Johann Gaudenz v. Salis-Seewis
Gedichte - Ausgabe letzter Hand
Johann Gaudenz v. Salis-Seewis

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Frühlingslied.

1784.

          Unsre Wiesen grünen wieder,
Blumen duften überall,
Fröhlich tönen Finkenlieder,
Zärtlich schlägt die Nachtigall.
Alle Wipfel dämmern grüner,
Liebe girrt und lockt darin;
Jeder Schäfer wird nun kühner,
Sanfter jede Schäferin.

Blüthen, die die Knosp' entwickeln,
Hüllt der Lenz in zartes Laub;
Färbt den Sammet der Aurikeln,
Pudert sie mit Silberstaub. 4
Sieh das holde Maienreischen
Dringt aus breitem Blatt hervor,
Beut sich zum bescheidnen Sträuschen
An der Unschuld Busenflor.

Auf den zarten Stengeln wanken
Tulpenkelche, roth und gelb,
Und das Geisblatt flicht aus Ranken
Liebenden ein Laubgewölb.
Alle Lüfte säuseln lauer
Mit der Liebe Hauch uns an;
Frühlingslust und Wonneschauer
Fühlet was noch fühlen kann. 5

 


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