Flinserln
Autorenseite

 << zurück 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

4. 's Exámi.

(Án ernsthaft's G'sicht'l mit-r án'm g'spáßingá-r Ausgang.)

Es fallt halt gar a seltsam's G'misch
'm gách'n Glück oft ein;
Und wann was grad nit g'wes'n is,
So kinnt's doh g'wesn sein! –

Dá blindi Kloanhäusler in dá Sulz hint'n, dá-r alti Lorenz Bonlhofer, war in sein'm achzigst'n Jahr noh á Mann, wie-r á 'Bám. Er is eng von sein'm Suhn seiná Hütt'n, wo-r á g'lebt hat, richti noh alli Suntá in's Dorf abikráxelt, um sein' Meß' z' hörn, als wann á d' Aug'n nur aus G'spáß zuadruckát', und als wann er sein'n kloan'n Ähn'l weisát', nit dá-r Ähn'l erm. Und – meiná Sechs! 's war á Stück'l Weg, wie's á Stadtherr nit in zwoa Stund' untá d' Füß' bringát', wann má-r erm áh án'n halbát'n Tag vurgeb'n tát'. Und erst bei'm Z'rucksteig'n, – da hätt' má sih wol bei mannich'm Riegel in d' Knie' beiß'n mög'n. Erm abá war 's wie g'maust; nur bei dá letzt'n Máß, da hat á-r imm'rámal g'sagt: »Háns'l, halt! bis ih auspfnaust hab'!«

Má hat erm's aber áh vom Weid'n ankennt, wie rieg'lsam, als á war, und wie-r erm dö Zeit nur aus Neid d' Aug'n auspeckt hat, weil s' erm an sein'm Kirpá sunst koan'n Schur hat antuan kinná. Sein G'sicht war so freundli, so gut g'fiarbt, so völli ohni Hearnásteig'n, wie má-r 'n G'sund malt; dá Kopf vollá schneeblüah'lweißi Har'; dö ganzi G'stalt noh kernfest und staimi, und kurzum – hab' ih nit recht? – á Mann, der zechá jungi Stadtherrn, wie má s' an án'm Sunn- odá Feita imm'rámal auf's Land auffástoarcheln siecht, leicht hätt' in'n Sack steck'n kinná.

Aber mein, – mein! Ih red', als wann á'n alli Leut' kennt hab'n müßt'n, weil ih 'n kennt hab'! – Dáß ih also sag': dá Lorenz Bonlhofer hat má mehr, als ánmal á G'schicht'l vázählt, was á selbá dálebt hat. Und dös G'schicht'l hat má gar á so gut g'fall'n, dáß ih má-r eig'ns án'n Knopf g'macht hab', dámit ih ja nit drauf vágiß'. – Dá blindi Lorenz is ietzt áh schon bei dö andán. Von erm selbá kinnt's ás nimmá hör'n; laßt's eng's also von mir vázähl'n; váleih g'fallt's eng áh. Wem's g'fall'n tut, der kann sih's mirk'n; wem's öd vurkummt, der kann drauf vágess'n; – 's kost't 's gleichi Geld!

 


 

Es war Anno Neuni, – ih wissát' 's Monát, 'n Tag und d' Stund' áh noh, wann ih's nit vágess'n hätt', denn er hat má-r allás hoarkloan vázählt, – Anno Neuni, – kurz ehwenn d' Fránzos'n z' Wean eing'ruckt sán. – 's Kánánir'n und 's Schieß'n hat má vorn jungán Bonlhofer seiná Hütt'n aus deutli g'hört, weil s' z'höchst obmád auf dá Schneid', hinter án'm kloan'n Felsenkog'l steht, wo á weitmächtigi Aussicht is. Abá nit im Schlaf hätt' sih's wer einbild't, dáß dá Teux'l áh da auffi án'n Feind führ'n wurd'. Gut! – also weidá! – Untáschi an'n Berg loahnt sih 's Dörf'l an, von dá Hauptstraß'n wegá, – so – má roat't's – zwoa g'schlagni Stund'.

Dá Suhn, dem d' Hütt'n heuntig's Tag's noh zuag'hört, is in allá Fruah, ehwenn's noh recht gráwelt hat, in's Dörf'l abigangá; – z'weg'n we? – dös wáß ih nit. Sein' Büchs'n hat á-r nit dáhoam lass'n; er war á g'machtá Schütz; destweg'n hat 'n dá g'streng' Herr Váwaltá-r áh als Jágá braucht, und á Jágá-r is koan ganzá Mensch nit, wann á nit sein' Spritz'n au'm Bug'l hat. – 's Wei is au'm entán Kog'l übrig'stieg'n, um Kräudá-r ausz'stech'n, dö s' fur 'n Alt'n g'sott'n hat, wann erm d' Aug'n brennt hab'n; und dá-r alti Lorenz mit sein'm kloan'n Ähn'l, mi'm Háns'l, is dáhoam blieb'n. Sidá-r án'm halb'n Jahr is dá Háns'l sunst wol áh in dá Fruah' in's Dörf'l zu'm Schulmástá abig'loff'n, der sein'm Vadán zuag'red't hat, er soll erm 's Buchstábir'n und 's Zähl'n lerná lass'n, weil dá Schwerák nit au'm Kopf g'fall'n wár'. Abá wie dá Feind sih g'meld't hat, hab'n d'' Bubmá Vikánz'n kriegt. Nur dá-r Alti hat 'n mannigsmal aus Zeitlang á biss'l zähl'n lass'n, dámit á 's nit ganz vágessát, und dös hat á heunt' just áh wiedá tan. Gut! – was g'schiecht? –

»Du, Ähn'l,« sagt dá-r Alti auf oanmal, und 's Blut schießt erm siedháß in's G'sicht, – »hast nix g'hört?«

»Nán!« sagt dá Háns'l.

»Spitz' d' Ohr'n,« – sagt dá-r Alti, – »mir scheint, ih hab' schieß'n g'hört! – Vástand'n?«

»Schieß'n?« – fragt dá Bua, und lost. – »Richti, Ähn'l! – Es macht so án'n Puffá! – Váleih hat d' Muadá d' Stad'ltür zug'schlag'n!«

»Háns'l!« – schreit dá-r Alti, und springt in d' Höch', – »führ' mih aussi vur d' Hütt'n! Mein G'hör is gut! Vástand'n? – Ja, – ja! Schieß'n tán s'! Abá wo? – Wann má recht is, im Dörf'l drunt'?« –

»Lasst's ás schieß'n, Ähn'l,« – antwurt't erm dá Háns'l ganz ruawi, – »wer'n schon wieder aufhör'n! – Tua' má weidá zähl'n: – ih kann's schon bis Zehni, – vur und z'ruck

»Gláb's, gláb's,« – sagt dá-r Alti, ganz ángsti, – »muring is áh noh á Tag! 's Zähl'n láfft uns nit dávon. Vástand'n? – Kumm aussi, kumm!«

'm Bub'n z'rinnt völli d' Pápp'n, wie 'n dá-r Alti in áná-r Eil' bei dá Hand nimmt, und vur d' Hütt'n aussizárrt.

»Wohin wöllt's denn, Ähn'l,« – fragt 'n dá Bua und gluri 'n an, – »z'weg'n we tut 's denn zidán?«

»Führ' mih zu dö Stoanfelsná zuchi,« – wispert ietzt dá Lorenz ganz stád, – »wo má-r in's Tal auf's Dörf'l abischau'n kann, und sag' má, was d' siechst! – Abá duck' dih, dáß s' dih von unt'n her belei nit seg'n kinná, und red' still! Vástand'n?« –

Dá Bua führt sein'n Ähn'l richti hin, loahnt 'n an án'n Tannábám an, der zwisch'n dö Stoaná-r auffáwachst; rutscht dánah auf dö Knie' bis án'n Rand hinvoar; biegt sih umi um's Eck, und guckt in's Tal abi.

»Non?« fragt dá-r Alti, denn just kracht's wieder, und zwar á biss'l nachánandá.

»Ui!« – schreit dá Bua, – »Ähn'l, Ähn'l!«

»Du – u!« – rumpelt 'n dá-r Alti an, und gibt erm oan's auf's Dách'l, – »kannst nit stád red'n? – Sag'n sollst, was d' siechst, abá nit schrei'n! Vástand'n?« –

»Saldad'n!« – antwurt't erm dá Bua, und vábeißt 's Zahná. – »Kriech'nblábi Saldad'n, dö án'm ánschichtingá Bauá nachláff'n! – Halla, dös is á Hetz', dös geht griwes gráwes durch-r-ánandá!«

»Saldad'n? – und – á Bauá?« – wiederholt dá-r Alti. – »Sáppráment! Dá Fall is bánschrádi! – Háns'l! geh', schau! – Siechst dein'n Vadán nindáscht?« –

»Mein'n Vadán?« – sagt dá Bua, – »á ja freili wol siech' ih 'n! – Dá Bauá selbá is mein Vadá, so viel mih ziemt. – Ih kenn'-á 'n an sein'm Röck'l und an 'm Hut! – Wie-r á rennt! – Und wie-r erm dö Bláb'n nachizod'ln! – Ietzt springt á-r übá 'n Stieg'l übri, und duckt sih!« – –

»Du, Háns'l,« – sagt dá-r Alti, – »du kannst ja zähl'n! Wer'n má-r á-n Exámi halt'n! Vástand'n? – Zähl' má dö Bláb'n! – Wie viel sán ernrá denn?«

Dá Bua schaut in seiná Dummheit abi, und zählt ganz pomáli: »Oaná, – zwoa – drei – vieri – fünfi – sechsi – siebáni – achti – neuni – zehni –«

'm Alt'n steig'n völli d' Grausbirn' auf. – »Bist noh nit ferti?« fragt á 'n, und möcht' erm gleih so mein 's Mál zuhalt'n.

»Nán,« – antwurt't erm dá Bua ganz aufrichti, –»ih kann ja nur bis auf Zehni zähl'n; – abá á Stuck á zwoa sán noh drübá.« –

»Und was macht denn dein Vadá?« – frátschelt dá-r Alti in áná Sorg' weidá.

»Was á macht?« – sagt dá Bua, – »hintá'm Zaun tut á hockerln, und pásst auf dö zwoa Bláb'n, dö ang'stoarchelt kummán, als wann s' Vog'lnestá suchát'n. – Pfáff! – oaná liegt schon. – Pfáff! – dá-r andári áh. – Jetzt sán nur wiedá zehni! – Jetzt packt dá Vadá sein Klámpf'l z'samm, und rennt weidá. – Hallá, dö Bláb'n nehmán d' Háx'n in d' Händ' und rennen nachi, dáß erná völli dá-r Ad'n ausgeht! – Ja, wart't's á biss'l! – Mein'm Vadán seini Füß' kenn' ih: den kriegt's ös nit so g'schwind!« –

»Um's Blut Christi Will'n! Ih hör' schon wiedá krach'n!« – schreit dá-r alti Lorenz, und dá Schwiz tropft erm übá d' Stirn abá. – »Siechst dein'n Vadán noh?«

»Freili wol,« lacht dá Bua; – »ietzt gibt 's erst á Laudi! Dá Vadá steht ietzt just bei'm hohl'n Áchbám drunt'n, wo 's Fuchsg'schleif is. – Jetzt schlieft á-r eini, und nimmt dö Bláb'n in d' Bátz'. – Pums!«

»Hat á troff'n?« fragt dá Lorenz.

»Ja!« schreit dá Bua, – »zehni war'n's, – oaná weg, bleib'n neuni! – Pfáff! – Wieder oaná, – oaná von neuni bleib'n achti!« –

»Brávo, brávo!« – jucházt dá-r Alti, und reibt sih d' Händ, als wann's 'n annägl'n tát'. – »Zähl' nur fleißi z'ruck, Hans'l! Vástand'n? – 's Exámi geht gut! – Páss' auf! – Kracht hat's!« –

»Mein, mein, dá Vadá kann's! – schreit dá Buá. – Wann erm nur d' Pfost'n nit ausgengán! Lap! Achti, – Oaná weg, bleib'n siebáni! – Pums! Siebáni, – oaná weg, bleib'n sechsi! – Kneff! Sechsi, – oaná weg, bleib'n fünfi! – Oaná nimmt d' Füß' üba d' Achsel, und fahrt a; – bleib'n vieri. – Oan'n nimmt á mit, bleib'n drei! – Ietzt rennt dá Vadá wiedá um á Häus'l weidá; bei'm Stoanbruch geht's á biss'l sper, dá Weg is anfeuchtlát, – und dö drei Sápprámenter lass'n nit nach. – Erná Pulvá hab'n s' vázett't, ietzt nehmán s' d' Sábeln, und gengán au'm Vadán los!« –

»Sö wer'n á'n doh nit dáglängá?« fragt dá Lorenz ganz bedufft drübá.

»Áh-zi-belei, nán!« – sagt dá Bua, – »er is schon g'richt't! – Ietzt reibt so á-n Á-fam von-r án'm Kerl auf. – Halt, anpummt! Dá Vadá párirt erm mit dá Büchs'n aus, und pappt erm mi'm Kolb'n án'n Haub'nfleck auffi, dáß er alli Engeln singán hört. – Pátsch! drunt liegt er im Stoanbruch; – bleib'n zwoa! – Nán, dö zwoa bleib'n áh nit! Arschlings dráh'n sá sih umi, und kratz'n a, als wann s' dá Wind vátragát. – Ietzt hab' ih auszählt! – Dá Vadá schnauft á biss'l aus; schaut sih um, ob erm koaná mehr nachkimmt; – ietzt nimmt er 'n Hut a, kniet sih nieder, und – bet't!« –

»Ja, – Háns'l!« – schreit dá Lorenz, – »vástand'n? Dös woll'n má-r áh! Zählt hast bráv, Bua, – vur und z'ruck, perfekt! 's Exámi is gut gangá. – Ietzt laß abá hör'n, ob's d' áh bet'n kannst! –Knie' die niedá! Bet' fur dein'n Vadán, und dank 'm lieb'n Herrgod, der 'n heunt', auf so b'sundári Weis' in 'n Schutz g'nummá hat. Du bist ietzt noh á jungá-r Alalá, der in d' Welt einischaut, wie dá-r Ochs in's Kirtáhaus, – abá wann 's d' ánmal á-n Einseg'n hab'n wirst, nachá wirst von dem heuntingá Tag noh red'n und vázähl'n, und wirst als á-n altá Tát'l, wie-r ih bin, noh an dös Exámi denk'n, und wie-r oaná mit Gottás Hilf' recht viel zähl'n kann, wann á's áh nur bis auf Zehni g'lernt hat!«

Háns'l hat nit g'wisst, was á denk'n soll. Abá wie-r á g'seg'n hat, dáß sein Ähn'l ganz wách wird, und dáß á sih barhapát niedáknie'n und bet'n tut, da hat 's 'n gleiwölst áh á biss'l g'riss'n, und er hat sih neb'n seiná hinkniet, und áh sein'n herzlingá Vater-Unsá bet't.


Dáwál is dá Vadá auffákemá, ganz müd und abláchti; – und áh sein Wei, dö übá dös Schieß'n bei'm Kränd'lbrock'n au'm Kog'l drent nit z'weni dákämá-r is, hat sih hoamtummelt, und hat ietzt d' Aug'n weitmächti aufg'riss'n, wie s' 'n Vadán, und 'n Ähn'l und 'n Bub'n, in áná Glori und Viktori, hat bei-n-andá steh'n und ánandá-r á-schnazeln g'seg'n.

»Kumm' her, Wei!« – hat drauf dá Suhn ang'hebt – »Du schaust uns alli an, wie d' Kuh 's neuchi Tor. Ih kann má 's leicht denk'n! Wann ih mih wieder z'sammglábt hab', wir' ih dá allás treuli vázähl'n. Fur mih sán heunt' d' Hundstäg' g'wes'n; dá Teux'l hat má seini fránzösch'n Kamarad'n an'm Pelz g'hetzt. Abá heunt' muß ih á-n Á'raunl bei mir g'habt hab'n! Dá liebi Herrgod hat má dösmal noh drausg'holfá. – Ja, Wei, – ih hab', wie dá Vadá sagt mit unsám Háns'l heunt', wieder mein'n Will'n, á-n Exámi g'haltn', wie 's nit dá tausádsti Schulmástá anstell'n möcht'. – Ih hab' erm was zum Zähl'n geb'n; und zählt hat á, der Auschelm, wie-r ih hör', vur und z'ruck, auf á-n Aug', – so, – dáß ih moan', dá Koasá selbá wár' z'fried'n g'west mit unsá'm Exámi


Dös is dös G'schicht'l, was má dá Lorenz Bonlhofer vázählt hat. Freili is 's á stark's Stuck, und braucht án'n g'sund'n Glaub'n; abá g'sagt hat á's ánmal, und anplauscht hat á mih nie nit, und wann á's áh grad dösmal tan hätt', so wurd's 'n, moan' ih, ah nit glückli g'macht hab'n!


 << zurück