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Thorbjörn Sur und die Seinen

Erik Erikssohn hieß ein Bauer, dem gehörte alles Land an der Südseite dieser Föhrde. Er wohnte in Quellental nahe dem Meer. Eines Sommermorgens kam im Sonnenschein von der hohen See her ein stolzes Schiff in die Bucht gesegelt mit einem schwarzroten Drachenschädel am Steven, den Bord blau bemalt und mit bunten Schilden behangen, das steuerte auf den Hafen in Quellental zu. Auf dem Vorderdeck stand im Helme ein Greis, von zwei großen jungen Männern gestützt, hinter ihnen hielt ein stattliches Mädchen mit langen hellen Zöpfen den Arm um den Nacken einer hagern, grauhaarigen Frau geschlungen. Die Segel fielen, Ruder fuhren empor. Das Schiff legte an, und die Mannschaft kletterte behende auf Leitern vom Bord an Land. Erik ging dem Schiffsherrn entgegen: da war Thorbjörn Sur aus Surendal in Norwegen gekommen mit seinem Weibe Thora, den Söhnen Thorkel und Gisli, der Tochter Thordis und dem Gesinde: über sechzig Köpfe stark alle miteinander. Thorbjörn kaufte Land von Erik weiter landeinwärts an der Föhrde im Habichtstal. Da machte sich Gisli, sein Jüngster, eifrig mit den Knechten daran, das Gehöft mit dem Wohnhaus, den Vorratsschuppen und den Ställen zu erbauen. Auch Thorkel, der ältere, kam alle Tage auf den Bauplatz, doch griff er selber selten mit an, sondern meist schaute er nur zu und meinte, er hätte es anders und besser gemacht. Thordis aber, seine Schwester, ließ die Mägde schaffen und faßte nur im äußersten Falle mit an, dann freilich fleckte es, denn sie war ebenso gewandt und kräftig, wie sie schön war, und hatte einen guten Verstand. So kam es, daß Gisli die Arbeit so ziemlich allein hatte für sie alle; denn Thorbjörn, der Alte, konnte nicht mehr viel helfen: seit das letzte Felsenriff der Heimat im Meer hinter ihm versunken war, fingen ihn seine alten Wunden an zu schmerzen – er hatte sich nicht wenige auf seinen Wikingerfahrten geholt – und eine nach der andern brach auf. Da hatte auch Thora, sein Weib, wenig Zeit mehr für anderes als ihn zu pflegen.


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