Ludwig Bechstein
Deutsches Sagenbuch
Ludwig Bechstein

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184. Schwertmann

In einem Hofe namens Rothwisch in der Krempnermarsch lebte vordessen auch solch ein Raufbold, aber noch viel schlimmer, denn er trieb es gar arg mit allen tollen Streichen, und hieß Schwertmann. Der hat für seine Übeltaten gar lange als Gespenst umgehen müssen, als Feuermann, und hat die Leute geschreckt und geängstigt. Als Schwertmann gestorben war, sah man ihn auf seinem Leichenwagen wieder nach Hause fahren. Beim Leichenschmause saß Schwertmann unter den Leidträgern. Bald guckte er da, bald dort aus einem Fenster, einem Korbe, einer Luke, mit schrecklicher, abschreckender Fratze. Als Pfarrer und Küster kamen und diesen Geist bannen wollten, warf er ihnen alles Böse, das sie heimlich getan, laut vor, bis zum Geringsten. Endlich überwand ihn der Schulmeister, der im Überwinden Übung hatte, und trug ihn nun nach dem wilden Moor, ihn zu bannen. Da zischelte ihm Schwertmanns Geist ins Ohr: Nur nicht zu tief in den Sumpf, hörst du? Nur nicht zu tief. Als Schwertmann nun dorthin gebannt war, aber eben nicht zu tief, so wandelte er von Zeit zu Zeit als Feuermann herum und schreckte viele Leute. Die größte Pein litt er an seinen brennenden Füßen; wo er Schuhe fand, zog er sie an, weil sie seinen Brandschmerz linderten, es paßten ihm auch alle, nur konnte er kein Paar lange tragen, weil er jedes gleich durchbrannte. Oft bat er selbst Leute um Schuhe, die gleich verschwanden, sobald sie ihm hingesetzt wurden. Endlich hat ein Bäckergesell diesen ruhelosen Geist in einer Kiepe gefangen und sie ins Meer gesenkt, seitdem war Ruhe vor ihm, aber sein tolles Wesen bei seinem Leben und nach seinem Leben, das blieb im Gedächtnis der Leute, und sie sprachen sprüchwörtlich, wenn es wo recht wild und toll und übel herging: Da regiert Schwertmann.

Wenn einmal einer etwa die Kiepe zufällig auffischt und öffnet, da wird er schon sehen, was für einen Fisch er gefangen hat.

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