Hermann Sudermann
Heimat
Hermann Sudermann

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Neunte Szene

Magda, Frau Schwartze. Generalin v. Klebs. Frau Landgerichtsdirektor Ellrich. Frau Schumann. Franziska.

Franziska (die Tür öffnend). Belieben die Damen –

Generalin (Frau Schwartze die Hand reichend). Welch ein glücklicher Tag für Sie, meine Liebe! Die ganze Stadt nimmt teil an dem freudigen Ereignis.

Frau Schwartze. Erlauben Sie: meine Tochter – Frau Generalin von Klebs – Frau Gerichtsdirektor Ellrich – Frau Schumann.

Frau Schumann. Ich bin nur eine einfache Kaufmannsfrau, aber –

Generalin. Mein Mann wird sich die Ehre geben, später –

Frau Schwartze. Wollen die Damen nicht Platz nehmen? (Man setzt sich.)

Franziska (mit Aplomb). Ach, es ist wirklich ein freudiges Ereignis für die ganze Familie.

Generalin (steif, doch nicht unfreundlich). Den Genüssen des Musikfestes stehn wir leider fern, mein Fräulein. Ich muß mir daher versagen, Ihnen die Bewunderung, an die Sie wohl sehr gewöhnt sind, auszusprechen.

Frau Schumann. Hätten wir das geahnt, wir hätten uns gewiß Billetts besorgt.

Generalin. Gedenken Sie längere Zeit hier zu verweilen?

Magda. Das weiß ich wirklich nicht, gnädige Frau – oder – Pardon! Exzellenz?

Generalin. Ich muß bitten – nein.

Magda. O Verzeihung!

Generalin. O bitte!

Magda. Unsereins ist so sehr Wandervogel, gnädige Frau, daß es über die Zukunft niemals recht verfügen kann.

Frau Ellrich. Aber man muß doch sein trauliches Heim haben.

Magda. Wozu? Einen Beruf muß man haben. Das scheint mir genug.

Franziska. Nun, das ist wohl Ansichtssache, liebe Magda.

Generalin. Mein Gott, wir stehn ja hier diesen Ideen ziemlich fern, mein liebes Fräulein. Es kommt ja von Zeit zu Zeit eine Dame Vorträge halten, aber die guten Familien machen sich damit nichts zu schaffen.

Magda (höflich). Oh, das kann ich verstehn. Die guten Familien haben satt zu essen.

(Schweigen.)

Frau Ellrich. Aber Sie werden doch wenigstens eine Wohnung haben?

Magda. Was man so nennt: eine Schlafstelle. Ja gewiß, ich habe eine Villa am Comersee und ein Landgut bei Neapel.

(Erstaunen.)

Frau Schwartze. Davon hast du uns ja gar nichts gesagt.

Magda. Ich kann ja nur selten Gebrauch davon machen, Mamachen.

Frau Ellrich. Die Kunst ist wohl eine sehr anstrengende Beschäftigung?

Magda (freundlich). Es kommt darauf an, wie man sie betreibt, gnädige Frau.

Frau Ellrich. Meine Töchter nehmen auch Gesangstunde, und das strengt sie immer sehr an.

Magda (höflich). O das bedaure ich.

Frau Ellrich. Natürlich treiben sie das nur zu ihrem Vergnügen.

Magda. Also viel Vergnügen! (Leise zu Frau Schwartze, die neben ihr sitzt.) Schaff mir diese Weiber vom Halse, sonst werd ich grob.

Generalin. Sind Sie eigentlich bei einem Theater engagiert, mein liebes Fräulein?

Magda (sehr liebenswürdig). Zuweilen, gnädige Frau.

Generalin. Dann sind Sie jetzt wohl ohne Engagement?

Magda (murmelnd). Jesses, Jesses! – (Laut.) Ja, ich vagabundiere augenblicklich.

(Die Damen sehen sich an.)

Generalin. Es sind wohl nicht viel Töchter aus guten Familien beim Theater?

Magda (freundlich). Nein, gnädige Frau, die sind meistens zu dumm dazu.

Frau Schwartze. Aber Magda!


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