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Schi-King: Brief eines Mädchens

Geliebter! Komm nicht mehr durchs Dorf geritten.
Steig niemals wieder – laß, o laß dich bitten! –
auf unsre Weide! Sieh, es kann nicht sein:
Ich darf mich dir, du Einziger, nicht weihn.
Denk, meine Mutter ist so lieb und treu,
schau: so verhärmt sind meines Vaters Züge.
Geh, meide mich, daß ich mich willig füge!
Es wird mir schwer genug. Glaub mir Tschong-Tseu!

Auch auf der Mauer laß dich nicht mehr blicken!
Du könntest unser Maulbeerbäumchen knicken.
Ich pflanzt es selber, möcht dirs nie verzeihn.
O Gott, wie gerne, gerne wär ich dein!
Zuhause ist man streng. Ich bin so scheu
und mag nicht meine ernsten Brüder kränken
und füge mich und kann mich dir nicht schenken,
wie sehr es mich verlangt. Glaub mir Tschong-Tseu!

Noch dieses! Rüttle nicht mehr an dem Gitter
des Gartens. Meine Seligkeit, ich zitter,
daß du das Sandelbäumchen umbrichst. Nein,
mein Herzgeliebter, nein! Es kann nicht sein.
Ich bin nicht, die ich war, mir selber neu.
Die Leute, du! Ich schäme mich, ich schäme
mich so, daß ich in ihr Gerede käme,
und doch verbrenn ich fast. Glaub mir Tschong-Tseu!


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