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Italienische Novellen. Dritter Band
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Giovanni Battista Giraldi

Täuschung und Treue

In Mantua, der edeln Stadt der Lombardei, die durch ihre Lage und Annehmlichkeit sowie durch die feine Bildung ihrer Beherrscher und ihrer Einwohner berühmt ist, der Stadt, welcher weit größere Ehre der göttliche Genius Virgils verschafft als Ocnus, der Sohn des Mantus, von dem sie den Namen erhielt, – in Mantua lebte vor kurzem eine sehr artige und höfliche Jungfrau namens Nonna, die auf das glühendste in einen Edelmann namens Pantheone verliebt war. Aber obwohl die Jungfrau sehr schön, in der Blüte ihres Alters und unter den Sittsamen die sittsamste war, so galt sie doch für arm und er für reich, und obwohl er ihre Liebe zu ihm kannte, schlug er doch, weil er wußte, daß der Zweck ihrer Liebe nicht auf Wollust, sondern einzig darauf ging, ihn zum Manne zu bekommen, es nicht hoch an, von ihr geliebt zu werden, sondern verachtete sie so sehr, daß er niemand hören wollte, der ihm von ihr sprach, was der Jungfrau unerträglichen Kummer bereitete. Bei alledem aber ließ sie die Hoffnung nicht sinken, sondern dachte, da sie ihn zu einem guten Zwecke liebe, müsse ihr Gott den Weg zeigen, um das ersehnte Ziel ihrer Liebe zu erreichen. Pantheone war aber in ein anderes Mädchen verliebt namens Lipera, die geradeso ihn verschmähte, wie er Nonna verschmähte. Sie wollte zwar nicht den Anschein haben, als sei er ihr zuwider, und wenn er sie grüßte, so grüßte sie ihn wieder; aber sie wollte nie eine Botschaft von ihm annehmen noch auch ihm die Gunst bezeugen, daß er selbst nur ein Wörtchen mit ihr sprechen konnte. Wiewohl er bei ihrem Vater um sie angehalten, hatte er doch keine Antwort bekommen, die ihm gefallen hätte. Denn da der Vater wußte, daß das Mädchen sich nicht dazu verstehe, ihn zu erhören, und wußte, daß die Frauen, die sich verheiraten sollen, einen Mann bekommen müssen, der mehr ihnen zusagt als ihrem Vater und ihrer Mutter oder sonst jemand, der für sie zu sorgen hat, da ja sie auch ihre Lebtage mit dem Manne leben müssen, suchte er die Ausflucht, er wolle seine Tochter noch gar nicht verheiraten; wenn er sie aber irgendeinem Manne in der Stadt zu geben hätte, würde er sich nicht weigern, sie ihm zu geben. Mit diesen und ähnlichen Antworten fertigte er die ab, die mit ihm davon sprachen. Dies konnte jedoch in Pantheone die Liebe zu ihr nicht mindern. Andererseits wandte auch Nonna, obwohl sie sich von ihm verschmäht sah, ihre Liebe auf keinen andern als auf ihn.

Während die Sachen so standen, kam Nonna die Liebe zu Ohren, die Pantheone für Lipera hegte, und daß diese ihn gar nicht liebe; darum kam ihr oft und viel der Wunsch, sich in jene verwandeln zu können. Da sie aber einsah, daß dies unmöglich war, fing sie an, bei sich zu überlegen, ob sie ein Mittel finden könne, Pantheone so zu täuschen, daß sie sich selbst die Liebe zuwenden könnte, die er für jene andere fühlte. Es fiel ihr aber nichts ein, womit sie ihren Zweck zu erreichen hoffen durfte. Sie dachte, wenn sie nur mit ihm sprechen könnte, würde sie ihm so eindringlich beweisen, wie sehr sie ihn hebe, daß er sich schämen müßte, sie nicht hochzuschätzen und sie mit Gegenliebe zu belohnen. Wie sehr sie aber auch ihren Kopf damit anstrengen mochte, es wollte ihr nie gelingen, so wenig Pantheone die Gunst zuteil wurde, mit der andern sprechen zu können.

Das Glück aber, das Nonnas Liebe so begünstigen wollte, daß sie ein ersehntes Ziel erreichen durfte, ließ aller menschlichen Berechnung entgegen einen Fall eintreten, der Nonna zur höchsten Befriedigung gereichen sollte. Pantheone hatte nämlich einen Brief an Lipera geschrieben, in dem er sie bat, seine treue Liebe anerkennen zu wollen und ihm geneigtes Gehör zu gönnen; diesen übergab er einer Frau, die viel in das Haus des Mädchens kam, an das er gerichtet war, und sagte zu ihr: »Da, nimm diesen Brief und bring' ihn der Dame, die, wie du weißt, von mir über alles in der Welt geliebt ist. (Er hatte sich ihrer nämlich schon öfters in diesem Liebeshandel als Mittelsperson bedient.) Begleite das Schreiben mit den Worten, die dir geeignet scheinen, um sie zu bestimmen, daß sie mir Antwort gebe! Denn wenn ich das durch deine Vermittelung erreiche, so werde ich dir so reichlich lohnen, daß es dich nicht reuen soll, mir gedient zu haben.«

Mesa (so hieß sie) nahm den Brief, versprach ihm, seinen Auftrag zu bestellen, und ging weg. Da sie aber aus früheren Erfahrungen wohl wußte, wie sehr Lipera ihn hasse, und daß es in den Wind geredet wäre, wollte man sie zu dem zu bestimmen suchen, was Pantheone verlangte, so beschloß sie, Pantheone zu sagen, sie habe zwar den Brief überbracht, allein die Jungfrau habe trotz aller Worte und Bitten ihn gar nicht annehmen wollen. Dieselbe Frau war nun sehr genau bekannt mit Nonna: denn da diese ihre Freundschaft mit Pantheone kannte, hatte sie sie auch mehrfach als Vermittlerin gebraucht, um ihn zur Gegenliebe zu stimmen. Sie ging nun zu ihr und erzählte ihr, was sie mit dem ihr zur Bestellung übergebenen Briefe anfangen wolle.

»Ich Unglückliche«, sagte Nonna weinend, »was traf doch mich für ein herbes Los, daß ich, obwohl ich diesem Mann mit solcher Treue und Liebe zugetan bin, nie die Gunst erreichen kann, ihm ein Wörtchen zu sagen! Und er müht sich vergebens, von einer geliebt zu werden, die ihn doch haßt, und die darum ebenso von ihm gehaßt zu werden verdient, wie sie von mir gehaßt wird, denn in ihr ist das Ende der Liebe meines Geliebten.«

Bei diesen Worten wandte sie sich zu Mesa und bat sie, ihr den Brief zu zeigen und sie ihn lesen zu lassen. Die gute Frau gewährte es ihr und gab ihr ihn.

»Ach«, sprach sie, als sie ihn gelesen hatte, »warum hat der Himmel nicht gewollt, daß er diesen Brief mir schickte? Ich würde mich damit für das glücklichste Weib auf Erden halten.«

Als Mesa dies hörte, sagte sie zu ihr: »Da ich ihn Euch gebracht habe, so seht es an, als habe er ihn Euch geschickt; Ihr könnt Euch so selbst täuschen und seid dann auch glücklich.«

»Das wäre nichts anders«, entgegnete Nonna, »als wachend zu träumen und von der Luft zu leben ohne Hoffnung, dem Ziel meiner Wünsche näherzurücken.«

Indem Nonna so sprach und weinte, rührte Mitleid mit dem Mädchen das Herz Mesas. Sie wandte all ihr Dichten und Trachten darauf und strengte all ihren Verstand an, um sie zu befriedigen; und wiewohl ihr für jetzt nichts Passendes einfiel, so dachte sie doch, es werde sich mit der Zeit ein Mittel finden. Daher suchte sie das Mädchen zu trösten und sagte zu ihr: »Und was meintet Ihr, wenn dieser Brief Euch nicht allein mit Hoffnung erfüllte, sondern mir auch noch die Mittel an die Hand gäbe, Eure Wünsche wirklich zu befriedigen?«

»Und wie sollte das geschehen?« fragte Nonna.

»Ich will Euch sagen, was mir eingefallen ist: Ich meine, nachdem sich einmal diese Gelegenheit Euch geboten hat, solltet Ihr Euer Glück benützen und denken, dies sei einzig nach der Fügung der unsterblichen Götter geschehen, welche Eure ehrbaren Bestrebungen, Pantheone zum Mann zu bekommen, begünstigen wollen. Damit nun dies erfolge, sollt Ihr statt des von ihm geliebten Fräuleins in der Art, wie es Euch am besten scheint, ihm antworten; ich bringe ihm den Brief, und er ist, in der Meinung, er komme von seiner Geliebten, befriedigt. Er wird antworten, ich bringe Euch die Antwort, und es könnte geschehen, wenn er immer schreibt und Ihr antwortet, würde sich leicht ein Zwischenfall einstellen, der Euch auf immer glücklich machen könnte.«

»Weh mir«, sagte Nonna, »wie schlimm ist es doch, Mesa, dergleichen Dinge zu ersinnen, und wie wenig Wert haben sie, wenn man sie sich nur vorstellt! Aber wenn ich auch auf die Täuschung, die du mir vorschlägst, eingehe, – was wird die Folge davon sein, als daß ich klar erkenne, daß er jene andere liebt und mich gering schätzt, daß ich Schatten umarmen darf, während sie Pantheone ans Herz drückt? Und wenn ich das je sehen müßte, so würde es mir den herbsten Schmerz bereiten.«

»Was meint Ihr aber«, versetzte Mesa, »wenn Euch Gott dadurch zeigen wollte, daß er der Urheber der Gnaden und derjenige ist, der alle Wunder in der Welt tut, und der auf uns unbekannten Wegen Haß in Liebe zu verwandeln weiß? Ich bitte Euch, tut, was ich sage: denn ich erwarte davon nur Gutes. Mein Herz hat mir nie zu etwas geraten, das nicht am Ende irgendwie gut ausgegangen wäre. Schreibt ihm nur, zeigt ihm unter der Maske der andern Eure Liebe und sagt ihm, die strenge Aufsicht, unter der Euch der Vater halte, lasse Euch nicht die Mittel finden, mit Bequemlichkeit mit Euch zu sprechen; sobald sich aber die Gelegenheit biete, werdet Ihr sie ihm kundtun, da Ihr nicht minder sehnlich wünschet, mit ihm zu sprechen, als er mit Euch; unterdessen bittet Ihr ihn, seine Liebe zu Euch mit der Treue fortzusetzen, womit Ihr an ihm hängt. Habt Ihr ihm das geschrieben, so überlassen wir es dem Schicksal, den guten Anfang weiterzuleiten und einem guten Ziele zuzuführen!«

Nonna war zwar der Meinung, der Vorschlag der guten Alten könne zu nichts führen; dennoch schrieb sie den Brief in der Weise, wie Mesa ersonnen hatte, und diese überbrachte ihn Pantheone, der in der Meinung, er komme von seiner Geliebten, der Botin tausend Dank sagte und ihr noch überdies ein reichliches Geschenk machte. Voll Wonne antwortete er auf den Brief, Nonna schrieb auf die Antwort wieder und gab ihm auf Mesas Rat Hoffnung, nicht nur, daß er mit ihr werde sprechen können, sondern auch, daß sie ihm ihre höchste Gunst gewähren wolle, sobald sich Gelegenheit zeige, wofern er sie zur Frau nehmen würde. Pantheone zitterte vor Freuden über diese Nachricht; es wurden hin und her noch mehrere Briefe gewechselt, und so kamen die Festlichkeiten des Karnevals heran. Männer und Frauen fingen an, sich zu verkleiden und maskiert Feste zu besuchen. Als Pantheone dies sah, der von Nonna unter dem Namen Liperas Briefe voll der unbeschränktesten Anerbietungen und Versprechungen erhalten hatte, sagte er zu Mesa, die den Betrug zu Nonnas Gunsten leitete: »Wenn meine Geliebte die Versprechungen, die sie mir gegeben hat, zur Ausführung bringen wollte, so ist jetzt die Zeit da, wo sie mich selig machen könnte.«

»Und was wollt Ihr«, fragte die Alte, »daß sie tue?«

»Was ich wollte, daß sie tue?« versetzte er. »Sie soll sich maskieren und so irgendwohin kommen, wo ich die Frucht meiner Liebe genießen könnte, die sie sich so verlangend zeigt mir zu übergeben.«

»Ich weiß nicht«, setzte Mesa hinzu, »ob ihr Vater es zugeben wird, daß sie sich eine Maske macht; denn ich weiß, er ist eifersüchtig sogar auf die Ratten, die ihm durchs Haus laufen. Aber gesetzt auch, daß sie dies von ihrem Vater erhielte, was ich kaum glauben kann, – glaubt Ihr, daß sie sich so Euren Händen anvertrauen werde, ohne ihrer Ehre sicher zu sein? Das würde sie nicht tun, so sehr sie Euch liebt, und ich würde ihr auch dazu nie zureden; denn ich weiß, daß ihr jungen Leute, sobald ihr euer Gelüste gesättigt habt, euch nicht mehr um die Frauen kümmert, die euch zu Willen gewesen sind, als wenn ihr sie gar nie gesehen hättet. Mit der Begattung erlischt Eure Liebe und die Sehnsucht nach ihnen: ich bin nicht erst von gestern her, Pantheone, um nicht die Natur der jungen Leute allmählich zu kennen.«

»Das werde ich nicht tun«, unterbrach er sie, »vielmehr verspreche ich bei meinem Worte, wie ich wünsche, sie fortwährend zur Frau zu haben, werde ich mich nicht vor dem Eheverlöbnis mit ihr vereinigen, und ich wünsche, daß Ihr dies immer, überall und vor jedermann bezeugen mögt.«

»Da Ihr so gesinnt seid«, sprach sie, »könnte es nur gut sein, wenn Ihr an sie schriebet und sie bätet, Euch ihr Versprechen zu erfüllen, indem Ihr ihr zeigt, daß sie es jetzt bei Gelegenheit des Faschings leicht ausführen könnte; dabei gebt Ihr ihr denn Sicherheit in betreff ihrer Ehre, wie Ihr mir soeben auseinandergesetzt habt; dann will ich zu ihrer und Eurer Befriedigung die Sache versuchen, und vielleicht werde ich mich nicht umsonst bemühen und euch beide glücklich machen, da ich sehe, daß die Liebe dieses Mädchens zu Euch und Eure Liebe zu ihr so groß ist.«

Pantheone war nicht faul, die Feder zu ergreifen und einen Brief zu schreiben voll Liebesglut; den gab er der Frau, daß sie ihn seiner Geliebten überliefere. Sobald sie den Brief in Händen hatte, ging sie alsbald zu Nonna, händigte ihr ihn ein, und sie las ihn.

»Was sehe ich«, sprach sie, als sie damit fertig war, »aus diesem Briefe anderes, als daß Pantheone eine andere liebt und sich um mich nichts bekümmert, daß er wünscht, sich mit jener zu vereinigen und mich beiseite zu lassen? Welchen Trost kann mir das Feuer bereiten, das hierinnen verschlossen ist, und die Treue, die er verspricht, wenn er von einem andern Feuer glüht und die Treue einer andern als mir zugesagt ist? Ich weiß hieraus nichts zu entnehmen als Kummer und die sichere Verzweiflung an dem, was ich mit solcher Hingebung so lange gewünscht habe.«

Hier fing sie an jämmerlich zu weinen. Mesa, die bereits ihre Pläne mit ihr entworfen hatte, sprach zu ihr: »Nonna, wenn Ihr Euch meinem Rate fügen wollt, so sagt mir mein Herz, daß ich Euch so heiter machen werde, als Ihr jetzt traurig und kummervoll seid.«

»Und wie willst du das je bewerkstelligen«, fragte jene, »wenn alle meine Freude davon abhängt, Pantheone zum Mann zu bekommen, und er der Gatte einer andern werden will?«

»Gerade«, sagte sie, »will ich, daß er Euer Gatte werde.«

»Und wie soll das geschehen?« fragte Nonna.

»Folgendermaßen«, antwortete jene. »Pantheone hat bis jetzt geglaubt und glaubt noch immer, das Mädchen, das er liebt, habe allezeit auf seine Briefe geantwortet; ich habe diesen Glauben zu Euern Gunsten stets in ihm genährt in Erwartung, daß die Zeit Euer und mein Verlangen auf eine ehrenhafte Weise erfüllen werde; denn mein Verlangen geht nach Eurer Zufriedenheit, gerade als wäret Ihr meine Tochter. Und mir scheint nun, es sei das eingetroffen, was ich zu Eurem Besten seit dem Beginn dieser Unternehmung im Auge hatte. Ihr seht, wie sehr Pantheone wünscht, mit diesem Mädchen zusammenzusein. Nun sollt Ihr statt ihrer zu mir kommen, und ich will machen, daß Pantheone sich mit Euch verbindet, in der Meinung, bei seiner Freundin zu liegen.«

Als Nonna dies hörte, stieg ihr das Bedenken auf, die Alte könnte mit dieser List sie Pantheone preisgeben und dann, nachdem er befriedigt wäre, sich nicht weiter darum kümmern, ob sie mit Schande bedeckt bleibe; darum sagte sie: »Ich weiß recht wohl, Mesa, wenn ich nicht für meine Ehre hätte sorgen und mich Pantheone hingeben wollen, so hätte ich weder deine noch sonst jemandes Vermittelung nötig gehabt, um mit ihm zusammenzukommen; aber wie das früher nicht meine Absicht war, so begehre ich es auch jetzt keineswegs; deshalb kann ich mich auf deinen Vorschlag nicht einlassen, und du solltest glühen vor Scham, mir ihn anzubringen: denn ich sehe nicht, was mir anderes daraus entspringen könnte als Schande ohne irgendwelchen Vorteil, und unter dieser Bedingung möchte ich nicht mit Jupiter selbst mich vereinigen, geschweige mit Pantheone; lieber will ich, daß die Flammen, von denen ich glühe, mich elendiglich verzehren, als daß ich das tue.«

»Ihr habt Euch«, antwortete jene, »gleich das Schlimmste eingebildet, was hier möglicherweise geschehen könnte. Glaubt Ihr wohl, Nonna, daß ich so gottlos wäre, Euch schandbar mit ihm zu verkuppeln? Da kennt Ihr mich schlecht, Nonna, wenn Ihr eine solche Meinung von mir habt. Ein ehrenhafter Zweck treibt mich zu diesem Unternehmen, nicht Eure Schande; und darum, wenn es Euch recht ist, die Sache einzugehen, die ich Euch vorgeschlagen habe, so soll er nicht bei Euch liegen, ohne daß er Euch zur Frau nimmt, ehe er Euch anrührt.«

»Eine größere Gnade«, entgegnete Nonna, »könnte mir freilich der Himmel nicht bescheren, und wenn dies geschehen soll, so werde ich dir unendlich verbunden sein, und du wirst mich niemals satt sehen, dir eine so große Wohltat zu vergelten.«

»Es wird geschehen«, sagte die Frau, »und ich werde mich hinlänglich belohnt erachten, wenn ich Euch vollständig befriedigt sehe.«

»Wie soll das aber geschehen?« fragte Nonna.

»Sobald es Zeit ist, will ich Euch beweisen, daß ich Euch liebe, und daß vom ersten Briefe an, den ich Euch brachte, bis zum letzten ich an nichts anderes gedacht habe, als daß Ihr das ersehnte Ziel Eurer Liebe erreichen möget. Darum müßt Ihr ihm auf diesen Brief erwidern, er solle nur allem glauben, was ich ihm als Antwort vermelde; denn Ihr und ich haben miteinander beschlossen, was zur Ausführung dieser Angelegenheit erforderlich sei.«

Nonna tat, wie die Frau verlangte. Diese nahm den Brief, begab sich zu Pantheone, der sie mit der größten Sehnsucht von der Welt erwartete, und überreichte ihm den Brief. Als er darin nur ein Beglaubigungsschreiben für sie sah, fragte er sie, was geschehen und was in der Sache angeordnet sei. Die Frau sagte: »Pantheone, ich habe ein solches Feuer im Herzen Eurer Geliebten erweckt, daß, wenn nicht die Rücksicht auf ihren Vater sie abgehalten hätte, sie mit mir zu Euch gekommen wäre; aber die große Furcht vor ihm, dessen Wesen hart und furchtbar ist, und der sie in beständiger Angst erhält, ließ es ihr nicht zu. Ich wollte indes nicht unterlassen, alles zu versuchen, was mir geeignet schien, Euch zufriedenzustellen; daher sagte ich zu ihr: ›Und warum maskiert Ihr Euch nicht und kommt in mein Haus? Ich werde Pantheone hinbestellen, und ohne daß Euer Vater etwas davon erfährt, könnt ihr euch eurer Liebe freuen.‹ Sie antwortete mir aber sogleich: ›Wie soll ich mich denn maskieren? Mein Vater würde nimmermehr zugeben, daß ich auch nur zu Hause eine Maske aufsetzte, geschweige daß ich damit ausginge. Ihr wißt ja, daß, seit meine Mutter gestorben ist, er kein Auge mehr von mir läßt und, wenn er ausgeht, mich so in seine Zimmer verschließt, daß ich keinen Fuß hinaussetzen kann.‹ – Als ich dies hörte, sagte ich zu ihr: ›Und wenn ich Euern Vater dazu brächte, daß er es erlaubt, würdet Ihr Euch dann nicht maskieren, und würdet Ihr nicht mit mir kommen?‹ – Darauf antwortete sie: ›Von ganzem Herzen gerne.‹ – Als ich so die Einwilligung des Mädchens hatte, habe ich mich bei dem Vater dafür verwandt, daß er erlaube, daß sie sich maskiere und morgen ein paar Stunden mit mir komme. Ich muß sie also morgen abholen und werde sie in Eure Arme führen, aber nur unter der Bedingung, daß Ihr, ehe Ihr sie berührt, Euch mit ihr verlobt und sie auf der Stelle für Eure Frau erklärt.«

Ich glaube nicht, holde Frauen, daß eines Menschen Sinn die Freude fassen kann, die Pantheone nunmehr fühlte. Er segnete tausendmal den Tag, da er in das Mädchen sich verliebt habe, tausend- und aber tausendmal die Liebe, die ihm Mesa zugeführt als Vermittlerin dieses Verkehrs. Er konnte nicht satt werden, die Alte zu liebkosen und den Dienst zu loben, den sie ihm erwiesen.

Am folgenden Tage ging das gute Weib zu Nonna und meldete ihr, was sie mit Pantheone verhandelt hatte. »Niemals«, fügte sie hinzu, »hat Pantheone mit Lipera gesprochen, die Euch so sehr verhaßt ist; auch hat er niemals mit Euch gesprochen; Eure Person gleicht vollkommen der seiner Geliebten, und wenn Ihr das Gesicht bedeckt habt, so fehlt zur Täuschung nichts mehr als die Augen. Dafür aber hat die Natur gesorgt: denn die Eurigen sind ebenso schwarz und lebendig, als Lipera sie hat, und können die Meinung, daß sie es sei, eher bekräftigen als schwächen. Wollte er Euch aber etwa, während er bei Euch ist, die Maske abnehmen, wie es geschehen könnte, so müßt Ihr Euch dem widersetzen, indem Ihr Euch, wie Euch am besten scheint, ausredet, so aber, als wäre Liperas Vater der Eurige.«

Nonna war mit alledem einverstanden.

»Aber«, sagte sie, »gesetzt, daß alles, wie du es ausgesonnen hast, ein glückliches Ende nehme, – zuletzt muß ja doch der Betrug an den Tag kommen, und wenn das geschieht, was soll alsdann aus mir werden?«

»Werde«, sprach Mesa, »was da will! Er hat Euch einmal zur Frau genommen und muß Euch behalten auch gegen seinen Willen; ich werde beständig zu Euren Gunsten Zeugnis ablegen. Es geschieht dann nur, was dem alten Patriarchen widerfuhr, der um Rahel gedient hatte, aber Lea zum Weibe bekam. Ich will aber hoffen, wie Gott dort geholfen hat, so wird er auch hier nach seinem Erbarmen alle Hindernisse hinwegräumen.«

Als Nonna hörte, was Mesa zu ihr gesagt und was sie ersonnen hatte, bat sie Gott um seinen Beistand. Sie zog ein Nonnenkleid an, nahm eine Maske vor und vermummte sich das Gesicht mit Binden und Schleiern, wie wir es Nonnen machen sehen. Daher war die Maske nicht leicht vom Gesicht abzunehmen, wenn man nicht den ganzen verwickelten Kopfputz in Unordnung bringen wollte. Sie machte sich also mit der Frau auf den Weg nach ihrer Wohnung. Bald darauf kam auch Pantheone, und als er das Mädchen dort sah, glaubte er, es sei Lipera, und wollte ihr die Arme um den Hals schlingen.

Sie aber drängte ihn sanft zurück und sprach: »Pantheone, die absonderliche Liebe, die ich für Euch fühle, hat mich hergeleitet, und ich erkenne wohl, daß ich hierin gegen meinen Vater ein großes Unrecht begehe, indem ich so ohne seine Zustimmung zu Euch komme. Aber meine Liebe zu Euch war mächtiger als die Ehrerbietung, die ich meinem Vater schuldig wäre. Doch da mich die Liebe hierzu gezwungen hat, ihm solches Unrecht zu tun, so möchte ich ihm nicht noch ein zweites, weit größeres, zufügen, nämlich, daß ich mich Euch hingäbe mit Verlust meiner Ehre, so meinen guten Namen verlöre und den Glanz meines Blutes verdunkelte. Ehe daher etwas Weiteres zwischen uns erfolgt, verlange ich, daß Ihr mich heiratet und mich zu Eurer Gattin nehmt; dann bin ich vollkommen bereit, Euch zu Willen zu sein.«

Pantheone heftete seinen Blick auf die Augen des Mädchens, und er fand sie denen gleich, aus welchen ihm Fackeln und Pfeile der Liebe zugeflogen waren; er vernahm den holden Ton ihrer Stimme, der bei Nonna bewundernswürdig war, und durch die Lebhaftigkeit der Blicke und die Süßigkeit der Rede war er ganz in der Gewalt der Jungfrau gefangen, die er für seine Geliebte hielt.

»Auch ich«, versetzte er daher, »bin in keiner andern Absicht hergekommen, als um Euch zum Weibe zu nehmen, und ich will Euch das sogleich beweisen.«

Er hatte zwei der schönsten Ringe mitgebracht: durch diese verlobte er sich mit ihr und nahm sie zur Frau. Dann wollte er ihr die Maske abnehmen und sich zu ihr legen. Nonna aber sprach: »Tut das nicht, mein Gemahl, denn mein Vater hat mich mit eigener Hand so angezogen und mir gesagt, er habe mir beim Befestigen der Maske und beim Zurechtlegen der Binden und Schleier darüber ein Zeichen gemacht, das ich nicht kenne; wüßte ich, worin es besteht, so hätte ich nicht gewartet, bis Ihr mir die Maske abzieht, sondern ich hätte sie selbst abgenommen, um desto ungezwungener Eure Liebe genießen zu können. Wenn ich ihm aber meinen Kopfputz nicht wieder geradeso nach Hause bringe, wie er mir ihn angemacht hat, so werde ich unglücklich; sicherlich könnte ich, wenn ich die Maske abnähme, das Zeichen leicht verderben, und wenn das wäre, würde ich Gefahr laufen, daß er mich umbrächte; denn ich weiß, wie heftig er ist. Wollt Ihr daher jetzt bei mir sein, so wie ich bin, – wohlan, ich bin ganz die Eure; seid Ihr aber damit nicht zufrieden, so bitte ich Euch, bringt mich nicht durch Ablegen meiner Maske in Gefahr, ums Leben zu kommen! Wenn es Euch vielleicht nicht gefiele, auf diese Weise mit mir zusammenzusein, so laßt mich für jetzt! Es wird schon eine Zeit kommen, wo wir mit größerer Sicherheit unsere Vereinigung schließen können, als es jetzt geschähe, wenn ich mich maskiert mit Euch verbände.«

Pantheone glühte so von Sehnsucht nach der Frau, daß er nicht nur in diesem Aufzuge, sondern selbst, wenn sie ganz mit Waffen bedeckt gewesen wäre, nicht unterlassen hätte, sich ihr zu nahen. Er umarmte sie daher und sagte tadelnd: »Wie, ich soll Euch lassen? Nimmermehr wird Pantheone das tun!«

Er legte sie nun auf ein sehr bequemes im Zimmer stehendes Bett und verband sich mit ihr in leidenschaftlicher Hingebung zu unendlicher Wonne von beiden; denn Pantheone glaubte, bei Lipera zu sein, Nonna aber sah ihre Liebe an einem ehrenvollen Ziele angelangt. Nachdem sie sich lange Zeit miteinander vergnügt hatten, trat die gute Frau, die das Spiel geleitet hatte, vor und sagte zu dem jungen Manne: »Pantheone, bei dieser Sache muß man klüglich verfahren, damit nicht Eure Freude sich in das greulichste Ärgernis auflöse. Da Ihr also sicher seid, daß diese junge Frau niemand als Euch angehören kann und Ihr den Besitz Eurer Liebe angetreten habt, so bleibt uns nur noch übrig, ihren Vater zu der Einwilligung zu bestimmen, daß Ihr sicher sein Schwiegersohn seid und bleibt. Da jedoch hierzu Zeit erforderlich ist, müßt ihr euch begnügen, euch in dem Verhältnis zu begegnen wie früher, ehe ihr euch einander ergeben habt; denn wenn der Vater etwas merkte, so wären wir, die junge Frau und ich, übel angeführt. Ihr wißt, wie Euch Lipera schon zuvor gesagt hat, wie heftig er ist: darum bitte ich Euch, geht auf das ein, was ich Euch sage, damit wir allmählich und ohne Gefahr für einen von uns seine Einwilligung erlangen können, und ich werde Euch zur Mittelsperson dienen, um auch dies, wie ich das Bisherige geleitet habe, einem guten Ziele zuzuführen.«

Dem jungen Manne fiel das schwer; doch da sich mit Mesas Worten die Bitten Nonnas vereinigten, sagte er: »Nachdem mir Gott die Gnade erzeigt hat, mit Euch zusammenzukommen, Lipera, will ich nicht, daß dieses unser Beisammensein eine andere Frucht trage als Freude. Damit wir also in gutem Einvernehmen mit Eurem Vater uns froh und ruhig genießen können, will ich, da ich gerade in Rom einen Rechtsstreit von nicht geringer Wichtigkeit habe, mich indessen dorthin verfügen; denn hier könnte ich es nicht aushalten, ohne zu Euch zu kommen oder ohne daß Ihr zu mir kämet. In der Zwischenzeit mag diese unsere gemeinschaftliche Freundin, die uns bereits so viel Glück bereitet hat, das übrige zu dem Ende führen, das wir erwarten.

»Das will ich tun«, sprach Mesa, und die beiden Gatten überließen sich neuen Umarmungen, wobei Pantheone stets eifrigst Rücksicht nahm, den Kopfputz seiner jungen Frau zu schonen, aus dem bereits angeführten Grunde. Mesa aber drängte Nonna durch die Bemerkung, der Vater habe sie ihr auf zwei Stunden anvertraut, jetzt aber seien mehr als drei vorüber.

»Ach«, sagte sie zu Pantheone, »lieber Herr, die Trennung von Euch fällt mir äußerst schwer; doch da mich die festgesetzte Zeit zu meinem Vater zurückruft, bitte ich Euch, zu gestatten, daß ich mich entferne.«

»Dieser Abschied fällt mir nicht minder schwer«, fügte Pantheone hinzu, »als Euch; doch da es denn so sein muß, so geht hin, mein Leben! Morgen reise ich nach Rom. Zum Abschied lasse ich Euch mein Herz zum Pfande zurück. Und was gebt Ihr mir mit auf den Weg?«

»Die Seele«, sagte Nonna, »und wo Ihr weilet, wird sie Euch beständige treue Gesellschaft leisten.«

Nach diesen Worten küßte Pantheone die Maske rechts und links, die Liebenden trennten sich, und Nonna kehrte nach Hause zurück. Pantheone machte sich am folgenden Tag auf den Weg und ging nach Rom.

Nonna blieb voll von unbeschreiblicher großer Wonne zurück. Nur das machte sie einigermaßen besorgt, daß sie nicht wußte, wie es werden würde, wenn Pantheone die Täuschung einsehe, was doch früher oder später geschehen müsse, ob sie nicht ganz in Ungunst bei ihm falle, teils weil er sich nun alle Hoffnung geraubt sehe, nachdem er sie zum Weibe genommen, sich je mit seiner Geliebten verbinden zu können, teils weil sie arm und dies bisher die Hauptursache gewesen sei, daß er sich nie hatte bestimmen lassen, sie zu lieben, denn Mesa hatte ihr oftmals gesagt: »Nonna, Eure Schönheit und Eure Anmut ist schuld, daß Pantheone sich nicht dazu versteht, Euch zu lieben; denn da Ihr so außerordentlich schön seid, fürchtet er, die Liebe für Euch könnte ihn drängen, Euch arm, wie Ihr seid, zur Frau zu nehmen.«

Da es aber, wie ich glaube, vom Schicksal bestimmt war, daß diese Ehe zustande kommen sollte, so traf auch der Himmel Vorsorge gegen jede Unordnung, die sie irgendwie hätte stören können. Denn ein Bruder von Nonnas Vater, welcher sehr reich war und das Mädchen sehr lieb hatte, starb, und da er keine näheren Verwandten hatte als sie, hinterließ er ihr sein ganzes Vermögen, das über zehntausend Goldgulden betrug. Liperas Vater aber gab noch im Laufe des angeführten Karnevals seine Tochter einem ferrarischen Edelmann zur Frau, und dieser brachte sie nach Beendigung des Karnevals nach Ferrara. Als dies Pantheone hörte, nachdem er kaum einen Monat in Rom gewesen war, fühlte er sich tief betrübt; er ließ plötzlich alle Geschäfte im Stich und kam nach Mantua. Er suchte die Frau auf, die seine Heirat eingeleitet hatte, und beklagte sich bitter über das Vorgefallene. Sie fand aber gleich Ausflüchte und sagte, sie habe es an nichts fehlen lassen und alle möglichen Mittel bei Vater und Tochter angewandt, um die neue Vermählung zu verhindern; aber er habe durchaus sich nicht dazu verstehen wollen, zu erlauben, daß sie einem andern angehöre als dem, dem er sie schon seit geraumer Zeit zugesagt hatte; der jungen Frau habe sie gesagt, sie habe sich ihm zur Gattin gegeben und könne sich daher nicht mit einem andern vermählen; sie habe ihr aber geantwortet, nur mit großem Schmerze werde sie die Frau eines andern als Pantheones, und sie sei auf dem Punkte gestanden, ihrem Vater das dem Pantheone gegebene Wort anzuführen; sie habe sich aber mit ihrem Beichtiger darüber beraten, und dieser habe ihr gesagt, da keine kirchlichen Feierlichkeiten dabei stattgefunden haben, gelte die Ehe nicht, und aus diesem Grunde habe sie den Zorn ihres Vaters nicht ohne Nutzen gegen sie aufregen wollen, sich also damit einverstanden erklärt, dessen Gattin zu werden, dem ihr Vater sie übergeben habe.

Pantheone war sehr betrübt über diese Mitteilungen und wollte kein Mittel unversucht lassen, diejenige zurückzubekommen, mit der er die Ehe vollzogen zu haben glaubte. Aber Mesa sagte zu ihm: »Ich will nicht unterlassen, Euch meine Meinung zu sagen; tut hernach, was Euch lieb ist und was Euch angemessen scheint! Ihr habt das Mädchen genossen, und nachdem Ihr ihre Blume gepflückt, ist sie in eines andern Hand übergegangen. Das muß Euch, wie mich dünkt, eher Freude machen, als daß Ihr nun sie dem wieder nehmen wollt, der sie seither genossen hat. Dies könnte Euch nur zur Schande gereichen; denn jedermann würde Euch, um es geradeheraus zu sagen, für einen Hörnerträger halten, und es könnte leicht kommen, daß der, der jetzt das junge Weib besitzt, sie Euch ohne Widerrede zurückgäbe, um mit einer andern in die Ehe zu treten. Darum, wenn ich Ihr wäre, ließe ich dem Wasser seinen Lauf und würde mich nach einer neuen Frau umsehen, da ja bei der ersten die Kirche ihren Segen noch nicht erteilt hat, sie somit auch nicht wirklich Eure Frau war. Tut Ihr das, so könnt Ihr immer über jenen lachen, der Eure erste zur Frau genommen, nachdem Ihr zuerst ihr beigewohnt, gerade wie er über Euch lachen würde, wenn Ihr sie ihm zu entreißen und als Eure Frau zu behalten suchtet. Es fehlt hierzulande nicht an Frauen, die für Euch passen. Da ist unter andern die Nonna, die Euch bekanntlich liebt, und die Euch eine würdige Gattin wäre. Jetzt hat sie auch durch den Tod ihres Oheims ein so großes Vermögen geerbt, daß sie eine ganz andere Mitgift Euch zubrächte, als Ihr von der andern bekommen hättet, und wenn Euch etwa mehr die Schönheit bestimmen soll, eine Frau zu nehmen, als der Reichtum, so ist Nonna nicht minder schön als irgendeine im Lande. Ich glaube daher, Ihr tut wohl, die andere jenem, der sie einmal hat, zu lassen und Nonna zu heiraten, mit der Ihr vielleicht viel zufriedener und bequemer leben werdet, als mit der andern der Fall gewesen wäre.«

Die Worte der Alten blieben nicht ohne Wirkung bei Pantheone. Er zog namentlich in Betracht, daß Lipera, bei der er geschlafen zu haben glaubte, ihm doch nicht mehr ohne Schande für ihn angehören könne, und entschloß sich, Nonna zu nehmen, sobald er sich überzeugt hätte, daß wegen Mangels der kirchlichen Feier bei seiner Vermählung mit Lipera sie nicht wirklich seine Frau geworden sei. Als er nun fand, daß die besten Gewährsmänner der Ansicht waren, daß solche heimlich geschlossenen Eheverträge keine Gültigkeit haben, nahm er Nonna zum Weibe.

Es dauerte aber nicht lange, so hielt er sich für den unglücklichsten und betrogensten Mann, der je sich mit einem Weibe eingelassen hätte. Nonna war nämlich von ihren ersten Berührungen, die sie unter fremdem Namen mit Pantheone gehabt hatte, schwanger geworden, was Pantheone zwei Monate nach seiner wirklichen Verheiratung bemerkte. Der Kummer über diese Wahrnehmung ließ ihn nicht Ruhe noch Rast finden, und oft sprach er bei sich: »Seht doch, wie ich Schafskopf mir selber Hörner angesetzt habe, indem ich diese zum Weibe nahm, die schon schwanger in mein Bett gekommen ist!«

Ganz schwermütig sann er fortwährend auf Mittel, sich von dem Weibe loszumachen, und oft hatte er geradezu im Sinne, sie ohne weiteres zu verlassen. Freilich sah er wohl ein, daß dies nicht das rechte Mittel war, um zu machen, daß sie nicht mehr seine Frau wäre; er kam daher auf einen viel grausameren Plan und bedachte, wie er ihr das Leben nehmen wollte, da er wußte, daß nichts als der Tod den Knoten lösen könne, mit dem er zu seinem Unheil an Nonna gefesselt zu sein wähnte.

Von so lästigen Gedanken gepeinigt, verwünschte er sein Geschick und Mesa, die ihn an eine solche Klippe geführt, um daran zu scheitern. Als Nonna dies merkte und wußte, mit welch großer Mitgift sie ihren Gatten erkauft hatte, beschloß sie, ihm zu entdecken, was zwischen ihr und ihm durch Vermittelung der guten Alten vorgefallen war. Sie erzählte ihm daher in einer Stunde, die ihr geeignet schien, wie sie von ihm schwanger sei, enthüllte ihm vollständig das Verfahren, wodurch sie auf Mesas Rat seine Frau zu werden gesucht habe, und zeigte ihm die Ringe, die er ihr zur Verlobung gegeben. Als Pantheone die Wahrheit ihrer Erzählung einsah, erkannte er, wie groß die Liebe Nonnas zu ihm gewesen, und wie sehr sie verdiene, von ihm geliebt zu werden. Er verwandelte den Argwohn, den er gefaßt hatte, in die anhänglichste Liebe und freute sich, daß sie durch solche Täuschung seine Gattin geworden sei. Auch Mesa erntete Lob dafür, daß sie, um die Sache zu Ende zuführen, ihm eine solche Falle gelegt habe. Er lebte glücklich mit Nonna und hielt Mesa beständig wert dafür, daß sie ihn mit Nonna zusammengebracht hatte.


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