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Ich will lachen.

Ich will lachen. Versteht mich nicht falsch. Lachen. Warum sollte ich mir von diesem Kampf die gute Laune verderben lassen? Meint ihr, gute Laune sei Schwäche? Merkt auf. Seht zu, ob ich in meiner guten Laune nachgebe. Wißt ihr nicht, daß die grausamsten Waffen im Lachen verborgen sind? Ein ganzes Meer habe ich hinter meinem Gelächter. Und mein Gelächter wird alle Piraten zerschmettern. Ich will heiter sein. Mit einem Lied auf den Lippen will ich zur Schlacht gehn. Das wird der Schlacht nichts schaden und mir helfen. Und für die Zwecke dieses Feldzuges tu ich alles, was mir helfen kann. Mit einem Lachen kann ich zehntausend Spötter vernichten. Ein wohlgezieltes Lachen wird die Mauer einer Stadt zu Fall bringen. Einem rechtschaffenen Lachen kann keine Ungerechtigkeit widerstehen. Löscht die Sonne aus. Ich werde doch lachen. Und mein Gelächter wird die Sonne wieder an ihren Platz rücken. Ich sehe nicht ein, warum mich der Versuch, Glückseligkeit zu verbreiten, elend machen sollte. Warum soll ich nicht unterwegs ebenso glücklich sein wie am Ziel? Ja, etwas vom Ziel schon vorwegnehmen? Nützt es dem Ziel etwas, wenn ich mit einem kläglichen Gesicht herumlaufe? Ich sage nicht, daß du eine fröhliche Maske aufsetzen sollst. Ich sage, du sollst wirklich fröhlich sein. Ich bin's. Denn ich sehe das Kommen der guten Zeit. Und ich borge bereits bei ihren Vorzeichen.

Komm. Warum willst du dich mit Kummer plagen? Du bist der Besitzer ungezählten Reichtums. Du betest ein Ideal an. Du hast Träume. Du schaust die Neue Welt, die wir bald betreten. Warum willst du dich dem Kummer überantworten? Das überlaß nur den Andern; den Leuten, die meinen, die Welt müsse so bleiben, wie sie ist; die den Sonnenaufgang nicht sehen. Die um keine Ecke, über keinen Hügel, durch keine Schatten zu schauen vermögen. Wir aber, für unsre Person, dürfen wohl voll Begeisterung sein. Wir sollten täglich singend zu Arbeit gehen. Ich würde mich schämen, wenn mir der bedeutsame Optimismus meines Glaubens fehlte. Ich würde mich schämen, das geringste Anzeichen von Ermüdung, die geringste Spur von Verzweiflung zu zeigen. Ich weine nicht über meiner Arbeit. Höchstens vielleicht Tränen der Freude. Das Unternehmen, das ich unter der Hand habe, trägt jetzt schon so reichliche Zinsen, daß ich mich um mein Kapital nicht ängstigen darf. Revolutionäre furchtsam zu sehen, ist mir verhaßt. Zu solchen Leuten sage ich: »Ihr gehört ins andere Lager«. Einen Revolutionär sehe ich gerne leichten Fußes dahinschreiten. Ja, auch leichten Herzens. Gerade, als würde schon morgen sich alles erfüllen. Als wäre schon heute alles erfüllt. Für den Menschen aus echtem Schrot und Korn wird das Ideal in dem Augenblick zur Wahrheit, wo es ihm aufsteigt. Ein wahrer Mensch läßt sein Ideal nie warten. Er erfaßt es. Er hält an ihm fest. Es kostet ihn keine Mühe, an seinem Ideal festzuhalten. Sein Ideal kostet es viel Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Er singt. Er tanzt. Er ist glücklich. Das Leben naht sich ihm mit vollen Armen. Der Tod weicht zurück. Die Verzagten ereilt der Tod. Unter ihnen hält der Tod seine Ernte.

Mein Lachen ist eine Herausforderung. Es wird den Kampf gegen eine Ungerechtigkeit unter jeder Bedingung aufnehmen. Es wird diese Ungerechtigkeit widerlegen. Verwundet oder tot wird diese Ungerechtigkeit vor ihm das Feld räumen. Die Bösen verstehen es nicht immer. Mein Lachen weiß von keinem Vergleich. Es besteht auf seinem Recht. Es lacht sich ganz aus. Es lacht die verhätschelte Dreieinigkeit des kapitalistischen Systems weg. Pacht, Zins, Profit. Es lacht die Sklaverei weg. Mein Lachen ist eine Frage. Eine Anklage. Ein Gewissen. Es ist jenes Etwas, das dich bei Nacht im Schlaf stört, und bei Tag, wenn du wach bist, belästigt. Bei all seiner Gelassenheit geht es dir durch Mark und Bein. Was der Saft für den Baum, das Blut für den Körper, das ist das Lachen für meinen Glauben. Die Leute kommen zu mir, um zu erfahren, ob mein Lachen gefährlich sei. Sie finden es gerüstet. Sie finden in ihm einen ungemütlichen Nachbar. Sie entdecken, daß es ein scharfer und unerbittlicher Kritiker ist. Ich setzte mich nieder und weinte, und das Uebel schwand nicht. Ich stand auf und lachte, und das Uebel eilte davon. Ich kann es mir leisten zu lachen. Das Lachen bringt kein Geld in meine Taschen, aber Licht in meine Seele. Weinen machte mich schwach. Lachen machte mich stark. Ich lache das Privateigentum zu Schanden. Ich lache die Millionäre aus ihren Renten, die Arbeiter aus ihrer Stumpfheit heraus. Mein Lachen ist für mich das Letzte vor dem Zubettgehn und das Erste beim Aufstehn. Anderen Besitz kann ich verlieren. Aber mein Lachen will ich behalten. Du kannst alles übrige haben, wenn du mir das läßt. Ich will zeigen, daß mein Gelächter größer ist als Rockefeller. Größer als jeder Einzelmensch. Größer als jedes Einzelinteresse. Gerade so groß, als alle Menschen zusammengenommen. Gerade so groß, als alle Interessen vereinigt. Ich glaube beinahe, daß die Gesamtheit des materiellen Universums kleiner ist als mein Lachen. Ich glaube beinahe, daß mein Lachen dazu bestimmt ist, den materiellen Dingen eine Lehre zu geben. Denn mein Lachen ist die Seele des Menschen, wie sie sich in der Bestimmung seiner Liebe geoffenbart hat. Mein Lachen wird alle wirtschaftliche Tyrannei und gesellschaftliche Kriegslist überdauern. Und alle geknechteten Kinder und hungernden Eltern. Alle Tagelöhner und Zinszahler. Schwach? Ist die Gerechtigkeit schwach? Ist die Flamme schwach im Feuer? Ist das Wasser schwach in der Flut? Schwach? Das Schwert kann mild, die Kugel gnädig sein. Aber mein Lachen wird dich unerbittlich bekämpfen.

Ich hatte die Wahl der Waffen. Ich entschied mich fürs Lachen. Was das Weinen vermag, kann auch das Lachen, und noch weit mehr. Ich habe mich nicht entschlossen fröhlich zu sein, weil Fröhlichkeit eine harmlose Waffe wäre. Gewiß nicht. Weil Fröhlichkeit die furchtbarste Waffe ist. Meinem Ernst kann der Feind widerstehen. Vor meinem Lachen wird er nicht stand halten. Meinem Tadel kann er sich durch die Flucht entziehen. Aber mein Lachen versperrt jeden Ausweg. Hat mein Lachen gesprochen, so ist alles gesagt. Ich hatte die Wahl der Waffen. Ich wählte den Frohsinn. Frohsinn reicht so viel weiter als Verzweiflung. Der Frohsinn ist so unentrinnbar. Er zwingt so unbeugsam zur Entscheidung. Er tanzt in solch ewiger Jugend umher. Der Frohsinn hat nie wunde Füße. Er kennt kein Alter. Niemals schaut er zurück. Stets ist er ans Heute und Morgen gebunden. Die Sünde bricht vielleicht Verabredungen mit dem Ernste. Aber meinem Lachen sucht sie nie zu entgehen. Frohsinn ist Philosophie. Er entsagt kleinem Gewinn zugunsten von großem. Ich sehe, daß die Räuber über deine tränenreiche Verfolgung spotten. Doch wenn du acht gibst, so wirst du bemerken, daß sie meiner lachenden Aufforderung zur Uebergabe folgen. Weißt du, ein Lachen dringt in die Muskeln deines Armes. Es durchströmt deine Adern. Es stärkt deine Denkfähigkeit. Es gibt deiner Liebe die höchste Wirkung. Nur ein Lachen. Nur ein Lied. Nur Frohsinn zur richtigen oder unrichtigen Zeit. Mein Lachen läßt sich durch nichts widerlegen. Nichts kann seine unerschütterliche Bejahung umstoßen. Als ich zum Scheideweg kam, wählte ich den Frohsinn. Seitdem habe ich die Sonne auf meinem Weg. Und vor mir kann ich den Himmel schauen. Die Gerechtigkeit. Alle Menschen reichlich versorgt, keinen mit zuviel. Frohsinn. Gelächter. Mein Lachen. Lachen aus vollstem Haß. Lachen aus vollster Liebe. Was gut ist, braucht mein Lachen nicht fürchten. Doch wenn ein soziales Unrecht versteckt ist, das meint, es könne durch List und Verstellung meinem Lachen entrinnen, das soll sich hüten. Ich bin ihm auf den Fersen. Ich spreche kein unnützes Wort. Ich tue keinen unnützen Schlag. Ich bringe keine unnützen Entschuldigungen vor. Ich lache nur. Ich gebe der Welt mit meinem Lachen Gerechtigkeit für ihre Grausamkeit, Einigkeit für ihren Zwist. Wir sprechen von Gott. Ich glaube, mein Lachen und Gott sind ein und dasselbe. Oder wenn sie nicht ein und dasselbe sind, dann um so schlimmer für Gott. Ich will lachen.


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