William M. Thackeray
Die Geschichte von Pendennis / Band 3
William M. Thackeray

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Dreizehntes Kapitel

Versuchung

So gemütlich und offenherzig Pendennis auch gewöhnlich gegen Warrington war, woher kam es eigentlich, daß Arthur seinen Freund und Mitwisser all seiner Geheimnisse nicht von den kleinen Ereignissen, die in der Villa nahe bei Tunbridge Wells sich begeben, unterrichtete? Er sprach 267 von dem Auffinden seines alten Hauslehrers Smirke ausführlich genug, ebenso von dessen Frau und seiner anglonormannischen Kirche und von dessen Abreise von Clapham nach Rom; als er aber über Blanche befragt wurde, waren seine Antworten ausweichend oder allgemein gehalten; er sagte, sie sei ein gutmütiges, geschicktes kleines Ding, das, recht geleitet, am Ende keine so üble Frau abgeben würde, aber für den Augenblick habe er keine Lust zu heiraten, seine romantischen Tage seien vorüber, er sei zufrieden mit seinem gegenwärtigen Lose und so fort.

Inzwischen kamen gelegentlich nach Lamb Court im Tempel niedliche Billetchen auf Seidenpapier, mit Aufschriften in der nettesten Hand und gesiegelt mit einer jener bewundernswerten Chiffren, die, wenn Warrington neugierig genug gewesen wäre, um die Briefe seines Freundes zu beobachten, oder wenn die Chiffre zu deuten gewesen wäre, Georg gezeigt haben würde, daß Herr Arthur mit einer jungen Dame im Briefwechsel stehe, deren Anfangsbuchstaben B. A. waren. Auf diese hübschen Briefchen antwortete Herr Pen in seiner besten und galantesten Weise mit Scherzen, Stadtneuigkeiten, Witzpointen, ja, höchstwahrscheinlich auch mit hübschen kleinen Versen als Erwiderung der Verschen der Muse von »mes larmes«. Auf Blanche reimen sich sehr zarte Reime im Englischen, und ohne Zweifel konnte ein Herr von Pens Geist diese Vorteile seiner Stellung nicht unbenutzt lassen, sondern spielte mit diesen hübschen kleinen Wortspielen auf jene anmutigen Billets an. In der Tat, wir glauben, daß jene Liebesgedichte Herrn Pens, 268 die in den »Rosenblättern« so außerordentlichen Beifall fanden, in diesem bezaubernden Taschenbuche, von Lady Violet Lebas herausgegeben und mit Porträts der weiblichen Noblesse von dem berühmten Künstler Pinkney illustriert, in dieser Periode des Lebens unseres Helden geschaffen und zuerst per Post an Blanche adressiert worden sind, ehe sie gedruckt als poetische Blumen zu Pinkneys malerischen Girlanden figurierten.

»Verse sind ja recht hübsch,« sagte der ältere Pendennis, als er einst Pen dabei betraf, wie er einen dieser kunstlosen Ergüsse hinkritzelte, als er im Klub auf sein Mittagessen wartete, »und ebenso Briefschreiberei, wenn Mama es erlaubt, und zwischen solch alten Freunden vom Lande her darf natürlich Korrespondenz und dergleichen mehr stattfinden – aber paß gut auf, Pen, und kompromittiere dich nicht einmal, mein Junge. Denn wer weiß, was geschehen kann! Das beste Verfahren ist, daß du deine Briefe vorsichtig einrichtest. Ich habe in meinem ganzen Leben keinen Brief geschrieben, der mich kompromittieren könnte, und, hol mich der Teufel, Neffe, ich habe einige Erfahrung mit Weibern.« Und der würdige Herr, der, in dem Maße als er älter ward, geschwätziger und vertraulicher gegen seinen Neffen wurde, erzählte ihm manch rührendes Beispiel von den üblen Folgen, die sich aus diesem Mangel an Vorsicht bei gar manchen Personen der »Gesellschaft« ergeben hätten – wie sich durch den Gebrauch zu feuriger Ausdrücke in einigen poetischen Billets an die Witwe Naylor der junge Spoony einem drohenden Besuche des Bruders der Witwe, des 269 Obersten Flint, ausgesetzt hätte und so zu einer Heirat mit einem Frauenzimmer gezwungen worden wäre, alt genug, um seine Mutter zu sein, wie, als Louisa Salter endlich so glücklich gewesen, sich des jungen Sir John Bird zu versichern, Hopwood von den Blauen etliche Briefe, die Fräulein Salter an ihn geschrieben, zum Vorschein gebracht und auf diese Weise die Aufhebung des Verhältnisses von Birds Seite bewirkt hätte, der später mit Fräulein Stickney von Lyme Regis vermählt worden und so weiter. Wenn der Major keine Gelehrsamkeit besaß, so hatte er dafür eine reiche Erfahrung und konnte seine weisen Ratschläge mit einer Menge von Beispielen aus der neuesten Zeit belegen, die er sich durch ein langes und fleißiges Studium im großen Buche der Welt erworben.

Pen lachte über die Beispiele, errötete ein wenig über die Vorstellungen seines Onkels und sagte, er würde sie sich merken und vorsichtig sein. Er errötete, vielleicht, weil er sie sich schon selbst hatte angelegen sein lassen, vielleicht weil er schon selbst vorsichtig war, vielleicht weil er in seinen Briefen an Fräulein Blanche aus Instinkt oder Rechtlichkeit sich jedes Gelöbnisses enthalten hatte, das ihn hätte kompromittieren können. »Erinnern Sie sich denn nicht der Lektion, Onkel, die ich bei der Geschichte mit Lady Mirabel – vielmehr Fräulein Fotheringay bekam? Ich lasse mich nicht wieder fangen, Onkel,« sagte Arthur mit erkünstelter Offenheit und Unterwürfigkeit. Der alte Pendennis wünschte sich und seinem Neffen von Herzen Glück zu der Klugheit und dem Fortschritte in der Lebenserfahrung des letzteren und 270 freute sich über die Stellung, die Arthur als Mann von Welt einnahm.

Ohne Zweifel, wenn man Warrington zu Rate gezogen hätte, würde seine Ansicht eine andere gewesen sein, und er würde Pen gesagt haben, daß die törichten Briefe des Knaben besser gewesen wären, als die gedrechselten Komplimente und zweideutigen Galanterien des Mannes; daß nur ein Schurke oder ein Feigling, um das Weib, das er liebt, zu gewinnen, unter Deckung mit Hintertüren und nachdem er sich den Rückzug gesichert, auf sie zuschreitet; aber Pen sprach über diese Angelegenheit nicht mit Herrn Warrington, da er sehr wohl wußte, daß er schuldig wäre und was der Ausspruch seines Freundes sein würde.

Oberst Altamont war noch nicht viele Wochen fort auf seiner Tour ins Ausland – während Sir Francis Clavering sich inzwischen infolge seines Uebereinkommens mit Major Pendennis aufs Land zurückgezogen hatte – als die Heimsuchungen des Geschicks ziemlich plötzlich und schwer auf den einzigen noch übrigen Teilhaber der kleinen Firma in Shepherds Inn herabzufallen begannen. Als Strong beim Abschiede von Altamont das ihm von letzterem in der Fülle seiner Börse und der Großmut seines Herzens angebotene Darlehen abgelehnt hatte, hatte er seinem Gewissen und Zartgefühle ein Opfer gebracht, das ihm später manchen Vorwurf und Seufzer abpreßte, und er fühlte – es gab nicht viele Stunden in seinem Leben, wo er dieses Gefühl empfand – daß er bei diesem Zusammentreffen der Umstände zu delikat und gewissenhaft gehandelt hätte. Warum sollte jemand in der 271 Not ein liebenswürdig und in freundlicher Weise gemachtes Anerbieten zurückweisen? Warum sollte ein Durstiger einen Becher Wasser von einer Freundeshand zurückweisen, weil die Hand ein wenig schmutzig war? Strongs Gewissen strafte ihn, daß er zurückgewiesen, was jener auf rechtliche Weise gewonnen und ihm großmütig angeboten hatte, und er dachte verdrießlich jetzt, wo es zu spät war, daß Altamonts Geld in seiner Tasche ebenso gut aufgehoben gewesen wäre, als in der des Besitzers des Spielhauses in Baden oder Ems, bei dem Se. Exzellenz unfehlbar seinen Gewinn beim Derby verlieren würde. Man flüsterte unter den Handelsleuten, Wechselmaklern und anderen Leuten, die Geldgeschäfte mit Kapitän Strong hatten, daß er und der Baronet sich getrennt hätten, und daß das Kapitäns »Papier« hinfort keinen Wert mehr hätte. Die Handelsleute, die ihm bis jetzt ein wunderbares Zutrauen geschenkt hatten – denn wer konnte Strongs nettem Gesichte und seinem offenen und ehrlichen Benehmen widerstehen? – begannen jetzt mit feigem Mißtrauen einmütig ihre Rechnungen einzufordern. Es pochte fortwährend an die Tür der Wohnung in Shepherds Inn, und Schneider, Schuhmacher und Garköche, die ihre Diners geliefert, machten auf Strongs Treppe entweder in eigener Person oder vertreten durch ihre Laufburschen ihre Aufwartung. Hierzu kamen noch ein paar Personen von weniger schreihalsiger, aber desto schlauerer und gefährlicherer Sorte, die jungen Schreiber der Advokaten nämlich, die um das Inn herumschlichen oder sich mit dem jungen Manne Herrn Campions in der Nebenwohnung in Verbindung gesetzt hatten und in 272 ihren trübseligen Brieftaschen Abschriften von Vorladungen trugen, deren man sich gegen Edward Strong bedienen konnte und in denen von ihm verlangt wurde, er solle sich zu früher rechter Gerichtsstunde an dem und dem Tage vor unserer Frau Königin einfinden, um Antwort zu geben auf und so weiter und so weiter.

Vor dieser Invasion von Gläubigern hatte der arme Strong, der nicht eine Guinee in der Tasche hatte, natürlich keine andere Zuflucht, als die Burg des Engländers, in die er sich zurückzog, indem er die äußere und innere Tür vor dem Feinde verschloß und seine Festung erst bei Einbruch der Nacht verließ. Gegen diese äußere Schranke pflegte der Feind anzurücken und umsonst zu pochen und zu fluchen, während der Chevalier hinter dem kleinen Vorhang nach ihnen hervorlugte, den er über die Oeffnung seines Briefkastens gehangen hatte, wo er die traurige Genugtuung hatte, die Gesichter des wütenden Schreibers und grimmigen Manichäers zu sehen, wie sie die Tür berannten und sich zurückzogen. Aber da sie doch nicht in einem fort vor seiner Tür sein oder auf seiner Treppe schlafen konnten, ließen die Feinde des Chevaliers ihn manchmal in Ruhe.

Als Strong durch seine Gegner vom Handelsstande so bedrängt wurde, stand er in seiner Verteidigung gegen dieselben nicht ganz allein, sondern hatte sich ein paar Verbündete verschafft. Seine Freunde waren angewiesen, sich mit ihm durch ein System geheimer Zeichen in Verbindung zu setzen, und so bewahrten sie die Besatzung der Festung vorm Hungertode durch Zufuhr des notwendigen Lebensbedarfs, stärkten den 273 Mut Strongs und verhinderten durch Besuche und erheiterndes Geplauder in seinem Zufluchtsorte, daß er sich ergab. Zwei von Neds getreuesten Alliierten waren Huxter und Fräulein Fanny Bolton; für den Fall, daß feindselige Besucher um das Inn strichen, hatte man Fannys kleinen Schwestern einen eigentümlichen Schrei oder eine Art Jodeln beigebracht, das sie in ihrer Unschuld im Hofe ausstießen; wenn Fanny und Huxter hinaufkamen, um Strong zu besuchen, ließen sie schlauerweise denselben Ton an seiner Tür hören; wenn diese Schranke dann ohne weiteres geöffnet war, kam die wackere Garnison lächelnd heraus, die Lebensmittel und der Topf Porter wurden hineingeschafft, und in Gesellschaft seiner getreuen Freunde verbrachte der Belagerte eine behagliche Nacht. Es gibt Leute, die in einer solchen Aufregung nicht leben könnten, aber Strong war, wie wir gesagt haben, ein tapferer Mann, der den Felddienst kannte und in Gefahr nie den Mut verlor.

Aber außer Verbündeten hatte sich unser General jenes in schwieriger Lage noch notwendigere Hilfsmittel – einen Rückzug gesichert. Es ist in einem früheren Teil dieser Geschichte bereits erwähnt worden, wie die Herren Costigan und Bows in dem Hause neben Kapitän Strong wohnten, und daß das Fenster des einen ihrer Zimmer sich nicht weit von dem Küchenfenster befand, das im oberen Stocke von Strongs Wohnung gelegen war. Eine kleinere Wasserröhre und Gosse diente für beide, und Strong sah, als er eines Tages aus seinem Küchenfenster schaute, daß er mit großer Leichtigkeit nach dem Simse vom Fenster seines 274 Nachbars hinaufspringen und an der Röhre hinaufklettern konnte, die beide Wohnungen miteinander verband. Er hatte diese Zuflucht lachend seinem Stubengefährten Altamont gewiesen, und sie waren übereingekommen, daß es gut sein würde, diesen Umstand nicht gegen Kapitän Costigan zu erwähnen, dessen Manichäer zahlreich waren, und der fortwährend an der Röhre in ihre Gemächer hinabflüchten würde, wenn dieser Weg zur Flucht ihm gezeigt würde.

Aber jetzt, wo die bösen Tage gekommen waren, machte Strong Gebrauch von der Passage und brach eines Nachmittags mit seinem lustigen Gesicht bei Bows und Costigan ein und erklärte ihnen, daß der Feind auf seiner Treppe warte, und daß er dieses Mittel ergriffen hätte, ihnen zu entwischen. So wandelte Strong, während die Adjutanten Herrn Marks im Gange von Nr. 3 warteten, die Stufen von Nr. 4 hinab, speiste im Albion, ging ins Theater und kehrte um Mitternacht heim, zum Erstaunen Frau Boltons und Fannys, die ihn seine Wohnung nicht hatten verlassen sehen und nicht begreifen konnten, wie er durch die Linie von Schildwachen hindurchgelangt wäre.

Strong hielt diese Belagerung mehrere Wochen lang mit bewundernswertem Mute und gleicher Entschlossenheit aus, wie es nur solch ein alter und tapferer Soldat ihm gleichtun würde, denn die Leiden und Entbehrungen, die er zu ertragen hatte, waren hinreichend, einen Mann von bloß gewöhnlichem Mute niederzudrücken; und was ihn am meisten ärgerte und »gallig werden ließ« (um seinen eigenen Ausdruck zu gebrauchen), war die höllische Gleichgültigkeit und schuftige 275 Undankbarkeit Claverings, dem er Brief auf Brief schrieb, deren Empfang der Baronet nie durch ein einziges Wort oder die kleinste Geldaushilfe anerkannte, obwohl eine Fünfpfundnote, wie Strong sagte, zu dieser Zeit ein Vermögen für ihn gewesen wäre.

Aber es waren dem Chevalier bessere Tage vorbehalten und mitten in seiner Verzweiflung und Angst kam ihm eine sehr willkommene Hilfe. »Ja, wenn dieser gute Kerl hier nicht gewesen wäre,« sagte Strong; »denn ein guter Kerl sind Sie wirklich, Altamont, mein Junge, und hol mich der Henker, wenn ich Ihnen nicht mein Lebtag zur Seite stehe; ich glaube, Pendennis, es wäre mit Ned Strong ganz aus gewesen. Es war die fünfte Woche, daß ich gefangen gehalten war, denn ich konnte doch nicht immer meinen Hals wagen, über die Wasserröhre weg, und nicht immer meinen Weg durchs Fenster des armen alten Cos nehmen, und mein Geist war ganz gebrochen, – verdammt, ganz zu Boden geschlagen, und ich dachte schon daran, meinem Leben selbst ein Ende zu machen, und würde es in der folgenden Woche getan haben, als, wie vom Himmel gesandt, Altamont auftauchte!«

»Der Himmel war nicht gerade der Ort, wo ich herkam, Ned,« sagte Altamont. »Ich kam von Baden-Baden,« sagte er, »und ich hatte einen verteufelt glücklichen Monat dort, das ist die ganze Geschichte.«

»Nun denn, er berichtigte den Wechsel Marks und bezahlte die anderen Kerls, die mir auf dem Halse saßen, wie ein rechtschaffener Kerl, ja, das tat er,« sagte Strong enthusiastisch. 276

»Und ich werde sehr glücklich sein, wenn ich eine Flasche Claret für die gegenwärtige Gesellschaft zum besten geben darf und noch so viele mehr, als der Gesellschaft beliebt,« sagte Altamont errötend. »Holla, Kellner, bringen Sie uns was von der rechten Sorte, hören Sie? Und wir wollen ringsherum unsere Gesundheit trinken – und möge jeder gute Kerl wie Strong einen anderen guten Kerl finden, der ihm beisteht, wenn's ihm nottut. Das ist meine Meinung, Herr Pendennis, obwohl ich Ihren Namen eigentlich nicht mag.«

»Nein? Warum denn nicht?« fragte Arthur.

Strong trat dem Obersten hier unter dem Tische auf den Fuß, und Altamont, ziemlich aufgeregt, füllte ein anderes Glas Wein, nickte Pen zu, trank seinen Wein aus und sagte, »er wäre ein Gentleman, und das wäre hinreichend, und sie wären alle Gentlemen.«

Die Zusammenkunft zwischen »all diesen Gentlemen« fand zu Richmond statt, wohin Pendennis zum Mittagessen gegangen war, und wo er den Chevalier und seinen Freund am Tische im Kaffeezimmer vorgefunden hatte. Die beiden letzteren waren über alle Maßen heiter, gesprächig und weinselig, und Strong, der ein bewunderungswürdiger Erzähler von Anekdoten war, erzählte die Geschichte seiner eigenen Belagerung und seiner Abenteuer und Fluchten mit großer Lebhaftigkeit und Laune, und beschrieb das Gespräch des Beamten des Sheriffs an seiner Tür, die niedlichen kleinen Signale Fannys, die grotesken Ausrufe Costigans, wenn der Chevalier in sein Fenster hineingefahren kam, und seinen schließlichen Entsatz durch Altamont in einer 277 höchst drastischen Weise und so, daß er seine Zuhörer höchlichst interessierte.

»Was mich betrifft, so ist das nichts,« sagte Altamont. »Wenn ein Schiff ausgezahlt wird, so vertut ein rechtlicher Kerl sein Geld, wie Sie wissen. Und es sind die Kerls beim Rouge et Noir in Baden-Baden, die's getan haben. Ich gewann ein schönes Stück Geld dort und gedenke noch viel mehr zu gewinnen, nicht wahr, Strong? Ich werde ihn mit mir nehmen. Ich habe ein System. Ich werde sein Glück machen, das sage ich Ihnen. Ich werde Ihr Glück machen, wenn Sie es wollen – ja, verdammt, jedermanns Glück. Aber was ich tun will, und nichts für ungut, Jungens, das werde ich euch sagen. Ich will für diese kleine Fanny setzen. Verdammt, Herr Pendennis, wissen Sie wohl, was sie gemacht hat? Sie hatte zwei Pfund, und ich will ein Schurke sein, wenn sie nicht hinging und sie Ned Strong brachte. Nicht wahr, Ned? Wir wollen auf ihre Gesundheit trinken.«

»Von ganzem Herzen,« sagte Arthur und kam dem Toaste mit der größten Herzlichkeit nach.

Herr Altamont fing hierauf mit der größten Zungengeläufigkeit und äußerst weitschweifig an, sein System zu beschreiben. Er sagte, daß es unfehlbar wäre, wenn man es mit kaltem Blute spielte; er sagte, daß er es von einem Kerl in Baden hätte, der dabei zwar verloren, aber nur deshalb verloren hätte, weil er nicht Kapital genug gehabt; hätte er noch einen Umlauf des Rades aushalten können, so würde er all sein Geld wiederbekommen haben; er sagte, daß er und mehrere andere im Begriff wären, eine Bank zu bilden und das 278 Glück zu versuchen, und daß er jeden Schilling, den er hätte, hineintun wolle, und ausdrücklich mit dem Zwecke in dies Land zurückgekommen wäre, sein Geld und den Kapitän Strong abzuholen; er sagte, daß Strong für ihn spielen sollte, da er Strong und dessen Temperament viel mehr vertrauen könnte, als seinem eigenen und dem von Bloundell-Bloundell oder dem des Italieners, der sich mit hineingemengt hätte. Als er seine Flasche leerte, beschrieb der Oberst in voller Ausdehnung all seine Pläne und Aussichten Herrn Pen, der mit Interesse seiner Geschichte und den Bekenntnissen lauschte, die er in seiner kühnen und maßlosen Gutgelauntheit ablegte.

»Da traf ich neulich jenen wunderlichen Kauz, den Altamont,« sagte Pen ein paar Tage nachher zu seinem Onkel.

»Altamont? Welchen Altamont? Den Sohn des Lord Westport,« antwortete der Major.

»Nein, nein, der närrische Kerl, der einmal betrunken in Claverings Speisezimmer kam, als wir dort waren,« sagte lachend der Neffe; »und er sagte, der Name Pendennis gefiele ihm nicht, obschon er mir die Ehre antat, zu meinen, daß ich ein guter Bursche wäre.«

»Ich kenne niemand mit dem Namen Altamont, ich gebe dir mein Ehrenwort,« sagte der unerschütterliche Major; »und was deinen Bekannten betrifft, so meine ich, je weniger du mit ihm zu tun hast, desto besser, Arthur.«

Arthur lachte wieder. »Er ist im Begriffe, das Land zu verlassen und durch ein Spielsystem sein Glück zu machen. Er und mein liebenswürdiger Bekannter von 279 der Universität her, Bloundell, sind Kompagnons, und der Oberst nimmt Strong als Adjutanten mit. Ich möchte nur wissen, was das ist, das den Chevalier und Clavering an den Menschen bindet!«

»Ich sollte meinen – merke wohl, Pen, ich sollte meinen – aber natürlich ist es bloß eine Idee, die ich habe – daß im früheren Leben Claverings was vorgekommen ist, das diesen Menschen und etlichen anderen außerdem eine gewisse Macht über ihn gibt, und wenn es solch ein Geheimnis geben sollte, das dich, mein Junge, nichts angeht, verd–, so sage ich, es sollte eine Lektion für einen sein, sich im Leben stramm zu halten und niemanden Macht über sich zu geben.«

»Ei, ich glaube, auch Sie, Onkel, haben irgendein Ueberredungsmittel für Clavering, oder weshalb sollte er mir sonst diesen Sitz im Parlament geben?«

»Clavering hält sich nicht für geeignet fürs Parlament,« antwortete der Major. »Und er ist es auch nicht. Was hindert ihn, dich oder irgend jemand anders sonst an seinen Platz zu stellen, wenn es ihm beliebt? Meinst du etwa, daß die Regierung oder die Opposition sich lange besinnen würde, den Sitz anzunehmen, wenn er ihnen denselben antrüge? Warum solltest du heikler sein, als die ersten Männer und die ehrenwertesten Männer und die höchstgeborenen und höchstgestellten Männer im Lande, bei Gott?« Der Major hatte eine derartige Antwort auf die meisten Einwendungen Pens, und Pen nahm die Entgegnungen seines Onkels an, nicht so sehr, weil er an sie glaubte, sondern vielmehr, weil er sie glauben zu können wünschte. Wir tun etwas – wer von uns hätte es nicht so gemacht? – nicht 280 weil »alle Welt es so macht,« sondern weil wir es gern tun, und unsere Bestimmung beweist leider nicht, daß alle Welt recht hat, sondern daß wir und alle übrigen in der Welt samt und sonders gleich armselige Geschöpfe sind.

Bei seinem nächsten Besuche in Tunbridge vergaß Herr Pen nicht, Fräulein Blanche mit der Geschichte der Belagerung des Chevaliers und seines tapferen Entsatzes durch Altamont, die er zu Richmond erfahren, zu amüsieren. Und nachdem er diese Erzählung in seiner gewöhnlichen satirischen Weise mitgeteilt hatte, erwähnte er mit lobender Begeisterung der kleinen Fanny großmütiges Benehmen gegen den Chevalier und Altamonts Enthusiasmus für sie.

Fräulein Blanche war etwas eifersüchtig und recht pikiert und neugierig auf Fanny. Man darf vermuten, daß unter den vielen vertraulichen kleinen Mitteilungen, die Arthur dem Fräulein Amory im Verlaufe ihrer wonnigen ländlichen Ausflüge und süßen abendlichen Spaziergänge machte, unser Held eine Geschichte nicht vergaß, die so interessant für ihn und wahrscheinlich auch für sie war, wie die von der Leidenschaft und der Heilung der armen kleinen Ariadne von Shepherds Inn. Seine eigene Rolle in diesem Drama schilderte er, um gerecht gegen ihn zu sein, mit geziemender Bescheidenheit; die Moral, die er aus der Erzählung gezogen wünschte, war in Uebereinstimmung mit seiner eigenen satirischen Gemütsanlage, nämlich, daß die Frauen über ihre erste Liebe ganz ebenso leicht wegkommen, wie die Männer (denn die schöne Blanche neckte Pen in ihren intimen Unterhaltungen 281 unaufhörlich mit seinem bekannten Mißgeschicke in seinem eigenen jungfräulichen Verhältnis mit der Fotheringay) und wenn Nummer eins ihnen weggenommen ist, sich ohne große Schwierigkeit sich Nummer zwei überlassen. Und die arme kleine Fanny wurde dem Beweise dieser Theorie zum Opfer gebracht. Welchen Kummer sie ertragen und überwunden, was für bittern Gram einer hoffnungslosen Neigung sie durchgemacht, welch langer Zeit es bedurft hatte, um diese Wunden des zärtlichen kleinen blutenden Herzens zu heilen, wußte Herr Pen nicht oder wollte es vielleicht nicht wissen; denn er war ebenso bescheiden und zweifelhaft hinsichtlich seiner Fähigkeiten als ein Herzenseroberer, als er abgeneigt war, zu glauben, daß er irgendwelche gefährliche Verwüstungen in diesem einen besondern angerichtet habe, obwohl sein eigenes Beispiel und Argument in diesem Falle gegen ihn sprach; denn wenn, wie er sagte, Fräulein Fanny jetzt in ihren chirurgischen Anbeter verliebt war, der weder ein gutes Aeußere noch ein gutes Benehmen noch Witz noch irgend etwas anderes als Feuer und Treue zu seiner Empfehlung hatte, mußte sie denn nicht bei ihrem ersten Siechen an der Liebeskrankheit einen ernstlichen Anfall gehabt und tief um einen Mann gelitten haben, der gewiß eine Anzahl der glänzenden Eigenschaften besaß, die Herrn Huxter fehlten?

»Sie gottloses häßliches Geschöpf,« sagte Fräulein Blanche, »ich glaube gar, daß Sie auf Fanny wütend sind, weil sie so unverschämt war, Sie zu vergessen, und daß Sie richtig eifersüchtig auf Herrn Huxter sind.« Vielleicht hatte Fräulein Amory recht, da das Erröten, 282 das sich ihm zum Trotz auf Pendennis Wange malte (einer jener Schläge, mit denen unsere Eitelkeit uns fortwährend ins Gesicht schlägt), Pen bewies, daß er ärgerlich war bei dem Gedanken, von solch einem Nebenbuhler überflügelt zu sein. Von solch einem Burschen! Ohne die allergeringste bemerkbare gute Eigenschaft! Oh, Herr Pendennis! (obschon diese Bemerkung nicht auf einen so schmucken Burschen wie du paßt), wenn Mutter Natur nicht für jedes Geschlecht die Vorkehrung in der Leichtgläubigkeit des anderen getroffen hätte, die gute Eigenschaften sieht, wo keine existieren, Schönheit an Eselsohren findet, Witz in seinem plumpen Dickkopfe und Musik in seinem Geplärr, so würde es nicht halb so viel Heiraten in der Welt gegeben haben, als es jetzt gibt und wie für die gehörige Fortpflanzung und Fortsetzung der edlen Rasse notwendig ist, zu welcher wir gehören!

»Eifersüchtig oder nicht,« sagte Pen, »und, Blanche, ich sage nicht nein, ich hätte es gern gesehen, wenn es mit Fanny ein besseres Ende genommen hätte wie dieses. Ich liebe keine Geschichten, die in dieser zynischen Weise endigen, und wo, wenn wir am Schlusse einer Geschichte von der Leidenschaft eines hübschen Mädchens anlangen, wir auf der letzten Seite der Erzählung solch eine Gestalt wie Huxter antreffen. Ist das ganze Leben eine Verhandlung, meine schöne Dame, und das Ende des Liebeskampfes eine unwürdige Uebergabe? Soll das Aufsuchen des Cupido, dem meine arme kleine Psyche in der Dunkelheit nachging, – dem Gotte des Sehnens ihrer Seele – dem Gotte mit der blühenden Wange und den 283 regenbogenfarbenen Schwingen – dahinauslaufen, daß sie Huxter findet, der nach Tabak und Pflastertöpfen duftet? Ich wollte, obwohl ich es im Leben nicht sehe, daß die Leute sein könnten wie Jenny und Jessamy oder Mylord und Mylady Clementina in den Geschichtenbüchern und Moderomanen, und sozusagen während der Trauung und beim Segnen des Pfarrers vollkommen schön und gut und glücklich für alle Zeit würden.«

»Und gedenken Sie denn nicht gut und glücklich zu werden, bitte, Monsieur le Misanthrope – und sind Sie so sehr unzufrieden mit Ihrem Lose – und wird Ihre Heirat etwa bloß ein Vertrag sein,« fragte die Verfasserin von »Mes Larmes« mit einem bezaubernden Schmollen, – »und ist Ihre Psyche ein garstiges gemeines Weibsbild? Sie gottloses satirisches Geschöpf, ich kann Sie nicht ausstehen! Sie nehmen die Herzen junger Wesen, spielen mit ihnen und werfen sie dann verächtlich weg. Sie bitten um Liebe und treten sie dann mit Füßen. Sie – Sie machen mich weinen, jawohl, Arthur, und – und lassen Sie mich – ich mag auf diese Weise nicht getröstet sein – und ich glaube, Fanny tat ganz recht daran, solch herzloses Geschöpf zu verlassen.«

»Nochmals, ich sage nicht nein,« versetzte Pen, indem er Blanche einen sehr trübseligen Blick zuwarf und auch keine Anstalt mehr machte, den Versuch zu der Trostspendung zu machen, die der jungen Dame die holden Worte »lassen Sie mich« entlockt hatte. »Ich glaube nicht, daß ich viel von dem besitze, was die Leute Herz nennen, aber ich mache auch keinen Anspruch darauf. Ich wagte mich, als ich achtzehn Jahre alt war, 284 hinaus und zündete meine Lampe an, und ging, Cupido zu suchen. Und was machte ich für eine Entdeckung in der Liebe? – Eine gewöhnliche Tänzerin. Ich tat einen Fehlgriff, wie jedermann, fast jedermann ihn tut; nur ist es glücklicher, sich vor der Heirat täuschen als nachher!«

»Merci du choix, Monsieur,« sagte die Sylphide, indem sie einen Knix machte.

»Sieh mal, meine kleine Blanche,« sagte Pen mit seiner Stimme voll traurigen Humors, indem er ihre Hand ergriff; »zum mindesten lasse ich mich zu keinen Schmeicheleien herab.«

»Ganz im Gegenteil,« antwortete Fräulein Blanche.

»Und erzähle Ihnen keine törichten Lügen, wie gewöhnliche Leute es machen. Weshalb sollten Sie und ich mit unserer Lebenserfahrung den Romanen nachäffen und Leidenschaft heucheln? Ich glaube nicht, daß Fräulein Blanche Amory nicht ihresgleichen unter den Schönen findet oder daß sie die größte Dichterin oder die unübertrefflichste Musikerin ist, ebenso wenig, als ich Sie für das längste Frauenzimmer der ganzen Welt halte – wie die Riesen, deren Bild wir sahen, als wir gestern über den Jahrmarkt fuhren. Aber wenn ich Sie auch nicht als Heldin aufstelle, so biete ich Ihnen Ihren sehr ergebenen Diener auch nicht als Helden an. Aber ich denke – na, wissen Sie, ich halte Sie äußerlich für recht hinreichend hübsch.«

»Merci,« antwortete Fräulein Blanche mit einem zweiten Knix.

»Ich denke, Sie singen niedlich. Ich bin überzeugt, 285 Sie haben Geist. Ich hoffe und glaube, Sie sind gutmütig und werden verträglich sein.«

»Und, mit diesen Eigenschaften versehen, bringe ich Ihnen eine gewisse Summe Geldes und einen Sitz im Parlamente zu, und Sie lassen sich herab, mir Ihr königliches Taschentuch zuzuwerfen,« sagte Blanche. »Que d'honneur! Wir pflegten Ew. Hoheit immer den Prinzen von Fairoaks zu nennen. Was für eine Ehre, denken zu können, daß ich auf den Thron erhoben werden soll und dem Sultan dafür als Morgengabe den Sitz im Parlament bringe! Ich freue mich, daß ich Geist haben soll und daß ich Ihnen mit meinem Spiel und Gesang gefalle, meine Lieder werden die Mußestunden meines Herrn erheitern.«

»Und wenn Diebe im Hause sind,« versetzte Pen, hartnäckig das Gleichnis weiter verfolgend, »vierzig böse Diebe in Gestalt lauernder Sorgen, und Feinde im Hinterhalt und Leidenschaften in Waffen, wird meine Morgiana mit einem Tamburin um mich herumtanzen und alle meine Räuber und Diebe mit einem Lächeln töten. Nicht wahr?« Aber Pen machte dazu ein Gesicht, als ob er nicht glaubte, daß sie das tun werde. »Ach, Blanche,« fuhr er nach einer Pause fort, »seien Sie nicht böse, lassen Sie sich nicht dadurch verletzen, daß ich die Wahrheit sage. Sehen Sie denn nicht, daß ich Sie stets beim Worte nehme? Sie sagen, Sie wollen eine Sklavin sein und tanzen – ich sage: tanzen Sie. Sie sagen, ›ich nehme Sie mit dem, was Sie zubringen‹, ich sage: ›ja, ich nehme Sie mit dem, was Sie zubringen‹. Weshalb zu den notwendigen Täuschungen und Heucheleien unseres Lebens noch 286 andere hinzufügen, die nutzlos und unnötig sind? Wenn ich Ihnen meine Hand antrage, weil ich meine, wir haben gute Aussichten, miteinander glücklich zu sein, und weil ich mit Ihrer Beihilfe imstande sein werde, für uns beide eine gute Stellung und einen ausgezeichneten Namen zu erlangen, weshalb da von mir verlangen, daß ich einen Roman spiele und mich hingerissen stelle, woran doch keiner von uns beiden glaubt? Wollen Sie, daß ich in einem Aufputze von Prinz Prettyman aus dem Laden des Maskenverleihers zu Ihnen hereinkomme und Ihnen Komplimente mache, wie Sir Charles Grandison? Wollen Sie, daß ich Ihnen Verse mache, wie in den Tagen, wo wir – wo wir Kinder waren? Ich will's tun, wenn Sie wollen, und sie hernach an Bungay und Bacon verkaufen. Soll ich meine hübsche Prinzessin mit Bonbons füttern?«

»Mais j'adore les bonbons, moi,« sagte die kleine Sylphide mit einem sonderbar flehentlichen Blick.

»Ich kann einen Hutvoll bei Fortnum und Mason für eine Guinee kaufen. Und sie soll ihre Bonbons haben, ihre süßen Zuckertütchen, ganz gewiß,« sagte Pen mit einem bitteren Lächeln. »Nein, meine liebe, meine liebste kleine Blanche, weinen Sie nicht. Trocknen Sie die schönen Aeuglein, ich kann das nicht ertragen;« und damit machte er sich daran, ihr jenen Trost zu spenden, den die Umstände erheischten und den die Tränen, die echten Tränen des Aergers, die jetzt aus den zornigen Augen der Verfasserin von »Mes Larmes« sprangen, erforderten. 287

Der höhnische und spöttische Ton von Pendennis erschreckte und überwältigte das Mädchen vollständig. »Ich – ich brauche Ihren Trost nicht. Ich – ich habe niemals – man hat niemals – nie hat einer von meinen – irgend jemand so zu mir gesprochen,« schluchzte sie mit vieler Natürlichkeit.

»Niemand!« rief Pen mit einem wilden Gelächter, und Blanche errötete so echt und wahr, wie es auf ihrer Wange wohl kaum jemals geschehen war, und sagte: »Oh, Arthur, vous êtes un homme terrible!« Sie war bestürzt, erschrocken, zu Boden gedrückt, die leichtfertige kleine Kokette, die die letzten zwölf Jahre ihres Lebens mit der Liebe gespielt hatte, und doch war es ihr nicht unangenehm, ihrem Meister zu begegnen.

»Sagen Sie mir aber einmal, Arthur,« sagte sie nach einer Pause in diesem sonderbaren Liebesspiele, »weshalb gibt denn Sir Francis Clavering eigentlich seinen Sitz im Parlament auf?«

»Au fait, weshalb gibt er ihn mir?« fragte Arthur, der nun seinerseits errötete.

»Sie spotten immerzu über mich,« sagte sie. »Wenn es gut ist, im Parlament zu sein, weshalb geht Sir Francis denn heraus?«

»Mein Onkel hat ihn überredet. Er sagte stets, daß für Sie nicht hinreichend gesorgt wäre. In den – den Familienstreitigkeiten, wo Ihre Mama seine Schulden so freigebig bezahlte, wurde es, glaube ich, festgesetzt, daß Sie – das heißt, daß ich – das heißt, auf mein Wort, ich weiß nicht, warum er aus dem Parlament geht,« sagte Pen mit einem etwas 288 gezwungenen Lachen. »Sie sehen, Blanche, daß Sie und ich zwei gute kleine Kinder sind, und daß diese Heirat für uns von unseren Müttern und Onkels arrangiert worden ist und daß wir gehorsam sein müssen, wie ein guter kleiner Junge und ein gutes kleines Mädchen.«

So schickte denn Pen, als er nach London ging, Blanche eine Schachtel Bonbons, von denen jede Süßigkeit in fertige französische Verse der zärtlichsten Art eingewickelt war, und außerdem übersandte er ihr mehrere Gedichte eigener Fabrik, die ebenso ungekünstelt und wahr empfunden waren; und es war kein Wunder, daß er Warrington nicht erzählte, welcher Art seine Gespräche mit Fräulein Amory gewesen wären, von so delikatem Wesen und von so notwendig geheimer Natur waren dieselben.

Und wenn, wie mancher schlechtere und bessere Mensch, Arthur Pendennis, der Sohn der Witwe, an einen Abfall dachte und im Begriffe stand, sich zu verkaufen – wir wissen alle, an wen – so stellte sich der Renegat wenigstens nicht, als ob er ein Bekenner des Glaubens wäre, zu dem zu schwören er bereit war. Und wenn jede Frau und jeder Mann in diesem Königreiche, die oder der sich für Geld oder Rang verkauft hat, wie Herr Pendennis zu tun im Begriffe stand, nur ein Exemplar von seinen Memoiren kaufen wollten, welche Tonnen voll Bände würden die Herren Smith, Elder & Co. verkaufen! 289



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