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Italienische Novellen. Dritter Band
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Giovanni Battista Giraldi

1504 –1573

Ein argloser Ehemann

In Rimini, einer Stadt der Mark, die früher von der alten und edlen Familie der Herren Malatesta beherrscht wurde, solange das Schicksal ihrer Tugend und ihrer sehr großen Tapferkeit gewogen war, lebte eine junge Frau namens Vana, die aus ziemlich angesehener Familie stammte und mit einem netten jungen Manne verheiratet war, der sie außerordentlich liebte. Sie sah sehr schön aus und hatte feine Umgangsformen, aber mehr Neigung zur Lüsternheit, als einer anständigen Dame zukam, und war so mannstoll, daß sie nicht mit einem zufrieden war, sondern selbst wenn sie zehn gehabt hätte, wäre sie nicht befriedigt gewesen. Aber die Furcht vor ihrem Mann, der nicht nur sehr schön, sondern auch hochherzig war und auf Ehre hielt wie nur ein Mann seiner Stellung, legte ihrem lüsternen Verlangen Zügel an; denn sie fürchtete, wenn er irgend etwas Unehrbares an ihr wahrnehmen würde, würde er sie die härteste Strafe erleiden lassen. Und obwohl die Furcht sie sich etwas beherrschen ließ, blieb ihr Sinn dennoch der gleiche, und innerlich war sie durchaus gewillt, ihr Verlangen voll zu befriedigen, sooft ihr die Gelegenheit günstig schien. Obwohl sie ihren Mann sehr auf Ehre bedacht sah und sich selbst in Lebensgefahr, sooft er sie als nicht ehrbar erkannt hätte, so hätte sie sich doch am liebsten mit allen Männern, die ihr gefielen, eingelassen, wenn sie eine günstige Gelegenheit dazu gesehen hätte, falls es ohne Gefahr möglich gewesen wäre. Aber indem sie vor den Augen ihres Mannes höchste Keuschheit heuchelte, suchte sie bei ihm den Eindruck zu erwecken, als ob sie in ihn ebenso verliebt wäre wie damals, als sie begonnen hatte, ihn zu lieben. Von der Verstellung der falschen Frau getäuscht, war der junge Mann so zufrieden, wie jemals ein anderer Ehemann, der mit seiner Frau innig verbunden lebte, hatte sein können.

Während sie immer den Gedanken hegte, ihr Verlangen zu sättigen, und der junge Mann des festen Glaubens war, daß sie die keuscheste Frau von der Welt sei, geschah es, daß er mit seiner Frau zur Erholung aufs Land ging. Von hier ging der junge Mann oft nach der Stadt und kam dann zu seiner größten Freude immer wieder zu seiner Frau aufs Land zurück.

Nun lag gerade das Korn auf der Tenne, um enthülst zu werden; geschnitten hatte es der Pächter des jungen Mannes, und er hatte sich auch die Mühe gemacht, das Korn auszubreiten, damit der Wind die Spreu davontrage, so daß das Korn gereinigt zurückbliebe. Es war im Monat Juli, in dem die Sonne ihre Strahlen so glühend aussendet, die für viele Menschen tödlich sind. Der Pächter nun, sowohl wegen der beständigen schweren Arbeit als auch wegen der glühenden Hitze, fühlte sich schlaff und streckte sich, so barfuß und im Hemd, wie er war, unter dem Schatten einer Eiche aus, um sich auszuruhen, seine matten Glieder zu stärken und, nachdem er sich erholt habe, wieder mit neuen Kräften zu der verlassenen Arbeit zurückzukehren und sie fertigzumachen.

Während er sich so ausruhte, schlief er unter der Eiche ein. Ein sanftes Lüftchen wehte und streifte ihm das Hemd über den Kopf. Infolgedessen, da er des Weines voll war und von Natur einen kräftigen Gliederbau besaß, zeigte er jenen Teil, den die Frauen nach ihrem Vorgeben bei den Männern mit großer Scham nackt sehen, so aufgerichtet und angeschwollen, daß es ein Wunder anzuschauen war, so sehr übertraf er die der anderen Männer. Die lüsterne Frau erblickte ihn, und da er ihr – verglichen mit dem ihres Mannes – wunderbar zu sein schien, konnte sie nicht ihre Augen von seinem Anblick abwenden. Jedoch fürchtete sie, ihr Mann könnte plötzlich hinzukommen oder jemand anders, der ihm berichten würde, mit welch gierigen Augen sie einen Gegenstand betrachtete, von dessen Anblick eine anständige Frau sich mit Entsetzen abgewendet hätte; daher entfernte sie sich. Aber es machte solchen Eindruck auf ihren Geist, daß sie brünstig danach begehrte, es auf irgendeine Weise ausprobieren zu können; und von diesem Tage an begann sie, dem Pächter verschiedentlich schönzutun. Wenn auch diese Zärtlichkeiten alle auf einen unehrbaren Endzweck gerichtet waren, so stellte sie sich so an, als ob sie sie ihm bezeige, weil er mit großem Eifer um den guten Zustand des Hauses sich bemühte, es gut hütete und das Korn reinigte. Aber in ihrem Innern hielt sie die Frau des Pächters für glücklich, weil ihr ein solcher Mann beschieden sei.

Das Korn wurde von der Tenne geholt, und der Mann brachte es nach der Stadt; und nachdem er seiner Frau das Haus empfohlen hatte, sagte er, er würde in dieser Nacht nicht nach Hause kommen wegen einiger Geschäfte, die er in der Stadt zu erledigen habe.

An diesem selben Tage hatte die Frau des Pächters gehört, daß eine Schwester von ihr, die in einem anderen, vielleicht zehn Meilen entfernten Ort wohnte, niedergekommen war, und mit Erlaubnis ihres Mannes ging sie dahin, so daß der Pächter und die gnädige Frau allein zurückblieben. Das war diesem schamlosen Weibe sehr angenehm; denn sie glaubte, es sei die Zeit gekommen, wo sie, wie sie gewünscht hatte, ausprobieren könnte, ob der Pächter mit einem besseren Horn stoße als ihr Mann.

Als nun der Abend gekommen war, rief sie ihn, da einige Tischchen im Hause zerbrochen waren, und ließ ihn ihnen Füße aus Nußbaumholz machen, was er mit seiner Axt, die er bei sich hatte, besorgte, und er hobelte sie schön glatt und setzte sie wieder instand. Dann ließ sie ihn für ein paar Hühner, die sie im Hause hielt, einen Sack groben Kornes bringen, den er ausschüttete, worauf er den Sack in eine Kiste legte, die in der Kammer neben ihrem Bette stand. Dann beschäftigte sie ihn mit anderen Dienstleistungen im Hause und ließ ihn Holz hacken, um das Abendessen kochen zu können; und während er das tat, begann die Frau mit ihm zu scherzen und durch verschiedene Redensarten sein Verlangen zu erregen.

Der Pächter, der ein bäuerischer Mensch war, wäre nie auf den Gedanken gekommen und hätte es niemals geglaubt, daß seine Herrin Verlangen nach ihm bekommen hätte, wie sie leider hatte, so daß sie ihn neckte; als er aber sah, daß sie ihn immer weiter in Versuchung führte, fing auch er an, mit ihr zu scherzen. Wie sie nun von Verlangen nach dem Bauern glühte und er spürte, daß das wach wurde, was zuerst geschlafen hatte, sagte er zu ihr: »Gnädige Frau, gnädige Frau, wenn Ihr nicht die wäret, die Ihr seid, würde ich Euch schon sehen lassen, wohin die Neckereien führen, die Ihr mir angetan habt, und die Ihr mir immer noch antut.«

»Und was würdest du tun?« fragte sie; »möchtest du vielleicht deine Hand an die Axt legen, die du da hinten hast?«

»Ich würde meine Hand an etwas anderes legen«, antwortete er, »und Euch unversehens zeigen, was jetzt aufrecht steht, während es herunterhing, bevor Ihr mich so in Versuchung geführt habt, wie Ihr getan habt.«

»Was meinst du damit?« fragte sie lachend, »laß es mich besser verstehen!«

»Ich kann mich nicht deutlich voll verständlich machen«, erwiderte er, »wenn ich es nicht ausprobieren könnte.« »Was möchtest du ausprobieren?« fragte sie. »Jetzt reizt mich aber nicht mehr«, erwiderte der Bauer, »sonst ließet Ihr mich eine Dummheit sagen oder gar tun, und ich würde Euch beweisen, was es bedeutet, daß eine Frau, die so schön ist wie Ihr, einen Mann reizt, wenn seine Frau nicht im Hause ist, um der Leidenschaft, die er durch den Stachel des Fleisches empfindet, freien Lauf lassen zu können.«

Die Frau konnte nun keinen Aufschub mehr vertragen und sprach zu ihm: »Ich will, mein lieber Pächter, daß die Neckerei, die ich mit dir angestellt habe, auf ein Vergnügen hinausläuft, da ich ja sehe, daß du ein so guter Gefährte bist. So wie du allein bist, so bin ich auch allein; und wie du heute ohne Frau bist, so bin auch ich ohne Mann; und ich schwöre dir, unser gemeinsames Scherzen hat in mir dasselbe Verlangen erweckt, das es in dir erweckt hat; und wenn mein Mann hier wäre, würde ich ihm das gleiche zu tun geben, was du mit deiner Frau tun würdest.«

Der Bauer wartete nicht, bis die Frau ihre Rede beendete, sondern begann bei ihren Worten zu erglühen: »Und wissen wir nicht«, sagte er, »ob Gott uns nicht hier heute abend so allein gelassen hat, damit wir uns zusammenfinden?«

»Das glaube ich auch«, erwiderte sie, »und wenn ich nicht fürchtete, du liefest herum und rühmtest dich, mit mir zusammengewesen zu sein, woraus mir Schaden und Schmach erwüchse, so könnten wir so heimlich zusammensein, daß kein Mensch jemals etwas davon erführe.«

»Ich schwöre Euch«, sagte der Pächter, »daß ich mir eher die Zunge ausreißen würde, als jemals ein Wort darüber zu verraten. Denkt Ihr denn, gnädige Frau, daß ich, wenn Ihr mich auch Euren Bauern nennt, so sehr Bauer bin, daß ich für die Freundlichkeit, die Ihr mir erweist, die Veranlassung sein wollte, daß Euch Schaden oder Leid oder Schande widerfahre? Das würde ich niemals tun.«

Worauf sie fragte: »Würdest du mir das versprechen?«

»Aber ja«, antwortete er, »und ich schwöre Euch, darüber so unverbrüchlich zu schweigen, wie wenn ich stumm geboren wäre.« Und wie er das sagte, nahm er mit seiner schwarzen groben Hand die weiße weiche Hand der Dame, drückte sie fest und sprach weiter: »So sei es, gnädige Frau, unfehlbar, wie ich Euch gesagt habe.«

Darauf sagte sie: »Ich will nicht, daß du mir dein Versprechen umsonst gegeben hast«, legte ihm die Arme um den Hals, gab ihm einen warmen Kuß und streckte eine Hand nach dem Teil aus, der ihr neulich so sehr gefallen hatte, und da sie ihn ebenso wacker und stark fand, wie sie es sich gedacht hatte, glaubte sie es nicht schlecht getroffen zu haben; und da sie Aufschub nicht länger vertragen konnte, zumal die Türen schon geschlossen waren und der Bauer auch mit der Hand spielte, warf sich die Frau auf eine Bank und ergab sich dem Vergnügen mit ihm, was ihr solche Freude machte, daß ihr fast die Sinne schwanden.

Da es schon spät war, setzten sie sich dann zum Abendessen, und dann gingen sie ins Bett, wo sie den Kampf von neuem begannen, und dreimal kam es zum Sturm. Beide waren nunmehr müde und schickten sich an zu schlafen, um sich für einen neuen Kampf zu stärken. Sobald der Pächter sich von der Frau losgemacht hatte, schlief er ein.

Da kam, als Mitternacht schon vorüber war, der Herr an. Die Frau, der das Herz zitterte, und die deswegen noch nicht schlief, hörte im Hof das Getrappel des Pferdes, stieß den Bauern, der neben ihr lag und in tiefen Schlaf versunken war, kräftig an und sagte: »Hörst du das Getrappel des Pferdes? Ich glaube, daß es mein Mann ist, der aus der Stadt zurückgekehrt ist.«

Kaum hatte sie diese Worte beendet, als der Mann an die Tür klopfte und sagte: »Mach auf!«

Da sagte die Frau ganz voll Furcht zu dem Bauern, der noch ganz schlaftrunken war: »Was sollen wir machen? Gelegenheit zum Hinausgehen ist nur durch die Tür, durch die mein Mann hereinkommen muß. Und wenn er beim Hereinkommen dich hier findet, wird er dich und mich zugleich töten, und ich werde nicht nur tot sein, sondern auch mit Schande bedeckt.«

Der Bauer, der kräftig und mutig war, erwiderte: »Mich wird er nicht totschlagen, und auch Euch nicht, wenn Ihr mit mir zusammen fliehen möchtet. Hier ist die Axt, die ich zum Holzspalten benutzte: wenn sie mir ihren Dienst nicht versagt, werde ich mich und Euch wohlbehalten aus der Gefahr ziehen.«

»O weh«, meinte Vana, »wenn ich mit dir mitginge, würde ich doch die am meisten mit Schande bedeckte Frau sein, die jemals in der Welt geboren wurde.«

Während sie in dieser Angst schwebte, klopfte der Mann von neuem, und da sie sich nicht anders helfen konnte, um der Gefahr zu entgehen, sagte sie mit einem Blick auf die Kiste neben dem Bett, wohinein der Bauer das Korn für die Hühner geschüttet hatte: »Steig da hinein, damit er dich nicht sieht! Gott wird uns schon weiterhelfen, und ich werde versuchen, meinen Mann aus der Stube fortzubringen, so daß du in aller Bequemlichkeit weggehen kannst.«

Mit diesen Worten ließ sie den gemeinen Ehebrecher sich verstecken. Dann ging sie im Hemd, wie sie war, und sich ganz schlaftrunken zeigend, ihrem Mann aufzumachen, und sagte zu ihm: »Ich war so tief in Schlaf versunken, daß ich Euch kaum gehört habe. Aber was ist denn der Grund Eurer Heimkehr zu dieser Stunde, wo Ihr doch Gefahr liefet, daß Euch ein Mißgeschick begegnete? Unverhofft kommt oft, und wenn Ihr mit Euren Geschäften nicht zur rechten Zeit habt fertig werden können, so hättet Ihr doch Eure Absicht, hierher aufs Land zurückzukehren, bis zum Tage verschieben können. Seht Euch ja vor, ich bitte Euch darum, Euch zu solcher Stunde auf den Weg zu machen, damit ich mich nicht Euretwegen zu ängstigen brauche! Um die Wahrheit zu sagen, ich erwartete Euch heute nacht nicht mehr und war schlafen gegangen, und es ist nur gut, daß ich aufgewacht bin, sobald Ihr an die Tür geklopft habt! Aber da Ihr nun gesund angekommen seid, so seid willkommen!«

Der Mann wurde von den Worten seiner Frau sehr gerührt und sagte, es wäre ja nicht seine Gewohnheit, wie sie wohl wisse, nachts zu reiten; aber als er in der Stadt zeitig mit seinen Geschäften fertig geworden sei und gar nicht daran gedacht hätte, auf sein Landgut zurückzukehren, sei er von einem seiner Freunde vom Lande, der einen Streit mit einem seiner Brüder hatte, zum Mitkommen aufgefordert worden, um diese Zwistigkeiten beizulegen, und er sei gern mitgegangen, damit zwischen den beiden kein Unglück geschähe; nachdem die beiden sich wieder vertragen hätten, sei er nach der Stadt zurückgekehrt, habe aber die Tore geschlossen gefunden, und infolgedessen sei er darauf, früher als er es gedacht hatte, aufs Land zurückgekehrt.

Innerlich verwünschte die Frau, ohne ein Wort zu sagen, tausendmal den, der ihn aus der Stadt herausgeführt hatte. Der Mann fügte hinzu, er habe noch kein Abendbrot gegessen, und bat sie, ihm das Abendessen zurechtzumachen.

Die Frau deckte den Tisch, wobei ihr Herz zitterte; und indem sie dabei bald dies, bald jenes tat, suchte sie mit allem Eifer ihren Mann zu veranlassen, aus der Stube herauszugehen, um dem Bauern Gelegenheit zu geben, sich zu entfernen und sich in irgendeinem Winkel zu verstecken. Als sie schließlich sah, daß nichts half, kam sie auf den Gedanken, das Pferd, auf dem er gekommen war, könnte ihn zum Hinausgehen veranlassen, und sagte: »Wollt Ihr denn, lieber Mann, Euer Pferd so stehen lassen? Da es erhitzt ist, könnte es sich erkälten, wenn Ihr nicht Vorsorge dagegen trefft. Da Ihr ja Euren Diener in der Stadt gelassen habt, wäre es doch gut, wenn wir dafür sorgten, daß es nicht krank wird.«

Darauf antwortete der Mann: »Deine Mahnung ist gut; nimm daher das Licht und komm mit mir mit!«

Die Frau war nicht langsam, da sie sah, daß ihr Hinweis solch gute Wirkung gehabt hatte, und dachte sich, während sie beide damit beschäftigt waren, das Pferd zu besorgen, sollte der Bauer hinausgehen, und sie würde dann in Sicherheit sein. Aber der Schlingel, müde von der Arbeit des Tages und der der Nacht, war, während die Frau mit der Bedienung des Mannes beschäftigt war, in so tiefen Schlaf gesunken, daß er nicht hörte, was geschah, und in seiner Kiste lag, wie wenn er auf dem bequemsten Bett gelegen wäre.

Der Mann und die Frau waren nicht viel weniger als eine Stunde mit dem Pferd beschäftigt, und die Frau war überzeugt, daß der Bauer in seine Kammer gegangen sei; darüber war sie sehr zufrieden, da sie nun fern von jeder Gefahr zu sein schien, und kehrte sehr vergnügt mit ihrem Mann in die Stube zurück, richtete ein reichliches Mahl an und aß noch einmal mit ihm. Dann löschten sie die Lichter aus und gingen zusammen schlafen.

Aber sie waren noch nicht lange im Bett, als der Bauer im Schlaf mit solchem Geräusch zu schnarchen anfing, daß es in einer Entfernung von einer Meile hätte gehört werden können, erst recht natürlich von denen, die im Bette lagen.

Als der Mann es gehört hatte, fragte er seine Frau: »Hörst du dieses Geräusch? Was ist das?«

»Es muß der Hund des Pächters sein«, erwiderte sie, und sie glaubte auch wirklich, daß er es sei, weil sie ja der Meinung war, der Bauer wäre fortgegangen.

Aber wie der Mann das Geräusch immer weiter hörte, meinte er: »Das hört sich doch anders an als wie von Hunden.«

Bei diesem Wort schien der Frau ein sehr scharfer Messerstich durch ihr Herz zu gehen, und sie erkannte nun, daß es der Bauer war. »O verflucht seist du«, sprach sie bei sich selbst, »mit deinem ganzen Hause!«; und es fehlte nicht viel, so wäre das arme Weib vor Angst, die sie erbeben ließ, in Ohnmacht gefallen.

Der Mann faßte sich ein Herz, erhob die Stimme und fragte: »Wer ist da? Hörst du nicht? Wer bist du?«

Bei diesem Anruf wachte der Bauer auf, und wie er sich ganz schlaftrunken in der Kiste fand, sagte er gähnend: »Ich bin es, mein Herr; was wollt Ihr von mir?«

Als die Frau sah, daß es so weit gekommen war, faßte sie plötzlich einen Entschluß zu ihrer Rettung: »Und was tust du hier«, fragte sie, »du Schuft? Und zu welchem Zweck bist du hierhergekommen?« Worauf sie sich rasch an ihren Mann wandte und zu ihm sagte: »Lieber Mann, dieser Verbrecher wußte, daß Ihr nicht hier waret, und hat sich hier versteckt, um mich zu ermorden und dann mitzunehmen, was wir Wertvolles besitzen. Aber ich danke Gott, der Euch hat so zur rechten Zeit heimkehren lassen, daß Ihr seine böse Absicht verhindert habt. Ihr solltet ihm die Züchtigung verabfolgen, die er verdient: ergreift Euer Schwert, und ich werde diese Lanze nehmen, die Ihr dort am Bett stehen habt, und wir wollen diesen Bösewicht töten.«

Es war dunkel, und in der Stube sah man kein Licht. Wie der Bauer, der ein Feigling war, hörte, daß die Frau ihren Mann anstachelte, ihm den Tod zu geben, war er ganz verdutzt und verlor zusammen mit seiner Dreistigkeit seine Stimme, als er hörte, daß der Mann und die Frau mit lauter Stimme riefen: »Du Verräter, ich werde es dir heimzahlen, wie du es verdienst!« Sie suchten mit den Waffen in verschiedenen Teilen der Stube, und besonders unter dem Bett, wohin die Frau ihren Mann geführt hatte, wobei sie so tat, als ob er darunter versteckt wäre; dabei stellte sie sich an die Ecke, wo die Kiste stand, und ihr Mann an die andere Ecke, – all das nur, damit er nicht zu dicht in die Nähe des Bauern käme.

Dem Bauern war es tausendmal auf die Lippen gekommen, zu sagen, daß die Frau ihn sich hier habe verstecken lassen; aber weil er Angst hatte, sterben zu müssen, schwieg er. Wie er nun merkte, daß beide um das Bett herum beschäftigt waren, sah er sich eine günstige Gelegenheit geboten, entfliehen zu können; und da er im Haus gut Bescheid wußte, kletterte er aus der Kiste heraus, gab dabei aber der Vana einen solchen Stoß, daß sie ihrer ganzen Länge nach auf die Erde fiel. Da schrie sie: »O weh, lieber Mann, dieser Schurke hat mich geschlagen, und ich bin halbtot!«

Der Mann lief zu seiner Frau, während der Bauer die Tür aufmachte und entfloh. Als der Mann die Tür öffnen hörte, lief er ihm nach, mit einem Messer in der Hand, um ihn zu töten, und verfolgte ihn bis in den Hof, fand ihn aber nicht, weil der Bauer gut laufen konnte und sich im Dunkel der Nacht in Sicherheit brachte, und er kehrte ins Haus zurück. Inzwischen hatte die Frau, die merkte, daß sie gerettet war, die Axt, die der Bauer am Abend, als er sich auszog, an das Fußende des Bettes gestellt hatte, in die Kiste geworfen, war dann an die Tür gegangen und schrie: »Schneidet diesen Schurken, diesen Halunken in Stücke! Gott soll mich bewahren, aber er verdient den Galgen, an den Ihr ihn bringen müßt, wenn Ihr ihn nicht einholt!«

Ganz bekümmert kam der Mann ins Haus zurück und fragte die Frau, ob sie verletzt wäre; und als sie es verneinte, fuhr er fort: »Dann ist es nicht so schlimm, wenn du nur gesund bist. Aber was denkst du, liebe Frau, von diesem Schuft?«

»Was ich von ihm denke?« erwiderte sie, »alles Schlechte, was man von einem solchen Verbrecher nur denken kann. Die Männer dürften ihre Frauen in einsam gelegenen Gegenden auf dem Lande nicht allein lassen; wenn das solche Schufte wissen, fassen sie Mut, da wir Frauen ja von Natur furchtsam und schwach sind, und trachten uns nach dem Leben. Was würde aus mir geworden sein, oder vielmehr, besser gesagt, was würde aus uns beiden geworden sein, wenn das Schnarchen dieses hinterlistigen Schurken uns nicht auf ihn aufmerksam gemacht hätte? Ich bin fest überzeugt, wenn wir zu unserem Unglück eingeschlafen wären, hätte er uns beide getötet. Aber der Herrgott, der die Unschuldigen beschützt, hat uns hier helfen wollen, da er selbst zu unserer Rettung sich verraten hat.«

Ihr Mann glaubte, daß die Sache sich genau so verhielt (und wer hätte es nicht geglaubt?), und fragte: »Wo konnte er bloß versteckt sein?«

»Ich weiß es nicht«, gab sie zur Antwort, »wir wollen Licht anzünden und sehen, ob wir vielleicht die Stelle finden können, wo er sich verborgen hatte.« Bei diesen Worten machten sie Licht und erblickten die Kiste offen; da rief die Frau sofort: »Hier steckte dieser Halunke, lieber Mann! Seht doch, was für ein ruchloser Mensch!« Dann guckte sie hinein und fand die Axt, die sie hineingeworfen hatte, nahm sie in die Hand und sagte: »Ich Unglückliche! Seht Ihr, daß dieser hinterlistige Schurke den Plan gefaßt hatte, mich aus der Welt zu räumen?« Und als sie danach auch noch den Sack darin fand, fuhr sie fort: »Seht, ob er die Absicht hatte, all unser Hab und Gut wegzunehmen? Ich will«, fuhr sie fort, »daß Ihr morgen bei Tagesanbruch mit diesen Indizien zum Podestà geht, damit er die Strafe bekommt, die er verdient!«

Als er versprochen hatte, dies zu tun, schlössen sie die Türen und gingen schlafen; und am Morgen standen sie frühzeitig auf, und der Mann ging nach Rimini zum Podestà und reichte seine Klage ein.

Der Bauer, der sich im Gebüsch hinter dem Hause versteckt hatte, hatte alles, was sie miteinander sprachen, vollständig mit angehört, und als am Morgen der Mann weggegangen war, ging er sogleich in größter Heimlichkeit zu der Frau und beklagte sich bei ihr, daß sie ihn in solche Gefahr gebracht habe.

Sie antwortete: »Du hast wahrhaftig verdient, in Stücke geschnitten zu werden. Was wäre das für ein Mensch gewesen, der in ähnlicher Lage eingeschlafen und nicht entflohen wäre, obwohl ich dir doch so günstige Gelegenheit dazu gegeben hatte? Aber danke Gott und dem Einfall, der mir in so großer Not gekommen ist, und daß ich meinen Mann nicht zu der Kiste geführt habe, damit er dich dumme Schlafmütze umbrächte. Denn es war sehr gefährlich, dabei zu schlafen. Aber die Sache ist bis jetzt recht gut abgelaufen. Du mußt aber, in deinem und meinem Interesse, von hier fortziehen; und damit du zufrieden und ohne Schaden fortziehen kannst, nimm hier diese Goldgulden und geh nach der Lunigiana, wo du herstammst!«

Als der Bauer sah, daß man ihm so viel Geld gab, war er sehr zufrieden, kehrte noch einmal zurück, um mit der Frau das Liebesspiel zu treiben und sich von ihr zu verabschieden; dann ging er seines Weges.

Der Mann, der ihn als einen Verbrecher hatte verbannen lassen, lebte weiter mit seiner Frau, die er für nicht weniger ehrbar hielt, als er sie früher gehalten hatte, bevor sie mit einem so gemeinen Ehebrecher sich einließ.


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