Ludwig Bechstein
Deutsches Sagenbuch
Ludwig Bechstein

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282. Das Heilige Meer

An der Straße zwischen Freren in der Niedergrafschaft Lingen und Ibbenbüren ist das Heilige Meer gelegen, ein weiter See, zweitausendfünfhundert Schritte im Umfange, von dem sagt man, daß es weder Holz noch Schiffe auf sich schwimmen lasse. Dort hat vorzeiten ein reiches Kloster gestanden, in dem es mehr weltlich zuging als geistlich, und lebten Abt und Konvent dem Sinnengenuß sonder Ordnung und Zucht. Da ist es durch des Himmels Zorn in einer grausen Wetternacht untergegangen und ein See an dessen Stelle getreten, des Wasser ist so hell und klar, daß man an sonnigen Tagen drunten noch des Klosters Türme erblicken kann. Manche Leute wallen noch hin und holen dieses Wasser, gleichsam als ein geweihtes, zu heiligem Gebrauch. Bei Stürmen wirft das Heilige Meer noch immer Balken und Sparren des versunkenen Klostergebäudes an die Ufer. Der vorübergehende Landmann, der solche sieht, betet ein Vaterunser oder ein Ave.

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