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Die Untersuchung war im geheimen weiter gediehen.

Es galt festzustellen, wem der Personenkraftwagen gehörte, der zur Zeit der Tat vor dem Gartentor der Eggebrechtschen Villa gehalten hatte. Der Bäckerjunge, der von dem Wagen beinahe angefahren worden wäre, hatte ihm nachgesehen und sein Bild im Gedächtnis behalten. Er behauptete, es sei ein großes Modell gewesen, offenbar ziemlich neu, ein moderner Sechssitzer. Aufgefallen war ihm die verstellbare Ventilation, die die ganze obere Hälfte der großen Scheibe an der Tür einnahm. Gesteuert wurde der Wagen von einem Mann, der seiner Kleidung nach offenbar kein bediensteter Schofför war. Er war der einzige Insasse. Die Nummer hatte der Bäckerjunge nicht lesen können, glaubte sich aber zu erinnern, daß es eine fünfstellige Zahl mit den Schlußziffern 74 gewesen war. Das war immerhin einiges.

Dem Jungen wurde eine Geldbelohnung zugesichert, wenn mit seiner Hilfe Feststellungen gemacht werden könnten, die zur Ermittelung des Täters führten, und er nahm sich der Sache mit Eifer an.

Es stellte sich auf Nachforschungen der Kriminalpolizei heraus, daß drei Wagen in Betracht kamen. Der Kreis schloß sich enger, und es blieb schließlich ein neueingestellter Wagen übrig, der die Nummer 56 174 trug. Unauffällig wurde möglich gemacht, daß der Junge ihn sah, und er behauptete, ohne jeden Zweifel ihn zu erkennen.

Besitzer dieses Wagens war Herr Leo Hermsdörffer, Mitinhaber der großen Speditionsfirma Hermsdörffer u. Co. AG. Hatte Eggebrecht geschäftlich mit der Firma in Verbindung gestanden? Unter den Papieren fand sich kein Beweis dafür, und auch Frau Milan wußte nichts davon.

Ein geschickter Beamter machte sich an den Hermsdörfferschen Wagenführer heran, ohne daß dieser ahnen konnte, wer sich hinter der neuen Bekanntschaft verbarg. Leo Hermsdörffer fuhr seinen Wagen nicht selbst; auf seine Geschäftsreisen, auch auf die kurzen Wege in der Stadt, nahm er den Schofför mit. Wenn er ausnahmsweise einmal selber steuerte, hatte er immer Pech. Das eine Mal war er der Straßenbahn auf den Leib gerückt, so daß es eine unliebsame Anzeige mit nachfolgendem Strafmandat gegeben hatte. Das letztemal hatte er einen Bäckerjungen beinahe über den Haufen gefahren; einsilbig und verdrossen, beinahe verstört war er zurückgekommen und hatte das Steuer seit Wochen nicht wieder in die Hand genommen. Das war an der Städtischen Klinik gewesen, der Lausejunge habe aber die Schuld getragen.

Man überlegte: wenn dieser Hermsdörffer der Mann war, der gegen einhalb sieben Uhr nach der Villa Eggebrecht fuhr, so war er offenbar auch der Mann, der am Nachmittag desselben Tages Eggebrecht zu sprechen versucht hatte. Man mußte ihn also mit Frau Milan irgendwie zusammenbringen; die hatte ja erklärt, den Besucher wiederzuerkennen. Ein Weg würde gefunden werden.

Wo aber ging die Brücke von Hermsdörffer zu Doktor Eggebrecht?

Die neueste Ausbeute der geheimen Ermittlungen ergab: der Schofför hatte seinen Herrn des öfteren nach der Villa Herwegh in der Parkstraße gefahren.

Das hatte den endgültigen Anstoß gegeben, Irene Herwegh zum Verhör zu laden.


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