Karl Gutzkow
Hohenschwangau
Karl Gutzkow

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XXIX.

Wieder kam der Frühling über die deutschen Lande, nach manchem freud- und leidvollen Jahr.

Die Bahn bricht er sich vom Bodensee, dem großen »deutschen Meere« her. Da lassen ihn die Lücken und Öffnungen der Alpen, die Schluchten, durch deren Krümmungen sich des Rheines jugendliche Woge wälzt, vom beglückteren welschen Süden ein. Über die schneebedeckten Bergwände selbst und unmittelbar über die hohen Schroffen, die deutsches Acker- und Hirtenland vom Heimatland der Gemse trennen, kann sich der Lenz nicht herüberschwingen.

Immer höher aber und höher steigt er aus den Tälern aufwärts. Die Wiesen glitzern vom Tau und duften von tausend Blumen. Am Aufgang der Alpen treibt der Tannenwald junge Sprossen. Der schmelzende Schnee sickert in zahllosen Rinnen an den Felsenwänden herab und zaubert wie über Nacht die zackigen Gebilde der lieblichsten Farnkräuter. Gräser und Halme sprossen um die wie Samt- und Wollenpolster so weich und üppig gewordenen Moose in den Ritzen der Steine her. Der Frühling dringt weiter und weiter hinauf bis auf die höchste einsame Alpenmatte, über die nachts die Geister des Gebirges schweben.

Um den grünen See, den rings die hohen Berge einrahmen, weht schon die volle Macht des Frühlings. Das fühlen alle, die jetzt an seinen Uferrändern entlang lustwandeln, hier auf eine von Erlenholz gezimmerte Bank sich setzen, dort sich langhin auf den Wiesenteppich strecken, über den buntgekleidete Diener und zierliche Pagen Mäntel ausgebreitet haben. Den See durchfurchen mit Schwänen um die Wette kleine, buntbemalte, vergoldete Nachen mit wunderlich geschnitzten Schnäbeln. Die Schiffer – die Herren selbst – in prächtigen Trachten, glitzernd an der Sonne vor Gold und Edelsteinen, schießen mit Feuerrohren oder mit Armbrüsten nach Vögeln, die aus den Schneeregionen nordwärts fliegen, andere lauschen einem Sänger, einem Lautenspieler. Wieder andere ziehen bunte Netze nach sich oder haben die Angel ausgeworfen nach den Fischen auf kühlem Grunde. Auf den Vorsprüngen der Berge, mitten in jungem Buchenlaub, taucht dort oder da ein einsamer Wanderer oder eine fröhlich lachende Gruppe auf. Einer dieser Vorsprünge ragt über den Uferrand des Sees wie eine Kanzel dahin. Hier ergötzen sich die Männer an einem Wagehals, der aus einer Höhe von mehr als fünfzig Fuß in die noch eiskalten Fluten springt, die Silberlinge aufzufischen, die der Herren grausame Schaulust in den kristallenen Spiegel wirft.

Dort unter der Hängeweide, deren Zweige sich in den See senken, sitzt eine junge Frau in einem schwärzlich schillernden Samtkleide – seit einigen Jahren die Gattin David Paumgartners, eine Freybergerin aus dem drüben in den Lüften winkenden schloß Eisenberg. Sie trauert. Das hindert nicht, daß sich über ihr auf der Höhe im durchsichtigen Buchenbusch ihr Gatte, die kurze stämmige Gestalt mit den breiten Schultern und den wallenden Locken darauf, mit einer schlanken Dame neckt, die über ihrem steifen grünen Damastkleide ein rotseidenes kurzes Flügelmäntelchen trägt. Das ist seine zweite Schwägerin Anna, die Gattin seines Bruders Johann Georg – ebenfalls eine Adlige aus dem schwäbischen Geschlecht derer von Koynach. Johann Georg selbst, magerer als David, schwarz gekleidet von Kopf bis zu Fuß, führt die nicht minder in schwarz gekleidete Gattin Oswalds von Eck am Arm, eine Pienzenauerin, umgeben von ihren ebenfalls trauernden Kindern, lieblichen Jungfrauen schon. Vor kurzem war der mächtige Kanzler der Bayernherzoge, ihr Schwiegervater, gestorben, schnell gefolgt von seinem treuen Zögling, dem Herzog Wilhelm selbst. Beiden war Herzog Ludwig schon seit einigen Jahren in Landshut vorangegangen. Bayern regierte jetzt Herzog Wilhelms Sohn, Albrecht IV., ein Eidam des römisch-ungarisch-böhmischen Königs Ferdinand. Oswald von Eck, der durch den Tod seines Vaters völlig seinen Halt verloren hatte und in sinnloser Verschwendung sein ererbtes Vermögen verpraßte, tummelte sich wieder einmal in München, Prag oder Wien.

Aber auch selbst ein wirklicher Sohn Ferdinands, ein Erzherzog von Österreich, ist zugegen, gleichen Namens wie sein Vater, ein Jüngling wenig über zwanzig Jahre zählend. Eine kräftige, heldenhafte Gestalt –! Der junge Mann ist bei alledem in Fesseln geschlagen. Da steht er am Bug eines der Nachen, des größten, und richtet sein Feuerrohr in die Lüfte. »Eine Gans –!« scheint er eben zu rufen und deutet sehnsuchtsvoll auf den Grat des Sayling hinüber, der hier alle anderen Bergrücken überragt. Eine jugendliche Schöne, umgeben von huldigenden Rittern, sitzt zu seinen Füßen. Sie trägt ein mit Pelz verbrämtes, auf den Schultern und Armen mit zierlichen Puffen versehenes Kleid aus einem mit Blumen gemusterten dunklen Tuch. Ein aufrecht stehender, den weißen Hals lieblich einrahmender Spitzenkragen schließt ein anmutiges Antlitz ein mit blonden, gekräuselten Haaren, die ein dunkles perlendurchzogenes Samthäubchen und am Scheitel eine wallende schwarze Feder mit Brillantagraffe zusammenhalten. Das ist Philippine Welser, Gundulas Gespielin von der Annengasse zu Augsburg her – seit dem Augsburger Reichstag von 1547 die geheime Liebe des damals neunzehnjährigen Kaiserneffen und Königsohnes, des Erzherzogs, der sie beim Einreiten in die Stadt in einem offenen Erker gesehen und hierauf dem Vater Philippinens geschworen hatte, wenn er ihm gestattete, seinem Kinde zu huldigen, würde er sie einst als seine rechtmäßig kirchlich angetraute Gemahlin heimführen. Philippine hatte die Handschuhe ausgezogen und tauchte die lilienweißen Finger in die grüne Alpseeflut. Am Hinterteil des Schiffes stand eine andere jugendliche weibliche Gestalt hochaufgerichtet und mit den Männern scherzend. Schwarz ist ihr Haar, dunkel die Farbe ihrer Haut, ihre Augen glänzen wie glühende Kohlen. Ein goldener Gürtel um die aus Rot und Weiß zierlich zusammengesetzte, mit langen Hängeärmeln versehene Robe bezeichnet den schönen Bau ihres Leibes, die schlankgewundenen Hüften. Diese Jungfrau ist nicht überall mehr in Augsburg gern gesehen seit jenem Reichstag, wo auch sie fürstliche Herzen erobert hatte, Moritz von Sachsen, den neuen Kurfürsten, und seinen Freund, den Brandenburger, Grumbachs Zögling, die bei ihrem Vater zur Herberge wohnten. Aber die Freiherrn von Hohenschwangau und Kunigunde von Völs hielten sie drum wie ehedem. Jakobina Jung war seit dem großen Augsburger Geschlechterschub vom Jahre 1539 dem Adel ebenbürtig, eine Patrizierin.

Wer kann sie alle aufzählen, die sich heute aus nächster Nähe hier zusammengefunden hatten, um einige hohe Gäste zu ehren, die sich noch von dem eben beendigten Augsburger Reichstag von 1550 – dem vierten oder fünften schon nach dem Regensburger von 1541 – auf Hohenschwangau einfanden und die neue Wunderburg des kaiserlichen Rats betrachten wollten –! Dort ragt sie empor mit vollendeter Schönheit –! Neun Jahre hatte der Bau gedauert. Längst war Luzio di Spari mit den Gliedern seiner Genossenschaft – bis auf eines – wieder über die Berge zurück in sein mildes Vaterland. Auf Jahrhunderte hatte der Meister seinen Namen in den Marmorberg, auf dem sich sein Werk erhebt, eingegraben. Eben bestrahlt die Sonne die herrliche Schöpfung, den wie hingehauchten, vom dunkelblauen Himmel sich abhebenden schlanken, vielstöckigen, zierlich eckigen Hauptturm mit dem so symmetrisch wirkenden schräg anlaufenden runden Unterbau. Wahrhaft fürstlich ist die Auffahrt – eine gewundene Linie, sanft sich krümmend bis zum wappengeschmückten Burgtor –! Die Langseiten sind von Erkern, rundbogigen Fenstern – immer je zwei in eine Umrahmung verbunden – geschmückt und in der Höhe von einer einzigen Linie begrenzt, die rundum parallel mit den Außenwällen, den »Zingeln«, in Verzahnungen dahinläuft. Selbst wenn heute nicht Tannenkränze an Fenstern und Erkern hingen, würde man von außen erkennen, wo der stolze Palast gelegen, der Hauptsaal, in dem eben die abendliche Bankettafel hergerichtet wird, schon war manche der grünen Ausschmückungen des stolzen Gebäudes bleibend geworden – schon rankte sich junger Efeu an den Wänden auf. Im übrigen deckten noch Fahnen, bunte Zelte die noch nicht völlig mit Räumen wieder gefüllten Lücken, die von den Zurüstungen zum Bauen, den Bauhütten und Werkstätten übrig geblieben waren. Unterwärts um die Burg her prangte die junge Buchenwaldung in goldenem Licht.

Aber auch das alte order- und Hinterschwangau zur Rechten und der Frauenstein zur Linken konnten sich noch sehen lassen. Heute vollends, wo auch dort alles festlich geschmückt war. Die hohen Gäste, die noch erwartet wurden, sollten von Füssen herüberkommen. Dorthin, zum neuen Augsburger Bischof, dem Grafen Otto Truchseß von Waldburg (Christoph von Stadion war vor einigen Jahren in seiner Verbannung, auf dem Reichstag zu Nürnberg, in den Armen des berühmten Nürnberger Arztes Doktor Megenbach verschieden), waren die Herrschaften zunächst entboten worden, die allda auf dem Schloß beim Vettern des »Bauernjörg« in diesem Augenblick wohl köstliche Mittagsmahlzeit hielten. Daß dabei die Paumgartner und deren nächster hier und auf dem Alpsee sich jetzt tummelnder Kreis fehlten, dessen war die schlimme Unnachbarlichkeit Schuld, die zwischen dem neuen Bischof und den gegenwärtigen Schwangauern eingetreten war. Ehedem hatten letztere, während der Schwanenstein erbaut wurde, auf dem Füssener Schloß selbst gewohnt. Jetzt war die Feindschaft zwischen dem neuen fürstlichen Herrn, den sogar der Purpur des Kardinalats schmückte, so überreizt geworden, daß sich ihre Mannen zuweilen Scharmützel lieferten und die jungen Schwangauer, David und Hansjörg, öfters schon erklärten, sie würden sich noch einmal vom Kopf bis zu Fuß bewehren und das Füssener Schloß an allen vier Enden in Brand stecken. Desgleichen vermaß sich mit Hohenschwangau der stolze Fürstbischof. Alles um Flur, Wald, Wiese, Wasser des Lech, Gerichtsbarkeit und einen alten Groll des Kardinals auf den kaiserlichen Rat. Letzterer hatte die Schäden, die Augsburg dem geistlichen Hochstift seit den letzten Jahren zugefügt haben sollte, dem Kardinal nicht hoch genug taxiert. Der Kaiser hatte den Freiherrn in eine deshalb eingesetzte Kommission berufen.

Es gab auch eine Burgherrin auf Hohenschwangau, nicht die Witwe des schon seit Jahren dahingegangenen Johannes, des ältesten Sohnes vom Hause. Anna von Stadion hatte unten in dem Kirchlein von Waltenhofen, dicht am Lech, ihr eigenes Leben begraben. Dort ruhte Johannes, nachdem er vorm Tode noch manche erquickende Freude erlebt hatte. Ottheinrich Stauff hatte er wiedergesehen und Vittoria Ferrabosco. Annas Milde hatte der Empfindung nicht widersprochen, die damals alle teilten, daß diese Erde Vorbereitungen für Welten biete, wo sich die Liebe nur mehren wird, je mehr wir sie teilen, warum sollte Anna nicht noch dem Kranken, dem sich mit Todeskrämpfen, röchelnden Atemzügen Auflösenden gönnen, daß ihm Vittoria italienische Lieder sang und seine Lieblingsweisen auf der Zither spielte –! Johannes' Lieblingswanderung war in den schönen Grund hinunter gewesen, der an dem zweiten See, der beim Schwanenstein liegt, beginnt und hinter dem Huttel- oder dem Schwarzenberg her zu den »Fußstapfen des heiligen Mang« führt. Liebliche, friedliche Stellen gabs da unter uralten Bäumen, wo sich einsam wandeln und an jeder Stätte sanft im Grase ausruhen ließ. Von Füssen hört man die Glocken herüber, ohne die Türme zu sehen. Im Herbst ist der Grund vom Blätterfall ein einzig Meer. Durch die hohen Laubwellen hindurch zog er noch zum letztenmal seinen müden Fuß und sprach von einer versunkenen Kirche. Als dann in der Ferne Spielleute vernehmbar wurden, die nach Reutte in Tirol zogen, wo sie die Kirchweih feierten, fagte er: »An der oberen Donau wird die Kirchweih am letzten Tag in ein klein Schächtelein gelegt, alle Tänzer gehen mit Schaufeln und mit Hauen, graben in die Wiesen eine Grube und legen im Schächtelein die Kirchweih zur Ruhe –!« Und eben dort, wo dieser sinnige Brauch geübt wird, an der oberen Donau, zu Erbach und Paumgarten bei Ulm, hatte Anna ihren Witwensitz. Die Pflege ihres Schwiegervaters, die seither in dessen bewegtem Leben, seinen Hin- und Herreisen, nötig geworden war, überließ sie den jungen Gemahlinnen der Söhne und Vittoria Ferrabosco, für die der Rat, der die Hinfälligkeit selbst geworden war, eine seltsame Neigung gefaßt hatte. Weder mit dem Namen einer väterlichen, noch mit dem einer brüderlichen Liebe würde sie ganz zutreffend bezeichnet gewesen sein.

Vittoria saß in diesem Augenblick mit dem hohen Sechziger allein in seinem vieleckigen Turmzimmer. Die Ausstattung der Räume ist fürstlich. Die Wände sind kostbar geschnitzte Schränke mit mächtigen kunstvollen Schlössern. In die Wände sind Geldtruhen hineingemauert. Drei Fenster geben an den Stellen, wo ihre Scheiben nicht mit zu dunkeln Farben bemalt sind, den Blick nach allen Seiten frei; hier bis zum Auersberg hinüber; dort bis zur Falkensteinburg, dem schwebenden Nest am Felsengrat; das mittägliche Fenster läßt in den stillen Frieden um den Alpsee blicken.

»Der Bote soll warten –!« herrschte der Rat. »Ha, daß er auch gerade heute kommen mußte – wo wir unsere Gedanken auf so völlig anderes zu richten haben –!«

Vittoria ging.

Jetzt zählte sie nun schon manches Jahr über die Dreißig, hatte an fraulicher Fülle zugenommen in einem Jungfrauenstand, den sie weder an Luigi Costa, noch an manchen anderen Landsmann, der zum Bau über die Alpen gerufen wurde, opfern wollte. Eine weise Politik des Rates war, daß er mit der Zeit die italienischen Meister immer mehr gezwungen hatte, deutsche Arbeiter zu nehmen... Die Geschichte dieses Baues liegt vor uns. Wir wissen, daß die Wochenlöhne für die Errichtung der Mauern zuletzt die Summe von 5422 Gulden betrugen, die Wochenlöhne für die übrigen Arbeiten 5099. Wir wissen, was dem Maurer, dem Steinmetzen an Wochenlohn gezahlt wurde. Wir vermögen von dem ersten Augenblick an, wo Luzio di Spari »mit einem Triangel in der Hand« und »von einem Buben begleitet, der welsch und deutsch zugleich sprechen konnte«, die rechte Stelle zur Anlage seines Baues aussuchte, bis auf die Zeit, wo nur noch ein Johann Jakob Pleis die letzte Hand anlegte, dem Fortgang der Herstellung zu folgen. Auch Frauen haben zahlreich mitgeholfen und manche saure Robott- oder Fronschicht wurde von den Steinbrechern, Gipsmüllern, Ackerknechten des Rates umsonst geliefert. Stolze Namen schmückten die Werkmeister, die über Innsbruck und Botzen aus dem Val di Non und Val di Sol verschrieben wurden, Pietro und Giovanni de la Torre, Giorgio Sansovina, Pietro di San Fedele; sogar ein »Jeronimo de Paris« wird genannt.

Aber der Einzug in die neugebauten Räume schien dem Rat nicht wohlgetan zu haben. Wie sah er so verfallen, bleich und wassersüchtig aus! Seine Hand, von Gichtknoten entstellt, hielt einen Stab umklammert, auf den er sich sogar im Zimmer stützen mußte. Massenhaft lagen um ihn her die Papiere. Er war mehr als nur der »Kanzler« seines kleinen Fürstentums geworden. Er segelte noch immer auf der hohen Flut der Zeitbegebenheiten, hatte sogar das neugeschaffene Amt eines der sechs lebenslänglichen Bürgermeister von Augsburg angenommen, seitdem Augsburg durch den unglücklichen Ausgang des Krieges der Schmalkaldener gegen den Kaiser so tief von seiner Höhe herabgesunken war –!

Gemächlich, holdselig waren die Mienen seines Antlitzes, so oft ihn sein Herumtasten und Humpeln auf den Teppichen des Zimmers in die Nähe des Fensters brachte, das ihn hinüber nach dem Alpsee und den Gästen, vornehmlich nach dem nur im allerstrengsten Inkognito anwesenden Erzherzog Iugen ließ. Ernster wurde sein Blick, wenn er an das Fenster gelangte, das nach Füssen hinüberblicken ließ, obschon ein Bergvorsprung den vollen Anblick deckte – der Stadt und des Schlosses und der Fahnen, die dort aufgesteckt waren zu Ehren fürstlicher Personen, vor denen nun so recht die grelle Feindschaft zwischen dem mächtigen Kardinal, dem Freund des Papstes, und seinem Hause zur Schau getragen wurde –! Stumpf und gleichgültig machte ihn das dritte Fenster, das in die weite Ferne nach Osten blicken ließ, nach Steingaden, dem Peißenberg und Bayern hinüber, verzerrt und völlig ergrimmt aber wurde sein Antlitz, wenn er auf seine Bücher, die aufgeschlossenen Schränke, die geöffneten Geldtruhen sah.

»Bube –!« knirschte er mit den Zähnen, als sein Arm an einen Brief stieß, der nach Venedig bestimmt war, worin ein Wechsel für Antoni lag. Dieser hatte, als Augsburg in die Gewalt des Kaisers geriet und die alte Verfassung der Stadt aufgelöst und sein Vater aufs dringendste vom Kaiser ersucht wurde, mit den Fuggern und Welsern das Regiment der Stadt zu ergreifen, die Dreistigkeit gehabt, den ihm vom Vater auferlegten Bann zu brechen und ebenfalls nach Augsburg zu kommen. Ein solcher Mangel an Männern, die man jetzt als Regenten Augsburgs sehen wollte, war eingetreten, daß selbst Antoni Paumgartner vom Kaiser in den Rat aufgenommen werden konnte. Aber der Vater verbannte ihn darum doch wieder nach Venedig. Seinen Erbrechten auf Hohenschwangau hatte er ohnehin entsagen müssen. »Haha!« lachte es dann wieder in dem unruhigen Herrn auf, wenn er eines der vielen Spottlieder in die Hand bekam, die schon damals auf den gestürzten bisherigen Regenten Augsburgs, Jakob Hörbrot, den weiland Zunftmeister der Kürschner, erschienen. »Daß sie mir auch den schicken –!« sagte er dann wieder verdrießlicher mit anderer Gedankenbildung. »Es ist der alte Hohn! Der wiedererwachende Übermut, seitdem der Kaiser das einzige Magdeburg nicht bändigen kann.«

Dann trat er an die Fensterbrüstung, die ihn das Treiben seiner Gäste im freien Schoße der Natur beobachten ließ, grüßte zwar und nickte Grüßen, die ihm von unten herauf zuteil wurden, suchte aber nun doch nur nach einem, den er nicht finden konnte, so sehr er sein Auge deshalb anstrengte. Da er das Grüßen und Erwidern auf die Länge lästig fand, ließ er eine der bunten Bekleidungen des Fensters, ein Glasbild, das sich an einer Schnur hinauf- und herunterziehen ließ, so weit nieder, daß sein Antlitz bedeckt war, er aber darum doch leidlich sehen konnte. Er sah dabei durch sein auf Glas gemaltes neues Wappen hindurch. Die Lilie weiß im schwarzen Felde, ebenso der Schwan – doch schwarz sein Schnabel und sein Fuß; der Sittich grün im roten Felde; die Helmdecke schwarz und weiß, das Kissen und die Zotten daran prachtvoll rot.

Vittoria kam zurück.

Der Rat fragte sie, wo der Stauffer wäre –?

»Ihr gabt ihm ja Urlaub bis zur vierten Stunde –!« antwortete sie.

»Ich wollte, er käme zeitiger! Schickt nach ihm aus! Seine Rechnung muß heute entscheiden. Doch hoffe ich, endlich addiert er besser als das letztemal.«

»Er will, was recht und billig –« erwiderte Vittoria beruhigend.

»Recht und billig –?« loderte der Rat auf. »Mit dieser Stadt haben Recht und Billigkeit aufgehört. Setzt Hörbrot und seine Rotte, die immer noch nicht geschlagen ist, diesen Hörmann von Kaufbeuren und Georg Frölich als Taxatoren des Schadens auf, den mir der Pöbel vor dem Kriege getan –! Kann ich wohl zu meinem Recht, zu meinen Ehren kommen –! Hörmann nennt sich zum Guttenberg! Vom Teufelsberge nenn' ich ihn, seitdem sich dieser Frölich nach Kaufbeuren gesetzt hat und seine Ränke gegen Kaiser und Reich von dorten weiterspinnt. Schicken mir auch gleich diesen Frölich, um mir ein Angebot zu machen, das geradezu lächerlich ist –! Für die Verwüstung meiner Häuser, für die jährige Nutznießung meiner Güter, für die schimpfliche Einkerkerung meiner Leute zwanzigtausend Gulden –! Ich kann deren sogar achtzigtausend herausrechnen –!«

Es war ein eigentümlicher Blick, den mit diesen Worten der alte Herr auf seine Geldtruhen warf. Vor Vittoria hatte er wenig Geheimnisse. Sie wußte, daß er oft an die Schränke mit Seufzen ging, wenn es sich darum handelte, den fürstlichen Haushalt, vor allem die üppige Lebensweise seiner Söhne und Schwiegertöchter zu bestreiten.

Vittoria gab die Versicherung, daß ihr der ehemalige Augsburger Stadtschreiber Frölich, der Nachfolger des nun seit einigen Jahren auch zu seinen Vätern versammelten Peutinger, ein würdiger, besonnener Mann zu sein schiene. Er trauerte, wie der Rat wußte, obschon er ihn aus Hochmut noch nicht empfangen hatte, um seinen kürzlich verstorbenen Schwager Georg Vogler.

»Gebt ihm jede Bequemlichkeit, die das überfüllte Haus gestattet –!« sagte der Rat. »Ich mag aber drum mit ihm nichts anderes reden, als was zur Sache gehört. Wo nur der Stauffer bleibt –!« unterbrach sich der Rat dann selbst wieder und trat ans Fenster.

Als jetzt Vittoria sagte, es wäre nach Ottheinrich geschickt worden, bat sie der Rat, seine eigene gebrechliche Person in den Bankettsaal und auf die Basteien zu geleiten. Er wollte sehen, ob alles nach seinen Anordnungen eingerichtet, die Böller auch zuverlässig waren, um die königlichen Gäste durch ihr Lösen zu empfangen. Denn niemand Geringeres wurde erwartet als die beiden beinahe am längsten auf dem Augsburger Reichstag von 1550 verbliebenen Fürsten, der Sohn des Kaisers, Don Philipp der Infant, und der Sohn Ferdinands, seines Bruders, Erzherzog Maximilian. Beide wollten über Innsbruck nach Italien. Diese Jünglinge waren gewissermaßen die Zukunft Deutschlands. Jedem gönnte sein Vater die künftige Kaiserkrone.

Im langsamen Gehen am Arme Vittorias und sogar ab und zu dankend deren Hand drückend, lachte der Rat jetzt über das Inkognito, in dem sich des Erzherzogs jüngerer Bruder, der geheime Zukünftige Philippinens, hier in den Schwangauer Bergen tummelte.

»Schade,« sprach er, »daß der Landeshauptmann die Prinzen auf der Klausen bewillkommnen muß!«

Er wollte sagen: Schade, daß Gundula fehlt –!

Während der Rat so seinen Rundgang dahinschlich, Boten in Tätigkeit waren, Ottheinrich Stauff zu suchen, durchwanderte dieser, eine Mappe voll Schriften unterm Arm, die heute von so vielen Menschen belebte, auf Schritt und Tritt, fast in jedem Baum und Busch ihm heimatlich bekannte Gegend.

In Aussicht auf die Bankettfreuden des Abends hatte man das Mittagsmahl schon zeitig genommen.

Ottheinrich wollte niemand begegnen, sein Herz trug schwere Bürden.

An die Leiden des Vaterlandes, an die hartbedrängte fast verlorene evangelische Sache hatte er sich schon gewöhnen müssen. Die Zeit war so außerordentlich trübe geworden, daß ihm selbst Argula geschrieben hatte, er sollte ja sein Heil nicht wieder im Ungewissen suchen; Deutschland wäre verwüstet, selbst zum Reisen wären die Landstraßen nicht gemacht. Den Nürnberger Ratsherrn Hieronymus Paumgartner, den ehemaligen Verlobten der jetzt verwitweten Katharina von Bora – wohl Luthern, daß er vor der Zeit dieses Elends gestorben war –! hatten die Ritter von Rosenberg auf offener Landstraße gefangen genommen und als Geisel für einen Streit mit den ehemaligen Gliedern des schwäbischen Bundes vierzehn Monate lang hinter dunkle Burgmauern eingesperrt. In Schweinfurt lagen noch die Spanier und hausten furchtbar. Augsburg, Nürnberg, Moritz der neue Kurfürst von Sachsen hatten das papistische Interim angenommen, eine Form des evangelischen Bekenntnisses, die nur noch allein der Kaiser dulden wollte. Nur das belagerte Magdeburg leistete Widerstand. Volle Freiheit war nur noch in Preußen und in der Schweiz gegeben. Jenes lag allzuweit und diese war – zwinglianisch.

Der nächste Kummer des nun sechsunddreißigjährigen, von so mancher Narbe der Wunden, die das Leben schlägt, auf der Stirn, auf den schon leise gefurchten Wangen gezeichneten Mannes war die Unwahrheit, die ihm der Rat in betreff der Aufstellungen zumutete, die der Führer seiner Geschäfte, die rechte Hand seines Verwaltungswesens über die Unbilden entwerfen sollte, die dem Rat damals zugefügt worden wären, als Augsburg im Jahre 1546, wo die Stellung des Kaisers durch Hereinlassung fremder Kriegsvölker nach Deutschland eine entschieden herausfordernde gegen die Schmalkaldener geworden war, allen seinen Bürgern aufgegeben hatte, sich sofort in Augsburg zu stellen, in der Stadt zu verbleiben, ihre Gefahren und Drangsale, wie einem Bürger ziemte, zu teilen. Damals war der Freiherr von Hohenschwangau ferngeblieben. Er hatte sich im Gefolge des Kaisers gehalten. Nach altem, städtischem Brauch mußte er sich gefallen lassen, daß dafür zur Strafe die Stadt seine Häuser innerhalb des augsburgischen Weichbildes, seine Güter draußen, so weit sie zu erreichen waren, mit Beschlag belegte und in jeder Weise ausnutzte. Als Schertlin, der nach seinem verunglückten französischen Feldzug und den ernsten Mahnungen Philipps von Hessen, auch wohl nach einer Soldzulage von seiten Augsburgs, sich wieder in die Reihen gestellt hatte, wo man zu allen Zeiten hätte erwarten sollen, ihn allein zu finden, seinen berühmten siegreichen Zug bis zur Ehrenberger Klause gemacht, ganz Oberschwaben erobert und für die Sache der Schmalkaldener in Huldigung und Pflicht genommen hatte, da wurden dem Rat auch seine Güter Türkheim, Weiler, Contzenberg und von den verbündeten Ulmern Erbach und Paumgarten sequestriert. Wie der Rat es dem Kardinalbischof getan, so geschah es nun ihm. Schon vier Jahre währte sein Kampf gegen die Taxationskommission, die seine Schadlosforderung trotz seines gegenwärtigen lebenslänglichen Bürgermeisteramts unerhört fand. Ottheinrich war nicht imstande, für die Beweisführungen, die der Rat für seine erlittenen Schäden aufgestellt haben wollte, die Belege zu finden. War er doch in der Zeit, wo Schertlin in Füssen des Bischofs Schloß verwüstete und Sankt Mang brandschatzte und Buchloe für Augsburg in Besitz nahm, gerade Zeuge dieser Siege gewesen und hatte im stillen an ihnen mitgearbeitet, auch sich überzeugt, daß dem Rat, Schertlins altem Freunde, in seinen Besitzungen die größte Schonung widerfuhr.

Die Überzeugung, daß die hohe Summe von achtzigtausend Gulden, die sich kaum für zwanzigtausend als berechtigt nachweisen ließ, mit dem Übermaß von Pracht, Wohlleben und Selbstvertrauen zusammenhing, das alle Schritte des emporgekommenen neuen Adelsgeschlechts bezeichnete, erschütterte und verwirrte ihn vollends. Diese heutige Festlichkeit, obschon Kaiser- und Königsöhne empfangen wurden, bot an sich wenig Neues. Solcher Vorkommnisse gab es seit Jahren hier kein Ende –! Welche Summen wurden da verbraucht –! Aber der Rat und seine Söhne lebten dazu größtenteils auswärts. Sie hatten fast ein Dutzend Haushaltungen. Welche Verantwortlichkeit lag ihm da ob –! Als ein treuloser Mietling in den Zeiten der Gefahr zu weichen, war ihm nicht möglich gewesen. Und doch verlor er schon oft die Fassung. Wie gern wäre er ganz gegangen –! Aber ihn banden zu mannigfache Fesseln – einige, von denen er nur zu gut wußte, daß sie bis in sein Innerstes hinein geschmiedet waren. Riß da eine Kette, so ging ein Stück Leben mit ... Bei alledem ahnte er, daß ein Ende bevorstand und sollte es auch nur mit des Rats zunehmender Körperschwäche und bald zu erwartender Auflösung eintreten.

Ottheinrich konnte an der Form der Geldgeschäfte, die von den Paumgartnern noch immer mit den Fürsten getrieben wurden, in Rücksicht auf die wucherischen Zinsen keinen Anstoß nehmen. Diese Prozente waren hergebracht und wurden durch die Gefahr gänzlichen Verlustes der Darlehen entschuldigt. Aber die ungerechte Forderung an Augsburg kümmerte ihn gerade um deshalb, weil die Stadt ruiniert war, seitdem sie für ihre Teilnahme an einem Kampfe, der ihm gerecht erschien, nicht zu ermessende Summen hatte bezahlen müssen. Die düsterste Stimmung trieb ihn in die Berge hinauf. Er schämte sich, dem edeln Georg Frölich, den er schon sonst in Augsburg gesehen, wieder zu begegnen. Er suchte Ruhe im alten Teile Hohenschwangaus, wo es auch heute stiller war.

Als Ottheinrich zum alten Schloß zurückgekehrt war, riefen ihn die nach ihm ausgesandten Boten eilends zum Schwanenstein.

Vittoria kam Ottheinrich schon mit der Mitteilung entgegen, daß dem Rat am heutigen Tag der Besuch des Abgesandten aus Kaufbeuren wenig genehm zu sein schiene. Auch möchte er den alten Herrn in keiner Weise durch Widerspruch aufregen. Eben rüstete er sich, sagte sie, zum Empfange der Prinzen. So hinfällig der Rat war, er wollte doch einen prachtvollen Reitermantel von geflammtem Damast und kostbarem Pelz umtun, sich auf einem Rollwagen den Berg hinunterfahren, unten auf seinen stattlichen Paradegaul, einen ruhigen Paßgänger, heben lassen und so den Prinzen entgegenreiten.

Vittoria führte ihren alten Freund, mit dem sie auf dieser Höhe, im Werden und Wachsen der Burg und so manche Zeit nachher zahllos ernste und frohe Stunden durchlebt hatte, an eine der Gaststuben, die noch für den Boten aus Kaufbeuren übriggeblieben war.

»Denkt euch,« sprach sie im Gehen, »in Kaufbeuren haben sie jetzt wieder eine Italienerin zum Besuch, gerade so wie wir damals in der »schwäbischen Sturmfahne« hausten, frierend in euerm harten Winter und mit den Menschen verkehrend wie mit den Wänden da –! Auch nicht ein Wort in eurer Sprache spricht sie, wie ich damals–! Herr Frölich erzählt es –«

Überrascht war Ottheinrich von Vittorias fernerer Mitteilung, daß diese Italienerin an einen deutschen Arzt verheiratet sein sollte, der in Ferrara studiert hätte. Denn von Ferrara, hieß es, kämen sie, und der reiche Herr Hörmann zum Guttenberg hätte den jungen Doktor schon seit einigen Monaten als Wächter und Pfleger seiner Gesundheit in Kaufbeuren zurückbehalten. Georg Frölich, den Ottheinrich mit herzlichem Handdruck als alten Bekannten bewillkommnete, bestätigte in der Tat, daß eine Ahnung Ottheinrichs zutraf, sein ehemaliger Schüler, Andreas Grünthler von Schweinfurt, ließ ihm tausend Grüße sagen. Er hatte sich als ein Student mit der Tochter eines Hofmeisters der Kinder Renatas von Este, der Herzogin von Ferrara, verlobt und nach einer beschwerlichen Reise, die er über die Berge zurück nach Deutschland unternommen, sein der Braut gegebenes Wort ehrlich gelöst und sie nunmehr auf einer dritten italienischen Reise abgeholt. Schon von Italien aus an den reichen Hörmann empfohlen, hatte das junge Paar die Anerbietung angenommen, eine Weile in der kleinen Reichsstadt zu hausen, bis im Frankenlande die Segnungen des Friedens wieder fühlbarer geworden wären. Im übrigen gehörte Georg Frölich zu dem engeren Kreise der evangelischen Freunde, von denen er wußte, daß mit ihnen auch Ottheinrich Stauff bekannt war. Letzterer hatte schon vor Jahren durch seine damals in Augsburg ruchbar gewordenen mutigen Bekenntnisproben Frölichs Aufmerksamkeit erregt.

»Ich komme gar ungelegen, sehe ich!« sagte er. »Wie konnte man aber auch glauben, daß euer Meister noch diese spanischen Prinzen aufhalten würde, ehe sie dahinfahren, wohin sie gehören, über alle Berge –!«

»Was dünkt euch von meinem Meister?« entgegnete Ottheinrich schmerzlich lächelnd. »Der sollte sich nicht eilen, solchen Prinzen zu hofieren?

»Oft hat mir doch,« meinte dagegen Frölich und sah sich spähend in dem kleinen Zimmer um, »oft hat mir doch Schertlin ins Ohr geraunt – daß eures Rates kaiserliche Gesinnung die letzte Probe auch nicht bestehen würde –«

»Das hat euch Schertlins böses Gewissen gesagt!« entgegnete Ottheinrich. »Er wollte damit nur seinen eignen Abfall entschuldigen –«

Frölich, ein kleiner, bereits weißhaariger Mann, blinzelte mit seinen lebhaften Augen und sagte mit geistvoll kluger Miene:

»Denkt milder von Schertlin –! Er wird alles wieder gut machen.«

Eine kurze geheimnisvolle Pause trat ein, die den draußen stattfindenden Lärm, das Gerassel und Gelaufe im Schloß, das Rufen und Lärmen im Hofe, das Singen und Musizieren vom Tale herauf nur um so greller heraushören ließ.

»Wäre nur eures Meisters Haß gegen die arme Vaterstadt nicht so grimmig!« fuhr Frölich fort. »Ihn scheint auch nichts zu versöhnen! Nicht der Untergang ihrer Freiheit! Nicht die Abstellung der Zünfte! Nicht die Wiederkehr des Bischofs da drüben! O, das unglückliche Augsburg–! Seine edelsten Männer sind vertrieben oder werden in der Stadt verhetzt! Das Evangelium verschändet das Interim! In die Kirchen sind die Weihwedel und die Fahnen wieder zurückgekehrt –! Das ist der Wahnsinn der Sieger, zu glauben, daß eine solche Stadt, weil sie einige reiche Bürger hatte, in ihren Mitteln unerschöpflich sei –! Wie haben sich die Übermütigen bezahlen lassen–! Jeder reichte eine Rechnung ein und wollte nicht minder, wie Kaiser, Kur- und andere Fürsten, ein zu kurz Gekommener scheinen! Pfui, aber die Schande –« Frölich unterdrückte seine Stimme – »daß auch euer Herr und Meister zu diesen Blutsaugern gehört! Ich aber hoffe, daß ich nicht umsonst an sein Tor gepocht habe. Der Ausschuß bietet zwanzigtausend Gulden – jedes Mehrverlangen ist Übermut, wenn nicht Schlimmeres –«

Dem Manne, der da so mutig sprach, und der Sache, über die Ottheinrich dieselbe Überzeugung teilte, zuliebe, hätte letzterer diesen Worten wohl zustimmen sollen. Dennoch verschließt in solchen Fällen des Dienens Gewohnheit selbst dem Redlichsten den Mund. Ottheinrich ging dem Gegenstand, ehe er ihn nicht nochmals mit dem Rat besprochen hatte, aus dem Wege und sagte nur:

»O, daß euer Bild unserer Leiden so wahr ist! Diese gedemütigten Bekenner – diese unglücklichen, gefangenen, von Land und Leuten gejagten Fürsten –! Ihr trauert –? Ich weiß es, um euern Schwager Vogler.

Auch Vogler mußte hingehen im vollen Dunkel der Nacht, beschämt durch sein an den jungen Markgrafen so verlorenes Mühen und Arbeiten –! Kein anderer Stern mehr mochte ihm noch leuchten, als der der Liebe seines Weibes und seiner Kinder –«

In Frölichs Schweigen, das auf diese Worte folgte, lag ein Etwas, das auch fast Ottheinrich hätte verstummen lassen, wenigstens war es eine Erregung inneren Grauens, die ihn über seine eigenen Worte befiel. Er mußte über diese an Jutta denken, die in Würzburg lebte.

Frölich brach diese Gedankenreihe, die auf Jutta, Würzburg, das geistliche Leben führte, ab und setzte seine frühere Klage fort.

»Der edle, abgesetzte Kurfürst mußte auch jetzt wiederum in Augsburg zum Schauspiel der kaiserlichen Pracht und Hoffart dienen! Ihn schleppt der Kaiser durch alle Lande –! Aber noch in Ketten und Banden bleibt er hochgemut –! O, daß sich ein Engel in Menschengestalt verkleiden wollte, ihn zu befreien –! Vor allen aber in den Niederlanden unsern Landgrafen –! Ach, daß doch dieser, blind wie der Hessen Art, zornig, wild in Haß und Rache, ein Sturmgeist auf die Triumphatoren herniederschießen und das Schwert des Herrn und Gideons schwingen könnte –! Wer einen Schlüssel zu seinem Gefängnisse finden könnte –! Eine Bekanntschaft am Hofe seiner Wächterin, der Königin Maria hätte –! Ach, ihr erschreckt –? Ich weiß es ja, auch ihr habt ja schon der abtrünnigen Fürstin gezeigt, was Bekenntnistreue vermag –!«

In diesem Augenblick umgab Ottheinrichs Sinne Nacht. Sein Fuß schwankte, seine Hand hielt die Mappe krampfhaft umspannt, als könnte sie ihm Halt gewähren. Er sank an die Lehne eines Sessels.

Martina war eine solche Helferin, in deren Hand vielleicht die Schlüssel ruhten, um den Landgrafen von Hessen zu befreien. Zweimal war seitdem die Königin Maria in Augsburg gewesen. Ottheinrich wußte es von seinen eigenen Besuchen der Stadt her, daß Martina die reichste Gunst der Fürstin erfahren hatte, immer noch bei ihr verweilte, im jungfräulichen Stande, den sie nicht aufgegeben. Sie war angesehen, vermögend, das Erbe ihrer im Katharinenkloster verstorbenen Base war ihr zugefallen. Würdevoll und milde sollte ihr äußeres Erscheinen sein und noch immer von Anmut umweht. Ihrem Gott sollte sie – alles das hatte er im Haysermannschen Hause erfahren – dienen, wie er ihm selbst diente und wie jetzt jedermann, der nach außen hin den »Fürsten der Finsternis« triumphieren sah, ohne ihm die Macht zuzugestehen, die Herzen zu zwingen, ihm diente. Auch nach ihm hatte Martina gefragt in jener Unglückszeit von 1548 und mit Tränen war er von dannen gegangen aus dem Häuschen, das seine alten Freunde noch bewohnten. Über ihre diesmalige Anwesenheit in Augsburg hatte er noch keine nähere Kunde.

Mit seinem zu tausend Schmerzen aufgewühlten Innern wurde er jetzt zum Rat abberufen, der ihn erwartete, um seinen Bericht zu vernehmen. Ottheinrich ging halb bewußtlos. Es war wie im Traum, daß er zu dem charaktervollen Manne, den es nun galt zu täuschen, vorher noch sprach:

»Verzeihet noch –! Mit dem Rat will ich nun über eure Sache reden. Laßt euch seinen Haß, der euch ganz meiden zu wollen scheint, nicht verdrießen –! Einigen wir uns nicht, so komme ich wohl selbst nach Keufbeuren und begrüße zugleich meinen alten Schüler –«

Damit ging er eine Schneckenstiege nieder, durch gewölbte, an den Wänden heute mit Kränzen geschmückte Gänge in des Rates Arbeitszimmer.

Der stand nun da, wie die Leiche Cids, die seine Mannen, gerüstet und als lebte er noch, durch ihr vom Feinde bedrängtes Lager trugen.

Ottheinrich hatte vom Zorn des Rates gesprochen. Aber er hätte sagen sollen, daß in ihm selbst Mißmut und Verdruß die höchste Höhe erreicht hatten. Ein Ausbruch seiner Stimmung war eine Wohltat, eine Erleichterung für ihn. Denn wo der Mensch nicht Anstand nimmt, zu gestehen, daß er sich selbst verurteilt, da schont er wohl am wenigsten andere. So riß Simson die Säulen ein, in deren Trümmern er sich begrub.

Der Rat war im ersten Augenblick allein. Bald aber kam Johann Georg, dann David. Zuletzt kamen noch die Frauen der jungen Männer und Vittoria. Ottheinrich hatte die Familie, wie sie sich nach und nach als maßgebend und in allen Angelegenheiten des Hauses entscheidend gebildet hatte, beisammen. Jeder brach in die Tür herein, erfüllt nur von dem nächsten Vorhaben der Einholung der Prinzen, von der Erwartung des in Füssen zu gebenden Signals. Sie begriffen kaum, um was es sich handelte, als sie den so wertgeschätzten und keineswegs als Diener gehaltenen Freund mit dem Vater im Streit erblickten.

»Ich vermag euch, edler und gestrenger Herr,« hatte Ottheinrich begonnen, »für euer Gewissen in dieser Sache mit den Augsburgern kein sanft Ruhekissen zu geben! Ihr habt der Stadt eure Verachtung bezeugen wollen, als ihr vor einigen Jahren die hohe Forderung stelltet –! Das war damals ein Einfall, der aus eurer Galle kam, nicht aus eurem Trieb um Gerechtigkeit, auch nicht aus eurer gesunden Überlegung, wo und wie ich auch rechne, ich kann die geraubte Kuh nicht zu einer Herde machen, aus einem geschlagenen und geturmten Knecht keinen Fronhof voll Arbeiter, der euch gefehlt hätte, um die Ernte einzutreiben –! Was euch zertreten wurde, lag schon geknickt durch die Spanier –! So ist es mit dem erlittenen Schaden durchweg. Ich würde mich an eurer Statt der Sünde schämen, solche Laune bis ans Ende aufrecht zu erhalten –«

»Welches Ende?« fielen jetzt zwei und bald darauf schon die anderen Stimmen statt des Rates ein, der diesen Ausdruck seinerseits ebenfalls mißverstanden haben mochte. Denn die Stimme versagte ihm unter der stahlblauen Halsschiene, die auf seiner keuchenden Brust befestigt lag. Er hielt sich an seinen Schreibtisch, um nur aufrecht stehen zu können. Indem hörte man den Rollwagen und die Schritte der vier Männer, die den Rat hineinzuheben, ihn über die Schloßkorridore zu fahren oder da, wo Treppen noch niederzusteigen waren, zu tragen hatten.

»Dasjenige Ende meine ich,« fuhr Ottheinrich fort, »das nach drei Jahren endlich eingetreten sein sollte! Die Schatzungsherren schicken euch Herrn Frölich, einen Ehrenmann. Sie bieten das Letzte, das der Armut der Stadt zu geben möglich –! Zwanzigtausend Gulden –! Herr der Barmherzigkeit! Solch Geld wird jetzt in Augsburg denen Witwen und Waisen abgezwackt, den hungernden, hohlwangigen Webern, dem verstörten Handel und Wandel eurer Landsleute! Und euer Stolz, eure unversöhnliche Rachgier verlangt sogar das Vierfache! Daß ihr doch in die Erde sinken wolltet vor Scham über solche Forderung –! Ich habe die Spalten der Berge gesucht, um mein Antlitz zu verstecken ob der Lüge in diesen Papieren« – er zeigte auf seine Mappe – »in denen ich den Verlust nicht von zehntausend Gulden habe beweisen können und doch noch achttausend darüber herausgelogen habe –«

»Und unsere Ehre, wie taxiert ihr die –?« riefen die Söhne fast einstimmig, hielten aber doch die beiden jungen Frauen zurück, die zu noch nachdrücklicherem Widerspruch anhetzen zu wollen schienen.

»Suchet eure Ehre da, wo sie vor Gott und Menschen einen angenehmen Geruch verbreitet –!« antwortete Ottheinrich. »Aber schon lange stinkt sie an mehr Orten, als sich aufzählen läßt!«

»Lasset! Lasset –« rief Vittoria flehentlich, verschloß schnell alle Truhen und Schränke und gab die Schlüssel dem immer noch sprachlos und wie erstarrt dastehenden Rat, der zuweilen wie mechanisch nach ihrem Arm tastete, um sich an den Rollwagen führen zu lassen.

»Nein, ich prophezeie dieses Hauses Untergang!« fuhr Ottheinrich fort. »Ich fühle den schmählichsten Fall eures herrlichen, Jahrhunderte alten Namens voraus, wenn ihr nicht einlenkt – einlenkt auf andere Bahnen, als auf die, Prinzen und Könige einzuholen! Euer Platz war in Augsburg –! Die dunkelste Gasse dort, wo gearbeitet und dem Arbeiter sein gebührender Lohn wird, setze ich in hellerem Glanz, als euer festlich geschmücktes, prachtvoll erleuchtetes Schloß! Wehe, wehe, daß ihr von dem Stolz eurer Vorvordern habt ablassen können, von Bürgertugend, wohlerworbener Macht, Ansehen in den Städten –! In die Städte flüchtet sich Fleiß, Treue, Beharrlichkeit deutscher Nation und des Vaterlandes Zukunft und Wohlergehen –! Auf den Burgen wohnen nur noch Hoffart, Pracht, Untreue, Raublust, jede geschwinde Kunst der Müßiggänger und Lügner –! Lasset in diesem Augenblick Kaiser und deutschen König selbst auf Hohenschwangau kommen und euer Gold und Silber, Samt und Seide, Essen und Trinken, üppige Lotterbetten bewundern – euch täte besser, ihr säßet noch auf dem Jüdenberg und suchtet die Fugger auf der Börse zu schlagen, im Rat der Stadt, auf der Stuben der Kaufleute, im Handel und Wandel, nicht auf den Bänken der Kur- und Fürsten, die euch, emporgekommene Kaufleute, nur aussaugen, nimmermehr wahrhaft nach eures Kaisers bezahltem Ritterschlag anerkennen, wohl aber euch wegwerfen werden auf die Straße, wenn ihr geworden seid, was ihr werden müsset, geht es so fort, kernlose Schalen und leere Hülsen –!«

Die jungen Frauen bemühten sich umsonst, ihre Männer um so rücksichtsloser Worte willen in Harnisch zu bringen. Letztere lächelten nur, wie ihr Vater allmählich zu lächeln anfing. Freilich kannte Vittoria dies Lächeln als Vorbote eines Ungewitters, eines furchtbaren Entschlusses, eines vernichtenden Wortes. Sie trat hinter die andern und hob ihre Hände empor, um Ottheinrich zur Ruhe zu beschwören. Daß alles bis jetzt seiner Rede so ungehindert hingegangen war, bewies die Kraft der Stellung, die sich der mutige Sprecher zu erwerben verstanden hatte, nicht minder die Macht der Wahrheit, die in seinen Worten lag.

Ein dumpfer, aus weiter Ferne vernehmbarer Schlag löste die furchtbare Spannung der Szene.

Jetzt erst bemerkte man die inzwischen völlig eingetretene Dunkelheit. Vom Schloßgraben herauf blitzte in die Fenster Fackelschein. Ein zweiter Böllerschuß und ein jauchzendes Halloh! der Mannen im Schloß, ein Läuten der Glocken aus dem Tal drückte den Moment aus, wo in Füssen die verabredeten Signale gegeben, vom Turmwart beobachtet worden waren und die feierliche Einholung begann.

Schon in Ottheinrichs letzte Worte hinein hatten die Knechte, kaum um sich sehend oder hörend vor Geschäftigkeit, die schwere Eichentür geöffnet und den Rollwagen hineingeschoben. Der Rat, willenlos wie ein an allen Gliedern Gelähmter, von Vittoria wie ein Kind behandelt, wurde hineingetragen. Alle übrigen folgten. Ottheinrich blieb wie ein Geflohener zurück.

Im Zimmer war es geisterhaft still und völlig dunkel geworden. Nur draußen schien ein einzig Feuermeer zu wallen. Auf die Berge hinüber warf sich der rote Schein von den jetzt angezündeten Pechfackeln und mit Teer gefüllten, zum Ausbrennen bestimmten Tonnen. Auch auf den Wällen der Burg löste man die Geschütze. Pauken und Trompeten wirbelten und schmetterten durcheinander.

Ottheinrich sank auf den Sessel nieder, der an dem Schreibtisch des Rates gestanden hatte. Er stützte sein Haupt auf.

So mochte er wohl eine halbe Stunde gesessen haben, unbeachtet von dem Lärm draußen und der Bewegung um ihn her. Seine Augen feuchteten sich. Er bereute nun fast, was er getan hatte. Und doch war sein Unwille so begründet, sein Warnen so dringend geboten –! Er hätte vor innerem Weh vergehen mögen.

Als der Jubel, der sich auf einige Zeit verzogen hatte, mittlerweile in verstärktem Maße wieder näher kam, demnach die Einholung eben im vollen Zuge zu sein schien und die kaiserlich königlichen Prinzen bald eintreffen mußten, da war es ihm, als öffnete sich hinter ihm leise die Tür.

Darauf wandte er sich nicht um. Unbeweglich hielten seine beiden Arme sein fieberhaft brennendes Haupt gestützt.

Das Rauschen eines Kleides, das Auftreten eines sich leise nähernden Fußes hätte er nun wohl hören sollen.

Doch war ihm alles, wie wenn es nicht da wäre und die Welt überhaupt nur zum Untergang bestimmt.

Allmählich fühlte er, daß sein Haar eine leise Berührung streifte. Auf seine Schultern legte sich ein Arm.

Es war ein weiblicher. Gold und Edelsteine starrten daran. Er fühlte das Knistern der Passamente dicht an seinem Ohr, das Drücken der Steine durch sein eigenes Wams hindurch. Nun wehte ihn ein milder Hauch menschlichen Atems an. Die schweren Goldgehänge eines weiblichen Haarnetzes berührten sanft seine Wange.

Noch aber regte er sich nicht. Noch sprang er nicht auf. Eine Ahnung hob seine Brust. Er wußte, wer es war. Ihm hätte das Herz zerspringen mögen.

»Ottheinz –!« begann eine ihm wohlbekannte, seit einigen Monden nicht vernommene Stimme. »Ei, ei – Wie so gar ungnädig nach so langer Trennung –! Und gegen uns alle –! Diesmal auch nicht einer ausgenommen–!«

Ottheinrich fühlte die Berührung seiner Stirn von zwei schwellend weichen Lippen.

»Dein Poltern wird mir eben erzählt –! So steh nun aber jetzt auf –! Du sollst dem Boten sagen – also befiehlt 's der Vater – eben tat er's, als er im Sattel saß und ich gerade im selben Augenblick aus dem meinen stieg – daß der Bote das Schloß räumen möchte! Der Vater könnte ihn nicht gut heute über Nacht beherbergen –! Aber den Augsburgern sollte er sagen, der Herr Frölich – so meldet der Vater –, daß er ihnen wolle den ganzen Schadenersatz schenken! Er wolle nicht achtzigtausend und nicht zwanzig haben – Nicht einen Heller begehrt er noch von ihnen –! Das richte jetzt aus –! Eigentlich solltest du hinzufügen, er tät's aus Verachtung–! Doch das lasse nur fort –! Und nun komm zum Fest, Lieber, Wunderlicher, Toller –!« Wenn Ottheinrich nun auch mit Verzweiflung hätte auflachen und rufen wollen: »Ha! Die neue Pracht! Die neue Hoffart –! Jetzt wirft er sogar das, was er mit Fug und Recht hätte fordern dürfen, aus schnöder Prahlsucht zum Fenster hinaus –!« so kam er zu solchen Worten nicht mehr. Die holde Frau – ihre Begrüßung, Umarmung, ihr Kuß litten es nicht mehr.

Kunigunde, die Freifrau von Völs, vom Hut mit wallenden Federn bis hinunter zu ihren rotseidenen Schnabelschuhen, die in den bereits unter den rasch beim Absteigen vom Roß weggeworfenen hellbraunen Reitstiefeln verborgen gewesen waren, unter dem Reitmantel, der eben von ihren Schultern niedersank, in Pracht und Herrlichkeit gekleidet, mit glühenden Wangen vom heißen Ritt von der Ehrenberger Klause her, mit Augen voll Feuer, Lippen voll Seligkeit –

Das war nun schon seit so manchem Jahr für ihn ein Trunk aus dem Quell Lethe, wo sich die Gegenwart von allem Vergangenen scheidet und wir die Dinge, die Menschen und nichts so sehr vergessen als uns selbst.


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