Johann Gaudenz v. Salis-Seewis
Gedichte - Ausgabe letzter Hand
Johann Gaudenz v. Salis-Seewis

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Abendbilder.

1786.

                        Wenn der Abend
            Kühl und labend
Sich auf Thal und Waldung senkt;
Wenn die Wolken röther werden,
Und der Hirt des Dorfes Herden
Am beschilften Teiche tränkt;

            Wenn der Hase
            Leis' im Grase
Nascht, und im bethauten Kraut,
Wenn der Hirsch aus dem Gehege
Wandelt und das Reh am Wege
Steht und traulich um sich schaut; 28

            Wenn mit Blüten
            Auf den Hüten,
Sens' und Rechen auf dem Arm,
Unter spätem Festgeleyer
Heimwärts kehrt der Zug der Heuer
Und der Schnitterinnen Schwarm.

            Wonneträumend
            Staun' ich, säumend,
Dann vom Damm die Gegend an;
Freu' so herrlich mich der hehren
Schönen Erd', und süße Zähren
Sagen, was kein Ausdruck kann.

            Froh und bange
            Lausch' ich lange
Auf der Amsel Abendlied:
Wie, umhüllt von Erlenblättern,
Nachtigallen ziehend schmettern,
Und der Kibiz lockt im Ried;

            Bis nur Grillen
            Noch im Stillen
Zirpen, und der Käfer streift, 29
Und der Landmann, wenn's noch dämmert,
Seine Sens' im Hofe hämmert,
Und ein Mäherliedchen pfeift:

            Bis der Liebe
            Stern so trübe
In der Abendröthe schwimmt;
Dann der perlenfarbne Himmel
Dunkelt, und das Glanzgewimmel
Der Gestirne sacht entglimmt. 30

 


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