Ida Gräfin Hahn-Hahn
Faustine
Ida Gräfin Hahn-Hahn

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XXIV

Sie waren ein paar Stunden umhergegangen. Feldern fühlte sich erdrückt von dieser dem Wahnsinn ähnlichen Leidenschaft, deren Hoffnung sich auf nichts gründete und deren Verlangen alles umschloß. Er sagte, er wolle Faustinen erzählen, wie unglücklich sich Klemens fühle, ihr mißfallen zu haben, also müsse er das Weitere ruhig erwarten und vor allen Dingen keine schlechte Gesellschaft zu sich heranziehen, die ihn für jeden Verkehr mit der guten unfähig mache.

»Ziert Euch nur nicht mit Eurer guten Gesellschaft!« rief Klemens ärgerlich. »In ihr fallen Dinge vor, deren keine schlechte sich schämen dürfte. Ist die Gesellschaft schlecht, das heißt gemein und roh, nun, so ist auch das rohe Wort und der gemeine Scherz am rechten Platz, und niemand wird dadurch beleidigt. Aber in der guten, der feinen, der gebildeten, der eleganten, was wird da geredet! Zierlich immer und mit pikanten Wendungen – die gröbsten Unanständigkeiten! Asa foetida aux confitures. Besonders die alten Herren haben recht ihr höllisches Behagen dran, und das macht auch den jüngeren Mut. Was man untereinander schwatzt, nun, das hat nicht viel zu bedeuten, aber vor Frauen sollte man doch das lose Maul beherrschen. Die sitzen da und tun, als hörten sie nicht recht hin. Aber sie hören doch; mögen sie ärgerlich, mögen sie verlegen sein, hören müssen sie. Manche mögen sich auch dabei sehr vergnügen. Dahin kommt es. Und dazwischen wachsen Mädchen auf, stehen einsam junge Frauen, jung und schön wie Faustine. Nein, mit Eurer guten Gesellschaft bleibt mir nur vom Halse! Wer ein paar Jahr darin gelebt, ist hieb- und schußfest und weiß Bescheid. Hinge es von mir ab, nicht drei Tage ließe ich Faustine dazwischen. Wenn sie einem gewissen alten Schwätzer gegenüber sitzt und das Goldkettchen immer hastiger, immer heftiger um die Finger wickelt, ist sie anbetungswürdig. Einmal lachte sie, aber im Zorn, das war prächtig . . . .«

Und wieder ging er auf Faustinen über, und wie ein Verrückter verlor er sich in Grotesken bei seiner fixen Idee, indessen er über andre Gegenstände klar und verständig urteilte. Trotz seines Mißfallens an der guten Gesellschaft versprach er denn doch, seine gar so lustigen Kumpane etwas fern zu halten.

Feldern kam ganz abgespannt bei Faustinen an, die in heiterster Laune sehr gern auf seinen Wunsch einging, Klemens wieder zu Gnaden aufzunehmen. Dessen Bedingungen teilte er ihr aber nicht mit, auch nicht ganz genau den Zustand, in dem er ihn gefunden. Er fürchtete, Faustine möchte dadurch etwas aus ihrer versöhnlichen Stimmung gebracht werden, und er hielt es für ganz notwendig, daß sie nicht ihre Hand von Klemens abziehe, wenn aus ihm etwas Tüchtiges werden solle. Aber daß morgen sein Geburtstag sei, sagte er Faustinen.


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