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Der Erfolg dieses Interviewers veranlaßte eine Reihe anderer Berichterstatter, sich nach dem Südwesten zu begeben und ähnliche Versuche zu unternehmen. Binnen kurzem wurden Einzelheiten von Herrn Fairbrothers anstrengender Reise nach dem Süden berichtet und von den Strapazen, die er nach Ausbruch seiner Krankheit noch durchgemacht hatte. Der Buchhalter des Hotels in El Moro, wo man den Namen des großen Minenbesitzers unter dem Datum der Ermordung seiner Frau eingetragen fand, erzählte eine Geschichte, die eine hübsche Lektüre für diejenigen bildete, denen die Leiden und Erfahrungen des reichen Gatten der Ermordeten mehr Interesse boten, als die des unglücklichen, aber verhältnismäßig unbedeutenden Mannes, welchem die öffentliche Meinung die Schuld an ihrem Tode zuschrieb.
Wie es schien, war Herr Fairbrother an dem Tage, wo die erste Nachricht von dem großen New Yorker Verbrechen eintraf, vom Hotel abwesend und auf einem Erkundigungsritt im naheliegenden Gebirge begriffen. Man hatte ihm Boten nachgesandt, und von diesen brachte ihn einer schließlich zur Stadt zurück. Er hatte den Millionär entdeckt, wie er inmitten der Berge einer menschenleeren Gegend auf seinem Pferde herumirrte, krank und bereits beinahe unzurechnungsfähig infolge seines heftigen Fiebers. Sein Zustand war so ernst, daß weder der Bote noch die andern, die nachher mit ihm zusammenkamen, den Mut hatten, ihm die schrecklichen Nachrichten aus New York mitzuteilen oder auch nur die Zeitungen zu zeigen. Zu ihrer großen Erleichterung fragte er gar nicht danach. Was er wünschte, war ein Platz im ersten Zuge, der nach dem Süden abgehen würde, und dies war ihnen ein willkommener Ausweg aus einer großen Verantwortung. Sie erfüllten seinen Wunsch und brachten ihn in seinen Wagen, wobei sie so wachsame Vorsichtsmaßregeln gegen irgend welche Störung ergriffen, daß sie keinen Augenblick daran zweifelten, daß er El Moro verlassen habe, ohne von dem Verluste, der ihn betroffen, geschweige denn von seinen Begleitumständen eine Ahnung zu haben.
Diese Unwissenheit schien er sich auch bewahrt zu haben. Sie wurde von seinen näheren Bekannten als Beweis für die Wahrheit seiner Behauptung betrachtet, die ihm in den Pausen des Deliriums entlockt worden war und nach der der Edelstein, den er bei der Trennung seiner Frau überlassen hatte, echt sein sollte. Dann langten weitere Telegramme an, von offizieller wie privater Seite, die übereinstimmend meldeten, daß noch Wochen vergehen dürften, ehe er sich in der Lage befinden würde, irgend ein Verhör über einen so peinlichen Gegenstand bestehen zu können. Daher beschlossen die New Yorker Behörden, nicht länger auf seine Aussagen zu warten, sondern unverzüglich zur Verhandlung zu schreiten.
Die Versuchung ist groß für mich, die Verhandlungen mit allen Einzelheiten zu erzählen. Sie waren für mich von der größten Bedeutung. Auf jedes Wort lauschte ich mit der Aufmerksamkeit des Neulings und der Angst des Weibes, das den guten Ruf ihres Geliebten einem Verdikt ausgeliefert sieht, welches ihn möglicherweise zum Verbrecher stempeln wird. Aber trotzdem ist das gar kein Grund, meinen Bericht mit der Erzählung von Tatsachen zu beschweren, die für die meisten Leser nur eine Wiederholung von bereits bekannten Ereignissen bedeuten würde.
Die nahen und gewiß auffallenden Beziehungen Herrn Durands zu diesem Verbrechen, seine Erklärungen über diesen Zusammenhang, die in verschiedener Hinsicht eigentümlich und, wie ich selber zugebe, nicht immer überzeugend klangen – an all dem konnte nichts das Geringste ändern, noch seine offenkundige Feigheit ungeschehen machen, die er beging, als er die Handschuhe der Frau Fairbrother in mein unglückliches Handtäschchen steckte, um sie so zu verbergen.
Was das Geheimnis der schriftlichen Warnung betrifft, so blieb es unaufgeklärt. Auch mißlang der Versuch, den Eigentümer des Stiletts festzustellen, trotzdem ein halber Tag geopfert wurde, um nachzuweisen, daß die Waffe auf einem der Besuche in den Besitz Herrn Durands gelangt war, die er in der letzten Zeit zahlreichen Kuriositätenhändlern in New York, sowie in andern Städten gemacht hatte.
Seine Besuche hatten, wie er erklärte, den Zweck gehabt, ein für seinen Diamanten passendes Etui zu finden. Diese Erklärung begegnete, wie die anderen, wo die Lage ihn zu kompromittieren schien, dem größten Zweifel.
All das hatte er erwartet, genau so wie, daß Herr Grey nicht an den Verhandlungen teilnehmen, noch als Zeuge dazu vorgeladen würde. Aber diese Erwartung bot mir keine Erleichterung in meinen Prüfungen; ich sah, wie ein Zeuge nach dem andern die Zeugenbank verließ, ohne Herrn Durands Lage zu verbessern, ohne einen Wink zu geben, der den Verdacht in andere Bahnen hätte leiten können.
Ich muß meinen Onkel sehr erschreckt haben. Er hielt mich fortwährend am Arme und flüsterte mir Trostworte zu; er bat mich, nicht allein mir und ihm zuliebe, sondern auch im Interesse Herrn Durands, dessen Blick selten mein Gesicht verließ, auszuharren und standhaft zu bleiben.
Und so kam es, daß ich schwieg.
Das Verdikt war trotz allem nicht so unerträglich, wie ich es erwartet hatte. Es entlastete zwar Herrn Durand nicht, aber andererseits enthielt es auch keine offene Anklage gegen ihn. Ich wollte ihm schon in erneuter Hoffnung ein beglückwünschendes Lächeln zusenden, da sah ich den kleinen Detektiv – denselben, der am Ball die Handschuhe in meinem Täschchen ausfindig gemacht – auf ihn zugehen und ihm die Hand auf den Arm legen. Die Polizei war einen Schritt weiter gegangen als die Jury des Koroners. Vor meinen Augen wurde Herr Durand unter der Anklage des Mordes verhaftet.