Robert Eduard Prutz
Gedichte - Neue Sammlung
Robert Eduard Prutz

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Hamburg.

I.
        Noch steigt der Dampf, noch glimmt der Brand
Und flackert hell in nächt'ger Stunde;
Noch, weit und breit, lauscht Meer und Land
Der ungeheuren Schreckenskunde;
Noch kämpfen Hoffnung und Verzagen
In bangen Herzen unruhvoll
Und Millionen Stimmen fragen,
Was nun geschehn, was werden soll.

Wohlauf, Ihr Dichter, Mann für Mann!
Hier ziemt es Euch, voranzugehen.
Laßt über Trümmer, hoch voran,
Des Liedes Oriflamme wehen!
Zwar keine Mauern könnt Ihr gründen,
Ihr lockt den Stein nicht mehr zum Stein:
Doch könnt Ihr Herzen noch entzünden,
Ihr könnt die Geister noch befrein!

Zeigt, wie aus Trümmern neubelebt,
Erprobt im Feuer und gereinigt,
Ein neues Hamburg sich erhebt,
Das freie Männer frei vereinigt.
Vom Volk gestiftet und beschworen,
Zeigt uns den neuen Bürgerbrief,
Zeigt uns die neuen Senatoren,
Die die Gemeinde selbst berief.

Das Banner laßt des Zollvereins
Auf seinen Zinnen sich entfalten!
Denn dies allein, und anders keins,
Kann Hamburgs Blüthe frisch erhalten.
Doch laßt auch sehn, wie dicht daneben,
In unverkümmert eigner Kraft,
Sich auch die Fahne wird erheben
Des Geistes und der Wissenschaft.

Und wie mit hochbeladnem Bord,
Aus allen Strömen, allen Meeren,
Die Schiffer gern nach Hamburgs Port
Die vollen Segel munter kehren:
So sollen auch die Geister wallen,
So kehre hier die Dichtung ein,
Ja so, ein Rettungsport uns Allen
Soll Hamburgs freie Presse sein! –

Das ist ein Wort, das uns gefällt,
Das, deutsche Dichter, laßt uns hören,
Und wiederhallen wird die Welt
In jauchzend wonnevollen Chören.
Wie es aus Trümmern stolz wird steigen,
Weil es dem Geist sich keck vertraut,
Das theure Hamburg sollt Ihr zeigen,
Wie es den Herd der Freiheit baut! –

Und nicht bloß an der Elbe Strand,
Nicht bloß in Hamburgs grünen Auen:
O theures, deutsches Vaterland,
Du sollst ihn auch, Du sollst ihn bauen!
Auf allen Höhen, allen Gründen,
In Flammen sollst auch Du erglühn,
Daß alle Herzen sich entzünden
Und alle Geister Funken sprühn.

Was Schlacke war, laßt ohne Schmerz
Zu Grunde gehn und ohne Trauern!
Ein rechtes Erz, ein rechtes Herz
Kann auch die Flammen überdauern.
Drum frisch ans Werk! Es wird gelingen,
Aus Feuer ging die Welt empor:
Ein Phönix breitet seine Schwingen,
Die deutsche Freiheit steigt empor!

 
II.
Neues Hamburg, junge Saat,
    Ausgestreut in Funken,
Sei auf Männerwort und That
    Dieser Wein getrunken!
Männerthat und Männerwort!
Und aus Trümmern blühst Du fort.

Zwar es war ein heißer Mai,
    Als die Glocken klangen,
Und von selbst mit heiserm Schrei
    In der Luft sich schwangen:
Stoßet an, daß heißem Mai
Milder Herbst beschieden sei!

Daß aus Flammen unser Muth
    Frisch hervorgegangen!
Daß die Geister in der Gluth
    Feuer auch gefangen!
Daß der alte, zähe Stolz,
Daß die letzte Kette schmolz!

Dann, so stoßt noch einmal an!
    Dann ist nichts verloren:
Denn aus Flammen wurde dann
    Hamburg neu geboren!
Dann durch Männerthat und Wort,
Ewig, ewig lebt es fort!

Und so lasset Hand in Hand,
    Herz in Herz uns schlingen;
Vaterstadt und Vaterland!
    Beiden soll es klingen.
Möge Hamburgs Feuerschein
Morgenroth der Freiheit sein! –

 


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