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Sechstes Kapitel
Vom Brei im allgemeinen und im besonderen

Der Brei oder das Mus ist, wie schon erwähnt worden, sowohl aus inneren, als aus historischen Gründen die ursprünglichste unter den üblichen Mehlspeisen.

Der Brei im allgemeinsten Sinne ist eine möglichst vollkommene Auflösung des Leimstoffes mehliger Körner, Samen oder Wurzeln, vermöge einer mehr und minder lange in der Siedhitze erhaltenen Flüssigkeit. Aus eben dem Grunde gehört ein wohlbereiteter Brei zu den nahrhaftesten unter den Speisen, welche aus den Erzeugnissen des Pflanzenreiches zugerichtet werden; er dient schon den Säuglingen zur Nahrung und ist in ackerbauenden Ländern die Zuflucht der ärmeren Volksklassen. Es darf also nicht befremden, daß Cato in seinem Werke vom Ackerbau mehr als einmal auf den Brei zurückkehrt, und daß sogar Hippokrates De Diaeta III. 8. Vergl. II. 8. in einzelnen diätetischen Fällen dem Brei vor dem Brote den Vorzug gibt.

Allein die Pflanzenstoffe, die für diese Art der Bereitung sich eignen, unterscheiden sich wechselseitig durch eine mehr oder minder entschiedene Auflösbarkeit; durch Beisätze, welche man durchaus hinwegschaffen muß, und durch Eigenschaften, welche man jederzeit sorgfältig bewahren sollte. Man muß daher in der Bereitung eines Breies auf mehr als eine Weise zu Werke gehen.

Den Reis z. B., welcher bei bereitwilliger Auflösbarkeit reichlichen Zuckerstoff enthält, koche man auf orientalisch, nur so lange, bis die einzelnen Körner ganz von der Feuchtigkeit durchdrungen sind, was bald geschieht. Alsdann gieße man das heiße Wasser ab, kühle die Körner durch einen Aufguß von kaltem, oder durch bloßes Absetzen vom Feuer, und mache sie endlich mit den Zusätzen, welche man gerade liebt, gänzlich gar.

Der Pater Angeli Gazophylacium ling. Pers. Amstel. 1684 fol. p. 348 a. d. vocem: riso. sagt uns, was alle Reisenden bestätigen, daß weichgekochter Reis den Orientalen den größten Ekel verursache; daß sie behaupten, der aufgelöste Leimstoff erfülle und beschwere den Magen. In der Tat gehen die Europäer, die sich in der Levante niederlassen, sehr bald zu dieser Ansicht über.

Es gibt auch folgende Beispiele von Abänderungen, welche die östlichen Nationen in diesem ihrem täglichen Gerichte zu machen pflegen.

»Der Reis wird härtlich in Wasser abgesotten, dieses vollkommen abgegossen; darauf wird der leicht angesottene Reis über ein Bett von Fleischstückchen mit weniger Butter, von Zwiebeln, Mandeln, Rosinen, ganzem Pfeffer, Nelken, Zimt, Cardamum ausgebreitet und über kleinem Feuer gänzlich gar gekocht. Zuletzt wird die Speise noch einmal stark erhitzt und reichlich mit flüssiger Butter getränkt. Diese im ganzen Orient beliebte Speise nennt man den Pillaw.«

Ich rate denen, welche nach obiger Vorschrift einen Pillaw kochen wollten, die Mandeln und Rosinen wegzulassen.

Anderes Beispiel: »Siede Reis in sparsamer Fleischbrühe, so viel nämlich, als hinreichen möchte, die einzelnen Körner anschwellen zu machen, ohne daß sie aneinander hängen. Wenn die Körner die Fleischbrühe gänzlich eingesogen haben, so gieße zerlassene Butter hinzu.«

Statt der Butter, der Fleischbrühe, des Fleisches, mischt man auch wohl Eier, Gemüse, Fruchtsäfte und allerlei starke und gewürzhafte Tunken in den Pillaw, oder gießt sie darüber aus. Welch ein Spielraum für die Einbildungskraft eines geistreichen Koches!

Die Italiener sieden den Reis ebenfalls härtlich ab, lassen ihn Butter einsaugen, bestreuen ihn reichlich mit Parmesankäse und legen wohlgesottene Kapaunen, Pularden oder anderes, weniger leckeres Geflügel darüber. Wenn der Reis nicht in Wasser, sondern in der Brühe dieses Geflügels aufgeschwellt worden, so bindet sich der Geschmack des Gemüses trefflich mit dem hinzugelegten Fleische. Den Reis auf Mailändisch. Setze den Reis, nachdem er gelesen und mehrmals gespült, darauf wiederum getrocknet worden, mit etwas frischer Butter ans Feuer. Röste ihn über dem Feuer, bis einige Körner sich ins Gelbliche zu färben scheinen. Gib darauf von der Brühe des Geflügels in kleinen Quantitäten hinzu; warte jedesmal, bis das Korn den letzten Zuguß ganz eingezogen habe. Hat er genug eingesogen und hinreichend sich erweicht, so gib ihn mit dem gesottenen Geflügel. – Man setzt auch Ochsenmark hinzu und, in Mailand selbst, gewisse fette Würstchen, die Cervellati.

Hirse und Gries von Heidekorn (Buchweizen) sollte beinahe wie der Reis behandelt werden. Die Hirse wird am Bayerischen Wald, einem kornarmen Bezirke, häufig als Brei genossen. Man läßt sie etwas angesalzen in Milch aufschwellen, nimmt sie vom Feuer, tut Butter in eine irdene Pfanne und den Hirsebrei darüber, setzt ihn in den Ofen und läßt ihn langsam bräteln. Man legt einige Stückchen Butter obenauf, damit der Brei eine Kruste bekomme.

Gries von Heidekorn läßt sich auf dieselbe Weise bereiten. In Holstein und Dänemark ist Buchweizengrütze in Milch aufgeschwellt, mit frischer Butter oder mit Rahm, eine landesübliche, nährende, doch etwas schwerfällige Speise. Der Geschmack eines wohl ausgereiften, sonnentrockenen Heidekorns ist an und für sich ungemein süß und lieblich, weshalb denkende Köche bemüht sein sollten, die feinere Küche durch Einführung dieses Kornes zu bereichern. Aus Mehl von Heidekorn kann eine vortreffliche Polenta bereitet werden, welche auf mancherlei Weise gewürzt, oder mit Fleischspeisen verbunden, sehr schmackhaft zu sein pflegt.

Mehl von türkischem Weizen, Mais, schnell in heftig siedendes Wasser geschüttet, gibt einen festen Brei, die Polenta, die Lieblingsnahrung des lombardischen Landvolks. Der Geschmack dieses Kornes ist weich und süßlich und erträgt daher hervorstechende Gegensätze; auch ist die Polenta, ohne einen reichlichen Zusatz von Fett genossen, austrocknend und schwer verdaulich. In einigen Gegenden von Frankreich, wo das Landvolk den Mais ohne den Zusatz von Milch, Fett oder Fleisch genießt, ist der nachteilige Einfluß dieser Nahrung höchst auffallend; in der Lombardei hingegen, vorzüglich in den wohlhabenden Legationen, wird die Polenta meist mit allerlei fettem Nebenfleische genossen und nährt daher seinen Mann.

Vortrefflich ist die Polenta, wenn sie, wie sich gehört, vermöge eines Fadens in Scheiben geschnitten, und alsdann abwechselnd mit frischer Butter, Salz und feingehobelten Trüffeln in einen Kuchen zusammengesetzt, äußerlich mit zerlassener Butter bestrichen und endlich in dem Ofen oder in der Tortenpfanne mit einer Kruste leicht abgebacken worden.

Dasselbe, doch statt der Trüffeln nimm geriebenen Parmesankäse.

Mackenzie, in seiner beschwerlichen Reise durch Gegenden des nördlichsten Amerika, gibt folgende Vorschrift, den Mais, für den Verbrauch der Pelzjäger und Händler, in das mindest große Volumen zusammenzudrängen.

»Siede das Korn (ungebrochen) in einem Wasser, welches von Kali gesättigt ist, bis die äußere Haut davon abgeht. Hierauf wird es wohl gewaschen (gewässert?) und auf eigenen Gestellen gedörrt. Wenn es getrocknet, eigentlicher, gedörrt ist, eignet es sich zur Verpackung und zum unmittelbaren Gebrauche, nachdem es auf folgende Weise zubereitet ist.

»Man siedet es zwei Stunden über mäßigem Feuer in Wasser; nachdem es eine Weile gesotten hat, werden einige Lot tierischen Fettes oder Butter hinzugetan. Wenn dazu, nachdem es fertig gesotten ist (früher würde es die Auflösung aufhalten oder ganz verhindern), ein wenig Salz gegeben wird, so gibt es ein gesundes, schmackhaftes und nahrhaftes Gericht. Ein Pfund auf solche Weise gedörrten Maiskornes ist hinreichend, den Pelzjäger auf 24 Stunden zu sättigen und zu ernähren.«

Immer besser als die analoge Bereitung der Grütze im skandinavischen Norden, welche eingesotten, dann zerschnitten und getrocknet, als Reiseprovision dem schwedischen Landmann mit auf die Reise gegeben wird, wann er in weite Ferne auf Arbeit ausgeht.

Polenta aus Kastanienmehl, eine Fastenspeise der Italiener, pflegt den Nordländern wegen klebriger Beschaffenheit und süßlichen Geschmackes selten zu behagen.

Brei aus feinem Mehle würde, in einer Flüssigkeit abgerührt, einen an den Zähnen klebenden, schwer verdaulichen Leim geben. Ich rate daher, das Mehl vorerst in guter Butter über gelindem Feuer ganz weiß zu rühren, und erst, nachdem es recht weiß geworden ist, zur Verdünnung Wasser, Fleischbrühe oder Milch hinzuzugießen. Im letzteren Falle wird man dem Brei einen süßlichen Charakter geben dürfen. Im ersten rate ich zu kräftigen, hervorschmeckenden Würzen zu greifen, etwa zu gebratenen Speckwürfeln oder zu Zwiebeln, feinen Kräutern oder desgleichen.

Am Niederrhein pflegt das Landvolk Roggenmehl in Wasser zu einer sehr dichten Breimasse einzusieden, darauf löffelweise auszustechen, und diese Stiche in einer heißen, mit Stückchen Butter belegten Schüssel wohl anzuordnen. Diese Speise ist schmackhaft, aber wegen der klebrigen Zähigkeit der Masse höchst unbequem zu essen.

Der Reis, die verschiedenen Griesarten, die Polenta endlich, erheischen, wie bemerkt worden, eine schnelle Bereitung: man soll ihre leicht auflösbare Substanz nicht zu einem Leime verkochen. Dahingegen muß ein Brei von Schotenfrüchten, deren häutiger Teil so schwer verdaulich ist, und deren Erweichung um so viel langsamer vor sich geht, schon eine längere Zeit kochen. Von den Hülsen befreit man wohlverkochte Schotenfrüchte, indem man sie durch ein Sieb treibt. Die Linse jedoch kann man bei langsamem Kochen und häufigem Rühren fast gänzlich auflösen. Wenn man sie auf ägyptisch bereiten will, so lasse man das Wasser, in dem sie aufgekocht worden, gänzlich verkochen und gebe ihnen darauf einen reichlichen Zusatz von Butter, Salz und etwas Gewürz; auch wohl einige vorangebratene Zwiebeln. Es möchte doch der Wohlgeschmack dieser von den Reisenden gepriesenen Speise wohl großenteils von der eigentümlichen Güte der ägyptischen Linse abhängen.

Brei von ausgereiften Erbsen verliert die dieser Hülsenfrucht eigentümliche Herbigkeit durch den in Bayern üblichen Beisatz in Butter abgerührten Weizenmehles. In Dänemark, wo der Erbsenbrei Volksspeise ist, pflegt man Sellerieknollen darin verkochen zu lassen.

Brei von verkochten weißen Bohnen über abgesottenem Schwarzkohl Cauli neri, eine dem mittleren Italien eigentümliche Varietät. und Brotscheiben angerichtet, mit etwas Schmalz oder Öl angefettet, ist die gewöhnlichste, nicht unschmackhafte Nahrung des toskanischen Landmanns.

Brei von Kichererbsen (Cicer, ceci, garavanços) mit wenigem Öl, etwas Limonensaft und Pfeffer; eine schmackhafte Fastenspeise der Italiener und Spanier.

Vorzüglich kommt es aber auf ein starkes Auswässern, Verkochen und Ausdünsten an bei dem Kartoffelbrei, der im nördlichen Deutschland die beliebteste Volksnahrung ist. Man schäle und zerschneide die Kartoffeln, wässere sie darauf mehrere Stunden lang und erneuere das Wasser mehr als einmal, damit sie ihren schädlichen Saft möglichst auslaugen. Man verkoche sie alsdann mit häufigem Salz in Wasser bis zum Zerfallen, und gieße demnächst das etwa übrige Wasser völlig ab. Man lasse sie darauf noch eine halbe Stunde unweit des Feuers und rühre sie von Zeit zu Zeit, damit sie alle übrige Feuchtigkeit verdunsten. Endlich verdünne man sie mit Milch oder Fleischbrühe, setze Butter hinzu, und gebe ihnen die Form und Würze, welche man liebt.

Dieser Brei zur Abänderung mit etwas mehr Butter und mit einigen durch Fleischbrühe verdünnten Eidottern ganz gleich gerührt, in der Form eines Omelettes oder französischen Eierkuchens, obenher mit Butter belegt und stark mit Parmesankäse bestreut, endlich in den Ofen oder in die Tortenpfanne geschoben und obenher etwas angebräunt. Man kann auch statt der Fleischbrühe fetten Milchrahm darein rühren und neben reichlichem Salze mit etwas Zimt würzen. Diese Speise wird noch leichter werden, wenn man sie vor dem Backen sehr stark rührt und vertreibt, oder wohl gar Eierschaum hinzusetzt.

Kartoffelbrei mit einem Gemische feiner Kräuter durchgetrieben. Man nehme die Hälfte Spinat, die andere Hälfte Sauerampfer, Körbel, Peterlein, Portulak, Dragon. Man erhitze diese Kräuter in etwas starker Fleischbrühe, so daß sie eine recht schöne grüne Farbe behalten. Darauf hacke man sie, doch so, daß ihr Saft dabei nicht verlorengehe. Man nehme alsdann zweimal so viel trockenen Kartoffelbrei's, als die Kräuter in ihrem Saft ausmachen, und treibe eines mit dem andern durch ein grobhaariges Sieb, oder durch einen metallenen Durchschlag. Man setze das Durchgetriebene noch einmal mit einem Zusatze von Butter ans Feuer, salze es und sehe, daß es eben heiß werde. Dann wird es vom Feuer gerückt und bis zum Anrichten verdeckt und warm gehalten.

Brei von dem Fleisch ausgereifter Kürbisse wurde im 16. Jahrhundert, mit Milch und Gewürz versetzt, selbst auf der päpstlichen Tafel aufgetragen. Mit Milch ist dieser Brei sehr fade und süßlich zu essen. In starker Fleischbrühe verkocht und in Butter mit feinen Kräutern und Gewürzen zugerichtet, auch mit Reis gemischt, ist er beifälliger.

Die Rumfordische Suppe endlich, ihrer Entstehung und Beschaffenheit zufolge ein gelehrter, nach chemischen Erfahrungen zusammengesetzter Brei, beweiset, daß diese Speise bis auf unsere Tage hinab das Nachdenken der Menschenfreunde in Anspruch genommen hat.


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