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Li-Tai-Pe: Das Lusthaus

Aus Aprikosengezweig und Ästen der Weide
tropft zerfließender Schnee im wärmenden Lenzhauch.
Leise schluchzt der Vogel Yng. Um den Giebel
flattern die Schwalben.

Länger wird schon der Tag. Wir tafeln im Freien,
kürzen mit edlen Gesprächen freundlich die Stunden.
Tänzerinnen herbei! daß schwebende Anmut
wiegend uns labe.

Sterne flimmern schon. Wir entlassen die Diener,
trinken die Freuden der Nacht in vollen Zügen.
Laue Lüfte legen sich leicht an das Zelttuch,
fächeln uns Kühle.

Sonnenaufgang! Wie glänzen die lächelnden Kelche
der erfrischten Beete! Die Wasserpflanzen
öffnen mit schlichter Geberde die atmende Knospe,
grüßen den Frühling.

Zierlich von Zweig zu Zweigen hüpfen die Vögel,
singen ihr Lied von den blühenden Pflaumen und Birnen,
im amethystenen Lusthaus des Kaisers tanzen
himmlische Frauen.

Knospige Trauerweide, du ähnelst dem Golde,
frischgefallenem Schnee, rosige Apfelblüte.
Grünes Gezweig! Verbirg unter Blütengeriesel
trunkene Küsse!

Die erlesensten Schönen geleiten den Kaiser
auf der Ausfahrt in den erwachenden Frühling,
strömen mit Vogelgezwitscher aus allen Gemächern
hin in die Landschaft.

In dem düftewehenden Reigen des Lenzes
schwebt auch sie, Fey-Yen, die hohe Geliebte,
schwebt die Tochter des Volkes, die Rose der Rosen,
wie eine Wolke.


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