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Siebzehntes Kapitel
Von der Bereitung des Fleisches innerhalb eines dem Backen bloßgestellten Teiges

Die Säfte des Fleisches und die Düfte feinerer Würzen in einen dichten Teig einschließen, in demselben backen, und die also eingeschlossenen Stoffe gleichsam in ihrem eigenen Safte gar bereiten, ist eine sehr weit getriebene Verfeinerung der Kochkunst, deren geschichtlichen Ursprung anzugeben mir für jetzt unmöglich fällt.

Schinken und anderes, vorher in Wasser, Milch oder Wein erweichtes Geräucherte in ungesäuerten Brotteig einschlagen und also gar backen, ist ein schon vor Alters verbreiteter Hausgebrauch. richtigem Maße der Ofenhitze und bei hinreichender Geschmacklosigkeit des Teiges pflegt diese Bereitung glücklich auszufallen. Wenn aber der Teig zu naß ist und deshalb bei jäher Hitze aufspringt, so wird auch der beste Schinken austrocknen und zugrunde gehen, weshalb ich Unerfahrenen rate, beim Absieden zu bleiben.

Durch Bereitungen jener Art mag man darauf hingeleitet worden sein, ein künstliches Gebäude von gemeinerem oder edlerem Teig aufzurichten, darin rohes Fleisch mit allerlei Würzen, mit Fett und leckerem Gehäcksel einzulegen, alles dies mit einem festen Deckel aus demselben Teig sorgfältig zu verschließen und in einer langsamen und dauernden Wärme gar zu backen. Diese Art von Speisen nennt man Pasteten, von dem italienischen: pasta, der Teig. In der Tat fand ich im italienischen Mittelalter die früheste Spur der eigentlichen Pastete, was, mit dem Ursprung des Wortes selbst, die Wahrscheinlichkeit begründet, daß die Pastete eine neuitalienische Erfindung sei.

Die Pasteten sind in unseren Hauptstädten Gegenstände eines wahrhaft ärgerlichen Luxus. An und für sich sollten sie billig so gemein sein, als Würste und andere für eine längere Aufbewahrung geeignete Speisen. In jeder Haushaltung, welche Gastfreiheit ausübt, sollte man aus den vielfältigen Stoffen, welche sich dazu eignen, schmackhafte und dauerhafte Pasteten zu bereiten wissen.

Besser ist besser. Gute Trüffeln geben dieser Art von Speisen eine sehr feine Würze. Wo man jedoch, wie in einem großen Teile von Europa der Fall ist, ihrer entbehren muß, da kann man sich mit allerlei andern Würzen zu einer kalten, für unerwarteten Besuch in Vorrat gehaltenen Pastete einrichten. Feine Kräuter, Morcheln (Maurachen) und wohlriechende Schwämme, etwas Zwiebelwerk; ja mit Vorsicht angewendet, selbst der feinere Knoblauch, der unter dem Namen Rokambole bekannt ist, gewähren solchen Speisen eine mehr und minder ergötzliche Würzung. Durch behende Wahl und Mischung der eingelegten Fleischarten kann man nun gar den Mangel an Trüffeln weniger fühlbar machen.

Kalbfleisch, Schinken, zahmes Geflügel sind Stoffe, die man doch meist zur Hand hat, und welche in Schichten, abwechselnd mit einem wohlgewürzten Gehäcksel aus Lebern, frischem oder gesalzenem Speck eingelegt, eine gute Hauspastete geben. Das Geflügel kann man roh zerlegen oder die Knochen herausnehmen, damit es besser sich vorlegen lasse. In diesen Pasteten aus gemischtem Fleische stehet eine Fasanenbrust vortrefflich. Wild und wildes Geflügel aller Art wird in dem beigelegten Gehäcksel einen kräftigeren Kräutergeschmack, mehr Gewürz und sogar etwas Säure von Limonen oder starkem Essig ertragen können. Man kann die Brüste des wilden Geflügels wie zu einem Salmy vorbereiten, den Überrest roh zerstoßen, mit starkem Kräuteressig kalt durch ein Sieb treiben, und dieses Durchgetriebene mit einem Gehäcksel von reichlichem Speck und weniger Kalbsleber verbinden. Auf diese Weise bereitet, wird das Gehäcksel mehr Bindung mit dem eingelegten Fleisch annehmen.

Die Franzosen lehren, das Fleisch vorgekocht in die Pasteten einzulegen. Allein was sie auch sagen mögen, so muß dennoch sowohl das Fleisch als das Gehäcksel roh eingelegt werden, weil es widrigenfalls den Saft verliert, wodurch der eigentliche Nutzen der Pastete, die verschlossene Bereitung durchaus eingebüßt würde. Doch gibt es auch hierin Ausnahmen, wie die Leberpasteten von allerlei zahmem Geflügel, nämlich von Enten, Tauben, jungen Hähnen, Kapaunen, Pularden, indianischen Hühnern und Gänsen.

Lebern von Hechten oder von Seefischen, vorzüglich vom Dorsche, lassen sich ebenfalls in Pasteten einlegen; diese können aber nicht sehr weit versendet oder lange aufbewahrt werden; auch geben die Trüffeln und andere Schwammgewächse hierzu keine paßliche Würze.

Übrigens läßt sich alles Ersinnliche zu Pasteten verwenden, und in der Zusammensetzung derselben kann ein braver Koch recht deutlich zeigen, daß er Einbildungskraft und Urteil besitzt.

Sogenannte warme Pasteten sind Salmys oder gedünstete Speisen, welche man in einen Pastetenrand gefüllt hat. Besser, wenn sie roh eingelegt und in dem Teige gar gekocht worden, was aber selten geschieht, weil der Teig bei zu flüssigem Inhalte gern aufzubrechen pflegt. Doch kann man sich vor diesem Übel leicht sicherstellen, wenn man die Pastete mit wenig flüssigen Gegenständen anfüllt und während des Kochens das Gehäcksel vor der Austrocknung bewahrt, indem man etwas flüssigen Gallertstoff von Zeit zu Zeit durch das Luftloch des Pastetendeckels hinabgehen läßt. Zudem pflegt man zu warmen Pasteten eine kräftige Tunke zu geben.

Hier vom Pastetenteige zu reden, würde wider die Ordnung sein. Man sehe darüber, was wir im zweiten Buch über die Verwendung des Mehles berichten.

Ein guter säuerlicher Gallert ist zu jeder kalten Pastete eine erwünschte Zugabe. Man muß jedoch den Geschmack des Gallerts jeder Pastete besonders anzupassen suchen.


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