Ida Gräfin Hahn-Hahn
Faustine
Ida Gräfin Hahn-Hahn

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XXVII

Am Vorabend von Mengens Abreise waren mehrere Personen bei ihr. Er selbst kam spät. Sie hatte sich in eine große Lebhaftigkeit hineingesprochen, um ihre Trauer damit zu umschleiern. Gleichgültige werden stets dadurch getäuscht. Jemand fragte, wie sie zu ihrem seltsamen Namen gekommen, und sie erwiderte:

»Mein Vater hatte eine solche Liebe zu dem Goetheschen Faust, daß er, um in jedem Augenblick seines Lebens an dies Meisterwerk erinnert zu werden, seinen beiden ersten Kindern den Namen Faust und Faustine beizulegen beschloß. Meine Mutter bebte vor diesen barbarischen Namen; sie hatte ganz andre Lieblinge. Als der Zeitpunkt kam, wo ein Kindlein geboren werden sollte, gab es manch kleines Wortgefecht, und unsäglich war die Freude der Eltern, als nicht eines, sondern zwei das Licht dieser Welt erblickten, und nun jeder einen Lieblingsnamen auf der Stelle anbringen konnte. So ward ich Faustine, meine Schwester Adele getauft. Meine arme Mutter starb im Wochenbett, und mein Vater hatte auch nicht lange die Freude, durch mich an sein geliebtes Gedicht erinnert zu werden. Er blieb im Felde. Für mich hat aber mein Taufpate Faust stets ein ganz besonderes Interesse gehabt, unabhängig vom Zauber seiner Poesie und seiner grandiosen Weltanschauung. Ich wollte immer mein eigenes Schicksal in diesem rastlosen Fortstreben, in diesem Dursten und Schmachten nach Befriedigung finden; aber der zweite Teil hat mir das unmöglich gemacht. Ich denke, es schreibt wohl jeder von uns seinen eigenen zweiten Teil zum Faust. Der Goethesche ist allzu individuell.«

Graf Kirchberg entgegnete: »Das finde ich nicht! Es ist das treue Bild aller Menschen, die wie die alten Titanen mit großer Kraft den Ossa auf den Pelion türmen, Studien, Forschungen, Leistungen auf ihre Gaben, um damit dem Himmel abzutrotzen und abzuringen, was er diesem Streben nicht gewähren kann: Befriedigung. Der Strom der Sinnenluft hat im Entstehen noch Nerv, weil der Quellpunkt, die Liebe, ihm Nahrung gibt, aber breit und dürftig dennoch zerfließt er in der Steppe des Überdrusses und des unbestimmten, auf ein hohes festes Ziel gerichteten Verlangens. Dann versucht Faust dem Ehrgeiz, dem Weltglanz, der Welteitelkeit einiges Vergnügen abzugewinnen; aber es bleibt ein schaler Spaß für ihn, ohne Saft und Kraft, und dasselbe bleibt ihm die Kunst, der er sich darauf in die Arme wirft. Das in ihr und mit ihr Erzeugte, Euphorion, verschwindet, weil es nicht aus der Begeisterung geboren ist, und somit hat auch die Kunst ihren Reiz für ihn verloren. Endlich versucht er es gar mit der Wohltätigkeit, mit der allgemeinen Menschenliebe; doch die Lauheit, das vage Mißvergnügen bleiben ihm zur Seite, und dieser ununterbrochene Seelenregen macht ihn so matt, daß er ganz froh ist, endlich in guter Art in die elysäischen Gefilde des Himmels eingehen zu dürfen.«

»Gut, das ist eben eine Richtung!« rief Faustine. »Ich sehe aber nicht ein, warum der Faust seelenmatt werden muß. Hat die Liebe ihm keine Befriedigung gegeben, so werfe er sich lodernd, wie in ihren Schoß, in die Arme des Ehrgeizes, der Weltherrlichkeit, der Kunst! So ringe er nach ihnen und um sie, statt mit ihnen zu spielen! So strenge er alle seine Kräfte und sporne alle seine Gaben an, damit er doch etwas zu Tage fördere, und sei es nur gerade etwas, woran Mephistopheles seine Weltironie üben könne, der jetzt in dieser beängstigenden Atmosphäre nur noch zu armseligen Späßen Gelegenheit findet, mit Gauklerkunststücken helfen muß und aus seiner erhabenen Luziferhöhe auf die Stufe der kläglichen dummen Teufel fällt. Die Kräfte eines Faust dürfen brechen, nicht erlahmen. Sind sie gebrochen im rastlosen Kampf, so gehe er heim nach Gretchens öder Hütte und suche dort im Tode, was er im Leben umsonst gesucht: ein Haus für die Ewigkeit. Der göttlichen Barmherzigkeit und der reinen Liebe sind keine Grenzen gesetzt. Heben sie die matte Seele in den Himmel, warum nicht die ringende Feuerseele?«

»Schreiben Sie doch einen zweiten Teil zum Faust!« sprach Feldern scherzend.

»Nein, ich lebe ihn lieber,« entgegnete sie. »Schreiben ist nur ein Notbehelf für Leben.«

»Oder ein Widerhall des Lebens, der sich an jedem Busen bricht und zu einem neuen klingenden Ton wird,« sagte Feldern.

»Ach,« rief Faustine, »unsere Brust ist gar nicht mehr imstande, die Millionen Widerhalle aufzufangen, die wie Bienenschwärme gegen sie losgelassen werden. Seit das Bombardement der Menschheit durch Gewehre und Kanonen für eine Weile aus der Mode gekommen, ist dafür das durch Bücher eingetreten, das wie eine Influenza seine Zeit haben muß. Im Grunde wünsche ich das Zeitalter des Krieges zurück. Man wagte zwar dabei den Geist aufzugeben, allein der Kopf wurde dann doch mit fortgerissen. Die Bücher hingegen lassen die leiblichen Köpfe friedlich zwischen den Schultern sitzen, und nur der geistige wird von ihrer Schießerei betäubt und verdummt. Ich hoffe, im zwanzigsten Jahrhundert wird jeder auftauchende Schriftsteller unverzüglich nach Sibirien oder irgendwohin verbannt.«

»Welch ein vandalischer Haß gegen die armen liebenswürdigen Schriftsteller, die Ihnen doch gewiß vom Robinson an bis zur heutigen Stunde unsägliches Vergnügen gemacht haben!«

»So, so! Sie leben mir vor; sie denken mir vor. Ich lebe und denke aber lieber auf meine eigene Hand, schlecht und recht, wie ich es eben verstehe, als einem andern nach.«

Als Mengen kam, bemerkte er sogleich Faustinens innere Aufregung. Sie sprach; aber dann und wann hielt sie mitten im Satz inne, weil sie keinen Atem mehr hatte. Ihre Augen glänzten; aber zuweilen sanken die Augenlider tief und matt herab.

»Sie sind ermüdet, Gräfin,« sagte Mario sanft und setzte sich zu ihr.

»Ach, zum Sterben!« entgegnete sie, sich im Lehnstuhl zurücklehnend.

»Man muß nicht so viel reden, wenn einem nicht danach ums Herz ist.«

»Dann schweigen Sie nur, Mengen! Sie tun ja nie danach, wie es Ihnen ums Herz ist.«

Er sah sie fragend an.

»Nun ja,« fuhr sie fort, »Sie reisen und blieben doch viel lieber hier, trotz Hochzeit und Freudenfesten.«

Er antwortete ihr nicht, aber er verwickelte die Anwesenden in Gespräche, womit die Zeit hinging, ohne Faustinens Bemühen. Als man aufbrach, wünschte man ihm eine glückliche Reise, und alle die freundlich-banalen Redensarten erklangen, die denen so weh tun, über die der Schmerz des Abschieds einbrechen wird.

Faustine saß regungslos auf ihrem Platz. Sie grüßte mit den Augen die Scheidenden. Nun war sie mit Mario allein. Schweigend, mit untergeschlagenen Armen, stand er eine Weile vor ihr, denn die Gefühle wogten in seiner Brust und erstickten die Worte. Da stand sie auf, legte beide Hände gefaltet auf seinen Arm und sagte bebend:

»Auf Wiedersehn, Freund!«

»Kann ich denn so von Ihnen scheiden?« fragte er ebenso leise und faßte ihre Hände in die seinen. »Faustine, ich kann nicht!« rief er dann mit überströmender Heftigkeit und drückte sie nun an sein Herz, als wolle er dies brausende Herz oder die geliebte Gestalt zerbrechen.

»O, das ist nicht recht!« sagte sie, immer mit demselben Ausdruck von Trauer im Blick und Ton.

»Vergebung, Faustine,« sprach Mario sanfter, und seine Hand glitt leise über ihr Haar, ihre Wange herab. »Siehst Du, ich liebe Dich!«

Da stand sie auf einmal frei, seinem Arm entwunden, vor ihm. Sie bog den Kopf zurück, der plötzlich in einer Verklärung stand, die nur überirdischer Triumph verschmolzen mit bacchantischem Jubel auf das Menschenantlitz gießt. Sie breitete die Arme aus, doch nicht zu ihm, sondern empor zum Himmel, und mit der nämlichen Verzückung im Ton sagte sie: »Er liebt mich!«

»Wohin denn mit dieser wehenden Glut, Faustine, wenn nicht zu mir?« rief Mario erhoben und schlang den Arm um sie, als wolle er sie an seine Seite fesseln.

»Er liebt mich!« wiederholte sie mit derselben schwärmerischen Innigkeit. Sie umfaßte seinen Kopf mit ihren beiden Händen, sah ihn an, schüttelte dann langsam den ihren und sagte träumerisch: »Das ist aber doch wohl nicht wahr?«

»Nicht wahr! Faustine, hast Du nicht gefühlt, wie mein Wesen allmählich mit dem Deinen verschmolzen ist, wie mein Herz gelernt hat, in Deiner Brust zu schlagen, mein Geist in Deiner Richtung zu fliegen, mein ganzes Sein mit Dir Schritt zu halten? Ist das nicht Liebe, Faustine?«

Wie die rosenroten Gleicher immer blasser und blasser werden, wenn die Nacht heraufsteigt, und zuletzt in schattengleichem Grau dastehen, so erbleichte sie. Zerbrochen hing sie in Marios Armen und sagte tonlos:

»O, das ist aber entsetzlich!«

»Warum, Faustine? Engel, Du liebst mich . . .«

»Ich!« rief sie und fuhr mit der flachen Hand über die Stirn. »Ich . . . . Sie? . . . . Sie irren sich seltsam, Graf Mengen!«

Entsetzen, als habe der Blitz zu seinen Füßen die Geliebte erschlagen, zerwühlte plötzlich Marios glückstrahlendes Antlitz. Er stieß Faustine von sich und sagte mit einer vernichtenden Drohung im Ton: »Faustine!«

Sie sank in den Lehnstuhl wie eine welke Blume, die das Haupt unter dem rollenden Donner beugt. Dicke Tränen quollen langsam unter den Wimpern vor; die Locken hingen aufgelöst an den entfärbten zarten Wangen herab. Sie war jetzt bezaubernd durch den unaussprechlichen Gram ihres ganzen Wesens, wie sie es drei Minuten vorher durch dessen unaussprechliche Glut gewesen war. Mario hatte nicht die Kraft, sie zu verlassen, obgleich er im ersten Augenblick schon eine Bewegung nach der Tür gemacht. Er kniete vor ihr nieder und sprach:

»Faustine, wie können Sie lügen?«

»Ich lüge nicht!« flüsterte sie, ohne aufzublicken.

Er legte seine Hände gefaltet auf ihre Kniee und sprach: »Sehen Sie mich an, fest und ruhig, und nun antworten Sie mir: Liebst Du mich nicht, Faustine?«

»Nein!« sagte sie fast unhörbar, aber unwillkürlich ruhte ihr Auge mit so himmlischer Zärtlichkeit auf ihm, daß er entzückt ausrief:

»Deine falschen lieben Lippen lügen! Dein Auge spricht Ja! Ich glaube ihm.«

»Nein, nein!« rief sie in heftiger Angst und hielt beide Hände vor den Augen. »Kehren Sie sich nicht an die verräterischen Augen! Der Mund spricht die Wahrheit.«

»Faustine,« sagte Mengen und stand auf, und seine zürnende Stimme wurde noch schauerlicher durch die Bebungen, die die gewaltigste Aufregung ihr gab. »Wenn Du mich wirklich nicht liebst, wenn alles nur ein Spiel, die Belustigung für einen leeren Augenblick gewesen, wenn Du die ganze Grazie Deiner Wesenheit nur als gemeine Koketterie verschwendet, wenn Du solche Nichtachtung fremder Gefühle hegst, daß Du lebende, schlagende, blutende Herzen zerschneidest zu Deiner Belehrung oder Deinem grausamen Vergnügen: so habe ich keinen Ausdruck für meine Verachtung.«

»Mario!« schrie Faustine und glitt auf ihre Kniee zur Erde herab. »Ich liebe Dich.«

Er hob sie auf, zog sie stürmisch an seine hochschlagende Brust und drängte in einem Kuß die Seligkeit und die Sehnsucht zusammen, die dies Wort in ihm auflodern ließ. Aber Faustine begegnete nur scheu dieser Glut. Sie machte eine ganz kleine Bewegung, so leise, jedoch so unwiderstehlich, daß die Liebe ihr gehorchen muß, und daß doch nur die Liebe sie erraten kann. Seine Arme umstrickten nicht mehr wie ein Netz ihre Gestalt, und er fragte gepreßt:

»Warum drängst Du mir das übervolle Herz in den Busen zurück, Faustine? O laß es an dem Deinen ruhen, mein geliebter Engel! Jetzt weiß ich ja die Wahrheit.«

»Noch nicht ganz, Mario!« antwortete sie dumpf.

»Aber das Wesentliche: Du liebst mich. Und morgen fährst Du mit mir zu meinen Eltern, als meine Braut, als mein Weib, – wie Du willst! Aber mit mir, denn Du liebst mich, Faustine!« Er schlang ihre Locken um seine Finger.

Sie sagte melancholisch: »Laß mich los! Es hilft doch nichts! Wir müssen scheiden.«

Da schrie er plötzlich heftig auf: »Andlau?«

Faustine neigte bejahend das Haupt, und Mengen sank wie zerschmettert in einen Stuhl.

»Siehst Du wohl, wie viel schwerer Dir jetzt als vor fünf Minuten die Trennung wird?« sagte sie gelassen. »Ach, hätte ich das Liebeswort verschwiegen!«

»Rede, Unglückselige, rede!« rief Mengen. »Warum denn Trennung? Wer hat ein heiligeres Recht an Dir als ich? Und wenn ein Anderer es gehabt hat, geht es nicht auf mich über von dem Augenblick an, wo Du mich liebst? Ich will Dich haben, Faustine, ohne Teilung, ganz und gar!«

»Das begreife ich,« unterbrach sie ihn. »Aber kann ich denn einen Tag glücklich sein, wenn ich das ganze Schicksal eines Andern, eines geliebten Menschen, zertrümmere? Kannst Du es dann noch durch mich, bei mir, sein? Unmöglich, Mario, unmöglich, wie die Sonne unmöglich zur Mitternacht über unserm Haupt stehen kann! Und das sollst Du selbst entscheiden!«

»O Faustine! Du liebst mich, nur mich. Das wird entscheiden.«

»Nein, Mario, ich liebe Andlau, den Mann, dem ich mein ganzes Geschick aus freiem vollem Herzen in die Hand gegeben, und der es wie ein Gott unwandelbar liebend und treu gelenkt hat.«

»Und nicht mich, Faustine? Besinne Dich, Herz! Wirklich nicht mich?«

Sie sank zu seinen Füßen nieder, umschlang seine Knie und legte ihren Kopf darauf. Er wollte sie aufheben, doch sie bat: »Laß mich hier liegen, Mario, und frage mich nicht so! Du Mensch gewordener lichter Sonnenstrahl, wie sollt' ich Dich nicht lieben?«

Sie weinte heftig. Er richtete zärtlich ihr glühendes Antlitz in seiner Hand empor und sprach:

»Mein Engel, erzähle mir nun alles, was Dich betrifft! Es ist so dunkel um mich her. Wenn ich alles weiß, wird es mir hell werden, damit ich entscheiden kann, entscheiden, wie der Mario es muß, den Du liebst. Darum die Wahrheit, Herz, die reine Wahrheit, wie vor Gott!«

»Wie vor Gott!« wiederholte sie feierlich und stand auf.

Sie waren schön, die beiden Gestalten einander gegenüber. Mario saß in seiner gewöhnlichen Stellung mit untergeschlagenen Armen seitwärts am Tisch, und die Kerzen warfen nur ein Streiflicht über ihn. Aber sein marmorbleicher Kopf mit dem vornehm-stolzen, durch die Macht der Empfindung für den Augenblick melancholischen Zügen, mit dem tiefen geistreichen glühenden Auge und dem dunklen Gelock, hob sich, gleich einem Gemälde von Velasquez oder Murillo, lebhaft von der dunkelroten Lehne des Stuhles ab, die ihn hoch überragte. Faustine stand vor ihm, im vollen Kerzenlicht, blaßrot gekleidet, blühend, weich, schwebend, halb sinnlich, halb seelisch, hingehaucht von Guido Renis Pinsel, etwas vom Johannes, etwas von der Magdalena im Ausdruck, der in jeder Sekunde wechselte, so wie sie die Reihenfolge der Gefühle durchflog. Er – ruhig, fest, entschlossen, nicht unerschütterlich, aber kampfbereit und unermüdlich, die Siegesfahne tragend, vielleicht in den Tod, doch gewiß nicht in den Untergang. Sie – schwankend und immer ungewiß lassend, ob sie fallen, ob sie in den Himmel auffliegen werde. Er ganz Mann. Sie ganz Weib.

»Rede, mein Engel!« sagte Mario sanft. »Keine Frage, keine Einwendung, kein Blick sollen Dich stören.«

»Was habe ich denn eigentlich zu sagen?« fragte Faustine sich selbst, träumerisch die Hand an die Stirn legend. »Alltägliche Schicksale, ein Leben ohne gewaltige Ereignisse, eine Persönlichkeit ohne überwiegende Vorzüge, das ward mir, das bin ich. Und innere Zustände, Entwürfe der Seele, kann man die einem Andern vor das Auge führen und hindern, daß ihm der Glanz zu grell und der Schatten zu schwarz erscheine? Die Wahrheit wird durch das Wort so hart, daß sie, wenn nicht lügenhaft, doch unglaublich, doch übertrieben erscheint. Ich aber habe von nichts als von inneren Zuständen zu sprechen. Begebenheiten darfst Du nicht erwarten. Aus dem Mädchenheim in Mannheim, wo meine Schwester und ich, die armen Waisen, erzogen waren, kamen wir im siebzehnten Jahre zu unserer Tante, die ein schönes Landgut in der Nähe bei Bamberg bewohnte. Ich war ein junges Mädchen wie alle übrigen, glaube ich. Ich kann mich im Grunde gar nicht darauf besinnen, wie und was ich war, so lange mein Wesen in seiner kühlen grünen Knospe bewußtlos wie ein Kind in der Wiege schlummerte. Ernst war ich wohl, doch auch heiter; still, aber innerlich lebhaft. Bilder wogten in mir, Gestalten tauchten auf, Erscheinungen zogen vorüber mit einer Fülle, in einer Lebendigkeit, die mich schon zwischen meinen damaligen Gefährtinnen zu ihrer Scheherazade machten, zu einer kleinen Stegreifdichterin, die aber gewiß sich selbst weit mehr als den Kreis ihrer Zuhörer belustigte. Später gab ich diesen Phantasien keine Worte mehr, sondern Bilder; ich zeichnete. Das macht sehr still, weil die Hand bedächtig und das Auge vergleichend verfahren muß, wenn der Kopf auch braust. Diese Befähigung mag wohl gerade für mich eine besondere Gnade des Himmels gewesen sein: die bestimmte Form gab mir Haltung. In der Dichtkunst hingegen, deren Jünger zwang- und mühelos von der Form nicht mehr brauchen, als was sie in ihren Fingerspitzen zusammenfassen, hätte ich gewiß Phaëtons Gang und Sturz erlitten. Von Liebe wußte ich nichts weiter, als was in den Dichtern steht, und das ist, so lange man es nicht auf einen bestimmten Gegenstand überträgt, etwas so Farbloses wie das Brennglas, ehe man es zwischen Auge und Sonne hält. Ich liebte meine Bilder, meine Bücher, die Blumen, die Vögel, die ganze Natur, die ganze Menschheit, den guten Gott, der dies samt und sonders geschaffen hat, alles zusammengefaßt. Meine Tante liebte ich am wenigsten; denn sie war ränkesüchtig, und solche Charaktere stoßen mich von Grund aus ab, weil ich ohne Waffen gegen sie bin, mögen sie mich gewinnen oder mir schaden wollen. Ich fühle mich bei ihnen beklemmt wie irgend ein scheues Tierlein des Waldes, das die fangende Schlinge ahnt. Ich hatte Scheu vor meiner Tante. Von den Männern waren mir die am liebsten, die am besten tanzten und dabei nicht allzu fade plauderten. Huldigungen verlangte ich nicht. Vielleicht darum wurden sie mir oft zu teil in der oberflächlichen Art und Weise, die zwischen ganz jungen Leuten herrscht. Nur Graf Obernau behandelte die Sache ernster. Er war Rittmeister, siebenundzwanzig Jahre alt, aus vornehmem Geschlecht, sehr reich und sehr schön, wenn man diese Bezeichnung den regelmäßigen Zügen, der stolzen Gewalt und guten Haltung beilegen will, die in manchen Familien selbst dann noch erblich sind, wenn schon der Adel der Gesinnung und die Kräftigkeit des Blutes erloschen, die zuerst diesen Stempel ausprägten. Ich gefiel diesem Manne auf eine mir ewig unerklärbare Weise, das heißt er verliebte sich am ersten Abend, wo er mich bei der Tante sah, dermaßen in mich, daß er auf dem Heimritt zu einigen Kameraden sagte: ›Der Teufel soll mich holen, wenn das nicht meine Frau wird!‹ Seine Kameraden zweifelten durchaus nicht daran, da eine so glänzende Partie wie Obernau schwerlich abgewiesen wird, und er überdies ein sogenannt guter Mensch war, jedem Geld borgte, jedem im Duell sekundierte, keinen Spaß verdarb und nebenbei von solcher Schwäche war, daß jeder, der in seine Launen einzugehen und ihm ein wenig zu schmeicheln verstand, ihn lenken konnte wie ein Kind. Solch ein Kamerad, der vornehm und reich ist, außer den guten Beziehungen auch noch den stets gefüllten Beutel hat, und obendrein das gute Herz, das mit beiden aushelfen läßt, wird von allen jungen Männern zärtlichst geliebt. Kaum hatte Obernau mir sultanisch das Schnupftuch zugeworfen, so stellte sich kein junger Mann, zehn Meilen in der Runde, zwischen ihn und mich. Es war gleichsam ein allgemeines schweigendes Übereinkommen, daß er und ich für einander paßten und einander gehörten. Der Tante konnte nichts Erwünschteres kommen als seine leidenschaftliche Neigung, und sie trug Sorge, mir von ihm stets in einem Ton zu reden, der Eindruck auf mich machen mußte. Nämlich zuerst lobte sie seine guten Eigenschaften, dann beklagte sie den bösen Einfluß, den schlechte Ratgeber und eigennützige Freunde in seinem wohlwollenden, vertrauenden Herzen gewonnen, und schloß endlich damit, eine gute edle Frau könne ihn leicht zu sich emporheben und ihn zu einem neuen besseren Menschen umwandeln, – und das sei der herrlichste Beruf des Weibes. Ich hatte zwar kein Vertrauen zu dem Herzen meiner Tante, aber großes zu ihrer Klugheit. Was sie da sagte, kam mir verständig und gut vor, und ist es auch, wenn nur das Weib, das sich diesem heldenmütigen Beruf widmet, in sich klar, fest und abgeschlossen genug ist, um nicht selbst dabei herabgezogen zu werden. Ich armes unerfahrenes Geschöpf, ohne Leidenschaft, ohne Leid, – diesen zwei Binde- und Löseschlüsseln des Wesens, – konnte das damals nicht in Überlegung ziehen. Ich dachte, was die ganze Welt gut und zweckmäßig finde und was einen Menschen glücklich mache, das müsse ich tun, und ich verlobte mich mit Obernau. Wollte ich sagen, er sei mir gleichgültig oder gar zuwider gewesen, und ich sei zu dieser Partie beredet oder gezwungen worden, so würde ich lügen. Nein, ich war ihm recht gut und gab ohne Widerstreben seiner Werbung Gehör. Ich wollte ja auch meine herrliche Bestimmung erfüllen und recht etwas Gott und den Menschen Wohlgefälliges vollführen. Überdies sah ich meine seit drei Monaten verheiratete Schwester äußerst glücklich mit einem Manne, der mir unerträglich schien; daraus zog ich den Schluß, der gerade umgekehrt richtig ist: der Mann sei am liebenswürdigsten in der Ehe, – und die Anstalten zur Hochzeit wurden gemacht.

»Je näher aber der Zeitpunkt kam, desto beklommener ward mir. Ich, die ich nie träume, die ich nie eine bange Vorempfindung des Gewitters spüre, wandelte umher, als solle ein quälender Traum in Erfüllung gehen oder ein Unwetter losbrechen. Wenigstens bilde ich mir ein, daß diese Schwüle, diese Schwere, diese Angst ohne Grund und ohne Namen, denjenigen heimsuchen müsse, der Traum und Ahnung kennt. Zu wem sollte ich reden? Die Tante liebte nicht Erörterungen der Gefühle, wenn sie Entscheidungen herbeiführen konnten, die ihren Absichten widersprachen. Sie wies sie nie ab, doch mit schlauer Geschicklichkeit wußte sie stets sie zu vermeiden. Meine Schwester, wie gesagt, war verheiratet. Das war eine unübersteigliche Scheidewand zwischen uns. Sie war jetzt die Frau eines Mannes, nicht meinesgleichen, kein Mädchen mehr! Kaum daß sie mir noch wie meine Schwester vorkam. Es gibt eine Jungfräulichkeit des inneren Seins, rührender und reizender als die, die der Myrtenkranz versinnbildlicht, weil sie unendlich seltener ist. Aber leider, leider geht sie oft vor dieser und fast immer mit dieser verloren! Sie widersteht der materiellen Genußsucht nicht. Meine Schwester war in kurzer Zeit ganz fraulich worden, verloren in ihre Familien- und Hausangelegenheiten, und mit unendlichem Behagen sich darin zurecht setzend wie der Vogel auf seinem Nest. Sie gehört zu den weiblichen Wesen, die von der Geburt an, möchte ich sagen, Frauen sind und im Hause Wurzel fassen und Blüten treiben. Sie ist glücklich dabei geworden, weil Temperament, Sinnesart, Charakter mit ihrem Schicksal Hand in Hand gingen, und weil man von ihr sagen darf, – was ich jedoch nie ohne einen leisen Schauder auszusprechen wage, – sie würde jeden Mann glücklich gemacht haben. Dies wird doch zuweilen als Lob von einem Mädchen gesagt! Nun, ich habe es nie verdient.

»Aber an wen sollte ich mich wenden in meiner Herzensangst? Sehr verständig, wie mir scheint, wandte ich mich an Obernau und sagte ihm an einem schönen Abend, wo wir allein im Garten waren und die melancholische Herbstnatur mit heimziehenden Wandervögeln und herabrieselnden Blättern mich noch trauriger stimmte, daß ich ihn lieber nicht heiraten wolle. ›Ein romanhafter Mädchengedanke!‹ antwortete er spöttisch wegwerfend. Ich verstummte blöde und sann acht Tage lang darüber nach, ob er nicht wirklich Recht habe. Bisweilen kam es mir auch so vor. Aber als über diesem Besinnen der Hochzeitstag mir bis auf vierzehn Tage nahe gerückt war, da fand ich, Obernau habe unrecht, und abermals verkündigte ich meinen Entschluß und bat ihn dringend, mir mein Wort zurückzugeben. Statt der Antwort sprach er: ›Ini, Du siehst zum Küssen lieb aus, wenn Du bittest! Ich wäre ein großer Narr, wollte ich Deinen Willen tun.‹ Aber wie er sah, daß ich weinte, fragte er, ob ich einen Andern, etwa den und jenen, den er nannte, heiraten wolle. Zufällig waren das närrische, fade, kümmerliche Leute, und Obernaus Frage kam mir komisch vor. Oder war es nervöse Aufregung? Kurz, ich brach in lautes Lachen aus, und Obernau sagte beruhigt und beruhigend: ›Wenn Du keinen Andern lieber hast, so kannst Du mich mit gutem Gewissen heiraten.‹ Trotz dieser Versicherung war aber immer eine Stimme in mir wach, die mir zurief: ›Tu es nicht!‹ – und zum dritten Mal, doch nun unter tausend heißen Tränen und mit bangem Flehen, bat ich um meine Freiheit. Da wurde er endlich anders. Er gab das spöttelnde, scherzende Wesen auf, womit er bisher meine Einwendungen zunichte gemacht. Er beschwor mich, ihn nicht grenzenlos unglücklich zu machen. Er liebe mich zu sehr, um von mir lassen zu können; er wolle alles tun, alles sein, was ich gut und recht fände. Er lag zu meinen Füßen; er weinte. Ich hatte in meinem Leben weder ihn noch irgend einen Mann in solcher Bewegung gesehen. Es machte einen schauerlichen gewaltigen Eindruck auf mich; ich dachte kindisch: ›Wohlan, lieber unglücklich sein als unglücklich machen!‹ Nicht wissend, daß in der Ehe eins aus dem andern folgt, bat ich ihn tausendmal um Vergebung und wünschte nun selbst den Hochzeitstag mit einer fieberhaften Ungeduld herbei, in der Hoffnung, mein Schicksal müsse sich angenehmer in der Entschiedenheit als in der Erwartung stellen. Ich ward seine Frau. Der Stab war über mich gebrochen! So kam ich mir vor; so komme ich mir noch jetzt vor, wenn ich an die Stunde denke, von der mich doch schon manches Jahr trennt.«

Faustine senkte ihr Haupt wie gebrochen und legte das Gesicht in beide Hände. Ihr Busen flog krampfhaft; sie bebte vom Scheitel bis zur Sohle, und als sie nach einer Pause die Hände sinken ließ, war ihr sonst so blumenzartes holdseliges Antlitz starr, marmorbleich, tragisch. »Ja,« sagte sie mit herzzerschneidender Wehmut, »von der Faustine, die damals unterging, mag jetzt wohl keine Spur übrig sein, denn sie fiel der Schmach anheim! Auf meine unschuldige reine Stirn wurde der Stempel der Schmach gedrückt, und ich, – ich habe es gelitten und es überlebt!«

Sie ging im Salon auf und ab, mit heftigen ungleichen Schritten. Sie rang die Hände. Sie dachte nicht an Marios Gegenwart, nicht an seine Liebe, nur an ihre Vergangenheit; und mehr zu sich selbst, als zu ihm, sagte sie mit tiefer Bitterkeit:

»Gibt es auf der ganzen weiten Gotteswelt eine Schmach, die der gleich kommt: einem Manne zu gehören, ohne ihn zu lieben? Ach, ich glaube, ein ganzes Leben von Verworfenheit wird mit diesem Begriff bezeichnet. Doch nein, nein, ich irre mich! Ich war ja seine Frau, am Altar ihm angetraut, – dann hat es nichts zu sagen, für die Menschen.« Sie lachte in sich hinein.

»Ruhig, Faustine, aus Barmherzigkeit mit Dir, sei ruhig!« bat Mario erschüttert.

»Schweigen Sie, Graf Mengen! Sie haben mein Leben wissen wollen. Da dürfen Sie mich nicht stören, wenn wir bei einem so wichtigen Punkt angelangt sind. Kennen Sie nicht die Sage von jenem Nixenbrunnen, dessen Wasser, hat man den schweren Steindeckel einmal abgewälzt, immer höher, immer höher steigt, den Rand überquillt und das Land ringsumher in eine brausende Wogenflut verwandelt? O, diese unermeßliche Flut von ungekanntem, von mißkanntem Weh in der Brust eines Weibes erschüttert sogar eine Männerbrust, wenn es sich einmal nicht als Klage, nur als Schrei, äußert! Dann muß es gewiß etwas Welterschütterndes sein. Aber ach, als krankhafte Erscheinung wird es betrachtet! Krankhaft an Leib oder Seele, verschroben, überspannt nennt man eine Frau, nachdem man sie ohne Barmherzigkeit in die Arme des ersten besten, der sie nach ihr ausstreckt, geliefert hat, und sie nun mit unüberwindlichen. Entsetzen wahrnimmt, was von ihr gefordert wird, was sie gewähren soll. Von einer Million Ehen wird eine aus Liebe geschlossen. Die Beweggründe der übrigen kommen nicht in Betracht. Weil sie immer auf hausbackene Nützlichkeit zielen, sind die einen grade so gemein oder grade so würdig wie die andern. Aber neunmalhundertneunundneunzigtausendneunhundert Frauen verlangen es eben nicht anders. Achtundneunzig verlangten es wohl anders, einst, vor langen Zeiten, auf die sie sich selbst nicht mehr recht besinnen können, so untergewirbelt sind sie; nun haben sie sich gefügt, aus Kälte, aus Verständigkeit. Und eine, nur eine, aber doch eine, eine einzige unter der Million, die verlangt es anders und, feiner oder schwächer organisiert, kann sie sich nicht zahm fügen und fühlt doppelt die Demütigung, weil sie zu schwach ist, sie abzuwehren. O diese Eine! Sie kommt nicht in Betracht vor euren Gesetzen. Es kann kein eigenes Recht für sie geschaffen werden. Gott und Menschen ziehen die Hand von ihr ab; denn im Namen Gottes ist ihr Segen verheißen worden, wo sie Unheil gefunden, und die Menschen hohnlächeln ob der Schwärmerei, die da einen Tempel erbauen möchte, wo ein ekler Sumpf liegt. O diese Eine! Es gibt Schmerzen, vor denen die Welt das Knie beugt, strahlende Schmerzen, geputzte Schmerzen, rosenrote Schmerzen, Triumphbogenschmerzen! Aber mit diesem Schmerz liebäugelt man nicht; den vergräbt man scheu im Busen, wie man das Krebsgeschwür am Busen mit unsäglicher Beschämung verbirgt. Doch das Gift des Geschwürs durchschleicht allmählich das Geäder des Körpers und dringt in Mark und Blut; und dieser Schmerz wird zu einem Gift, zum Inbegriff von Haß, Bitterkeit, Verzweiflung, Empörung, Verachtung und Groll, wovon die Seele krank werden und verderben muß, und keiner, keiner hat einen Blick des Erbarmens dafür. O diese Eine! Das ist nicht eine von den Schlechtesten gewesen! Nicht um den Glanz und den Genuß der Welt zu haben, ist sie in diesen jammervollen Irrgarten geraten! Nur kindlich, nur unerfahren, nur jugendlich sich selbst vertrauend sprang sie, ein sorgloser Schwimmer, vom stillen Felsen ins rauschende Meer, um einem Andern die liebende, die hilfreiche Hand zu bieten! Aber der ist zu Hause im wilden Element; der zieht die Arme in den Strudel hinein, in die Tiefe hinab. Sie sinkt – und keiner rettet sie! Sind denn nicht Männer da? Ja doch! Da stehen sie, faunisch, neugierig, lüstern vor dem trostlosen Geheimnis dieser Ehe, und raten und rätseln, und deuten und deuteln, und bringen es am Ende zur sonnenklaren Gewißheit, daß diese Frau die begehrungswürdigste auf dem Erdboden ist. Ja doch! Wo es eine unglückliche Frau gibt, jung und hübsch (selbstverständlich!), da fehlt ein halbes Dutzend ritterlicher Männer nicht, die sich die Ehre streitig machen, dieser holden Augen Tränen zu trocknen, dieser frischen Lippen schmerzliches Zucken in süßes Lächeln zu wandeln. Sie sind ja die geborenen Beschützer der Schönheit. Die edlen Männer! O diese Eine! Ich will ja gar nicht weinen, weil ich gerade unter der Million es sein mußte; ich weine nur, weil überhaupt solch Elend auf dieser schönen Welt seine Stätte findet.

»Aber damals weinte ich über mich. Ich kam mir selbst unmenschlich entwürdigt vor durch die Leidenschaft, die ich erregte, ohne sie zu teilen, und das Geschöpf, das der Mann mit dem Fuße vom Sofa auf die Straße schleudert, schien mir weniger erniedrigt, als ich mich fühlte; denn es steht außerhalb des Gesetzes, es macht keinen Anspruch auf Ehre. Ich aber, unter dem Schirm des Gesetzes, jung, unverdorben, sittlich rein, ich sah mich in der Gewalt eines Menschen, dessen furchtbares Recht über mich dadurch geheiligt sein sollte, daß er in einer Kirche vor vielen Zeugen gelobt hatte, es immer zu üben. Was ging das mich an? Ich mußte ihm das Recht geben. Nur so begriff ich es! Nur so konnte es nicht entadelt werden. Ich sah bisweilen die Leute ganz erstaunt an, wenn sie mich mit Achtung behandelten, die übrigens der vornehmen reichen Frau nie fehlt. Ich hätte fragen mögen: ›Was fällt euch ein! Der willenlose, dumpf gehorchende Sklave, zählt der mit in der menschlichen Wesenreihe? Und steht es mir nicht wie ein Brandmal auf der Stirn, daß ich Sklavin bin?‹ Ich hüllte mich in meinen Gram wie in ein Panzerhemd und wappnete mich mit meiner Erbitterung wie mit einem scharfen Schwert. Ich behandelte die Männer mit einem Übermut, mit einer Verachtung, vor der sie in den Staub fielen und in Anbetung gerieten. Aber ich, die weit sehnlicher wünschte, einen Gegenstand der Liebe und Verehrung zu finden, als es zu sein, ich zerfiel mit mir selbst immer unheimlicher, immer tiefer, je greller der Widerspruch zwischen der äußern Erscheinung und dem innern Sein sich gestaltete. Ich wurde von einem Mann geliebt und empfand für ihn den unbesieglichsten Widerwillen. Die Welt huldigte mir, während ich mir selber verächtlich vorkam. Man pries meine Verhältnisse glücklich und beneidenswert, und ich fühlte mich in ihnen unaussprechlich elend. Hätte ich wenigstens den Trost gehabt, Obernau etwas über sein leeres wüstes Treiben zu erheben, so würde mir das einigen Mut eingeflößt haben. Doch die Sklavin dient dem Gebieter nur, wenn er es befiehlt; im übrigen ist sie ein Spielwerk, das unbeachtet im Winkel steht. Ich will gern glauben, daß es mir auf einem gewissen Wege sehr leicht geworden wäre, unumschränkte Herrschaft über ihn zu gewinnen; allein, konnte ich meinen Gemahl nicht ehren, so mochte ich ihn erst recht nicht beherrschen, nicht diese Flitterkrone für den Preis erkaufen, den er darauf gesetzt hätte. Ich ging meine Wege; er ging die seinen. Er bekümmerte sich gar nicht um mich, sobald ich nur zu gewisser Stunde nicht fehlte. Ich war ja seine Frau und er liebte mich! Folglich . . . . Welche Ehre für mich!

»Ich war immer mit Männern umgeben. Ich ritt mit ihnen, ich fuhr mit ihnen, ich schwatzte mit ihnen, nicht weil sie mir gefielen, sondern weil sie sich an mich drängten, und weil ich gegen sie anmaßend sein oder sie ganz übersehen durfte, kurz, weil sie nicht die Rücksichten heischten, die zum Umgang mit Frauen erforderlich, und weil überdies Obernaus beide Schwestern mir das eigene Geschlecht noch mehr verleideten als er selbst das männliche. Die eine war verheiratet, eine dürftige enge Natur, die sich nicht darüber zufrieden geben konnte, daß mein Fuß kleiner und mein Auge größer als das ihre war. Die andre, ein junges Mädchen von vierzig Jahren, hatte vor Zeiten ein Leben geführt, das die Bewerber um ihre Hand trotz ihrem Vermögen abschrecken mußte. Jetzt reizlos, früh gealtert, kränklich, sprach sie von ihrem nie verstandenen Herzen, das sie ganz dem lieben Gott zugewendet habe, weil kein Mensch dieses Kleinods wert sei. Gewiß ist es, daß kein Mensch den lieben Gott um dies Kleinod beneidet hat, und daß die äußerlich werktätige, innerlich unfruchtbare Frömmigkeit meiner Schwägerin Kreszenzie mich gemahnte an eine Schale lauwarmen Wassers, worin man vorsichtig die Fingerspitzen wäscht und sie dann säuberlich mit einem Batisttüchlein abtrocknet, aber nicht an ein frisches kühles stärkendes Bad, worein man sich begierig stürzt, um den Staub des Lebens abzuwaschen. Meine Schwägerin Nandine ging umher, die Leute fragend, ob sie je eine Person gesehen, die mir an Gefallsucht, Eitelkeit und Leichtsinn gleichkäme, und meine Schwägerin Kreszenzie erzählte den Leuten wehklagend, mit gen Himmel gehobenen Augen und Händen, wie unglücklich ich ihren Bruder mache.«

»Freilich war er nicht glücklich, der arme Obernau; doch ich hätte ja ein ganz anderes Wesen sein müssen, als ich war, um ihn zu beglücken. Das hatte ich dunkel geahnt; das hatte er, der mich nur mit den Augen der Sinne ansah, nicht glauben wollen. Er kannte von der Liebe nichts, als was die Sinnlichkeit ihm zuflüsterte, die mich empört, wenn ihr nicht die Seele ihren himmelblauen Mantel umgeschlagen, – und so lebten wir, mit einander qualvoll verbunden, in einander qualvoll getrennt. Ach, ich habe viel gelitten! Ich fühlte wohl das Drückende, das Pflichtlose unseres Verhältnisses. Wenn Obernau nicht da war, stellte ich mir seine guten Eigenschaften vor und schob alle seine Fehler auf Rechnung der vernachlässigten Erziehung. Dann hing ich meine früheren Pläne zu seiner Bildung und Erhebung daran, und nichts schien mir leichter, als mit einiger Kraft und einigem guten Willen ihn in einen ganz anderen Gesichtskreis zu versetzen. Aber dann kam er, und sein erstes Wort: ›Komm her, Ini, küsse mich!‹ war hinreichend, um mir die grausige Überzeugung wieder aufzudrängen, die nur einen Augenblick unterdrückt war, daß kein Mittel in meiner Macht stand, um günstig auf ihn einzuwirken, weil ich ihn ja – leider, leider! – nicht liebte. Bisweilen kam er in tiefer Nacht heim, der Himmel mag wissen, aus was für Gesellschaft. Hatte der Wein seinen Kopf umnebelt, so überstieg seine Roheit alle Vorstellung. Doch mitunter hatte er gespielt, und wie es sich von selbst versteht, bedeutende Summen verloren. Dann war er verdrießlich, müde und niedergeschlagen; dann verwünschte er seine Freunde, das wüste Leben mit ihnen, seine eigene Schwäche. Und dann war ich ihm wieder gut, so wie früher als Braut, und drang in ihn, den Abschied zu nehmen, mit mir zu reisen. Er ging ganz auf diesen Vorschlag ein. Das dienstliche Verhältnis drückte ihn; die Kameradschaft langweilte ihn. Er wollte mit mir reisen, sich aufhalten, wo es mir gefiele. Ich sollte in Paris, in Rom malen, soviel ich Lust hätte. Ich schlief ein mit der festen Zuversicht auf eine wenigstens äußerliche Änderung meines Schicksals, bei der ich im Genuß der Reiseabwechslung und der Kunstausübung Zerstreuung und Freude finden würde. Aber ach, wenn Obernau nicht mehr müde und abgespannt war, so kamen ihm meine Vorschläge ›romantisch‹ vor. Ein Lieblingswort, das er fast gegen jede meiner Äußerungen anwandte! Ihm gefiel nichts besser, als in Bamberg zwischen seinen Kameraden und guten Freunden fortzuleben, und ich mußte manchen plumpen Spott über meine Liebe zur Natur und Kunst anhören. Äußerlich ertrug ich das mit kalter Verachtung; aber es grämte mich, daß Obernau nicht die geringste Teilnahme für mich empfand, und es erbitterte mich, daß er dennoch es wagen konnte, von seiner Liebe zu mir zu sprechen und Erwiderung zu fordern, als sei sie sein Recht. Und ließen gar meine Schwägerinnen sich einfallen, den nämlichen Ton anzustimmen, so wies ich sie herb zurück, und sie rächten sich dafür, indem sie gegen ihren Bruder über meine Schroffheit wimmerten und ihn endlos beklagten, an eine seelenlose Puppe sein schönes Herz zu verschwenden.«

»Wie lange ich dieses Leben ertragen, welche Tat der Verzweiflung ich am Ende begangen hätte, das weiß ich nicht mehr. Wogende Nebelmassen liegen auf jenem Ehestandsjahr, und gern wende ich meinen Blick von ihnen ab, der lichten Erscheinung zu, die meinem Schicksal eine versöhnende Wendung gab, Ich lernte Andlau kennen, und ich liebte ihn. Gott, ich Arme, ich Bedürftige, ich Hartverletzte, mit welcher unaussprechlichen Wonne, mit welcher lautlosen Überraschung sah ich aus dem alltäglichen langweiligen Schwarm eine Gestalt auftauchen, bei der es mir wohl ward, bei der ich mich in meinem innersten Wesen geschützt und frei fühlte! Ein armes kleines Fischlein, das im Eismeer geschwommen und gefroren und sich an den Eisschollen blutig gestoßen hat und nun plötzlich in die lauen sonnigen Wellen der Südsee versetzt wird, muß diese friedliche Seligkeit genieße . . . Es fiel mir gar nicht ein, daß meine Pflicht gegen Obernau im Geringsten verletzt werden könne durch dieses Gefühl, für das ich keinen Namen wußte und wissen mochte. Ich nannte es nicht Liebe, denn bei dem Wort fiel mir meines Mannes Liebe ein, und ich mochte mein Gefühl nicht einmal durch den Gleichklang des Namens entadeln lassen. Aber ich liebte ihn. Meine Seele blühte auf vor seinem Lächeln; meine Träume wurden wach vor seinem Blick; die Welt schlug für mich das Auge auf, wenn ich in das seine schaute, in dies ernste denkende Auge, das forschend, prüfend, wägend auf den Gegenständen ruhte und ihnen Wert und Bedeutung zu geben pflegte, je nachdem es nach der Prüfung mehr oder minder befriedigt war, und das bei mir allein die Forschung vergaß, um in heller Freude zu glänzen. Und wohl mir, daß er es vergaß! Unentwickelt, kindisch, dumpf und befangen, wie ich damals war, hätte ich unmöglich vor der Feuerprobe des Verstandes bestehen können; aber er liebte mich und vergaß daher mich zu analysieren. Ich war ihm wie ein Meteor zwischen dem regelrechten Planetensystem der Gesellschaft. Unter anderen Verhältnissen hätte ich mich ihr vielleicht allmählich angepaßt; jetzt, aus Scheu, ihr zu gleichen, blieb ich in meiner einfachen Natur aufrichtig, stolz, ungebändigt, unabhängig, leidenschaftlich, – eine Charaktermischung, die man wohl als ein Gegenstück des allgemeinen Gesellschaftscharakters betrachten darf, die aber nicht eben bestimmt sein mag, einer Frau eine glückliche Zukunft in der Welt zu sichern. Ein gewöhnlicher Mann hätte dies sehr bald zu seinem Vorteil ausgenutzt; Andlau wurde dadurch gerührt. Er wollte meinem fremdweltlichen Wesen etwas von seiner phantastischen Glut nehmen, damit es besonnen in der kühlen Luft der Erde gedeihen könne; aber daran scheiterte seine Kraft, denn das tiefe Feuer, das bis jetzt in meiner Brust geschlummert, weil kein Lufthauch es angefacht, brach nun mächtig hervor und verzehrte seinen Willen. Die Liebe brannte wie zwei Altarflammen in unsern Herzen . . . . Was sagte die Welt dazu? Die Welt! Tausend gemeine Verhältnisse duldet sie, und abertausend noch gemeinere begünstigt sie! Aber wo eine starke Leidenschaft auftaucht, da schreit sie Zeter, die keusche sittsame Welt. Herzen, die im Schlamm ersticken, sucht sie fein säuberlich abzuwaschen; Herzen, die in Glut verlodern, streut sie in alle vier Winde. Ich nahm keine Rücksicht darauf. Mein Leben hatte einen andern Polarstern als das Urteil der Menge, und ich sagte höchst unbefangen, wie glücklich ich mich fühlte, endlich einen Mann gefunden zu haben, den ich achten konnte, weil Pferde und Hunde, Wein und Karten ihm nicht als die höchsten Güter und wichtigsten Angelegenheiten des Lebens erschienen. Obernau spottete sehr oft über meine romantische Liebe zu Andlau, aber er suchte nicht sie zu stören, vielleicht weil er meiner überdrüssig war, vielleicht weil er mich nicht für fähig hielt, eine mächtige Liebe zu erwidern; wenigstens meinte er ganz ehrlich, ich müsse von Marmor und Erz sein, indem ich bei der seinigen ungerührt geblieben.

»In meinem jungen brausenden Kopf hatten schon Flucht und jede mögliche gewaltsame Trennung gegoren, da eine Scheidung bei uns Katholiken mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Es gab Augenblicke, wo ich mir die Zuflucht eines Klosters wünschte, nur um dem Druck meiner unseligen Ehe zu entfliehen; denn die Liebe geht ihren Entwicklungsgang, und da mußte es mir bald unerträglich werden, daß mein äußeres und mein inneres Wesen qualvoll zerspalten war durch mein Verhältnis zu diesen beiden Männern. Was eins, war – getrennt! Was ewig zwei, blieb – verbunden! Das ist ein Rechenexempel, bei dessen Lösung das Gehirn wirbeln kann. Nur frei sein! Danach schmachtete ich wie nach Wasser in der Wüste. Nur frei sein! Das war das Angstgebet, das ich zum Himmel emporschrie. Und Gott hörte mich. Wie ein Gefangener durch Erdbeben, so gewaltsam, so schauerlich ward ich frei.

»Andlau war eines Tages bei mir, ebenso traurig und niedergeschlagen wie ich. Wir mochten nicht sprechen und uns auch nicht unsrer Schwermut hingeben. Wir setzten uns an das Klavier und spielten. Die Musik machte mich weich. Tränen entstürzten meinen Augen, und als er mich zärtlich umschlang, lehnte ich die Stirn an seine Wange und weinte zum Sterben! Da trat plötzlich Obernau mit seiner Schwester Kreszenzie ein und rief mit knirschender Wut: ›Du hast recht, Schwester!‹ Dann stürzte er in sein Zimmer, holte zwei geladene Pistolen, die stets im Schranke hingen, und forderte, Andlau solle sich auf der Stelle mit ihm schießen. Dieser verweigerte es kalt. Obernau wurde immer rasender. Andlau blieb ruhig, beschwor ihn, mich zu schonen, kein Aufsehen zu machen, indessen ich wie eine Bildsäule ohne Worte, Gedanken, Besinnung, dastand und nicht eher meine Fähigkeiten wiederfand, als bis ein Schuß fiel und Andlau zu meinen Füßen hinsank. Nun wußte ich, was ich zu tun hatte! Ich ließ anspannen, ihn in seine Wohnung schaffen, Ärzte rufen. Ich begleitete ihn. Keinen Augenblick verlor ich in Unentschlossenheit, Verzweiflung, Zaghaftigkeit. Keinen Augenblick wich ich von seiner Seite. Obernau und die ganze Welt waren nicht mehr für mich da. Ich gehörte dem an, der für mich litt, unschuldig und qualvoll litt. Ich weiß nichts aus jener Zeit, als daß ich ein paar Wochen Tag und Nacht vor seinem Schmerzenslager saß und um sein Leben flehte. Obernau begehrte, ich solle zu ihm kommen, bald bittend, bald drohend! Seine Verwandten forderten dasselbe. Ich hatte nur eine Antwort: ›Nie kehre ich in das Haus des Mannes zurück, der sich und mich im Angesichte der ganzen Welt erniedrigt hat!‹ Unerschütterlich blieb ich dabei. Obernau wollte sich nicht scheiden lassen, sei es aus Haß oder aus Rache. Mir einerlei! Ich ging mit Andlau nach Nizza; seine verwundete Brust brauchte mildere Luft. Zwei Jahre lang kämpften meine Liebe, Sorgfalt und Pflege ihn dem Tode ab. Zwei Jahre lang war ich in steter zitternder Angst um ihn. Doch mitten in dieser Angst war ich glückselig, bei ihm, für ihn lebend, nichts von der Welt wissend, wünschend, verlangend. Meine Tante war kurz vor dem entscheidenden Ereignis gestorben und hatte mir, der Frau eines reichen Mannes, nur das Pflichtteil, meiner Schwester das ganze Vermögen hinterlassen. Von meinem kleinen Erbe lebte ich damals wie ich jetzt lebe, einfach, schlicht, unabhängig, aber damals unsäglich froh durch den mir so neuen Genuß der Freiheit. Meine Liebe war nicht erkauft, ward nicht bezahlt! Ich fühlte mich weder gekränkt, noch erniedrigt, noch gedemütigt. In meiner Freiheit fühlte ich mich auf derselben Stufe stehend mit dem Mann, den ich so unaussprechlich verehrte, während ich mich durch meine Abhängigkeit tief unter dem Mann gefühlt hatte, den ich nicht achtete. Als Andlau endlich genesen, machten wir eine Reise durch Italien. Wie ging mir das Leben auf im Doppellicht der Liebe und der Kunst! Wie entwickelten sich meine Fähigkeiten! Welcher Strom von vielseitigem Glück umrauschte mich; und wie froh, wie sicher, wie bewußt meines Glücks und meines Rechts daran stand ich im Nachen und ließ ihn durch Andlau lenken!

»Da starb Obernau, und ich konnte frei über meine Hand verfügen. Aber ein unermeßlicher Widerwille gegen die Ehe hatte sich zu fest in meine Brust genistet, als daß ich eine zweite hätte schließen mögen. Die zwei Jahre meiner Verheiratung hatten mich übersättigt mit bitteren Empfindungen. Der Gatte war mir peinigend gewesen, seine Familie feindlich, die Welt gleisnerisch, ich mir selbst verächtlich. Keinen Schutz hatte ich gefunden gegen die bitterste Demütigung, keine Stütze für meine ratlose Unerfahrenheit, keinen Trost für meine innere Zerfallenheit. Zweifelnd an Gott, an den Menschen, an mir selbst, stand ich in grausiger Einsamkeit da, unbegnügt, unbefriedigt, tantalisch nach Hesperidenfrüchten schmachtend und, wenn mir eine in die Hand fiel, wenn meine Lippen sie berührten, augenblicklich den Sodomsapfel in ihnen erkennend. Bei Andlau – wie anders! Stets war ich gehoben, nie herabgezogen; stets fühlte ich ein Vorwärtsschreiten, eine Entwicklung, keinen Stillstand, kein Zurückgehen, kein Versinken. Ich war glücklich und fühlte mich durch dies Glück befähigt und stark gemacht, es in dieser eigentümlichen Weise festzuhalten. Dies Glück und diese Weise ließen mich in meiner vollen Selbständigkeit und doch zugleich in der Sphäre des Weibes, das seine Ausbildung und Befriedigung allein in der Liebe findet. Es war eine unendliche Gewißheit in mir, die keines endlichen Symbols bedurfte und eine endliche Fessel verschmähte. Vielleicht jedem andern Mann gegenüber wäre diese Zuversicht eine ungeheure Torheit. Bei Andlau ist sie nur eine richtige Würdigung seines Charakters. Aber mir selbst gegenüber ist es die größte Torheit gewesen, denn die unendliche Gewißheit wankt, und der Platz, der wie ein Fels unter meinen Füßen war, ist Triebsand geworden.«

»Darum, Faustine, mußt Du ihn verlassen!« sagte Mario ernst und ruhig, stand auf und nahm ihre Hand. »Da, wo Du bisher gestanden, ist es nicht mehr sicher für Dich. Stütze Dich getrost auf meinen Arm! Ich hebe Dich über alle Schwankungen hinweg. Ich danke Dir, daß Du mir Dein Schicksal enthüllt hast, und doppelt danke ich Dir, weil ich darin nichts sehe, was uns trennt.«

Faustine blickte ihn sprachlos an und fuhr mit der Hand über die Augen, wie um sich zu überzeugen, daß sie wache.

»Nichts!« fuhr er fort. »Denn Du liebst mich, und Andlau – liebst Du nicht mehr; denn wenn Du ihn noch liebtest, so wäre Dein Auge nie anders als mit dem gleichgültig freundlichen Blick auf mich gefallen, den Du für alle Welt hast.«

»Ja, siehst Du, das ist unmöglich!« rief sie.

»Nun, Faustine, ich liebe Dich. Du weißt es; ich habe es Dir gesagt, und Du mußt es auch ohne Worte wissen. Aber da ich es Dir gesagt habe, so will ich auch nicht von Dir lassen, denn Dich bindet nichts an einen Andern, sobald Dein Herz Dich nicht bindet; und Dich aufgeben, zurücktreten, von Notwendigkeit der Selbstopferung reden, das tut nur eine matte Liebe, die sich nicht stark genug fühlt, für die Geliebte eine alte Welt aus ihrer Achse zu heben und eine neue hineinzulegen. Wer zu einer Frau spricht: ›Ich liebe Dich!‹ und nach diesem Wort nicht bereit ist, mit ihr eines Weges zu gehen (und sollte der in die Hölle führen), nicht freudig bereit ist, weil er die Zuversicht hat, die Hölle in Himmel verwandeln zu können durch seine Liebe: der ist feig, Faustine, und der Feigling ist keiner Liebe fähig. Ich bin nicht feig! Ich habe den Mut, Dich mit allem zu versöhnen, mit Vergangenheit und Zukunft. Du wirst mein Weib, Faustine!«

»Ach, dann bin ich aber von erbärmlicher Untreue!« sagte sie dumpf.

»Und was wärest Du, wenn Du zwischen zwei Männern stehen bliebest, beide verzaubertest, jedem halb, keinem ganz gehörtest? Und was wärst Du, wenn Du mit einem gespaltenen Herzen zu dem Dich zurückwendetest, den Du geliebt hast, und zu ihm sprächest: ›Ich liebe einen Andern, aber Dir will ich treu sein?‹ – Du liebst das Schöne, Gute und Hohe, wo Du es findest, Faustine. Das macht Dich liebenswürdig. Und Du bist zu sehr von der Gegenwart beherrscht, um Dich dauernd an eine Persönlichkeit zu fesseln, sobald diese Dir nicht ganz überwältigend entgegentritt. Das macht Dich schwach. Ich will diese Schwäche nicht verteidigen, weil Du mir Spitzfindigkeit vorwerfen oder mich beschuldigen könntest, ich spräche für meinen eigenen Vorteil; aber glaube mir, wenn Du meine Schwester wärest, würde ich Dir nichts anders sagen als: ›Untreue ist ein zerrissenes, halbes, schwankendes Wesen, ist Widerspruch in der Seele. Mache ihn zunichte durch eine scharfe Entscheidung, durch einen unwiderruflichen Schritt, und Du hast Dich frei gemacht, Dich ins Gleichgewicht gestellt, hast das Störende fallen lassen und das Fördernde ergriffen! Wähle!‹ – Wähle, Faustine!« rief Mario, und die ruhige Gelassenheit, mit der er bisher gesprochen, ging in die bewegteste Leidenschaftlichkeit über. »Wähle! Jetzt, gleich, auf der Stelle! In einer halben Stunde verlasse ich dies Zimmer, und es hängt von Dir ab, ob ich es je wieder betreten werde oder nicht. Denn so, wie es bisher zwischen uns gewesen, kann es jetzt, nachdem das Liebeswort gesprochen ward, nicht mehr bleiben . . . .«

»Warum nicht?« unterbrach ihn Faustine. »Sie sind stark, Mengen, Sie können alles!«

»Alles Menschliche, Faustine, nichts Übermenschliches! Ich liebe Dich! Die Liebe will eins sein mit dem geliebten Gegenstand. In Deiner Nähe bleiben, unter dem Zauber Deiner Holdseligkeit, und diesen Wunsch nicht mit jedem Atemzug wie die Luft, die mich umgibt, begierig einzusaugen, dazu reicht meine Stärke nicht hin. Hast Du aber die Überzeugung, daß Deine Verbindung mit Andlau Dir und ihm noch die frühere Befriedigung gewähren könne, so scheide ich jetzt auf immer von Dir. Das kann ich allerdings. Doch meine Liebe zu Dir endet darum nicht! Solange mein Herz schlägt, schlägt es für Dich! Solange meine Augen offen stehen, wachen sie über Dich! Solange ein Blutstropfen in meinen Adern fließt, gehört er Dir! Solange ich auf dem Wege fortschreite, den ich seit meiner Kindheit gewählt, durch meine Jugend fortgeführt habe, und mit dem ich als Mann gleichsam verschmolzen bin, – folge ich Dir! Du gehörst zu meiner innersten Wesenheit, Faustine, denn durch Dich ist mir das Verständnis der Liebe geworden. Und Du solltest mich nicht genug lieben, um nicht ganz mir gehören zu wollen? Das werde ich nimmer glauben. Und wenn Du nein sprichst mit Worten und nein durch die Tat, dennoch werde ich Dir nicht glauben!«

»Da hast Du recht, Mario!« rief sie.

»Jetzt hast Du entschieden, Faustine! Du willst mir gehören. Engel, habe Dank! Du liebst mich!«

Marios Stimme zitterte, und sein Auge war feucht, als er so sprach; von seinen Zügen war jede Spur des Selbstbewußtseins weggeschmolzen, das ihm sonst etwas so Kühles, so Verpanzertes gab, daß man leicht glauben durfte, sein Herz bleibe unangefochten hinter eiserner Brustwehr. Faustine sah ihn an. Freude und Wehmut, Wonne und Schmerz wogten in ihrem Busen. Sie erkannte, daß sein Glück in ihrer Hand lag. Der Augenblick beherrschte sie; die Gegenwart siegte. Sie vergaß die Vergangenheit und dachte nicht an die Zukunft. Sie sagte nichts, aber sie nahm seine Hände, faltete sie und legte sie um ihren Hals, wie ein Joch. Dann fragte sie:

»Hast Du verstanden, Mario?«

Aber Mario antwortete nicht, und Faustine sah sich zum erstenmal dem Ausbruch einer Leidenschaft gegenüber, neben der die eigene Glut ihr blaß und kalt erschien.

»Kann Dich denn wirklich die Liebe beseligen?« fragte sie.

»Die Deine kann es, Faustine!« entgegnete Mario. »Und jetzt begehre ich den Beweis dieser Liebe.«

Sie schlug die erstaunten Augen groß zu ihm auf, als er sie bei der Hand nahm und aus dem Salon nach ihrem Zimmer führte. Da, vor ihrem Schreibtisch, ließ er sie los und sagte bittend:

»Jetzt schreibe, Faustine!«

»O Gott,« ächzte sie und sank in den Lehnstuhl, »ich kann nicht!«

»So muß ich es tun!« sagte Mario gelassen.

»Bist Du wahnsinnig?« rief sie außer sich. »Nein! Keine andere Hand als die meine soll ihm den Dolch ins Herz stoßen; denn das tue ich, das weiß ich!«

»Ja,« sagte Mario, »ihm oder mir.«

Faustinens Zähne schlugen krampfhaft zusammen und ihre Hände waren eiskalt.

Mario fuhr fort:

»Die halbe Stunde ist sogleich verronnen, Faustine. Schreibe! Du mußt Dich entschließen. Nach dem Entschluß hört die Qual auf. Das Unwiderrufliche überströmt die Schwankungen so beruhigend wie Öl die tobenden Wellen. Ich will ja nicht Deinen Willen beherrschen; ich will ja nur, daß Du ihn aussprechen sollst. Schreibe, Faustine!«

Sie war ganz von ihm beherrscht. Seine Bestimmtheit, die sich um seine Leidenschaft legte wie ein Schild vor eine nackte Brust, beschämte sie, die Schwankende.

»Ja,« sagte sie, »Du bist zuversichtlich, weil Du ganz göttlich-zuverlässig bist. Aber ich! Darf ich mich auf mich selbst verlassen?«

»So verlasse Dich auf mich, Faustine, und schreibe! Sieh, Du kannst ja nichts anderes tun. Gesetzt, Du stießest mir den Dolch ins Herz, – was wolltest Du hinterher beginnen? Gegen Andlau schweigen? Das ist Dir unmöglich! Überdies würde er erraten, daß Du nicht die Alte bist, und fragt er, wie willst Du leugnen, lügen können! Oder Du sagst ihm, was Dir begegnet ist, – glaubst Du, daß er imstande sein wird, es zu verschmerzen? Wenn es eine Laune von Deiner Seite gewesen wäre, wenn Du in einem müßigen Augenblick Gefallen an mir gefunden, ja, darüber könnte er lächeln und sich trösten. Kann er das jetzt, Faustine?«

»Nimmermehr!« sagte sie und nahm entschlossen die Feder.

Sie schrieb:

»Anastas, Dein letztes Wort beim Abschied ist Wahrheit geworden. Ich habe Dich vergessen. Nein, nicht Dich, aber mich. Ich meine, ich habe vergessen, daß ich nur in Dir leben konnte oder wollte. Wir dürfen uns nie wiedersehen, Anastas. Mit dieser Entscheidung verderbe ich Dein Leben. Darum wag ich auch nicht, Dich um Vergebung zu bitten. Du wirst am besten wissen, wie Du zu denken hast an

Faustine.«

Ihre Schrift war unkenntlich. Keine Spur der sonst so sicheren leichten Hand!

Mario schloß das Blatt in einen Umschlag. Dann sagte er:

»Nun die Anschrift, Faustine!«

»Jetzt mache ich ein Todesurteil fertig,« murmelte sie und richtete den Brief nach Nürnberg; denn so hatte Andlau es in seinem letzten Schreiben bestimmt.

Mario siegelte den Brief mit Faustinens Siegel und steckte ihn zu sich, indem er sagte:

»Morgen früh werde ich, bei der Post vorbeifahrend, ihn selbst abgeben.«

Dies alles hatte er gelassen und leidenschaftlos gesagt und getan. In seinen Augen war eine andere Handlungsweise für Faustinen unmöglich. Sie hatte ihren Willen erkannt und ausgesprochen; sie mußte ihn tun. Nun aber überstürzte ihn die Fülle des seligsten Bewußtseins wie eine Jubelsinfonie. Er sank vor Faustine nieder, umschlang sie mit beiden Armen und wiederholte immer, als ob er sich mit dem Wort vertraut machen müsse:

»Du liebst mich, Faustine! Du liebst mich!«

»Das muß wohl wahr sein,« sagte sie finster und ließ die Hände sinken, mit denen sie bisher das Antlitz bedeckt hielt. Kaum sah sie aber in Marios Augen, so entzündete sich auch in den ihren ein helles Freudenlicht; sie war wieder die glühende funkelnde Schönheit, wieder das liebedurstige Weib. Sie nahm seinen Kopf in ihre Hände und fragte mit jenem Übermut, den die Liebe so graziös auszusprechen weiß:

»Du bist aber wohl nicht glücklich, Mario?«

»Nicht ganz, Faustine!«

»O, Sie sind nicht glücklich?« sagte sie traurig, und ihre Hände sanken wie gelähmt herab. »Dann habe ich gewiß unrecht getan.«

Mario stand auf und sah sich im Zimmer um, indem er sagte:

»Als ich Dich in jener Ballnacht heimführte und den tollen Klemens hier fand, als ich dort auf der Schwelle stehen blieb und nicht dies Gemach betreten durfte, ja, damals ahnte ich kaum, welch Glück mir heute beschieden werden sollte! Aber ganz glücklich kann ich erst dann sein, wenn Du mir ganz angehörst, und darum flehe ich Dich an, Faustine: reise morgen mit mir zu meinen Eltern und laß den Vermählungstag meiner Schwester auch den unsrigen sein!«

»Ach, ich soll Dich heiraten?« rief sie ängstlich.

»Wie denn nicht?« fragte er stolz. »Meinst Du, ich würde es mir gefallen lassen, daß die Frau, der ich mein Leben weihe, meinen Namen zu tragen verschmähte? Meinst Du, ich könnte mich zufrieden geben in einem schiefen, aller Mißdeutung fähigen Verhältnis, wenn dieses durch nichts begründet wäre als durch die Laune der Frau? Wie soll ich sie schützen, wenn sie nicht öffentlich freiwillig unter meinen Schutz getreten ist? Wie sie ehren, wenn sie mir nicht die Auszeichnung schenkt, die mich dazu befähigt, indem sie mich von der Menge trennt? Tausende können Dir huldigen, Einzelne können Dich lieben, Dein Gatte kann Dich schützen und ehren, – er allein so, wie es Dir gebührt.«

Vor einer Stunde ungefähr hatte Faustine ihren vollen Widerwillen gegen die Ehe ausgesprochen; allein Mario beherrschte sie dermaßen und rüttelte mit so kräftiger Hand an ihren bisherigen Überzeugungen, indem er seine entgegengesetzten leidenschaftlos aussprach, daß sie sich unfähig zum Widerstand fühlte. Sie sagte nur:

»Und er soll dein Herr sein, – steht in der Bibel. Wohlan, Mario, ich werde Dich heiraten.«

Er hob sie auf und an sein Herz. »Komm!« rief er.

Sie nahm ihre letzte Kraft zusammen und sagte:

»Nein! Geh zu Deinen Eltern! Sie wissen ja nichts von mir, nichts von uns, Mario! Erzähle ihnen doch erst, daß wir uns lieben! Frage sie doch erst, ob ich ihnen willkommen bin! In acht oder vierzehn Tagen bringst Du mir einen Gruß von ihnen. Der wird mir Mut und Zuversicht geben. Jetzt geh, Mario!«

»Aber in diesen acht oder vierzehn Tagen wirst Du gewaltige Erschütterungen und wilde Aufregungen zu bestehen haben, fürchte ich.«

»Du meinst, ich könnte wohl auch von Dir abfallen?« fragte sie mit trübem Lächeln.

»Nein, aber in Gram Dich versenken . . . .«

»Ich werde denken, daß Du glücklich bist,« unterbrach sie ihn, »und dann muß der Gram weichen; denn in meiner Seele ist nichts so stark wie der Gedanke an Dich.«

Sie war auf das äußerste erschöpft und kaum imstande, sich aufrecht zu halten. Ihre Wangen brannten und ihre Hände waren eisig. Mario sah es, doch konnte er sich schwer zum Abschied entschließen. Er rief:

»Was kann nicht alles geschehen in vierzehn Tagen! Ich lasse die Hochzeit fahren und bleibe hier!«

Aber Faustine beharrte darauf, daß er ihr von den Eltern ein Liebeszeichen bringe.

Als der Morgen graute, ging Mario. Faustine sank in einen eisernen Schlaf. Er hatte die Pferde mit Sonnenaufgang bestellt; aber längst war die Sonne aufgegangen und der Wagen gepackt und angespannt. Er konnte sich nicht zur Abfahrt entschließen. Ihm war, als drohe Faustinen Gefahr.

»Wer kann ihr ein Leid zufügen oder ihr wehe tun?« fragte er sich unaufhörlich. »Andlau etwa? Aber der tut es nicht!«

Endlich sprang er in den Wagen und ließ bei Faustinen vorfahren. Es war acht Uhr. Sie konnte aufgestanden sein. Er eilte hinauf und fragte. Die Kammerjungfer antwortete, die Gräfin schlafe wohl noch, denn sie sei erst um fünf Uhr zu Bett gegangen. Mario bat sie, zuzusehen, ob die Gräfin nicht vielleicht schon wach sei, und als das Mädchen etwas befremdet seinen Wunsch erfüllte und in Faustinens Zimmer ging, folgte er ihr auf dem Fuße nach. Das ganze Zimmer glänzte in blutrotem Licht. Die Vorhänge von Fenster, Alkoven und Bett fingen den feurigen Strahl der Aprilsonne auf; ihr Widerschein überrieselte alle Gegenstände und stach in Marios Augen. Unheimlich berührte ihn diese brennende Farbe in dem stillen Zimmer, noch unheimlicher Faustinens leichenhafte Blässe.

Sie schlief. Er trat an ihr Lager und betrachtete einen Augenblick mit ängstlicher Sorgfalt dies schöne zarte Gesicht, das, wie eine Blume, noch die Spuren des nächtlichen Sturmes verriet. So abgespannt waren ihre Züge. Dann bog er sich zu ihr nieder und küßte ihre Stirn.

»Anastas?« fragte sie halberwacht und lächelte.

»Du träumst also nicht von mir?« fragte Mario traurig.

»Ich träume nie,« rief sie und richtete sich rasch auf, »oder träume ich jetzt? Weshalb bist Du noch hier?«

»Weil ich Sorge um Deine Einsamkeit habe, Geliebteste! Komm mit mir! Mein Wagen steht unten bereit. Ich bin furchtsam für Dich . . . . um Dich.«

Er war neben ihr niedergekniet. Sie legte den Arm um seinen Hals, den Kopf an seine Brust und sagte:

»O laß mich, Herz! Ich bin todmüde. Ich muß schlafen, so schlafen.«

Lange hielt er sie in seinen Armen; sie schlief nicht, aber sie schien betäubt, sprach nicht, und drückte ihn nur zuweilen ganz leise an sich. Er schwieg auch und sann nach, ob diese Ermattung körperlich oder seelisch sei. »Sind die Nerven schwach oder ist es das Herz? Schwach bist Du, armes Lieb!«

Der Wunsch, sie mitzunehmen, sogar gegen ihren Willen, stieg immer mächtiger in ihm auf. Da ließ er sie zurück auf das Lager sinken, nahm mit inbrünstiger Zärtlichkeit von ihr Abschied und eilte hinab.

Als er fort war, murmelte Faustine:

»Wäre ich doch mit ihm gegangen!«

Ein Chaos wogte in ihr. Die Elemente, aus denen ihre neue Erde sich gestalten sollte, hatten sich noch nicht aus der Gärung ausgeschieden.


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