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Zweytes Kapitel.

Kaum hatte die Glocke auf dem Kirchthurme drey Viertel auf drey ausgesummt, sieh, da stand Kandidat Stucker schon vor der Hinterthür, die nach dem Kirchhofe zu gieng und Fiekchen stand auch davor. Diese Zusammenkunft war keines von den glücklichen Ohngefehren, von denen unsre Romanen wimmeln: Es war ein Rendezvous in der besten Form. Die Magd, die Stuckern zum Essen einlud, war längst von ihm bestochen und hatte schon manches süsse Briefchen hin und her getragen. Durch eben diese treue Unterhändlerin hatte Stucker Fiekchen sagen lassen, Schlag drey Viertel würde er vor der Hinterthür seyn: Daraus folgte denn von selbst, daß sie auch Schlag drey Viertel vor der Hinterthür war. Sich sehen und sich küssen war eins: Die guten Leutchen mußten sich in größter Eil ein paar Küsse pränumeriren, weil es noch in weitem Felde stand, ob sie den ganzen Tag über Gelegenheit dazu finden würden. Zwar die gesammte werthe Gesellschaft hätten sie leicht blind machen können; Wer kennt nicht die unerschöpfliche Erfindungskraft verliebter Seelen! Von Seiten des Vaters war auch nicht das geringste Hinderniß: Dieser liebte Stuckern wie sein Kind; so sehr hatte sich der Bube durch seine, wie es schien, so ganz uneigennützige Geselligkeit und Dienstfertigkeit einzuschmeicheln gewußt. Er war im eigentlichen Verstande des Herrn Inspektors Diener; predigte für ihn, schrieb für ihn, gieng mit ihm spatzieren, verschafte ihm neue Bücher, trug ihm Stadtneuigkeiten zu, durch welches alles er sich denn völlig unentbehrlich gemacht hatte, so daß er bey keiner Familienfete fehlen durfte. Von dieser Seite also hatte Stucker völlig reine Bahn zu Fiekchen: Aber desto fürchterlichere Verhacke waren nach der Seite der Mutter zu! Die Frau Inspektorn war Fiekchens Stiefmutter: Zwar keine von den grausamen Hyänen, die sich an der Marter armer, unschuldiger Kinder weiden, die nicht in ihrem Schoose gebildet worden sind; Aber doch immer Stiefmutter, nicht leibliche. Staarblind gegen die Fehler ihres einzigen, geliebten Israelchens, hatte sie gleichwohl Luchsaugen für Fiekchens Fehler, und so unerschöpflich sie an Ausflüchten, Entschuldigungen und Rechtfertigungen war, wenn Israelchen etwas verbrochen hatte, so streng verurtheilte sie Fiekchen bey jedem Fehltritte. Nun hatte das gute Kind von der Mutter Natur ein etwas verliebtes Temperament zur Mitgift erhalten, und ein Spiegel und ein Liebhaber waren für sie gleich unentbehrliche Möbel. Herr Stucker war der dritte in der Reihe: Und wenn sich der geneigte Leser erinnern will, daß Fiekchen erst sechzehn Jahre zählte und daß Rübenhausen nur ein Städtlein, folglich an tauglichen Liebhabern sehr arm war, so wird er hoffentlich mit Vergnügen das Sprichwort bestätigt sehen: Was eine gute Nessel werden will, brennt bey Zeiten! Uebrigens brannte Fiekchen auf eine ihr eigene Art, die von dem Siegwartschen Liebesbrande um ein merkliches abgieng. So heftig ihre Leidenschaft war, so wenig that sie ihren häuslichen Geschäften Abbruch. Sie war rüstig und flink in der Wirthschaft vom Morgen bis in die Nacht, nehte und strickte und kochte und wusch und rührte Teig, und war jedesmal die erste aus dem Bette und die letzte ins Bette. Mit dieser unermüdeten Geschäftigkeit suchte sie die Wachsamkeit ihrer Stiefmutter zu hintergehen: Allein da sie einmal so unglücklich gewesen war, sich in einem Rendezvous mit ihrem zweiten Liebhaber betreten zu lassen, so war alles Vertrauen bey der Frau Inspektorn dahin. Jede junge Mannsperson, die in ihr Haus kam, war ihr verdächtig und obgleich Stucker den schüchternen, mädchenscheuen, engelkeuschen Jüngling noch so meisterhaft spielte, so traute ihm doch die Frau Inspektorn nicht weiter, als sie ihn sah. Kaum versuchte ers einmal, Fiekchen in die Küche oder in die Speisekammer nachzuschleichen, gleich war sie hinterdrein und stellte sich ins Mittel. Dem allen ohngeachtet siegte die List der Liebe über alle Verfolgungen stiefmütterlicher Strenge, und es vergieng keine Woche, wo Fiekchen und Stucker nicht mehr als einmal Briefe wechselten, nicht mehr als einmal zusammenstacken und in ein paar verstohlnen Minuten einander fast vor Zärtlichkeit aufaßen.

Für dießmal gieng es blos rips raps, ein paar Küsse hin, ein paar Küsse her: Denn da es, wie bekannt, in unsern Gegenden im Monat May, Nachmittags um drey Uhr, noch heller Tag ist, so war Fiekchen weder vor ihrer Mutter, noch vor Vorübergehenden auf dem Kirchhofe sicher. Sie öfnete also Stuckern die Thüre, der sich mit ihr, weil er die Mutter bemerkte, erst lange bekomplimentirte und sich dann mit einem ehrerbietigen Handkusse der Frau Inspektorn selbst darstellte. Fiekchen paßte unterdessen an der Kirchhofsthüre auf die übrige Gesellschaft und es erschien bald darauf der Herr Stadtschreiber Meyer, mit seinen beyden Schwestern, weiland ganz artigen Mädchen, nun aber durch den Zahn der Zeit und durch Schuld des gegenwärtigen Jahrhunderts, in dem der Götze des Luxus das Volk von Hymens Tempeln wegtreibt, alten Jungfern. Sie waren beyde zwischen 40 und 50, folglich der Sucht zu gefallen noch nicht ganz abgestorben: Und wiewohl ich nicht glaube, daß sie mit ihrem Liebäugeln und Lächeln und schreckhaft entblößtem Busen noch ernstlich auf die Eroberung eines Mannes ausgiengen, so wollten sie doch wenigstens unserm Geschlechte zeigen, was sie ehemals zu den Zeiten ihres Frühlings gewesen wären. Ihr Bruder, der Herr Stadtschreiber, war ihnen nur in diesem einzigen Stücke gleich, daß er sich, jedoch freywillig, zum Hagestolz verdammte. Er hätte von seinem Amte immer eine Frau ernähren können: Allein er zog eine zügellose Freyheit bey weitem den sanften Fesseln der Ehe vor, verbraußte die Zeit, die ihm von seinen Geschäften übrig blieb, bey der Karte, beym Weinglase und bey seiner Jungemagd, und weil er Stadtschreiber war, drückte der Herr Inspektor ein Auge zu und kanzelte ihn nicht ab. Bey so bestellten Sachen konnte er natürlich in dem Hause eines Geistlichen kein sonderliches Behagen finden: Aber der gute Knaster und der gute Wein, den der Herr Inspektor gab, machten die Langeweile wieder gut und ersetzten den Abgang von L' Hombre und Tarok. Alsbald erschien auch der Herr Burgemeister Grunau mit seiner Frau Gemahlin. Beyde waren schon hoch in die Jahre; Sie, fast taub und so gut als eine Null in der Gesellschaft; Er, so weit noch bey vollen Sinnen, aber etwas schwächlichen Verstandes; voll von Ehrfurcht für unsern Herrn Inspektor, in dem er den Gelehrten eben so hochschätzte, als den Beichtvater, übrigens einem zwiefachen Pantoffel unterthan, erstlich dem Pantoffel seines tauben Eheschatzes, dann dem Pantoffel des Herrn Stadtschreibers, der für ihn arbeitete. Sonach war denn zu einer hübsch faden, kleinstädtischen Unterhaltung auf den Nachmittag der schönste Grund gelegt. Auch verstrich fast eine volle Stunde, eh der Pastor Senft und mit ihm Leben und Interesse in die Gesellschaft kam. Dieser von der Frau Inspektorn für dickthuigt und naseweis ausgescholtne Pastor aus Unsleben war ein Mann, desgleichen man auf dem Lande wenig findet. Ein treflicher Kopf, in dem vollen Sinne des Worts! Geist und Verstand sassen auf seiner Stirn und Witz und Satire in seinem Auge. Da er erst seit einem Jahre im Amte war, so dachte er vorerst noch nicht ans Heyrathen und lebte blos den Wissenschaften und der Litteratur. Glücklicherweise für seine Wißbegierde hatte er einen sehr angesehenen Buchhändler in Halle zum Schwager und dieser schickte ihm mit jeder Messe ganze Ballen Bücher zum Lesen, so daß ihm schwerlich etwas entgieng, was in sein Fach einschlug und dahin schlug ziemlich alles ein, was nur irgend an sich wissenswürdig war. Ohne Geräusch und in aller Stille arbeitete er an einem sehr neuen und hervorstechenden theologischen Werke, womit er sich einst, wenn es im Druck erschiene, aus dem Dorfe in die Stadt zu schwingen gedachte. Bey allen diesen und noch mehrern rühmlichen Eigenschaften hatte Senft einen Fehler, der schon so manches Menschen Unglück gemacht hat und noch täglich macht; einen Fehler, der im eilften Jahrhunderte einen heftigen Krieg zwischen Philip von Frankreich und Wilhelm, dem Eroberer entzündete und der, wenn die geheime Geschichte nicht lügt, selbst die Flamme des dritten schlesischen Krieges von Rußland aus mächtig angeblasen hat. Senft war ein Spötter, ein unbarmherziger Zuchtmeister menschlicher Thorheiten. Ohne Ansehn der Person, ohne Rücksicht auf Zeit und Ort geisselte er jeden Narren, der ihm in den Wurf kam, und diejenigen, die seine Zuchtruthe am blutigsten striemte, das waren die stolzen und eingebildeten Narren. Diesen gab er niemals Quartier und hieb so lange auf sie los, bis ers entweder satt hatte, oder bis sie zum Kreuz krochen und ihr Nichts fühlten. Da nun leider die Welt seit Kleists Zeiten noch nicht aufgehört hat, ein grosses Narrenhaus zu seyn, so konnt es nicht fehlen, daß Senft in einer jeden Gesellschaft wenigstens einen oder eine Delinquentin vorfand und sich folglich auch einen oder eine Feindin machte; den Fall ausgenommen, der nicht so gar selten war, wenn man seine feinen Sticheleyen gar nicht einmal fühlte und sie, ohne roth zu werden, ruhig hinnahm. Mit unserm Herrn Inspektor nun hatte Senft in Jahresfrist bereits manchen Strauß gehabt, manchen Kampf gefochten, und so wie Senft den Herrn Inspektor für einen ausgemachten Thoren hielt, so hielt dieser wiederum Senften für einen stolzen, aufgeblasenen Momus, den sein Bißchen Wissenschaft rasen mache. Gleichwohl konnten sie beyde einander nicht ganz entbehren, und heute ins besondere war es darauf gemünzt, Senfts böser Zunge ein für allemal Zaum und Gebiß anzulegen.

Schon war das Kaffeezeug abgetragen; Eine Menge politischer und Familienhändel war bereits geschlichtet und die vollen Pfeifen dampften, als der Herr Inspektor sich mit einem vielbedeutenden Lächeln an Senften wandte. Was giebts denn guts neues litterarisches, fragte er?

Was ich nicht wüßte, antwortete Senft: Bis Jubilatemesse ists leider Hungermonat. Ist Ihnen vielleicht etwas neues aufgestossen?

So etwas, sagte der Herr Inspektor: Ein Leipziger Buchhändler hat mir da was zugeschickt.

Nun verstand sich Senft, ausser vielen andern Dingen, auch ein wenig auf die Pathognomik, mit Lichtenberg zu reden, und ob er schon von dem neugebornen Kindlein des Herrn Inspektors keine Sylbe wuste, so schloß er doch gleich aus seiner Miene, es müsse etwas Geheimes auf dem Tapete seyn. Darauf bin ich sehr neugierig, sagte er, denn Ihrer Miene nach zu schliessen, muß es nichts Kleines seyn.

O bitte, bitte, fiel Stucker sogleich ein, lassen Sie uns doch von Ihren schönen Sachen profitiren.

Indem eröfnete der Herr Inspektor sein Pulpet, langte 4 Exemplare seines Ideals auf Schreibpapier hervor und legte sie, ohne ein Wort zu sagen, auf den Tisch. Aller Augen fielen sogleich darüber her und Senft riß ein Exemplar an sich und las laut: Ideal einer vollkommnen Schule, entworfen von Matthias Theophilus Spitzbart. Kaum hatte er das Wort aus dem Munde, so legte der Herr Burgemeister seine Pfeife weg, Stucker schlug vor Verwunderung in die Hände, der Stadtschreiber schrie mit einer donnernden Stimme: Schwere Last noch einmal, das sind Sie ja selber! Mein allerwerthester Herr Inspektor, sagte der Burgemeister und fiel ihm mit ofnen Armen um den Hals, ich gratulire Ihnen von ganzem Herzen zu der grossen Ehre und Freude, die Sie an dem heutigen Tage erfahren. Nun ich meyn es auch so, rief der Stadtschreiber, indem er den Herrn Inspektor wie ein Taschenmesser zusammendrückte: Aber, meiner Seel, fuhr er fort, das hätt ich mir nicht träumen lassen, daß Sie noch auf Ihre alten Tage ein Buch schreiben sollten. Der Herr Inspektor wollte antworten, aber Stucker ließ ihn nicht dazu kommen. Mein liebstes Väterchen, sagte der schmeichelnde Bube, indem er ihm ganz entzückt einmal über das andre die Hand küßte, ich bin vor Freuden ganz ausser mir; Ich habe keine Worte, meine Wonne, mein Entzücken zu beschreiben. Aber sakerlot, schrie der Stadtschreiber wieder, das ist ja nicht halb recht: Wir müssen ja das Weibsvolk herbeyrufen! Stucker ließ sich das nicht zweymal sagen und rief gleich ins Nebenzimmer, obs den Damen nicht gefällig wäre, auf ein Augenblickchen näher zu kommen? Sogleich erschienen sie in voller Schaar und nun ward aus einer christlichen Gesellschaft eine ganz unchristliche Judenschule. Die beyden Mamsell Meyern thaten die Schleusse ihrer Beredsamkeit zugleich auf und überschütteten unsern Mann mit einem ganzen Strome von Komplimenten. Die Frau Burgemeistern machte auch ihren Knixs und murmelte etwas zwischen den Zähnen: Eigentlich wußte sie noch gar nicht, was los war. Sie zog also ihren Mann bey Seite und fragte ihn ins Ohr: Ob denn heute des Herrn Inspektors Geburtstag wäre? Nein, mein Kind, schrie er überlaut: Der Herr Inspektor hat ein schönes Buch geschrieben, da liegt es auf dem Tische! Sogleich fieng sie ihren Glückwunsch von neuem an und schloß damit, sie wollte sich aus seinen schönen Predigten recht fleissig erbauen. Der Herr Inspektor konnte nicht dazu kommen, ihr ihren Irrthum zu benehmen: Denn schon hatte sich der Glückwünschungsstrom von ihm ab und zur Frau Inspektorn gewandt. Diese bekam also auch ein reichliches Opfer von dem Weihrauche, der zunächst ihrem Herrn Gemahle gebührte; zufolge des Grundsatzes, daß Mann und Weib ein Leib sind, und unterdessen nahmen Stucker und Fiekchen fein säuberlich ihr Tempo in Acht, drückten sich einander die Hand inbrünstig, und während, daß die Damen sich wieder empfahlen, gab Fiekchen Stuckern einen Wink, den er verstand.

Diese ganze Scene über hatte Senft mit dem Ideale in der Hand am Fenster gestanden und stillschweigend der Farce zugesehen und gelächelt. So wie nun der größte Sturm vorüber war, öfnete er auch seinen Mund zum Sprechen. Mein werthester Herr Inspektor, sagte er, Sie kennen mich: Ich bin ein sonderbarer Mensch und eine meiner Sonderheiten ist die, daß ich mit Glückwünschen äusserst sparsam bin und nicht eher damit herausrücke, bis ich das Glück klar vor Augen sehe. Wenn Sie meynen, daß es schon an und für sich ein Glück ist, der Verfasser eines gedruckten Werkes zu seyn, wohl, so opfere ich Ihnen von ganzem Herzen meinen Glückwunsch! Halten Sie aber dafür, wie ich auch dafür halte, daß die Güte des Werks lediglich das Glück des Schriftstellers entscheidet, so erlauben Sie mir vorher Ihr Werk recht aufmerksam durchzulesen und ich zweifle nicht, daß ich Ursach haben werde, Ihnen meinen ganzen Beyfall zu bezeigen.

Das werden Sie ganz gewiß, fiel ihm der Burgemeister ins Wort: Ohne Sie ins Gesicht zu loben, mein allerwerthester Herr Inspektor, aber solch einen Mann, wie Sie, haben wir noch nicht gehabt und kriegen ihn auch in unserm Leben nicht wieder.

Das sag ich mit, rief der Stadtschreiber: Und auf den Abend, mein Herr Inspektor, solls flott gehen und wir wollen das neugeborne Kindlein hoch leben lassen.

Recht so, sagte Senft: Die Gesundheit ist mitzunehmen! Aber eh sie getrunken wird, müssen wir doch billig dem Kindlein erst ein wenig ins Gesicht sehen.

Das sollen Sie mit aller Musse, versetzte der Herr Inspektor: Denn diese vier Exemplaria sind für Sie, meine Herren und Freunde, und ich bitte, ihnen einen Platz in Ihrer Bibliothek zu gönnen.

Hier gieng das liebe Komplimentiren von neuem los. Stucker schwazte von nichts weniger, als daß das Ideal in dem schönsten Marmorbande neben seinem Messias prangen sollte, und der Burgemeister wollte es in schwarzen Corduan mit vergoldetem Schnitte binden lassen.

Senft machte endlich dem lobredenden Geschwätze ein Ende: Meine Herren, sagte er, so sehr Sie den Herrn Inspektor zu lobpreisen scheinen, so thun Sie es im Grunde weit weniger, wie ich, der ich gar nichts sage. Ich brenne vor Verlangen, mit dem Plane des Werks näher bekannt zu werden, das ist mein Lob, und wenn Sie ein gleiches fühlen, so lassen Sie uns den Herrn Inspektor bitten, daß er uns vorläufig die Quintessenz seines Ideals zum Besten giebt.

O ja, ja, riefen die andern alle, seyn Sie so gut, erzählen Sie uns was aus Ihrem Buche!

Mit dem größten Vergnügen, sagte der Herr Inspektor: Aber stehend läßt sich das nicht so abthun! Wir müssen uns niederlassen.

Scharmant, scharmant, rief Stucker! Ich will nur erst geschwind einmal –

Nota: Da dies der erste Querstrich ist, der in dieser Geschichte vorkommt, so bin ich, wie billig, drauf beflissen gewesen, ihm eine so fruchtbare Deutung zu geben, daß er mit allem Rechte den Namen eines Gedankenstrichs verdient. Beym ersten Anblick scheint es, als ob nichts weiter dahinter stäcke, als das Gewöhnliche, und das wollte auch Stucker nur dabey gedacht wissen! Allein seine wahre Absicht schweifte auf einer ganz andern Fährte. Fiekchen hatte ihm vorhin einen Wink gegeben; Diesem Winke zufolge hatte er sein Auge nicht vom Fenster verwandt und itzt eben war das Zeichen gegeben, daß er kommen sollte. Es war also im Grunde nur ein kleines Quid pro quo, eine edlere Verrichtung der Natur für eine unedlere! In ein paar Minuten war er wieder da, that sehr ängstlich, ob er etwa schon was versäumt hätte und wollte nun, wie er sagte, still wie ein Mäuschen zu den Füssen seines Lehrers sitzen. Die andern schwiegen ebenfalls und so begann der Herr Inspektor seine Quintessenz.


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