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Asien zerfällt in zwei Teile: in Vorder- und Hinterasien, die wesentlich voneinander verschieden sind. Während die Chinesen und Inder, die beiden großen Nationen von Hinterasien, welche wir betrachtet haben, zur eigentlich asiatischen, nämlich zur mongolischen Rasse gehören und somit einen ganz eigentümlichen, von uns abweichenden Charakter haben, gehören die Nationen Vorderasiens zum kaukasischen, das heißt, zum europäischen Stamme. Sie stehen in Beziehung zum Westen, während die hinterasiatischen Völker ganz allein für sich sind. Der Europäer, der von Persien nach Indien kommt, bemerkt daher einen ungeheuern Kontrast, und während er sich im ersteren Lande noch einheimisch findet, daselbst auf europäische Gesinnungen, menschliche Tugenden und menschliche Leidenschaften stößt, begegnet er, sowie er den Indus überschreitet, im letzteren Reiche dem höchsten Widerspruch, der durch alle einzelnen Züge hindurch geht.
Mit dem persischen Reiche treten wir erst in den Zusammenhang der Geschichte. Die Perser sind das erste geschichtliche Volk, Persien ist das erste Reich, das vergangen ist. Während China und Indien statarisch bleiben und ein natürliches vegetatives Dasein bis in die Gegenwart fristen, ist dieses Land den Entwicklungen und Umwälzungen unterworfen, welche allein einen geschichtlichen Zustand verraten. Das chinesische und indische Reich können nur an sich und für uns in den Zusammenhang der Geschichte kommen. Hier aber in Persien geht zuerst das Licht auf, welches scheint und andres beleuchtet, denn erst Zoroasters Licht gehört der Welt des Bewußtseins an, dem Geist als Beziehung auf andres. Wir sehen im persischen Reich eine reine erhabene Einheit, als die Substanz, welche das Besondere in ihr frei läßt, als das Licht, das nur manifestiert, was die Körper für sich sind, eine Einheit, welche die Individuen nur beherrscht, um sie zu erregen, kräftig für sich zu werden, ihre Partikularität zu entwickeln und geltend zu machen. Das Licht macht keinen Unterschied, die Sonne scheint über Gerechte und Ungerechte, über Hohe und Niedere und erteilt allen die gleiche Wohltat und Gedeihlichkeit. Das Licht ist nur belebend, insofern es sich auf das andre seiner selbst bezieht, darauf einwirkt und es entwickelt. Es ist mit dem Gegensatz gegen die Finsternis begabt. Damit ist das Prinzip der Tätigkeit und des Lebens aufgetan. Das Prinzip der Entwicklung beginnt mit der Geschichte Persiens, und darum macht diese den eigentlichen Anfang der Weltgeschichte; denn das allgemeine Interesse des Geistes in der Geschichte ist, zum unendlichen Insichsein der Subjektivität zu gelangen, durch den absoluten Gegensatz zur Versöhnung zu kommen. –
Der Übergang, den wir zu machen haben, ist also nur im Begriffe, nicht im äußerlichen geschichtlichen Zusammenhang. Das Prinzip desselben ist dieses, daß das Allgemeine, welches wir in Brahm gesehen haben, nun zum Bewußtsein kommt, ein Gegenstand wird und eine affirmative Bedeutung für den Menschen gewinnt. Brahm wird von den Indern nicht verehrt, sondern er ist nur ein Zustand des Individuums, ein religiöses Gefühl, eine ungegenständliche Existenz, ein Verhältnis, das für die konkrete Lebendigkeit nur Vernichtung ist. Indem nun aber dieses Allgemeine etwas Gegenständliches wird, bekommt es eine affirmative Natur, der Mensch wird frei und tritt so dem Höchsten, das ihm ein Objektives ist, gegenüber. Diese Allgemeinheit sehen wir in Persien hervortreten, und damit ein sich Unterscheiden von dem Allgemeinen und zugleich ein Sichidentischmachen des Individuums mit demselben. Im chinesischen und indischen Prinzip ist dieses Unterscheiden nicht vorhanden, sondern nur Einheit des Geistigen und Natürlichen. Der Geist aber, der noch im Natürlichen ist, hat die Aufgabe, sich von demselben zu befreien. Rechte und Pflichten sind in Indien an Stande gebunden und damit nur etwas Partikulares, dem der Mensch durch die Natur angehört; in China ist diese Einheit in der Form der Väterlichkeit vorhanden: der Mensch ist da nicht frei, er ist ohne moralisches Moment, indem er identisch mit dem äußerlichen Befehle ist. In dem persischen Prinzipe hebt sich zuerst die Einheit zum Unterschiede von dem bloß Natürlichen hervor; es ist die Negierung dieses nur unmittelbaren, den Willen nicht vermittelnden Verhältnisses. Die Einheit kommt im persischen Prinzipe als das Licht zur Anschauung, das hier nicht bloß Licht als solches, dies allgemeinste Physikalische, sondern zugleich auch das Reine des Geistes, das Gute ist. Damit ist aber das Besondere, das Gebundensein an die beschränkte Natur abgetan. Das Licht im physischen und geistigen Sinne gilt also als die Erhebung, die Freiheit von dem Natürlichen, der Mensch verhält sich zu dem Licht, dem Guten, als zu einem Objektiven, das aus seinem Willen anerkannt, verehrt und betätigt wird. Blicken wir nun noch einmal, unk es kann nicht zu oft wiederholt werden, auf die Gestalten zurück, die wir bis zu dieser, welche wir vor uns haben, durchliefen; so sahen wir in China die Totalität eines sittlichen Ganzen, aber ohne Subjektivität, dieses Ganze gegliedert, aber ohne Selbständigkeit der Seiten. Nur eine äußerliche Ordnung dieses Einen fanden wir vor. Im Indischen dagegen trat die Trennung hervor, aber selbst als geistlos, als das beginnende Insichsein, mit der Bestimmung, daß der Unterschied selbst unüberwindlich, und der Geist in der Beschränktheit der Natürlichkeit gebunden bleibe, daher als das Verkehrte seiner selbst. Über dieser Trennung der Kasten steht nun in Persien die Reinheit des Lichtes, das Gute, dem sich alle auf gleiche Weise zu nähern, in dem sich alle gleich zu heiligen vermögen. Nie Einheit ist daher zum erstenmal ein Prinzip, nicht ein äußeres Band geistloser Ordnung. Dadurch, daß jeder teil an dem Prinzipe hat, erwirbt dieses ihm einen Wert für sich selbst.
Was zuerst das Geographische betrifft, so sehen wir China und Indien, als dumpfe Ausbrütung des Geistes, in fruchtbaren Ebenen, davon getrennt aber die hohen Gebirgsgurte und die schweifenden Horden derselben. Die Völker der Höhen veränderten bei ihrer Eroberung den Geist der Ebenen nicht, sondern bekehrten sich zu demselben. Aber in Persien sind diese Prinzipien in ihrer Unterschiedenheit vereinigt, und die Gebirgsvölker wurden mit dem ihrigen das Überwiegende. Die beiden Hauptteile, die hier zu erwähnen, sind: das persische Hochland selbst und die Talebenen, die sich den Völkern der Höhen unterwerfen. Jenes Hochland ist im Osten begrenzt durch das Solimanische Gebirge, welches nach Norden zu durch den Hindukuh und den Belurtag fortgesetzt wird. Letztere Gebirge schneiden das Vorland, Baktrien, Sogdiana in den Ebenen des Oxus, vom chinesischen Hochland ab, welches sich bis Kaschgar erstreckt. Diese Ebene des Oxus liegt selbst nördlich vom persischen Hochland, welches dann im Süden gegen den persischen Meerbusen hin sich verläuft. Dies ist die geographische Lage Irans. Am westlichen Abhang desselben liegt Persien (Farsistan), höher nördlich Kurdistan, dann Armenien, Von da südwestlich erstrecken sich die Flußgebiete des Tigris und des Euphrat. – Die Elemente des persischen Reiches sind das Zendvolk, die alten Parsen, und dann das assyrische, medische und babylonische Reich auf dem angegebenen Boden; dann nimmt aber das persische Reich auch noch Kleinasien, Ägypten, Syrien mit seinem Küstenstrich in sich auf und vereinigt so das Hochland, die Stromebenen und das Küstenland in sich.