William M. Thackeray
Die Geschichte von Pendennis / Band 3
William M. Thackeray

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Achtzehntes Kapitel

Pendennis zählt seine Eier

Unser Freund war erst diesen Tag in London angekommen, obwohl nur für einen kurzen Besuch, und nachdem er mehrere Mitpassagiere in einem Gasthofe gelassen hatte, wohin er sie vom Westen aus hinbegleitet hatte, eilte er nach der Wohnung in Lamb Court, in die so viel Sonnenschein strahlte, als jenes düstere, aber doch nicht ganz aller Behaglichkeit entblößte Gebäude zu besuchen pflegte. Ungezwungenheit ersetzt den Sonnenschein in diesen Wohnungen, und die Templer murren, machen sich's aber in ihrem Inn bequem. Pens dienstbarer Geist berichtete ihm, daß Warrington sich auch im Hause befände, und natürlich rannte Arthur auf der Stelle in die Stube seines Freundes hinauf und fand sie, wie dereinst, durchräuchert von seiner Pfeife und George wieder an der Arbeit vor seinen Zeitungen und Monatsschriften. Die beiden begrüßten sich mit der rauhen Herzlichkeit, welche junge Engländer gegeneinander zu zeigen pflegen und die unter ihrer groben Oberfläche einen reichen Kern von Wärme und Liebe trägt. Warrington 370 lächelte, nahm seine Pfeife aus dem Mund und sagte: »Na, Jungchen!« Pen ging auf ihn zu, streckte ihm die Hand entgegen und sagte: »Wie geht's dir, alter Junge?« Und damit war die Begrüßung zweier Freunde abgetan, die einander monatelang nicht gesehen hatten. Alphons und Frederic würden einander in die Arme gestürzt sein und jeder mit dem Kopfe über der Schulter des anderen ausgerufen haben: Dieses gute Herz! Dieser liebe Alphons! Max und Wilhelm würden sich ein halbes Dutzend Küsse, duftend nach Havannazigarren, auf ihre gegenseitigen Schnurrbärte gegeben haben. »Nun, Jungchen!«

»Wie geht's, alter Junge?« ist alles, was zwei Briten sagen, nachdem sie sich vielleicht am Tage zuvor gegenseitig das Leben gerettet haben. Morgen werden sie sich schon nicht mehr die Hände schütteln und sich nur noch mit Kopfnicken grüßen, wenn sie zum Frühstück kommen. Jeder hat für den anderen das wärmste Vertrauen und die größte Hochachtung; jeder würde seine Börse mit dem anderen teilen, und, wenn er ihn angreifen hörte, in das lauteste und begeistertste Lob seines Freundes ausbrechen, aber sie trennen sich mit einem bloßen »Lebewohl«, sie begegnen sich mit einem einfachen »Wie geht's« und schreiben einander in der Zwischenzeit nicht.

Seltsame Zurückhaltung, wunderliches stoisches Zurückdrängen der englischen Freundschaftsgefühle! »Ja, wir machen nicht viel Wesens, wie diese verwünschten Fremden,« sagt Hardman, der nicht nur keine Freundschaft zeigt, sondern auch sein Leben lang nie etwas von Freundschaft gefühlt hat. 371

»In der Schweiz gewesen?« fragte Pen. »Ja,« antwortete Warrington. »Konnte nicht ein bißchen Tabak finden, der zu rauchen gewesen wäre, bis wir nach Straßburg kamen, wo ich mir etwas Corporal verschaffte.« Das Gemüt dieses Mannes ist höchst wahrscheinlich von den großartigen Schauspielen, die er gesehen hat, erfüllt, von den großen Empfindungen, mit denen ihn die gewaltigen Werke der Natur begeistert haben. Aber sein Enthusiasmus ist zu scheu, um sich zu zeigen, er tut dies nicht einmal vor seinem innigsten Freunde und verhüllt seine Gefühle durch Wolken von Tabaksdampf. Er wird indes an vertraulichen Abenden mehr mit der Sprache aus sich herausgehen und mit Feuer und Offenheit von dem schreiben, was zu sagen er zu schüchtern ist. Die Gedanken und Erfahrungen seiner Reise werden in seinen Schriften zum Vorschein kommen, wie die Gelehrsamkeit, die er im Gespräche nie entwickelt, die aber seinen Stil mit treffenden Andeutungen und glänzenden Beispielen bereichert, seine edle Beredsamkeit färbt und seinem Witze Schärfe verleiht.

Der Aeltere gibt einen flüchtigen Bericht über die Orte, die er auf seiner Tour besucht hat. Er hat die Schweiz, Norditalien und Tirol gesehen; und er ist über Wien und Dresden und den Rhein zurückgekehrt. Er spricht von diesen Orten mit scheuer düsterer Stimme, als ob er sie lieber gar nicht erwähnen sollte, und als ob der Anblick derselben ihn sehr unglücklich gemacht hätte. Nachdem der ältere Mann die Umrisse seiner Reise auf diese Art mit trübem Blicke skizziert hat, beginnt der jüngere zu sprechen. Er ist auf dem Lande 372 gewesen – hat sich sehr gelangweilt – hat umhergeschwänzelt nach Wahlstimmen – sich ungewöhnlich unbehaglich gefühlt, er ist nun auf ein paar Tage hier und will weiter zu ein paar Freunden nach der Umgebung von Tunbridge Wells – das wird auch wieder sehr unbehaglich sein. Wie schwer hält es, bei einem Engländer das Geständnis hervorzurufen, daß er glücklich ist!

»Und der Sitz im Parlament, Pen? Hast du alles damit in Ordnung gebracht?« fragte Warrington.

»Alles in Ordnung, – sobald das Parlament zusammentritt und ein neues Berufungsschreiben besorgt werden kann, zieht sich Clavering zurück und ich trete in seine Schuhe,« sagte Pen.

»Und unter welcher Fahne siegt oder stirbt unser junger Held?« fragte Warrington. »Werden wir als Liberaler, Freisinniger oder als Mann der Regierung auftreten oder für eigene Zwecke angeln?«

»Hm! Es gibt jetzt keine Politik, wenigstens ist die Politik jedermanns so ziemlich dieselbe. Ich habe nicht Acker Landes genug, um ein Protektionist zu sein, noch könnte ich, däucht mich, einer sein, wenn ich auch alles Land in unserer Grafschaft besäße. Ich werde ziemlich viel mit der Regierung gehen, und in manchen sozialen Fragen, die ich während der freien Zeit aufgegriffen habe, sogar weiter als sie; – lache nicht so spöttisch, du alter Zyniker, ich habe wirklich in den Blauen Büchern studiert und beabsichtige, mich in der Sanitäts- und Kolonisationsfrage hervorzutun.«

»Wir behalten uns also die Freiheit, gegen die Regierung zu stimmen, vor, obschon wir ihr im 373 allgemeinen freundlich zugetan sind. Wir sind jedoch Freunde des Volks avant tout. Wir halten Vorlesungen im Claveringer Institute und drücken den klugen Handwerkern die Hand. Wir meinen, daß die Gerechtsame einzelner recht beträchtlich vermehrt werden sollten, und zu gleicher Zeit sind wir so frei, eines Tages ein Amt anzunehmen, wenn das Haus etliche vortreffliche Reden von uns gehört hat und die Verwaltung unser Verdienst gewahr wird.«

»Ich bin kein Moses,« sagte Pen, wie gewöhnlich mit leicht melancholischer Stimme.

»Ich habe dem Volke keine himmlischen Gesetze vom Berge zu bringen. Ich gehöre überhaupt nicht zum Berge und will auch keinen Führer und Reformator der Menschheit machen. Mein Glaube ist nicht stark genug dazu, noch meine Eitelkeit oder meine Heuchelei groß genug. Ich will keine Lügen erzählen, Georg, das verspreche ich dir, und verfalle nur in diejenigen, die notwendig und in der Welt geläufig sind und nicht abgeschafft werden können, ohne den ganzen Umlauf der Dinge zu widerrufen. Laß einem wenigstens den Vorteil seiner zum Zweifel geneigten Gemütsrichtung. Wenn ich etwas Gutes im Hause zu sagen finde, so will ich's sagen, eine gute Maßregel, so will ich sie unterstützen, einen schönen Platz, so will ich ihn nehmen und mich meines Glückes freuen. Aber ich würde einem hochstehenden Manne nicht mehr schmeicheln als einem Pöbelhaufen; und nun weißt du von meiner Politik so viel wie ich selbst. Was für einen Beruf habe ich, ein Whig zu sein? Der Whiggismus ist keine göttliche Einrichtung. Warum soll ich nicht 374 mit den Liberalen stimmen? Sie haben für die Nation getan, was die Whigs ohne sie nie getan hätten. Wer bekehrte beide? – Die Radikalen und das Ausland. Ich glaube, die ›Morning Post‹ hat oft recht und der ›Punch‹ oft unrecht. Ich behaupte nicht, einen Beruf zu haben, aber ich benutze den Vorteil, der sich mir zufällig darbietet. Parlons d'autre chose.«

»Das Nächste, was dir nach dem Ehrgeiz am Herzen liegt, ist, glaube ich, die Liebe?« sagte Warrington. »Wie weit ist deine und ihre junge Liebe fortgeschritten? Werden wir nun bald unser Verhältnis wechseln und die Junggesellenwohnung aufgeben? Stehst du im Begriffe, dich von mir scheiden zu lassen, Arthur, und dir ein Weib zu nehmen?«

»Ich glaube. Sie ist sehr gutmütig und lebendig. Sie singt und nimmt das Tabakrauchen nicht übel. Sie wird ein hübsches Vermögen haben – ich weiß nicht wieviel – aber mein Onkel prophezeit sich alles Mögliche von der Freigiebigkeit der Begum und sagt, daß sie sich sehr anständig benehmen wird. Und ich glaube, Blanche ist mir höllisch gut,« sagte Arthur mit einem Seufzer.

»Das heißt, deshalb, weil wir uns ihre Schmeicheleien und ihr Geld gefallen lassen.«

»Haben wir nicht schon gesagt, daß das Leben ein Handelsgeschäft ist?« sagte Pendennis. »Ich gebe nicht vor, daß ich mir ihrethalben das Herz brechen lassen will. Ich habe ihr ziemlich offen herausgesagt, welcher Art meine Gefühle sind – und – und habe mich mit 375 ihr verlobt. Und seit ich sie das letztemal gesehen habe, und besonders die letzten zwei Monate, wo ich auf dem Lande gewesen bin, glaube ich, daß sie mich immer lieber und lieber gewonnen hat, und ihre Briefe an mich und besonders an Laura scheinen es zu beweisen. Die meinigen sind einfach genug gewesen – keine Ueberschwänglichkeiten oder Beteuerungen, verstehst du – sondern die Sache von mir als affaire faite angesehen und mit keinem Wunsch, die schließliche Vervollständigung zu beschleunigen oder zu verzögern.«

»Und Laura? Was macht sie?« fragte Warrington frei heraus.

»Laura, Georg,« sagte Pen, indem er seinem Freunde fest ins Gesicht sah, »bei Gott, Laura ist das beste und edelste und liebste Mädchen, das je die Sonne beschienen hat.« Seine Stimme sank, als er sprach; es schien, als ob er die Worte kaum aussprechen könnte, er streckte seine Hand nach seinem Kameraden aus, der sie ergriff und mit dem Kopfe nickte.

»Hast du das erst jetzt herausgekriegt, junger Mensch?« sagte Warrington nach einer Pause.

»Wer hätte nicht manche Dinge zu spät gelernt, Georg?« rief Arthur in seiner ungestümen Weise, indem seine Worte und seine Aufregung sich mehrten, als er fortfuhr: »Wessen Leben wäre nicht eine Enttäuschung? Wer trägt sein Herz ganz zu Grabe ohne eine Wunde? Nie kannte ich jemanden, der ganz glücklich war oder der sich nicht aus den Händen des Geschicks durch Hingabe des einen oder des anderen teuersten Kleinodes losgekauft hätte. Heil uns, wenn wir später in Ruhe gelassen werden, wenn wir unsere 376 Buße bezahlt haben und wenn uns der Tyrann nicht mehr heimsucht. Gesetzt den Fall, ich habe entdeckt, daß ich den größten Schatz in der Welt verloren habe, nun wo er nicht mehr mein werden kann – daß ich jahrelang einen Engel unter meinem Zelt hatte und ihn gehen ließ – bin ich der einzige – ach, lieber alter Junge, bin ich der einzige? – Und denkst du, mein Los ist leichter zu ertragen, weil ich zugestehe, daß ich es verdiene? Sie ist von uns gegangen. Gottes Segen begleite sie! Sie hätte bleiben können und ich verlor sie; es ist wie mit Undine, nicht wahr, Georg?«

»Sie war dereinst in diesem Zimmer,« sagte Georg.

Er sah sie dort – er hörte die holde sanfte Stimme – er sah das holde Lächeln und die so freundlich strahlenden Augen – das Antlitz, dessen er sich so zärtlich erinnerte – an das er in soviel schlaflosen Nächten gedacht – stets gesegnet und geliebt – jetzt entschwunden! Ein Glas, in dem ein Blumenstrauß steckte – eine Bibel mit Helenes Handschrift – waren alles, was ihm aus der kurzen Blütenzeit seines Lebens übriggeblieben war. Sage man, es ist ein Traum, sage man, es flieht dahin; besser die Erinnerung an einen Traum als ein zielloses Erwachen aus einem gedankenlosen Dahinstarren!

Die beiden Freunde saßen eine Weile schweigend da, jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt und der des andern sich bewußt. Pen brach diese Stille bald, indem er sagte, er müßte gehen und seinen Onkel aufsuchen und dem alten Herrn von den Fortschritten, die er gemacht, Bericht erstatten. Der Major hatte in 377 sehr übler Laune geschrieben, der Major wurde alt. »Ich möchte dich, ehe ich meine Abschiedsverbeugung mache, gern im Parlamente und schmuck eingerichtet in einem behaglichen Hause mit einem Stammhalter sehen. Zeige mir diese Dinge,« schrieb der Major, »und dann laß den alten Arthur Pendennis für die jüngeren Burschen Raum machen; er hat das Pflaster von Pall Mall lange genug getreten.«

»Es steckt eine gewisse Güte in dem alten Heiden,« sagte Warrington. »Er nimmt doch an jemand außer sich selbst Anteil, wenigstens an einem anderen Stücke von sich, außer dem, das in seinen eigenen Rock geknöpft ist – an dir und deiner Nachkommenschaft. Er würde es gern sehen, wenn die Pendennis fruchtbar wären und sich mehrten, und hofft, daß sie das Land ererben. Der alte Patriarch segnet dich aus dem Fenster von Bays Club und wird dann fortgetragen und unter den Trottoirs um die St. Jameskirche, im Angesicht von Piccadilly und dem Fiakerstande begraben, wo man die Wagen zum Lever vorbeifahren sieht. Es ist ein erbauliches Ende.«

»Das neue Blut, das ich in die Familie bringe, ist ziemlich unrein,« sagte Pen gedankenvoll. Wenn ich zu wählen gehabt hätte, so würde, glaube ich, mein Schwiegervater Amory nicht der Stammvater gewesen sein, den ich für meine Nachkommenschaft gewünscht hätte, noch meiner Schwiegermutter Vater Snell noch unsere orientalischen Ahnen. Nebenbei, wer war Amory? Amory war Leutnant auf einem Indienfahrer. Blanche schrieb einige Verse auf ihn – vom Sturme, der bergeshohen Meereswoge, dem 378 Grabe des Seemanns, dem kühnen Vater und dergleichen mehr. Amory ertrank als Befehlshaber eines Schiffes zwischen Kalkutta und Sydney; Amory und die Begum waren nicht glücklich miteinander. Sie ist stets unglücklich gewesen in ihrer Wahl von Ehemännern, die gute alte Dame, denn, unter uns gesagt, ein verächtlicheres Geschöpf als Sir Francis Clavering von Clavering Park – –«

»Half nie für dieses Land Gesetze machen,« warf Warrington ein, worauf Pen tief errötete.

»Beiläufig, in Baden,« sagte Warrington, »fand ich unseren Freund, den Chevalier Strong, in großer Pracht und Herrlichkeit, mit seinen Orden behangen. Er erzählte mir, daß er sich mit Clavering entzweit habe, von dem er beinahe eine ebenso schlimme Meinung zu hegen schien, als du hast, und mir ist sogar beinahe so, obwohl ich es nicht für gewiß behaupten will, als ob er im Vertrauen seine Meinung gesagt hätte, daß Clavering ein ungeheurer Halunke wäre. Jener Kerl, der Blonndell, der dich zu Oxbridge ins Kartenspiel einweihte, war mit Strong, und ich glaube, die Zeit hat seine unschätzbaren Eigenschaften zutage gefördert und ihn zu einem gewandteren Schurken gemacht, als er es zu deiner Universitätszeit war. Aber der König des Platzes war der berühmte Kolonel Altamont, der alle Welt um sich versammelte, der ganzen Gesellschaft Feten gab, und, wie es hieß, die Bank sprengte.«

»Mein Onkel weiß etwas von diesem Menschen, Clavering weiß etwas von ihm. Es ist etwas mit 379 ihm nicht richtig. Aber komm! Ich muß als pflichtgetreuer Neffe nach Bury Street gehen.«

Und indem er seinen Hut ergriff, machte sich Pen zum Gehen bereit.

»Ich will auch ausgehen,« sagte Warrington. Und sie stiegen die Treppe hinab, hielten jedoch bei Pens Wohnung an, die sich, wie der Leser weiß, jetzt einen Stock tiefer befand.

Hier begann Pen sich mit Eau de Cologne zu bespritzen und sich sorgfältig Haar und Bart mit diesem wohlriechenden Wasser zu durchduften.

»Was ist los? Du hast doch nicht geraucht. Ist es meine Pfeife, die dich vergiftet hat?« murrte Warrington.

»Ich stehe im Begriffe, ein paar Damen zu besuchen,« sagte Pen. »Ich – ich werde mit ihnen speisen. Sie passieren die Stadt und sind in einem Hotel in Jermyn Street.«

Warrington sah mit gutmütigem Interesse zu, wie der junge Mann sich zu einem vollendeten Jünglinge herausstutzte und zuletzt mit einem prachtvollen Busenstreifen und Halstuche, frischen Handschuhen und funkelnden Stiefeln erschien. Georg trug ein Paar dicke Halbstiefel, und sein altes Hemd war auf der Brust zerrissen und am Kragen, wo sein blauer Bart es gerieben, zerfasert.

»Na, mein Jungchen,« sagte er in seiner einfachen Weise, »ich weiß nicht warum, aber ich sehe dich gern als Stutzer. Wenn ich mit dir über die Straße gehe, so ist mir's, als hätte ich eine Rose im Knopfloch 380 stecken. Und du bist auch immer noch leutselig. Ich meine nicht, daß im ganzen Tempel ein einziger junger Mensch solche Erscheinung ist wie du, und doch glaube ich nicht, daß du dich bisher geschämt hast, mit mir auszugehen.«

»Lache mich nicht aus, Georg,« sagte Pen.

»Hör mal, Pen,« fuhr jener düster fort, »wenn du schreibst – wenn du an Laura schreibst, so wollte ich, daß du sie von mir grüßtest.«

Pen wurde rot, und dann sah er Warrington an, und dann – und dann brach er in ein nicht endenwollendes Gelächter aus.

»Ich will eben mit ihr essen,« sagte er. »Ich brachte sie und Lady Rockminster heute vom Lande hierher – zog die Reise zwei Tage hin – schlief gestern abend zu Bath – höre, Georg, komm auch und speise mit uns. Ich habe Erlaubnis, jeden, der mir beliebt, zu Tische zu bitten, und die alte Dame spricht fortwährend von dir.«

Georg lehnte ab. Georg hatte einen Artikel zu schreiben. Georg zögerte, und oh, wie seltsam! Zuletzt willigte er ein, mitzugehen. Man kam überein, man wollte gehen und den Damen seine Aufwartung machen, und so marschierten sie in vortrefflicher Laune nach dem Hotel in Jermyn Street. Noch einmal erstrahlte ihm das geliebte Antlitz, noch einmal sprach die holde Stimme zu ihm, und hieß ihn ihr zärtlicher Händedruck willkommen.

Es fehlte noch eine halbe Stunde an der Essenszeit. »Sie werden jetzt gehen und Ihren Onkel besuchen, Herr Pendennis,« sagte die alte Lady 381 Rockminster. »Sie werden ihn nicht zu Tische herbringen – nein – seine alten Geschichten sind unerträglich, und ich möchte mich mit Herrn Warrington unterhalten, ich glaube, er wird uns amüsieren. Ich denke, wir haben alle Ihre Geschichten gehört. Wir sind zwei ganze Tage zusammengewesen, und ich glaube, wir fangen an, einander satt zu bekommen.«

So gehorchte Arthur dem Befehle Ihrer Ladyschaft, ging hinunter und begab sich nach der Wohnung seines Oheims.



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