Joseph Roth
Die Geschichte von der 1002. Nacht
Joseph Roth

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XXIX

An einem dieser Tage erhielt er den höchst peinlichen Besuch seiner »Freunde aus dem Volke«. Sie kamen gemeinsam diesmal, das Fräulein Kreutzer und der Herr Trummer. Taittinger saß in der Halle und sah sie mit einem gelinden Schrecken anrücken. Herr Trummer kam zuerst und fragte nach dem Baron. Im gleichen Augenblick sah er auch schon Taittinger vor seiner Kaffeetasse. Er schwenkte den feierlichen schwarzen Hut. Es sah aus, als gäbe er Signale mit einer Trauerfahne. Er wandte sich sofort wieder dem Ausgang zu und winkte Magdalene Kreutzer heran. Er war würdig schwarz gekleidet, die Kreutzer sommerlich bunt. Neben dem dunklen Ernst des Mannes erinnerte sie an ein wandelndes Gartenbeet, das vom Tod persönlich betreut wird. Sie waren nun einmal da, Taittinger fand sich damit in einigen Sekunden ab. Er konnte nicht leugnen, daß er selbst schon daran gedacht hatte, sie an einem dieser Tage aufzusuchen.

Sie setzten sich sofort, sahen einander lange an, überlegten gleichsam mit den Augen, wer von ihnen zuerst sprechen sollte. Schließlich fingen sie gleichzeitig an, hochdeutsch und mit dem gleichen Satz: »Es ist ein großes Malheur passiert!« – »Was ist geschehn?« fragte Taittinger. »Ein Malheur!« wiederholte die Kreutzer – und sie weinte auch schon.

»Ruhe, Leni!« befahl Trummer. Er nahm das Wort, verfiel nach zwei hochdeutschen Sätzen wieder in den Dialekt, wurde unsicher, fragte immerzu: »verstanden?« – und mußte schließlich innehalten. Frau Kreutzer begann die Geschichte wieder von neuem. Das Weinen steckte noch in ihrer Kehle, färbte ihre Rede, erinnerte an das Miauen einer Katze und an Messerschleifen zugleich und hie und da an den durchdringenden Aufschrei einer Gabel, die auf einem Teller ausgleitet. Sie betäubte Taittinger dermaßen, daß er zehn Minuten lang gar nichts begriff. Dazu kam, daß sie selbst nicht immer zu wissen schien, was sie eben erzählt hatte, denn von Zeit zu Zeit unterbrach sie ihre Rede mit der Frage: »Wos hab' ich jetzt gesagt?« – worauf Taittinger schwieg und Herr Trummer wieder von vorn anfing. Jetzt, nachdem er sich entschlossen hatte, durchwegs beim Dialekt zu bleiben, gelang es ihm auch, einen Zusammenhang in den Bericht zu bringen. Es verging immerhin eine Viertelstunde, bevor Taittinger begriff, daß der Xandl etwas Schreckliches angestellt hatte – und zwar infolge der Schuld des Barons.

»Schuld hob' i g'sogt!« wiederholte Trummer.

»Allen gehorsamen Respekt, Herr Baron«, warf die Kreutzer ein, »aber man kann dem Buben doch kein Vermögen in die Hand geben!«

»Was hat er denn damit angestellt?« fragte der Baron. Alles ist falsch, was ich mache, dachte er. Jetzt hab' ich ihm das Geld gegeben, damit ich Ruh' hab', und das Gegenteil ist der Fall.

»An Murd hat er begangen!« sagte Trummer, »aber Gott sei Dank: an mir. Und i leb' noch! I leb' noch lang!«

»Wieso, einen Mord?« fragte Taittinger. »Geschossen hat er halt!« sagte die Leni. Und sie erzählte, noch einmal, daß Trummer das restliche Geld vom Hunderter dem Xandl abgenommen hatte; den Revolver hatte der Xandl behalten. »Vorgestern abend nun, wie der Trummer das Geld vom Karussell wie gewohnt zusammenzählt und sich nach Mitternacht auf den Heimweg macht, kommt ihm der Xandl entgegen und verlangt nicht nur sein Geld, sondern einen ganzen Hunderter. Der Trummer holt aus zum Schlagen. Da zieht der Xandl den Revolver und sagt: ›Hände hoch‹. Aber der Trummer, der hat noch nie Angst vor so einem Hascherl von Räuber gehabt und gibt dem Xandl einen Stoß, der Bub fällt hin, und der Schuß geht los, und nun schießt der Xandl wie ein Wilder noch die anderen Patronen ab, so platt auf der Erde liegt er und schießt hinauf, und da ist auch gleich die Polizei da. Und jetzt sitzen wir alle ›in der Tinten‹.«

»Lesen S' denn gar nie a Blattl?« fragte Trummer. Er war beleidigt. Seit gestern stand die ganze Geschichte ausführlich in der Zeitung; auch sein Verhör im Polizeikommissariat Leopoldstadt. Heute hat ihn so ein Journalist sogar gezeichnet, und sein Porträt kommt morgen in die Öffentlichkeit. So war's. Die Mizzi saß den ganzen Tag auf der Polizei. Es wird ein großer Prozeß werden, hat der Herr Kommissär gesagt, und die Delikte – »Dalikter«, sagte Trummer – hießen: versuchter Raubüberfall und Mordversuch. Auch die Mizzi ist verhört worden, und sie hat ausgesagt und erzählt, wer der Vater ist. – Und da steht's auch schwarz auf weiß in der Zeitung – Trummer holte ein Blatt heraus und deutete auf einen Satz. Taittinger las: »Der junge Attentäter ist die uneheliche Frucht einer echt romantischen Liebesbeziehung zwischen der jungen Mizzi Schinagl und dem Dragoneroffizier von Adel, der zur besten Wiener Gesellschaft gehört, einem Baron ...« Hier kamen drei Sterne.

Der arme Taittinger blieb versteinert sitzen. »Hätten S' nur nicht dieses Sündengeld gegeben, Herr Baron!« sagte die Kreutzer. Sie hatte sich fest vorgenommen, dem narrischen Baron die Wahrheit zu sagen. Sie stellte alles Fürchterliche dar, das nicht nur den Buben, sondern auch die Mizzi und den Taittinger selbst erwartete, wenn es zum Prozeß kam. Der Advokatursschreiber Pollitzer, ein Bekannter der Kreutzer, hat alles gesagt, wie es kommen muß. »In anderen Ländern, in Amerika zum Beispiel«, so hat Pollitzer gesagt, »werden Jugendliche ganz anders vom Gericht behandelt. Aber bei uns in Österreich ist alles rückständig.« »Weil's wahr is!« grollte Trummer. »Weil die Herrn kan blauen Dunst haben. Himmel Hergott sakra no amoi!«

Taittinger überlegte, aber er wußte ja schon längst, daß ihn noch niemals eine Überlegung zu irgendeinem vernünftigen Ziel geführt hatte. Es galt vor allem, die beiden loszuwerden. Er bediente sich also einer Methode, die einst beim Militär in vielen Fällen geholfen hatte, wenigstens eine vorläufige Beruhigung herbeizuführen. Er erhob sich und sagte: »Ich werde das Nötige veranlassen!« Mit dem Bewußtsein, alles erreicht und dem Baron eine Niederlage beigebracht zu haben, verließen die Kreutzer und der Trummer das Hotel.

Im Laufe der nächsten Tage aber mußte Taittinger die Erfahrung machen, daß er durchaus nicht imstande war, »das Nötige zu veranlassen«. Die Sache Schinagl-Trummer war bereits dem Untersuchungsrichter anvertraut, als Taittinger den Polizeiarzt aufsuchte. »Weißt du«, sagte der Doktor Stiasny, »bei uns, bei der Polizei, da läßt sich immer noch was machen. Bei uns, weißt du, da gibt's sozusagen Abtreibungen, da sind die Geschichten noch Embryos. Aber du bist zu spät gekommen! Beim Untersuchungsrichter reift die Frucht langsam, aber sicher und unaufhaltsam. Und da gibt's auch nix zu machen. Du kannst grad noch verhindern, daß beim Prozeß dein Name genannt wird, direkt oder indirekt. Das übernehm ich gerne: Der Doktor Blum von der Gerichtssaalkorrespondenz ist mein Freund. Auch wenn von dir die Rede sein sollte, im Verlauf des Prozesses, so kommt nix davon in die Zeitungen. Lieber Baron, das ist alles, was ich für dich machen kann.«

Der Oberstleutnant Kalergi meinte ebenfalls, daß die Affäre unrettbar verloren sei. Taittinger begriff nicht ganz, weshalb es schwieriger sein sollte, etwas beim Gericht zu unternehmen als bei der Polizei. »Ein Richter, weißt du«, so belehrte ihn Kalergi, »ist etwas anderes als ein Beamter der Polizei. Die sind so was wie die Engel unter den Beamten. Aber dich geht ja die ganze Geschichte nur insoweit an, als sie deinem Gesuch um Wiederaufnahme in die Armee schaden kann. Fahr weg! Vorläufig! Ich sorg' schon dafür, daß alles gutgeht.«

Nein, Taittinger fuhr nicht weg. Eine seltsame Bangnis hielt ihn zurück. Beinahe war es schon eine Furcht des Gewissens. Schon fühlte er sich schuldig und unlösbar verbunden mit fremden Schicksalen und Angelegenheiten. Er fühlte selbst, daß eine große Veränderung in ihm vorgegangen war, er wußte nicht genau, wann sie angefangen hatte. Vielleicht damals, als Sedlacek ihm auf der Treppe entgegengekommen war. Vielleicht früher schon, im Laden Schinagls in Sievering. Vielleicht später dann, als er die Mizzi im Gefängnis besucht hatte. Vielleicht gar erst nach dem Abschied von der Armee. Er war jetzt sogar imstande, die gleichgültige Heiterkeit seiner früheren Jahre zu erklären: Ahnungslosigkeit war es gewesen. Manchmal kam es ihm vor, daß er lange Jahre gleichsam mit verbundenen Augen an wüsten und gefährlichen Abgründen vorbeigewandert und lediglich deshalb nicht gestürzt wäre, weil er sie nicht gesehn hatte. Viel zu spät hatte er sehen gelernt. Große und kleine Gefahren sah er jetzt überall. Gedankenlos begangene Handlungen, harmlos ausgeführte, harmlose Einfälle, leichtsinnig hingeworfene Redensarten und aus purer Gleichgültigkeit unterlassene Maßregeln rächten sich fürchterlich. Längst war die Welt nicht so einfach mehr wie früher; besonders nicht mehr seit der Stunde, in der man die Uniform abgelegt hatte. Längst gab es nicht nur drei einfache Kategorien von Menschen mehr: Charmante, Gleichgültige und Langweilige, sondern vor allem: Unerkennbare. Wie leicht hatte vor Jahren das nette Verhältnis mit der netten Mizzi ausgeschaut, eine der vielen angenehmen Episoden, unbedeutend wie eine gute Mahlzeit, ein angenehmer Ritt, eine Einladung zur Jagd, eine Flasche Champagner, ein zweiwöchentlicher Urlaub. Die Erlebnisse sahen damals, als man ihnen begegnete, bunt, heiter, schwebend aus. Man hielt sie an einem Faden wie Luftballons, solange sie Freude bereiteten. Dann, wenn sie anfingen langweilig zu werden, ließ man den Faden los. Sie schwebten freundlich in die Luft, man sah ihnen noch dankbar eine Weile nach, dann mochten sie irgendwo in den Wolken zerplatzen. Aber einige waren gar nicht zerplatzt. Tückisch unsichtbar hatten sie sich lange Jahre irgendwo aufgehalten, allen Naturgesetzen zum Trotz. Mit Ballast gefüllt, fielen sie jetzt, wuchtige Gewichte, auf den armen Kopf Taittingers zurück.

Er wehrte sich nicht mehr gegen das sinnlose Pflichtgefühl, das ihn jeden Tag antrieb, in den Prater zu gehn und der Mizzi, der Kreutzer und dem Trummer von den Mißerfolgen seiner »Demarchen« zu berichten. Er konnte nichts gegen das quälende Bewußtsein, daß er an allem schuld war: an der Existenz Xandls, an den hundert Gulden, an der Grauslichkeit des Buben. Er sank – er fühlte es wohl – in der Wertschätzung des »Volkes« (denn die drei Personen waren für ihn das »Volk«). »Wann i die Großkopferten so kenna tat' wie Sie!« sagte der Trummer. »Es g'hört nur Kurasch dazu!« meinte die Kreutzer. »Mein armer Bub!« schrie die Mizzi. Sie weinte leicht, schnell und gehässig. Nicht der Kummer, sondern der Haß gebar ihre Tränen. Alle drei bildeten eine feindliche Front gegen Taittinger. Selbst er, der ebenso unfähig war, irgendein Mißtrauen zu empfinden, wie er außerstande gewesen wäre, etwa einer Pferdebahn nachzulaufen oder sich nach einem fremden Gegenstand, der auf seinem Weg lag, zu bücken: Selbst er entdeckte hie und da die flinken Blicke, die geheimnisvollen, die zwischen den drei Repräsentanten des Volkes über seinen Kopf hinweg ausgetauscht wurden. Manchmal wurde »das Volk« auch direkt. Es sprach deutlich durch den Mund der Magdalene Kreutzer: »Ja, wann S' immer die Alimente gezahlt hätten!« und: »Mit so aner Pfaidlerei abfinden, wann man ein ehrliches Mädchen verführt hat!« – Die Geringschätzung der drei ging so weit, daß sie nur noch selten und immer seltener in den Dialekt verfielen. Sie schufen gewissermaßen eine hochdeutsche Distanz zwischen sich und dem Baron. Er war nicht mehr würdig, Dialekt zu vernehmen.

»Mir werden uns schon selber helfen!« sagte bedeutsam eines Tages die Kreutzer.

Sie hatte einen großartigen Einfall, wie es ihr schien. Mit Hilfe Pollitzers, der für zwei Gulden fünfzig jedes gewünschte und gebrauchte Gesuch abzufassen bereit ist, schreibt man an Seine Majestät persönlich: ein Gnadengesuch. In der Hof- und Kabinettskanzlei – sagt Pollitzer – wird alles sorgfältig geprüft. Man schreibt, daß die arme Mizzi von Baron Taittinger verführt und mit einem Kind ohne Alimente sitzengelassen wurde. Der Junge ist leichtsinnig und ohne Vater aufgewachsen. Man vernichtet sein blühendes Leben. Die allerhöchste Gnade des Kaisers allein kann einen Knaben, einen Staatsbürger, einen künftigen treuen Soldaten vor der unbarmherzigen Strenge des Gesetzes retten. Zuerst meinte der Pollitzer zwar, daß man mit diesem Gesuch noch Zeit hätte bis zur Gerichtsverhandlung. Allein er dachte an die zwei Gulden fünfzig – und sagte nur: »Ich schreib's – aber auf Ihre eigene Verantwortung!« Und er schrieb.

Eine Viertelstunde, bevor Seine Majestät der Kaiser seine tägliche Spazierfahrt durch die Straßen der Stadt Wien unternahm, kamen die Geheimen an die Kreuzungen und Straßenecken – nicht etwa, um nach Verdächtigen Ausschau zu halten, sondern im Gegenteil, um ihre uniformierten Kollegen, die Wachleute im Straßendienst, zu warnen.

Die Spazierfahrt des Kaisers ist ähnlich wie einer der gewohnten und vertrauten Feiertage: Man kennt sie schon lange, aber man erwartet sie wie etwas Unbekanntes. So kennen die Menschen auch den Frühling zum Beispiel, und sie begrüßen ihn doch jedes Jahr mit der gleichen begierigen Freude. Die Geschäftsleute schließen ihre Läden und stellen sich am Straßenrand auf. In den großen Warenhäusern, die einige Stockwerke einnehmen, reißen die jungen Verkäuferinnen, Näherinnen, Modistinnen, ewig neugierige, ewig flatterhafte, nach Abwechslung lüsterne, frühlingshaft genäschige Kinder Wiens, alle Fenster auf. Eine halbe Stunde lang ist Feiertag: Der Kaiser fährt vorbei.

Da hört man auch schon seinen Wagen, die zwei schlanken Braunen, die hurtig und sachte, mit empfindlichen Hufen, das Pflaster zu liebkosen scheinen, während sie es treten. Auf dem Bock sitzt der Livrierte in kleiner Gala, und der Kutscher hält die Peitsche lediglich als Zeichen seiner Würde und seines Amtes. Denn kaiserliche Pferde brauchen keine Peitsche. Die Pferde des Kaisers wissen immer, was sie zu tun haben, und auch, wen sie dahinführen. Es ist, als ob sie es auch gar nicht nötig gehabt hätten, vor den kaiserlichen Wagen eingespannt zu werden: Von selbst haben sie sich Zügel und Geschirr angelegt. Sie geben dem Kutscher Richtung und Rhythmus an; nicht er ihnen.

An diesem Tage stürzte, als die Pferde vom Ring in die Mariahilfer Straße einbogen, eine Frau aus der dichten Reihe der »Hoch«- und »Vivat«-Rufenden, war in einer Sekunde am Trittbrett des Wagens angelangt und warf einen Brief hinein, der dem Adjutanten auf den Schoß fiel. Ähnliche Vorfälle hatten sich oft ereignet, der Kaiser kannte sie bereits. Es waren Gnadengesuche, geschriebene Hilferufe seiner Untertanen. Er hatte schon viele gelesen, viele gutgeheißen, viele abgelehnt. Genauso aber, wie er derlei Begebenheiten für gewöhnliche, selbstverständliche Folgen seines Amtes halten mochte, so erschienen seinen Dienern diese heftigen und überraschenden Bitten um Gnade äußerst gefährliche Symptome einer anarchistischen und bedrohlichen Freiheit. Die Geheimen stürzten hervor, zwei, drei, vier, fünf; zu viel Männer für eine einzige Frau. Der Hut fiel ihr vom Kopf, das Pompadourtäschchen aus der Hand. Ein Polizist hob beides auf. Der Kaiser war schon weit fort. Man brachte die Frau in die Wachstube in die Neubaugasse, untersuchte sie genau, wie es die Vorschrift befahl, nahm ihre Personalien auf. Es war Mizzi Schinagl. Sie wurde entlassen. Man sagte ihr, daß sie von nun ab unter besonderer polizeilicher Bewachung stehe und gewärtig sein müsse, jeden Moment vorgeladen zu werden. All dies bekümmerte die Mizzi nicht. Sie wußte, wie alle Welt, daß sie zwei Tage Arrest oder fünf Gulden Strafe zu bekommen hatte. Die Kreutzer und der Trummer, die mit der Mizzi gekommen waren, um ihr Mut zu machen, begleiteten sie triumphierend in den Prater. »Deinem Baron sagst nix!« befahl Trummer. Der Baron war bereits ein erklärter Feind, für vogelfrei erklärt sozusagen. Wenn er zu früh von dem Gnadengesuch der Mizzi erfuhr, war er imstande, das Geld für das Wachsfigurenkabinett zu verweigern.

Mizzi Schinagl litt unter einigen peinlichen Empfindungen, wegen der Angaben, die sie im Gesuch gemacht hatte. Allein, sie sagte sich, daß sie ihren Sohn, ihr einziges Kind, ihr »Alles auf der Welt« retten mußte. Eine Mutter bin ich eben! sagte sie sich. Sie beschloß, später erst, in zwei Tagen vielleicht, Taittinger von ihrer Tat zu berichten. Später erst: sobald das Panoptikum bezahlt wäre. In zwei, drei Tagen sollte man abschließen; im Café Zirrnagl, im Artisten-Cafe in der Praterstraße, wie es eine alte Überlieferung den Budenbesitzern vorschrieb.


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