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James Watt, der Schöpfer des Industriezeitalters

Zwei blutjunge Leute, der zarte, verträumte, aber mit Energie und Genie geladene James Watt, 23 Jahre alt, kränklich und mittellos, und der lebenslustige, geistreiche Student Robison, unterhalten sich im Hof der Universität Glasgow an einem Herbstnachmittage des Jahres 1759. Watt ist gelernter Feinmechaniker, fabriziert aber auch Orgeln, repariert zerbrochene Klarinetten, Brillen, Angeln, stellt nautische Geräte her, Azimuthkompasse und französische Sextanten, kann aber, da er weder seine sieben vorgeschriebenen Lehrjahre absolviert hat noch auch in Glasgow geboren ist, seinen Beruf nicht öffentlich ausüben, und es ist eine besondere Gunst der privilegierten, vom Papste gegründeten Universität Glasgow, daß man ihm innerhalb der Universitätsmauern eine Werkstatt zur Verfügung stellt. Robison hat eine Idee: Könnte man nicht die Dampfkraft zur Fortbewegung von Wagen auf der Straße verwenden? Ob Watt nicht ein kleines Modell herstellen könnte? Watt blickt auf. Er sagt zu. Das Stichwort seines Lebens ist gefallen.

Von der Dampfkraft war in dieser Zeit viel die Rede. Der französische Forscher Denys Papin, der ebenso einfallsreiche als vom Pech verfolgte Erfinder des nach ihm erfundenen Dampftopfes und vieler anderer genialer Inventionen, hatte eine Maschine konstruiert, die geeignet sein soll, Wasser aus den Bergwerken mittels Feuer zu heben. Zu gleicher Zeit haben zwei Engländer, Savery und Newcomen, ähnliche Versuche unternommen und diese patentieren lassen. Newcomen, der gelernte Grobschmied, hat sich mit seiner »atmosphärischen Maschine« unter Überwindung der größten Schwierigkeiten halb und halb durchgesetzt, und seine Maschine wird an manchen Orten Alt-Englands, wo die Kohlenpreise noch nicht zu hoch sind, dazu verwandt, die Kohlenschächte zu entwässern. Dies ist das brennende Problem. In die Schächte sickert immer und überall Wasser ein, man hat Pferde an die Pumpen gebunden, in einzelnen Schächten sind 500 Pferde bei Tag und Nacht an der Arbeit gewesen – vergeblich. Die Arbeiter sind vor dem Wasser geflüchtet, man hat die Schächte ersaufen lassen müssen, einen nach dem anderen. Newcomens Maschine ist nun eine Art gigantischer Luftpumpe. Es wird Wasserdampf erzeugt und dann schnell abgekühlt, »kondensiert«. Dadurch wird ein luftverdünnter Raum geschaffen, und dieses Vakuum saugt das Wasser aus den Schächten, wenn sie nicht zu tief sind, heraus. Die Kondensation, durch eingespritztes Wasser in dem Hohlraum, dem Zylinder, bewerkstelligt, erfolgt automatisch, die Maschine bewegt sich stöhnend, schwerfällig, mit ihren hölzernen Hebeln und Quaggen, gewaltigen Zylindern aus Bronze, in der damaligen Zeit wohl vom Glockengießer gefertigt. Das Ziel war: Wasser durch Feuer zu heben, und das tat sie mit ihren zwölf Hüben in der Minute und konnte mit 30 000 Mark Kohlenkosten im Jahre arbeiten, während die Unterhaltung der 500 Pferde 18 0000 Mark verschlungen hatte. Aber für die tieferen Schächte reichte die Kraft nicht im entferntesten aus, und an die Lösung des Problems Robison, an eine Verwendung der ungeheuerlichen, kohlenfressenden Maschine mit ihren schweren Atemzügen als Antrieb eines schnell beweglichen Wagens der Straße war nicht zu denken. So wäre es (Robison reiste bald fort) bei der flüchtig hingeworfenen Idee eines einfallsreichen Studenten geblieben, wenn der andere nicht ein Watt gewesen wäre, eines der ganz seltenen Kinder aus der Ehe zwischen Glück und Genie. Blühende, quellende Phantasie und doch auch eiserne, unbestechliche, nie ermüdende Logik – und zu allem die geschickteste Hand, ein virtuoses Können im Technischen. Hatte es also Watt mit diesen drei Gaben leicht? Er konnte auf den schon als brauchbar erkannten Maschinen des Savery und Newcomen, auf Papins Ideen weiterbauen. Ein zweiter Vorteil war, daß er alles, Zeit, Geld, Energie und durchwachte Nächte, an eine Sache wenden konnte, deren praktische Notwendigkeit jedem Grubenbesitzer Englands einleuchtete. Was sollte aus Englands neuer Industrie (die Spinn- und die Webmaschine wurden eben erfunden) ohne Kohle werden? Wie konnte man auf die Dauer genügend Kohle ohne bessere »Wasserhaltungsmaschinen«, also ohne Kraftmaschinen mit Dampfbetrieb erhalten? Der dritte Vorteil war, daß Watts Genie von seiner Zeit frühzeitig erkannt war. Er hat, solange er lebte, immer Freunde gehabt, große würdige Gelehrte wie die Herrn der Glasgower Universität, später hatte er große, mächtige Fabrikherren zu Helfern, die ihm riesige Geldsummen und ihre ausgebreiteten, blühenden Fabrikbetriebe zur Verfügung stellten. Also ein mühevolles, freudiges Schaffen? Ein Leben voller Erfolg, Ruhm, Gelingen und Freude am Werk? Nichts von alledem. Ein Dasein voller Mühe und Plage. Aber ein unbeirrbares Wollen und Müssen, das dem Größten in seinem, Watts, Wesen getreu war und deshalb durch keinen der vielen Mißerfolge lahmzulegen war – so folgte er seinem Schicksalsstern – oder führte er ihn? Newcomen, sein großer Vorgänger, wie Watt war er aus dem Dunkel des dritten Standes mühsam aufgestiegen. Aber wenn wir auch heute wissen, wozu ein Thomas Newcomen gelebt hat – wann und wo und wie sein Leben geendet hat, ist nie bekannt geworden. Kaum wird er einen Gewinn aus seiner Erfindung gezogen haben. Niemand kennt sein Grab. Watts Bildsäule steht unter den Statuen der englischen und schottischen Könige in der Westminsterabtei. Wie wurde dieser Mensch? James Watt wurde 1736 in Greenock am Clyde als vierter Sohn des Zimmermanns und Instrumentenmachers James Watt geboren. Die erste Kindheit: einsam, still. Kränklich und zart bleibt dieser Mensch sein Leben lang. Er spielt nicht mit Altersgenossen. Besucht keine Schule. Die Eltern bringen ihm Lesen, Schreiben, Rechnen bei. Er ist sehr viel allein. Da erfindet er: Maschinen? Nein, Märchen. Er, der Prototyp des technisch-physikalischen Genies, kann noch als achtzigjähriger Greis den berühmtesten Romandichter seiner Zeit, Walter Scott, durch seine Phantasmagorien aufs höchste entzücken. Aber das ist nur die eine Seite dieses Charakters. Ebenso unwiderstehlich treibt es den Jungen in die rußige Werkstatt des Vaters, dem er zuerst großäugig zusieht, dem er dann mithilft, bis dieser sehr erfreut dem Jungen eine kleine Arbeitsstätte mit Drehbank, Amboß, Schmiedefeuer einrichtet. So soll er auch Nachfolger des Vaters werden – aber die Zeiten sind gar nicht leicht, der Vater verliert sein im Schweiße seines Angesichtes erarbeitetes Vermögen durch Schiffbrüche. Der in halbwegs auskömmlichen Verhältnissen aufgewachsene Knabe soll sobald wie möglich an das Verdienen denken. Am besten kann er im großen London seine Lehrjahre absolvieren, und so wird die weite Reise hoch zu Roß unternommen und in zwölf Tagen ein Weg zurückgelegt, zu dem man heute sieben Stunden braucht. Sieben Jahre Lehrzeit waren ihm zu viel. Aber schließlich nahm ihn ein geschickter Mechanikus für 400 Mark Lehrgeld in die Schule. Tages Arbeit – abends darben. Für acht Shilling muß er im teuren London eine ganze Woche leben. So lebt er sparsam bis zum leibhaftigen Hungern. Nachts hat er sich Privatarbeiten aufgebürdet, gönnt sich keinen Schlaf. Lange hält er es nicht aus. Kehrt müde und krank wieder heim nach Glasgow. Er will sich, knapp zwanzig Jahre alt, als Feinmechaniker hier niederlassen. Er hat das Glück, Unglück zu haben. Infolge der strengen Zunftgesetze muß er sich unter die Fittiche der Universität retten, als Handlanger freilich nur, dem man die zerbrochenen Schulmodelle von Maschinen, unter anderm ein beschädigtes Kleinmodell der Newcomenschen Maschine, zur Reparatur übergibt. Die gelehrten Herren unterhalten sich mit ihm, aber im Grunde braucht man von ihm nur die flinken, zu jeder kniffligsten Arbeit geschickten Finger, und so kommt er mit stud. ing. Robison zusammen, und sein Schicksalswort fällt: Dampfmaschine. Jetzt hatte er eine Aufgabe vor sich, die beiden Teilen seines dissonanten Wesens entsprach: Seine dichterisch beflügelte Phantasie, der Märchenerzähler in ihm konnte neue Ideen aushecken – und die andere Seite, der nüchterne, logische Kopf konnte mittels der anstelligen Hände die technisch-schwierige Ausführung übernehmen. Alles konnte der Leitidee seines Daseins dienen. Die Berufspflichten litten freilich unter dieser ihn beherrschenden Idee. »Alle meine Gedanken sind auf die Maschine gerichtet«, schreibt er seinem Freund, »ich kann an nichts anderes mehr denken.« Er studiert gewissenhaftest die einschlägige Literatur. Es sind schwer aufzutreibende Schriften in französischer und deutscher Sprache. Er erlernt die Sprachen. Studiert Mathematik. Er bringt sich selbst die Methoden exakten Experimentierens bei. Die Wissenschaft allein genügt nicht. Er muß, was er geistig vor sich sieht, auch praktisch ausführen können. Ihm sind bloß die Methoden der Feinmechanik vertraut. Er muß sich also die nötige Erfahrung im Großmaschinenbau aneignen: Bei den um ein Vielfaches vergrößerten Maßen, bei dem erhöhten Dampfdruck macht sich jeder kleine Fehler, jede winzige Undichtigkeit störend bemerkbar, und tausende Versuche mißlingen im Großen, nachdem sie im Kleinen gelungen sind. Ein alter Klempner, sein einziger, jedenfalls sehr billiger Gehilfe, arbeitet mit ihm. Aber der Dampf entweicht durch tausend Fugen. Ein paar Kolbenstöße – und die Maschine steht still. Man dichtet die Zylinderwände mit Kork, geölten Lappen, alten Hüten, Pferdedünger, aufgedrehten Tauen ab. Nichts hilft. Alles Geld, das er als Feinmechaniker verdient hat, ist in die Maschine gesteckt. Ist das Prinzip falsch? Das Prinzip kann nicht falsch sein, es ist logisch entwickelt, die Berechnungen stimmen so genau, daß sie heute, 1930, nur um Bruchteile genauer errechnet werden. Das Prinzip ist einfach, einleuchtend. Es heißt: Zylinder so heiß wie möglich, Kondensator, Dampfverdichter so kalt wie möglich. Daraus ergibt sich: 1. Trennung von Zylinder und Kondensator. 2. Wärmeisolierung des Zylinders durch einen Dampfmantel. Dazu kommt als Drittes, mit Watts eigenen Worten ausgedrückt, der Plan der fernen Zukunft, die Expansionsmaschine: »Ich will eine Maschine bauen, die beides ausnützt, den Kondensator und die Dampfkraft, dann werde ich nur den Dampf allein benützen und ihn durch Ventile ins Freie entlassen, wenn er seinen Dienst getan hat.« Aber so klar ihm auch alles vor Augen steht – die Maschine rührt sich nicht. »Wenn ich mein Mißgeschick allein zu tragen hätte, würde ich mir nichts daraus machen, dann würde ich mich vor einem Fehlschlag nicht so fürchten, aber ich kann den Gedanken nicht ertragen, daß andere unter meinen Hirngebilden leiden sollen – und dann habe ich noch die unglückselige Veranlagung, alles schwarz zu sehen.« Also Schluß mit dieser Arbeit? Vorläufig muß er verzichten. Er hat Frau und Kind. Feldmesserarbeit, der Geometer Watt geht über Land mit seinem Theodolithen unter dem Arm und steckt das Gelände für Kanalbauten ab. Aber er hat die Leitidee nicht vergessen und seine Freunde ebensowenig. Ein Freund bringt Watt mit einem Fabrikanten, dem Dr. Roebuck, zusammen, der für seine Betriebe, Kohlengruben usw. eine leistungsfähige Arbeitsmaschine braucht. Er läßt es sich 20 000 Mark kosten, übernimmt die riesigen Kosten, welche Watts Weiterarbeit und ein Patent, das erste, im Jahre 1769, verursachen – beide sind Feuer und Flamme für die gute Sache, aber das Endergebnis ist wieder ein Mißerfolg. Dr. Roebuck kommt in schwere Geldverlegenheit, die Patentkosten sind nicht aufzutreiben, Watts Schulden steigen von Tag zu Tag. »Es gibt nichts Törichteres als das Erfinden«, schreibt Watt an einen Freund, »ich trete jetzt mein 35. Lebensjahr an, und ich habe meiner Ansicht nach der Welt noch nicht für 35 Pfennig genützt.« Das war, nachdem er sich zwölf Jahre mit der Dampfmaschine beschäftigt hatte. Die Sorgen drängen. Die übernommenen Vermessungsarbeiten müssen beendet werden. Er muß in eine einsame, trostlose Gegend, wo herbstliche Stürme und unaufhörlicher Regen den dauernden Aufenthalt im Freien noch aufreibender und trübseliger machen. Da kommt ihm die Nachricht, seine Frau sei erkrankt. Er eilt heim. Sie war tot. Völliger Zusammenbruch. Aber es soll nicht sein, daß er als verkanntes Genie, als verhinderter Erfinder zugrunde geht. Allein ist er den Widrigkeiten eines erbarmungslosen Daseins nicht gewachsen. Da kommt ein neuer Freund, diesmal – welch seltenes Schicksal – der einzige Mann auf der bewohnten Erde, der so viel geistige und materielle Hilfsmittel besaß, um das durchzuführen, was Watt und er, Boulton, der größte und reichste Industrielle seiner Zeit, Besitzer und Leiter von vielen musterhaften Unternehmungen, als das Richtige ansehen: Ausbau der Dampfmaschine. Boulton mit seinen grandiosen, bis ins letzte ausgebauten Fabriken in Soho übernimmt die Patentrechte des in Konkurs gegangenen Dr. Roebuck, Watt lebt nur seinen Erfindungen. Geschäfte, Geldverdienen sind seine Sache nicht. »Ich will mich lieber vor die Mündung einer geladenen Kanone setzen als Rechnungen aufsetzen und Geschäfte machen«, sagt er. Niemals haben sich zwei Männer besser ergänzt, haben reibungsloser einander in die Hände gearbeitet. Geschäftsgenie – Erfindergenie. Organisation – Invention. Beide wußten: Die Dampfmaschine, wie sie jetzt in Boultons Werken zu Soho gebaut wurde und die endlich! endlich lief, die Wasser pumpte, Ölmühlen drehte, störungsfrei jahrelang, jahrzehntelang lief bei Tag und Nacht, die soviel Feuerung sparte, daß die gelieferten Maschinen mit einem Drittel der gesparten Kohlen bezahlt wurden – das war die ersehnte Zukunft. Alles Gute traf zusammen: Die Bohrmaschine wurde erfunden, die ersten präzis gearbeiteten Zylinder, stets der wunde Punkt der neuen Maschine, wurden eingesetzt, die Nachricht davon verbreitete sich schnell, es regnete Anfragen und Bestellungen, man schritt zur Spezialisierung, zur strengen Arbeitsteilung. Aber auch dieses große Unternehmen konnte nur mit allem Kraftaufgebot das Risiko der epochemachenden Maschine tragen, an 800 000 Mark, ein für damalige Zeiten riesiger Betrag, mußte in die Sache hineingesteckt werden. Dabei war Watt von fast komisch anmutender Sparsamkeit. Seine Unterhaltskosten betrugen alles in allem 24 Mark die Woche. Sein Geist ruhte nicht einen Tag. Watt schuf die doppelt wirkende Dampfmaschine, bei der der Dampf sowohl von oben als von unten in aufeinanderfolgenden Takten auf den Kolben wirkt, ein Gedanke, der ebenso genial ist, wie er einfach und auf der Hand liegend scheint. Er konstruierte Kopierpressen, Rechenmaschinen, von ihm rührt das berühmte Sonne- und Planetengetriebe her, eine der geistvollsten Vorrichtungen, eine Auf-und-ab-Bewegung (Kolben) in eine rotierende (Schwungrad) zu verwandeln. Er hat das Prinzip der Lokomotive erfaßt, und ist so zu dem Problem seiner Jugend zurückgekehrt. In seiner »siebenten Patentschrift« beschreibt Watt das Prinzip und die Konstruktion einer Dampfmaschine, die mit einem Rädergestell in Verbindung gebracht und imstande ist, Personen und Frachtgüter von einem Platz zum andern zu befördern. Leicht war sein Leben auch jetzt nicht in den Zeiten wachsender Einkünfte, allmählich sich verbreitenden Weltruhms. Die Anwaltsrechnungen für die Durchkämpfung seiner Patente erreichten die Höhe von über einer Million Mark. Sein Vermögen war, wie er schrieb, »so klein geworden, daß gerade noch mein Aufenthalt auf dieser Welt möglich ist«. Aber er ergab sich nicht. Er erfand den Regulator, der die Dampfzufuhr mit Hilfe einer an einem Parallelogramm rotierenden Kugel regelt, die je mit der wachsenden oder sinkenden Schnelligkeit des Umlaufes ein Drosselventil öffnet oder schließt und so den regelmäßigen Lauf der Maschine gewährleistet. Er maß die Kraft, die ein arbeitendes Pferd in einem bestimmten Zeitraum leistet, diese Kraftmaßeinheit führt noch heute den Namen Watt, der elektrische Zähler in jeder Wohnung mißt Kilowattstunden. Er erfand die Schiffsschraube, ein Mikrometer, einen Kopierapparat, er fragte sich bei allem und jedem, das er sah: Kann es noch verbessert werden? Wenn er abends bei seiner Arbeit in den Sohowerken nur ungenügendes Licht hatte, erfand er eine neue Lampe, die dann als Massenartikel in den Sohowerken hergestellt wurde. In seinem Laboratorium verfolgte er alle technischen Errungenschaften. Um die Jahrhundertwende lief die Zeitdauer des zwischen Boulton und Watt geschlossenen Gesellschaftsvertrages und der Patente ab. Watt, jetzt erst mit seinen 74 Jahren sorgenfrei, begann zu reisen, erwarb in Wales einen Landsitz und wurde in seinen alten Tagen zum Landlord, pflegte seinen Garten und hielt ein gastfreundliches Haus. Er förderte die Wissenschaft, so wie er selbst gefördert worden war. Der Universität Glasgow, der er so viel verdankte, stiftete er den Wattpreis. Nur eine leichte Erkrankung im Spätsommer 1819 – am 19. August 1819 endete in seinem Hause in Hathfield sein Leben. 83 Jahre alt. Zufrieden? Glücklich über das Riesenmaß der geleisteten Arbeit? Nein. In einem seiner letzten Briefe steht das sonderbare Wort, das an die Worte des sterbenden Beethoven erinnert, der gesagt hat, ihm sei, als hätte er noch kaum einige Noten komponiert und als stünde er am Beginn ... So schreibt Watt: »Einen anderen Vorwurf kann ich jedoch nicht zurückweisen. Bei soviel neuen Ideen, warum habe ich deren nicht mehr ausgeführt? Der Geist war willig, aber das Fleisch war schwach. Ich war der Arbeit nie sehr zugeneigt und bin niemals ein Mathematiker gewesen ...« Kein Mathematiker? Vielleicht. Aber ein Genie, das das Rad der Zeit mit ungeheurem Ruck vorwärtsgeschleudert hat.


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