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Italienische Novellen. Dritter Band
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Pietro Fortini

Geistesgegenwart einer Paduanerin

In Padua lebte vor nicht langer Zeit eine sehr schöne, vornehme und reiche junge Frau, die wie viele andere Frauen sich nicht mit ihrem Lebensgefährten begnügte, obwohl er jung, schön und kräftig war, sondern, von einer unehrbaren Lust gelockt, wie viele dumme Frauen tun, sich in einen fremden Jüngling verliebte, der sich zum Studium dort aufhielt. Weil sie maßlos in ihn verliebt war, begann er, wie es Brauch der Studenten ist, da er merkte, daß sie ihn mehr als üblich anblickte, ihr nachzusteigen. Sie kam ihm mit ihren Liebkosungen so sehr entgegen, daß sie in wenig Tagen die ersehnten Früchte der Liebe pflückten.

Nachdem so die beiden Liebenden miteinander vertraut geworden waren, verging kein Tag, wo sie sich nicht zärtlich umarmt hätten, und so gingen sie in großer Sicherheit ihrer Liebe nach.

Aber zum Unglück war an einem sehr heißen Tage, wie sie beide zusammen in der Stube waren, besiegt und matt von den Liebeskämpfen und infolgedessen wenig vorsichtig, die Tür nach draußen offen geblieben. Und während sie im Bette lagen, kam ihr Mann und sprang die Treppe hinauf. Da die Stubentür ebenfalls offen war, hörte sie, wie er die Treppe hinaufeilte, und merkte, daß es ihr Mann war, worauf sie ganz erschreckt ausrief: »O weh, ich muß sterben!«, aufstand und zu dem Liebhaber sagte: »Versteckt Euch hinter der Tür, und sowie Ihr Gelegenheit habt, geht hinaus, damit unsere Liebe nicht heute zu Ende ist!«

Nach diesen Worten ging sie ganz heiter und fröhlich ihrem Mann entgegen und sagte: »Mein teurer Lebensgefährte, Ihr kennt gewiß noch nicht den schönen Streich, den eine Frau ihrem Mann gespielt hat!«

»Na«, erwiderte er, »was ist denn losgewesen?« Und um die Geschichte zu hören, blieb er auf der Türschwelle stehen und erwartete von hier aus ihren Schwank zu hören.

Die Frau fuhr fort: »Ihr sollt den schönsten Spaß hören, den Ihr je gehört habt!«

Er war neugierig, ihn zu hören, und sagte: »Erzähle mir doch, wo und wem er begegnet ist?«

»Hier in der Nachbarschaft«, war ihre Antwort; »merkt auf, ob er schön war! Es war eine vornehme, junge und reiche Dame in Padua, die nicht viel weniger schön ist, als ich bin; sie gab sich in ihrem Zimmer mit ihrem Liebhaber, einem Studenten, der Lust hin, und zufällig kam ihr Mann gerade nach Hause, während sie sich die Zeit vertrieben. Sie hörte ihren Mann kommen, bevor er ins Zimmer trat, und ging ihm mit folgenden Worten entgegen: ›Dort neben der Bretterbrücke war eine Frau, die von ihrem Mann überrascht wurde; und sie ging ihm entgegen, band ihre Schürze los ...‹ und nachdem sie das gesagt hatte, wickelte sie sie ihm um den Kopf.«

Die Frau, die ihre Schürze bereits aufgebunden hatte, tat so, als ob sie mit ihrer eigenen Schürze das nachmachen wollte, und wickelte ihren Mann fest darin ein.

Während er so eingehüllt war, daß er nichts sehen konnte, flüchtete der tüchtige Jüngling leise. Als er fort war, befreite sie ihren Mann, wobei er zu ihr sagte: »Du scheinst sehr dumm zu sein: kannst du es mir nicht erzählen, ohne es mit deiner Schürze nachzumachen?«

»Nein«, erwiderte sie, »denn wenn ich deutlich machen will, wie der Liebhaber entkam, mußte ich es so machen.«

Dem jungen Manne machte diese Geschichte solches Vergnügen, daß er den Ärger über die Störung seines Tête-à-tête überwand und, um alles mitanzuhören, an einem ziemlich sicheren Platze stehenblieb.

Als der Mann von seiner Verhüllung befreit war, sagte er zu der Frau: »Wenn das wahr war, ist das wirklich eine schöne Geschichte; dieser Dummkopf ist ein Idiot gewesen, daß er diese List nicht gemerkt hat!«

»Aber«, meinte die Frau, »sie hatte ihn mit dieser Schürze so gut eingehüllt und eingewickelt, daß er wirklich nicht sehen und hören konnte.«

Nachdem sie sich genügend über die Sache unterhalten hatten, ging der Mann ins Zimmer, das ja nun frei war, und sie blieben hier eine Weile. Der verliebte Jüngling, der sich vor Lachen über den Vorfall nicht halten konnte, ging sehr zufrieden seiner Wege.

Und als der einfältige Ehemann nicht viel später sein Haus verließ, erzählte er diese Geschichte in ganz Padua und merkte nicht, daß er selbst ihr Held war.

Die Frau traf, wie sie es gewohnt war, nur mit größerer Vorsicht, mit ihrem geliebten Studenten zusammen, und jedesmal, wenn sie und ihr Liebhaber zusammen waren, lachten sie über den Vorfall; sich glücklich ihrer Liebe erfreuend, ergaben sie sich lange Zeit gemeinsam der Lust und Kurzweil.


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