhaupt erfahren will, was wirklich los ist in der Psyche der zivilisierten Völker, so frage man bei den Filmleuten nach. Die wissen's. Und weil sie es wissen, überwuchert jetzt in den Spielfilms der militärisch geeichte, mit Sporen und Säbel versehene Mannestypus in geradezu erschreckender Weise. Da Deutschland heute nicht mehr so damit dienen kann wie ehedem, muß die Vergangenheit herhalten, aber auch das Ausland. Das Wo ist ganz Wurst, wenn die zaubergewaltige Erscheinung des Leutnants oder Rittmeisters, unter Umständen auch Sergeanten, den Wünschen entspricht. Das hat nun natürlich mit kriegerischen Instinkten oder gar mit Verehrung kriegerischen Heldentums nicht das geringste zu schaffen, es ist bloß das eingewurzelte Vorurteil im Spiele, daß die Männlichkeit in solcher Verkleidung und Lebensform schärferen Ausdruck gewinnt. Sonst hätte doch der tapferste Ritter, den Frankreich besaß, Bertrand de Gueselin, nicht vergebens nach der Gunst der Frauen gestrebt. Er war ein außerordentlich häßlicher Mensch und hoffte das durch die erlesensten Waffentaten wettzumachen, mußte aber immer wieder erleben, daß die flotten Fatzkes des Hinterlandes ihm alle Weiber wegschnappten. Gegen sie konnte er nicht aufkommen, besonders, wenn sie auch noch ein paar waffenklirrende Verse von den Troubadours erlernt hatten ...«

Ein Irrtum, in den der Autor verfällt! Die Frau sucht ja nicht nur den Mann, der die Waffen trägt, weil sie in ihm den einen, den grausamen Helden wittert. Nein, sie sucht in dem waffen- und sporenklirrenden Soldaten den Typ ihrer Wunschträume, sie sieht das Kriegerische als Ausdruck des erwünschten sadistischen Zuges im Manne – und erst in zweiter Linie wählt sie. Ungezählte Frauen begeistern sich für männliche Roheit, ohne ihr erotisch verbunden zu sein. Es ist nur ein Ausdruck des von ihnen dem wirklich Geliebten angedichteten Heroismus, ohne den das Weib keine Hingabe vollziehen kann – das normal empfindende Weib! Denn die anormale feminine Einstellung der halb-lesbischen Frauen ändert nichts an diesem Normalzustand.

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Hörig einem fremden Willen
Metro Goldwyn

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New-Yorker Sittenpolizei

Die vom höchsten New-Yorker Gericht auf zahlreiche anonyme Anzeigen hin eingesetzte Sonderkammer stellte nichts mehr und nichts weniger fest, als daß die New-Yorker Sittenpolizei, ihre Spitzel, eine Reihe von Anwälten und wenigstens ein Staatsanwalt am Frauengericht, durch viele Jahre hindurch ein lukratives Geschäft mit Erpressung von Mädchen betrieben haben. Verraten wurde dieser Erpresserring durch einen früheren Polizeispitzel, »Chile« Acuna, einen früheren Küchenjungen, in einer Hafenkneipe von Buenos Aires, späterhin Kellner in New York und dann Agent provocateur der New-Yorker »Sitte«.


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