William M. Thackeray
Die Geschichte von Pendennis / Band 3
William M. Thackeray

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Drittes Kapitel

Fannys Beschäftigung ist zu Ende

Die gute Helene hatte, wie wir gesehen haben, die ganze Zeit während der Krankheit ihres Sohnes vollständig Besitz genommen von dem jungen Manne, von seinen Kisten und Kasten und allem, was sie enthielten, ob es nun Hemden waren, die der Knöpfe bedurften, oder Strümpfe, die gestopft werden mußten, oder – muß dies eingestanden werden? – Briefe waren, die unter diesen Kleidungsstücken lagen, und die natürlich jemand während Arthurs geschwächtem und zum Schreiben unfähigen Zustande beantworten mußte. Vielleicht war es zu loben, wenn Frau Pendennis den Wunsch hegte, eine Erklärung über das schreckliche Geheimnis mit Fanny Bolton zu 45 haben, von dem sie gegen ihren Sohn nie das leiseste Wörtchen geäußert hatte, obschon es ihrer Seele allzeit gegenwärtig war und ihr unaussprechliche Angst und Unruhe bereitete. Sie hatte veranlaßt, daß der messingne Klopfer von der inneren Tür der Wohnung abgeschraubt wurde, weil sie richtig schloß, und des Postboten doppeltes Klopfen mit demselben die Ruhe ihres Patienten stören würde; sie erlaubte ihm auch nicht, irgendeinen ankommenden Brief zu sehen, mochte er nun vom Schuhmacher sein, der ihn drängte, oder von dem Hutmacher, der nächsten Sonnabend eine bedeutende Rechnung zu bezahlen hatte und sehr dankbar sein würde, wenn Herr Arthur Pendennis die Güte haben wollte, seine Angelegenheit zu erledigen usw. Von diesen Dokumenten hatte Pen, der stets freigiebig mit Geld und sorglos war, natürlich seinen Teil, und wenn auch keinen großen, so doch einen, der vollkommen hinreichte, um seine bedenkliche und gewissenhafte Mutter zu ängstigen. Sie hatte einige Ersparnisse gemacht; Pens großartige Selbstverleugnung und ihre eigene Sparsamkeit, die auf Grund ihrer großen Einfachheit und Vermeidung alles Sichgehenlassens fast an Geiz grenzte, hatten sie in den Stand gesetzt, eine kleine Summe zurückzulegen, von der sie mit freudiger Bereitwilligkeit einen Teil der Abzahlung der Verpflichtungen des jungen Herrn widmete. Um diesen Preis würde mancher wackere Jüngling und achtbare Leser seine Korrespondenz seinen Eltern einhändigen, und es gibt vielleicht kein besseres Zeugnis für das regelmäßige Leben und gute Gewissen jemandes, als seine Bereitwilligkeit, dem Postboten ins Gesicht zu sehen. 46 Heil dem Manne, den das Anklopfen desselben glücklich macht! Die Guten sehnen sich danach, aber die Gottlosen erzittern vor seinem Klange. So war es doppelt freundlich von Frau Pendennis, daß sie Pen die Mühe des Anhörens und Beantwortens von Briefen während seiner Krankheit ersparte.

Es konnte in den Schubläden und Kleiderschränken des jungen Mannes nichts gewesen sein, das ihn in irgendeiner Beziehung als schuldig hingestellt hätte; ebensowenig konnten hinreichende Dokumente hinsichtlich der Angelegenheit mit Fanny Bolton gefunden worden sein, denn die Witwe mußte erst ihren Schwager fragen, ob er etwas von der häßlichen Geschichte und schrecklichen Intrige wüßte, in die ihr Sohn verwickelt wäre. Als sie eines Tages in Richmond waren und Pen sich mit Warrington auf eine Bank der Terrasse gesetzt hatte, zog die Witwe Major Pendennis zu Rate und legte ihm ihre Angst und Not vor, oder doch wenigstens soviel von derselben (denn, wie es die Gewohnheit der Männer und Frauen ist, legte sie keine vollständige Beichte ab, und ich glaube, kein verschwenderischer Herr Sohn, der nach einem Ueberschlag seiner Schulden, keine Modedame, die von ihrem Gemahl nach den Rechnungen ihrer Schneiderin gefragt wurde, hat bis jetzt jemals den ganzen Betrag angegeben) – so viel von ihrer Angst und Not, sagen wir, als es ihr beliebte, ihrem Ratgeber für die gegenwärtige Zeit vorzulegen.

Als sie hierauf den Major fragte, welchen Weg sie in dieser furchtbaren, dieser entsetzlichen Angelegenheit zu verfolgen hätte, und ob er etwas davon wüßte, 47 zog der alte Gentleman sein Gesicht zusammen, so daß man nicht sehen konnte, ob er lächle oder nicht, warf aus seinen kleinen Augen einen sonderbaren Blick auf die Witwe, schlug sie dann wieder auf den Teppich nieder und sagte: »Meine liebe gute Schwägerin, ich weiß nicht das mindeste davon, und ich wünsche auch gar nichts davon zu wissen, und da Sie mich um meine Meinung fragen, so denke ich, daß es auch für Sie am besten wäre, nichts davon zu wissen. Junge Leute sind eben junge Leute, und, bei Gott, meine gute Schwägerin, wenn Sie meinen, daß unser Junge ein Joseph –«

»Bitte ersparen Sie mir das,« unterbrach ihn Helene mit sehr majestätischer Miene.

»Meine gute Schwägerin, erlauben Sie mir, zu bemerken, daß ich das Gespräch nicht anfing,« sagte der Major mit einer sehr schmeichelhaften Verbeugung.

»Ich kann es nicht ertragen, wenn von einer solchen Sünde – von solcher furchtbaren Sünde – in dieser Weise gesprochen wird,« sagte die Witwe, indem ihr Tränen des Verdrusses aus den Augen traten. »Ich kann den Gedanken nicht ertragen, daß mein Sohn solch ein Verbrechen begehen könnte. Ich wünschte fast lieber, er wäre gestorben, ehe er es begangen hätte. Ich weiß nicht, wie ich es selbst überleben soll; denn es bricht mir das Herz, Major Pendennis, wenn ich denken muß, daß seines Vaters Sohn – mein Kind – dessen ich mich als eines so guten – ach, so guten und ehrenhaften Kindes erinnere – so furchtbar tief gefallen sein sollte, daß er – daß er –«

»Daß er mit einer kleinen Grisette ein bißchen 48 geflirtet hat, meine liebe Schwägerin?« sagte der Major. »Mein Gott, wenn allen Müttern in England das Herz brechen sollte, weil – nein, nein – auf mein Ehrenwort jetzt, machen Sie sich keine unnütze Angst, weinen Sie nicht. Ich kann keine Weibertränen sehen – konnte es niemals – niemals. Aber woher wissen wir denn, daß irgend etwas Ernstes vorgefallen ist? Hat Arthur etwas gesagt?«

»Sein Schweigen bestätigt es,« schluchzte Frau Pendennis hinter ihrem Taschentuche.

»Nicht im geringsten. Es gibt Gegenstände, meine Liebe, über die ein junger Mensch wirklich nicht mit seiner Mutter reden kann,« beharrte der Schwager.

»Sie hat ihm geschrieben,« weinte die Dame hinter ihrem Cambrictuche.

»Was? Aber ehe er krank war? Nichts wahrscheinlicher.«

»Nein, als er krank war,« ächzte die Trauernde mit der Batistmaske; »nicht vorher; das heißt, ich glaube das nicht – das heißt, ich –«

»Erst seitdem, und Sie haben – ja, ich verstehe. Ich vermute, als er zu krank war, seine Korrespondenz selbst zu lesen, da unterzogen Sie sich diesem Geschäfte, nicht wahr?«

»Ich bin die allerunglücklichste Mutter von der Welt,« schluchzte die unselige Helene.

»Die allerunglücklichste Mutter von der Welt, weil Ihr Sohn ein Mann und nicht ein Eremit ist! Nehmen Sie sich in acht, beste Schwägerin. Wenn Sie irgendwie Briefe an ihn unterdrückt haben sollten, so 49 können Sie sich selbst sehr geschadet haben und, soweit ich Arthurs Denkart kenne, eine große Kluft zwischen ihm und Ihnen geöffnet haben, die Ihnen das ganze Leben verbittern kann – eine Kluft, die von bedeutend größerer Wichtigkeit ist, meine gute Schwägerin, als die kleine – kleine – lumpige Ursache, aus welcher sie hervorgegangen ist.«

»Es war bloß ein einziger Brief,« brach Helene heraus, – »nur ein ganz kleiner – nur ein paar Worte – hier ist er – oh – wie können, wie können Sie nur so reden?«

Als die gute Seele sagte »nur ein ganz kleiner,« konnte der Major überhaupt kein Wort hervorbringen, so geneigt war er, trotz des Jammers der armen Seele vor ihm, und trotzdem er sie von Herzen bemitleidete und liebte, zu lachen. Aber jedes sah die Angelegenheit mit seinen oder ihren besonderen Augen und Ansichten von Moral an, und die Moral des Majors war, wie der Leser weiß, nicht die eines Asketen.

»Ich empfehle Ihnen,« fuhr er ernsthaft fort, »wenn Sie können, den Brief zuzusiegeln – solche Briefe sind nicht selten mit Oblaten geschlossen – und ihn unter Pens andere Papiere zu stecken und sie ihm zu übergeben, sobald er nach ihnen verlangt. Oder wenn wir ihn nicht versiegeln können, so haben wir ihn irrtümlich für eine Rechnung gehalten.«

»Ich vermag meinen Sohn nicht zu belügen,« sagte die Witwe. Der Brief war leise in den Briefkasten gesteckt worden, zwei Tage vor ihrem Wegzuge aus dem Tempel, und war der Frau Pendennis durch Martha überbracht worden. Sie hatte natürlich noch nie Fannys 50 Handschrift gesehen, aber als der Brief in ihre Hände gelegt wurde, wußte sie sogleich, wer der Verfasser war. Sie hatte nach diesem Briefe jeden Tag, seit Pen krank war, ausgeschaut. Sie hatte einige von seinen anderen Briefen geöffnet, weil sie diesen einen zu bekommen wünschte. Sie hatte das entsetzliche Papier, das ihre Tasche vergiftete, in diesem Augenblicke bei sich. Sie nahm es heraus und bot es ihrem Schwager dar.

»Arthur Pendennis, Esquire,« las er in einer schüchternen kleinen Kritzelhandschrift, und mit einem spöttischen Lächeln auf seinen Zügen. »Nein, meine Liebe, ich mag nichts mehr lesen. Aber Sie, die Sie es gelesen haben, können mir erzählen, was der Brief enthält – nur Gebete für seine Genesung, in schlechter Orthographie, sagen Sie – und den Wunsch, ihn zu sehen? Nun – darin ist nichts Böses. Und da Sie mich einmal fragen« – hier begann der Major seinesteils ein wenig sonderbar auszusehen und seine bedenkliche Miene anzunehmen – »da Sie, meine Liebe, mich um Auskunft angehen, ei nun, so stehe ich nicht an, Ihnen zu erzählen, daß – ah – daß – Morgan, mein Bedienter, hinsichtlich dieser Angelegenheit einige Nachforschungen angestellt hat, und daß – mein Freund Doktor Goodenough auch einen Blick hineingetan hat – und es scheint, daß diese Person sehr verliebt in Arthur gewesen ist, daß er für sie bezahlt und sie mit in die Gärten von Vauxhall genommen hat, wie Morgan von einem alten Bekannten Pens und uns selbst, einem irischen Gentleman, der einst sehr nahe daran war, die Ehre zu haben, der – kurz, tatsächlich, von einem Irländer gehört hat, daß der Vater des 51 Mädchens, ein heftiger Mann von versoffenen Gewohnheiten, ihre Mutter geprügelt hat, die dabei bleibt, daß sie einerseits gegen ihren Mann die vollkommene Unschuld ihrer Tochter erklärt, und auf der anderen Seite Goodenough erzählt hat, daß Arthur gegen ihr Kind wie ein Ungeheuer gehandelt hätte. Und so sehen Sie, daß die Geschichte in ein Geheimnis gehüllt bleibt. Wollen Sie es aufgeklärt haben? Ich brauche bloß Arthur zu fragen, und er wird es mir sogleich erzählen – er ist ein so ehrenhafter Mensch, wie je einer lebte.«

»Ehrenhaft!« sagte die Witwe mit bitterem Spott. »O Schwager, was ist das, was Sie Ehre nennen? Wenn mein Sohn schuldig ist, muß er sie heiraten. Ich würde vor ihm auf meine Knie niederfallen und ihn bitten, dies zu tun.«

»Guter Gott! Sind Sie wahnwitzig geworden?« kreischte der Major heraus und, indem er sich früherer Stellen aus Arthurs und Helenes Geschichte erinnerte, fiel ihm die Wahrheit ein, daß, wenn Helene diese Bitte an ihren Sohn richtete, er das Mädchen sicherlich heiraten würde, war er doch toll und dickköpfig genug, jedwede Torheit zu begehen, wenn ein Frauenzimmer, das er liebte, im Spiele war. »Meine liebe Schwägerin, haben Sie denn Ihren Verstand verloren?« fuhr er (nach einer Pause voller Aufregung, während welcher der obenerwähnte traurige Gedanke ihm durch den Kopf fuhr) in sanfterem Tone fort. »Welches Recht haben wir denn zu der Vermutung, daß zwischen diesem Mädchen und ihm irgend etwas passiert ist? Zeigen Sie mal den Brief! Ihr Herz will brechen; – bitte, bitte, schreiben Sie an mich – zu Hause unglücklich – böser Vater 52 – Ihre Wärterin – arme kleine Fanny – wie Sie sagen, in einer Weise geschrieben, die jedem Sinn von Schicklichkeit ins Gesicht schlägt. Aber gütiger Himmel! Meine Liebe, was liegt denn darin Böses? Nichts, als daß der kleine Teufel noch immer mit ihm liebelt. Ei nun, sie ist nicht eher auf seine Stube gekommen, als bis er so irre redete, daß er sie nicht kannte. Wie heißt sie doch gleich – die Flanagan, die Aufwärterin, erzählte Morgan, meinem Bedienten, die Sache so. Sie kam in Begleitung eines alten Burschen, eines alten Herrn Bows, der sehr freundlich nach Stillbrook herunterkam und mich abholte – beiläufig, ich verließ ihn im Fiaker, und die Fahrt zahlte ich nie, und es war verteufelt freundlich von ihm. Nein, es ist nichts Böses in der Geschichte.«

»Denken Sie das? Dem Himmel sei Dank – dem Himmel sei Dank!« sagte Helene. »Ich will den Brief jetzt zu Arthur tragen und ihn fragen. Sehen Sie ihn dort? Er ist auf der Terrasse mit Herrn Warrington. Sie reden mit etlichen Kindern. Mein Sohn war stets ein Kinderfreund. Er ist unschuldig, Gott sei's gedankt – Gott sei's gedankt! Lassen Sie mich zu ihm gehen.«

Der alte Pendennis hatte seine eigene Ansicht. Wenn er erst den Augenblick vorher den Fall als unschuldig angesehen hatte, so hatte der alte Herr doch höchstwahrscheinlich eine sehr verschiedene Ansicht von der, die er zu vertreten beliebte, und beurteilte Arthur nach dem, was er selbst getan haben würde. Wenn sie zu Arthur geht und er spricht die Wahrheit, wie es der Schlingel tun wird, so wird alles über den Haufen 53 geworfen, dachte er. Und er versuchte es noch auf eine andere Weise.

»Meine liebe gute Seele,« sagte er, Helenes Hand ergreifend und küssend, »da Ihr Sohn Sie mit dieser Angelegenheit nicht bekannt gemacht hat, meinen Sie, daß Sie da wohl das Recht haben, sie zu prüfen. Wenn Sie glauben, daß er ein Mann von Ehre ist, welches Recht haben Sie dann, in diesem Falle an seiner Ehrenhaftigkeit zu zweifeln? Wer ist sein Ankläger? Ein anonymer Schuft, der keine besondere Anklage gegen ihn hat vorbringen können. Wenn es irgend etwas Derartiges gäbe, würden da nicht die Eltern des Mädchens hervorgetreten sein? Er hat es nicht nötig, sich auf eine anonyme Anschuldigung hin zu verteidigen, ebensowenig Sie, daß Sie einer solchen glauben, und was das betrifft, daß Sie ihn für schuldig halten, weil ein Mädchen dieses Standes sich zufällig als Wärterin in seiner Stube befand, so könnten Sie, weiß Gott, ebenso gut darauf bestehen, daß er jene verdammte alte irische schnapsende Aufwärterin, Frau Flanagan, heirate.«

Die Witwe brach durch ihre Tränen in ein Gelächter aus – der Sieg war von dem alten General gewonnen.

»Die Frau Flanagan heiraten, bei Gott!« fuhr er fort, indem er sie auf ihre magere Hand klopfte. »Nein. Der Junge hat Ihnen nichts davon erzählt, und Sie wissen nichts davon. Der Junge ist unschuldig – versteht sich. Und welches, meine gute Seele, ist der Weg, den wir zu verfolgen haben? Nehmen wir an, daß er an dem Mädel hängt – machen Sie mir kein 54 trauriges Gesicht wieder, es ist bloß eine Annahme – und, weiß Gott, ein junger Bursche darf doch ein Verhältnis haben, nicht wahr? – Sobald er gesund wird, läuft er ihr auf der Stelle wieder nach.«

»Er muß heimkommen! Wir müssen sofort nach Fairoaks aufbrechen!« schrie die Witwe.

»Meine gute Schwägerin, er wird sich in Fairoaks zu Tode langweilen. Er wird dort nichts zu tun als an seine Leidenschaft zu denken haben. Es gibt keinen Platz in der Welt, der so passend wäre, aus einer schwachen Leidenschaft eine starke zu machen, und wo jemand sich mehr von seinen eigenen Gedanken nährt, als ein kleines Landhaus, wo es nichts zu tun gibt. Wir müssen ihn beschäftigen, ihn amüsieren, mit ihm ins Ausland gehen, er ist noch nie weggewesen, außer einmal zum Vergnügen in Paris. Wir müssen ein bißchen reisen. Er muß eine Wärterin mitnehmen, die sich seiner fleißig annimmt, denn Goodenough sagt, daß er dem Tode mit knapper Not entgangen ist (machen Sie kein ängstliches Gesicht), und darum müssen Sie mitkommen und über ihn wachen, und ich meine, Sie werden Fräulein Bell auch mitnehmen, und ich hätte wirklich Lust, Warrington zu bitten, daß er ebenfalls mitkäme. Arthur hat diesen Warrington verteufelt lieb. Er kann es ohne Warrington nicht aushalten. Warringtons Familie ist eine der ältesten in England, und er ist einer der besten jungen Burschen, die mir je in meinem Leben begegneten. Ich habe ihn ungemein gern.«

»Weiß Herr Warrington etwas von dieser – dieser Geschichte?« fragte Helene. »Er ist, wie ich weiß, zwei Monate vordem abgereist; Pen schrieb mir das.« 55

»Nicht ein Wort – ich – ich habe ihn darüber gefragt. Ich habe ihn angebohrt. Er hat nichts von der Angelegenheit gehört, durchaus gar nichts; ich verpfände Ihnen mein Wort darauf,« schrie der Major etwas aufgeregt. »Und, meine Liebe, ich dächte, Sie täten auch am besten, mit ihm nicht darüber zu sprechen – am allerbesten, wenn Sie es unterließen – natürlich; denn der Gegenstand ist sehr delikat und schmerzlich, wenn er berührt wird.«

Die einfache Witwe ergriff ihres Schwagers Hand und drückte sie. »Dank Ihnen, Schwager,« sagte sie. »Sie sind sehr, sehr gütig gegen mich gewesen. Sie haben mir viel Trost gegeben. Ich will auf mein Zimmer gehen und mir überlegen, was Sie gesagt haben. Diese Krankheit und diese – diese Aufregungen – haben mich sehr angegriffen, und Sie wissen, ich bin nicht sehr stark. Aber ich will gehen und Gott danken, daß mein Sohn unschuldig ist. Er ist unschuldig. Nicht wahr, Schwager?«

»Ja, mein bestes Herz, jawohl,« sagte der alte Herr, sie herzlich küssend und ganz überwältigt von ihrer Zärtlichkeit. Er sah ihr, als sie sich zurückzog, mit einem liebevollen Blicke nach, der dadurch sozusagen um so pikanter wurde, als sich ihm ein gewisser Spott, der ihn begleitete, beimischte. »Unschuldig!« rief er. »Ich wollte schwören, bis ich schwarz im Gesichte wäre, daß er unschuldig ist, ehe ich dieser guten Seele Schmerz bereitete.«

Nachdem er diesen Sieg erfochten, legte sich der ermüdete und glückliche Krieger auf das Sofa nieder, breitete sein gelbseidnes Taschentuch über sein Antlitz 56 und überließ sich einem netten kleinen Schläfchen, dessen Träume ohne Zweifel sehr angenehm waren, da er mit erquicklicher Regelmäßigkeit schnarchte. Die jungen Männer saßen inzwischen draußen auf der Terrasse und verschwatzten die sonnenhellen Stunden sehr glücklich, wenigstens schwatzte Pen sehr viel. Er erzählte Warrington von einem Plane zu einem neuen Romane und einem anderen zu einem neuen Trauerspiele. Warrington lachte über die Idee, daß er ein Trauerspiel schreiben wollte. Beim Jupiter, er würde zeigen, daß er's könnte, und er begann, etliche von den Zeilen seines Stückes hervorzusprudeln.

Das kleine Solo auf dem Blasinstrumente, welches der Major vortrug, wurde durch den Eintritt des Fräulein Bell unterbrochen. Sie hatte ihre alte Freundin, Lady Rockminster, besucht, die in der Nachbarschaft eine Sommervilla gemietet hatte, und die, als sie von Arthurs Krankheit und von der Ankunft seiner Mutter in Richmond gehört hatte, die letztere besucht und zum besten des erstern, den sie nicht leiden konnte, reichliche Sendungen von Trauben und Rebhühnern geschickt und ihm andere Aufmerksamkeiten erwiesen hatte. Für Laura hegte die alte Dame eine zärtliche Liebe und sehnte sich danach, daß sie zu ihr käme, bei ihr zu leben; aber Laura konnte ihre Pflegemutter unter diesen Umständen nicht verlassen. Erschöpft von stetem Wachen über Arthurs Gesundheit, hatte Helenes eigene sehr beträchtlich gelitten, und Doktor Goodenough hatte Grund gehabt, ebensowohl für sie als für seinen jüngeren Patienten Arzneien zu verschreiben. 57

Der alte Pendennis fuhr bei dem Eintritte der jungen Dame in die Höhe. Er schlief nie sehr fest. Er hielt ihr eine galante Rede; er war überhaupt in der letzten Zeit voller Galanterie gegen sie gewesen. Wo sie die Rosen, die auf ihren Wangen blühten, gesammelt hätte? Wie glücklich er wäre, aus seinen Träumen durch solch bezaubernde Wirklichkeit aufgestört zu werden. Laura hatte ein sehr launiges und ehrliches Gemüt, und diese beiden Eigenschaften bewirkten bei ihr, daß sie ihrerseits ein der Verachtung sehr nahes Gefühl für den alten Gentleman hegte. Es ergötzte sie, seine Weltlichkeit aus ihm herauszulocken und den alten Habitué der Klubs und Salons zur Erzählung seiner interessanten Geschichten von vornehmen Leuten und zur Entwicklung seiner Ansichten von Moralität zu veranlassen.

Diesmal indessen war sie zur Satire nicht aufgelegt. Sie war mit Lady Rockminster in den Park gefahren, wie sie sagte, und sie hatte Wildbret für Pen und Blumen für Mama heimgebracht. Sie machte eine sehr ernste Miene betreffs der Mama. Sie wäre gerade bei Frau Pendennis gewesen. Helene wäre sehr matt, und sie fürchtete, sie wäre sehr, sehr krank. Ihre großen Augen füllten sich mit zärtlichen Tränen der Teilnahme, die sie mit dem Zustande ihrer geliebten Freundin fühlte. Sie wäre sehr besorgt um sie. Könnte denn dieser gute, dieser liebe Doktor Goodenough – sie nicht heilen?

»Arthurs Krankheit sowie andere geistige Aufregung,« sagte der Major langsam, »haben ohne Zweifel Helene einen Stoß gegeben.« Eine glühende Röte 58 auf dem Angesichte des Mädchens zeigte, daß sie die Anspielung des alten Mannes verstand. Aber sie sah ihm voll ins Gesicht und erwiderte nichts. »Er hätte mir das ersparen können,« dachte sie. »Auf was zielt er ab, daß er mir diese Schmach ins Gedächtnis zurückruft?«

Daß er ein Ziel im Auge hatte, ist sehr möglich. Der alte Diplomat sprach selten ohne solch einen Zweck. Doktor Goodenough, sagte er, hätte mit ihm über die Gesundheit ihrer teuren Freundin gesprochen, und sie bedürfte Ruhe und einen Wechsel des Aufenthalts. Schmerzliche Umstände, die sich ereignet, müßten vergessen und nunmehr in Anregung gebracht werden; er bäte Fräulein Bell um Entschuldigung, daß er gegen sie auch nur ein Hindeuten darauf gewagt hätte, er würde es nie wieder tun, und ebenso wäre er sicher, daß sie es nicht tun würde. Alles müßte getan werden, um ihre Freundin zu beruhigen und zu trösten, und sein Vorschlag wäre, sie ginge für den Herbst ins Ausland, in einen Badeort am Rheine, wo Helene ihre erschöpften Seelenkräfte wieder sammeln und Arthur versuchen würde, ein neuer Mensch zu werden. Natürlich würde Laura doch ihre Mutter nicht verlassen?

Natürlich nicht. Es war wegen Helene und wegen Helene allein – das heißt ihretwegen auch Arthurs wegen, daß Laura sich ängstete. Sie würde ins Ausland und überall mit hingehen, wo Helene hinginge.

Und nachdem Helene sich die Sache in ihrer Stube eine Stunde lang überlegt, hatte sie während dieser Zeit soviel Lust zu der Tour bekommen, wie ein Schulknabe, der eine Reisebeschreibung gelesen hat, gern auf die See gehen möchte. Wo sollten sie hingehen? Je 59 weiter, desto besser, nach irgendeinem Orte, so entfernt, daß ihnen selbst die Erinnerung dorthin nicht folgen könnte, so entzückend, daß ihn Pen nie zu verlassen wünschen sollte, irgendwohin, wo er glücklich sein würde. Sie öffnete ihr Pult mit zitternden Fingern, nahm ihr Banknotenbuch heraus und zählte ihre kleinen Ersparnisse durch. Wenn mehr nötig sein sollte, so hatte sie noch das Diamantkreuz. Sie wollte wieder von Laura borgen. »Laßt uns gehen, laßt uns fortgehen,« dachte sie; »sobald er nur die Reise aushalten kann, laßt uns fortgehen. Komm, guter Doktor Goodenough, komm schnell und gib uns die Erlaubnis, England zu verlassen.«

Der gute Doktor fuhr gerade diesen Tag herüber, um mit ihnen zu speisen. »Wenn Sie sich so aufregen,« sagte er zu ihr, »und Ihr Herz so schlägt, und wenn Sie sich fortwährend um einen jungen Herrn so abängstigen, der in seiner Genesung so schnell fortschreitet, wie er nur kann, so werden wir Sie ins Bett legen müssen und Fräulein Laura wird Ihre Wärterin sein, und dann wird an diese die Reihe kommen, krank zu werden, und ich möchte wissen, wie den Teufel ein Doktor leben soll, der verpflichtet ist, zu Ihnen allen umsonst zu kommen und Sie umsonst zu behandeln? Frau Goodenough ist schon eifersüchtig auf Sie und sagt vollkommen richtig, daß ich mich in meine Patienten verliebe. Und Sie müssen sich gefälligst, sobald Sie können, aus dem Lande hinausscheeren, damit ich ein bißchen Friede in meiner Familie bekomme.«

Als Arthur der Plan zur Reise ins Ausland vorgelegt wurde, nahm ihn dieser Herr mit der größten 60 Freude und Begeisterung auf. Er wäre so gern gleich auf der Stelle abgereist. Er ließ von diesem Augenblick an seinen Schnurrbart stehen, vermutlich um seinen Mund für eine vollkommene Aussprache des Französischen und Deutschen in den Stand zu setzen, und er war in seinem Gemüte ernstlich beunruhigt, weil der Schnurrbart, als er nun kam, von entschieden roter Farbe war. Er hatte sich einen Herbst in Fairoaks vorgestellt, und vielleicht ergötzte die Idee, zwei oder drei Monate dort verbringen zu müssen, den jungen Mann nicht. »Es gibt an dem Ort keine einzige Seele, mit der sich ein vernünftiges Wort reden ließe,« sagte er zu Warrington. »Ich kann die Predigten des alten Portman und seine salbungsvollen Reden nach Tische nicht ausstehen. Ich kenne den ganzen Geschichtenvorrat des alten Glanders vom Kriege auf der Halbinsel. Die Claverings sind die einzigen Christenmenschen in der Nachbarschaft, und sie sind vor Weihnachten nicht zu Hause, sagt mein Onkel; außerdem, Warrington, habe ich Lust, außer Landes zu gehen. Während du weg warst, verfluchte Geschichte, hatte ich eine Versuchung zu bestehen, der ich, Gott sei Lob und Dank, entgangen bin und der, wie ich glaube, meine Krankheit glücklich ein Ende zu setzen bestimmt war.« Und hier erzählte er seinem Freunde die Umstände des Vorfalls in Vauxhall, mit denen der Leser schon bekannt ist.

Warrington machte ein sehr ernstes Gesicht, als er diese Geschichte hörte. Die moralische Schuld ganz außer acht lassend, war er Arthurs wegen ganz außerordentlich froh, daß der letztere einer Gefahr entgangen war, die sein ganzes Leben hätte elend machen können, 61 »die sicherlich,« sagte Warrington, »Elend und Verderben auf der Seite der anderen Partei hervorgerufen haben würde. Und deine Mutter und – und deine Freunde – was für ein Schmerz würde es für sie gewesen sein!« drang Pens Gefährte in ihn, in nur geringer Kenntnis, was für Kummer und Gram diese guten Menschen bereits gelitten hatten.

»Nicht ein Wort zu meiner Mutter!« sagte Pen in einem Zustande großer Aufregung. »Sie würde das nie überwinden. Eine Mitteilung dieser Art würde sie töten, glaube ich. Und,« fügte er mit pfiffiger Miene hinzu, und als ob er wie ein junger Schlingel von einem Lovelace sein ganzes Leben in Verhältnisse verwickelt gewesen, die man affaires de coeur nannte, »der beste Weg, wenn eine Gefahr dieser Art droht, ist, ihr nicht ins Gesicht zu sehen, sondern ihr den Rücken zu kehren und davonzulaufen.«

»Und warst du sehr verschossen?« fragte Warrington.

»Hm!« meinte Lovelace. »Sie konnte das H nicht aussprechen, aber sie war doch ein liebes kleines Mädel.«

O ihr Clarissen dieses Standes, o ihr armen, kleinen, unwissenden, eitlen, törichten Mägdlein! Wenn ihr nur die Weise wüßtet, in der diese Lovelaces von euch sprechen; wenn ihr nur Jack zu Tom im Kaffeezimmer eines Klubs darüber reden hören oder sehen könntet, wie Ned eure armen Briefchen aus seiner Zigarrentasche nimmt und sie Charley, Billy und Harry über die Wirtstafel hinüberreicht, ihr würdet nicht so fleißig schreiben und nicht so bereitwillig auf sie hören! Es 62 gibt eine Art Verbrechen, das nicht eher vollständig ist, als bis der glückliche Schurke, der es begangen, sich hinterher damit groß getan hat, und des Mannes Verrat, der euch zuerst um eure Ehre bringt, das seid eingedenk, wird euch ziemlich sicher auch um euer Geheimnis bringen.

»Es ist ein schwerer Kampf und leicht, in demselben zu fallen,« sagte Warrington düster. »Und wie du sagst, Pendennis, wenn eine Gefahr dieser Art droht, so ist der beste Weg, ihr den Rücken zu kehren und davonzulaufen.«

Nach dieser kleinen Rede über einen Gegenstand, über den Pen einen Monat vorher weit beredter gesprochen haben würde, wandte sich das Gespräch zu den Plänen hinsichtlich der Abreise zurück, und Arthur drang eifrig in seinen Freund, mit von der Partie zu sein. Warrington wäre ein Teil der Familie, ein Teil der Genesung für ihn. Arthur sagte, daß er nicht das halbe Vergnügen ohne Warrington haben würde.

Aber Georg sagte nein, er könnte nicht gehen. Er müßte zu Hause bleiben und Pens Platz einnehmen. Der andere bemerkte, das wäre unnötig, denn Shandon wäre jetzt nach London zurückgekommen, und Arthur hätte Anrecht auf etwas freie Zeit.

»Dringe nicht so in mich,« sagte Warrington, »ich kann nicht gehen. Ich habe besondere Verpflichtungen. Ich tue am besten, daheim zu bleiben. Ich habe kein Geld zum Reisen, da hast du es kurz und bündig, denn Reisen kostet Geld, wie du weißt.«

Dieses kleine Hemmnis schien Pen fatal. Er erwähnte es gegen seine Mutter; Frau Pendennis war 63 sehr betrübt; Herr Warrington wäre so außerordentlich gütig gewesen, aber sie meine, er müßte seine Verhältnisse am besten kennen. Und dann machte sie sich ohne Zweifel Vorwürfe wegen der Selbstsucht, mit der sie den Jungen fortzubringen und ganz allein für sich zu haben gewünscht hätte.

»Was ist das für eine Geschichte, die ich da von Pen höre, mein lieber Herr Warrington?« fragte eines Tages der Major, als die beiden allein waren und nachdem Warringtons Weigerung ihm mitgeteilt worden war. »Nicht mit uns gehen? Wir können so etwas nicht hören – Pen wird ohne Sie nicht gesund werden. Ich sage es Ihnen, ich werde seine Wärterin nicht machen. Er muß jemand bei sich haben, der kräftiger und lustiger und besser geeignet ist, ihn zu amüsieren, als so ein gichtbrüchiger alter Narr wie ich. Ich werde höchstwahrscheinlich nach Karlsbad gehen, wenn ich euch Leutchen untergebracht weiß. Reisen kostet heutzutage nichts – oder doch so wenig! Und – und ich bitte, Warrington, ich erinnere Sie daran, daß ich Ihres Vater guter alter Freund war, und wenn Sie und Ihr Bruder nicht in der Lage wären, sich das Jahrgehalt, das Sie als jüngerer Bruder beziehen, vorweg zu nehmen, so bitte ich Sie, mich zu Ihrem Bankier zu machen, denn ist Pen diese letzten drei Wochen hindurch nicht Ihr Schuldner geworden, während welcher Sie besorgt haben, was, wie man mir sagt, seine Arbeit ist und zwar mit solch exemplarischem Talent und Genie, weiß Gott?«

Dennoch und trotz dieses freundlichen Anerbietens und dieser unerhörten Generosität von Seiten des 64 Majors weigerte sich Georg Warrington und sagte, er würde daheimbleiben. Aber es geschah mit unsicherer Stimme und einer unentschlossenen Betonung, welche zeigte, wie gern er mitginge, obschon seine Zunge dabei blieb, nein zu sagen.

Aber des Majors ausdauerndes Wohlwollen ließ sich in dieser Weise nicht abweisen. Beim Tee an diesem Abende, wo es sich traf, daß Helene einen Augenblick nicht im Zimmer war, um nach Pen zu sehen, der schlafen gegangen war, kehrte der alte Pendennis zum Angriff zurück und stellte Warrington zur Rede, daß er sich geweigert hatte, sich ihnen auf ihrem Ausfluge anzuschließen. »Ist es nicht ungalant, Fräulein Bell?« sagte er, sich zu dieser jungen Dame wendend. »Ist es nicht unfreundschaftlich? Hier sind wir die glücklichsten Leutchen von der Welt gewesen, und nun stört dies widerwärtige egoistische Geschöpf unser Verhältnis!«

Die langen Augenwimpern Fräulein Bells sahen auf ihre Teetasse nieder, und Warrington errötete ungemein, sprach aber kein Wort. Auch Fräulein Bell sprach nicht, aber als er rot wurde, errötete sie gleichfalls.

»Bitten Sie ihn mitzukommen, meine Liebe,« sagte der wohlwollende alte Herr, »dann wird er vielleicht auf Sie hören.«

»Warum sollte Herr Warrington auf mich hören?« fragte die junge Dame, indem sie die Frage augenscheinlich an ihren Teelöffel richtete und nicht an den Major.

»Bitten Sie ihn einmal, Sie haben ihn noch nicht gebeten,« antwortete Pens Onkel. 65

»Ich würde mich wirklich recht freuen, wenn Herr Warrington mitkommen wollte,« bemerkte Laura zu dem Teelöffel.

»Wirklich?« fragte Georg.

Sie blickte auf und antwortete: »Ja.« Ihre Augen begegneten sich. »Ich will überall hingehen, wo Sie es wollen, und alles tun, was Sie von mir haben möchten,« sagte Georg leise, und indem er die Worte hervorzwang, als ob sie ihm Schmerz machten.

Der alte Pendennis war entzückt; das liebevolle alte Geschöpf klatschte in die Hände und rief: »Bravo! bravo! Es ist abgemacht – es ist abgemacht, bei Gott! Gebt euch die Hände darauf, junges Volk!« Und Laura streckte mit einem Blicke, der von Zärtlichkeit strahlte, ihre Hand Warrington hin. Er ergriff die ihre, sein Gesicht drückte eine seltsame Erregung aus. Er schien etwas sprechen zu wollen, als von Pens anstoßendem Zimmer Helene eintrat und sie anblickte, während das Licht, welches sie hielt, ihr bleiches erschrockenes Gesicht beschien.

Laura errötete mehr als je und zog ihre Hand zurück.

»Was ist das?« fragte Helene.

»Es ist ein Uebereinkommen, das wir soeben abgeschlossen haben, meine Liebste,« sagte der Major mit seiner allerschmeichelndsten Stimme. »Wir haben eben von Herrn Warrington das Versprechen erlangt, mit uns in Ausland zu kommen.«

»Wirklich!« sagte Helene. 66



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