Robert Eduard Prutz
Gedichte - Neue Sammlung
Robert Eduard Prutz

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Abschied.

Einem Auswanderer.

        Und muß es denn und muß es sein
    Und müssen wir uns trennen,
Wohlan! so schenkt noch einmal ein
Und laßt noch einmal zu dem Wein
    Die Herzen lodernd brennen!

Du gehst, o Freund, nicht thränenlos, –
    O laß sie, laß sie rinnen!
Denn ach! von Deiner Mutter Schooß,
Du reißt vom Vaterland Dich los,
    Ein neues zu gewinnen!

Von fremder Küste, stolz und frei,
    Die Wälder hörst Du rauschen;
Willst gegen seidne Sklaverei,
Willst gegen bunte Liverei
    Die nackte Freiheit tauschen.

Du bist es satt ein Knecht zu sein,
    Und frei Dich nur zu träumen,
Du bist es satt, mit Heuchelein,
Mit goldner Worte Flitterschein
    Die Kette zu umsäumen.

Du bist des eignen Volkes satt,
    Der schmachgewohnten Seelen:
Des Volkes, das, zum Handeln matt,
Gelehrte nur und Dichter hat
    Und dem die Männer fehlen!

Du wirst nicht glücklich werden, nein!
    Auch nicht im freien Lande.
Doch willst Du lieber elend sein,
Im fremden Land, stumm und allein,
    Als Knecht im Vaterlande.

O dürften wir in Deinem Lauf,
    O dürften wir Dich halten!
Und dürften sagen: schau, hinauf!
Da steigt die Sonne schon herauf,
    Der Tag will sich entfalten!

Umsonst! noch säumt das holde Licht,
    Noch sind die Herzen bleiern,
Noch rühren sich die Schläfer nicht,
Noch ist das Höchste ein Gedicht
    Das die Poeten leiern!

Und doch, Ihr Brüder, schenket ein!
    Doch muß ein Morgen tagen,
Da bricht die Freiheit stolz herein,
Da wird bei Ja, da wird bei Nein,
    Da wird das Joch zerschlagen!

Ein Tag, wo die Trompete klingt,
    Die Männer anzuwerben!
Es kommt ein Tag, der, sturmbeschwingt,
Zurück in unsern Arm Dich bringt,
    Zu siegen und zu sterben!

 


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